• Ich nahm das Amulett entgegen und legte es, nachdem ich es kurz betrachtet hatte, zur Seite.
    Das ist eine komplizierte Geschichte.
    sagte ich dann, als er das Thema wechselte.
    Ich lebte früher in Verona, im Norden Italias. Dort führte ich ein kleines Unternehmen. Aber irgendwann ging alles den Bach runter. Es gab einen Brand und dabei verlor ich alles. Ich zog dann weiter und versuchte mir in verschiedenen anderen Städten in Italia etwas neues aufzubauen, aber ohne Unmengen an Geld und gute Kontakte war dort nichts möglich. Irgendwann beschloss ich dann, dass ich die Provinz wechseln sollte und kam hierher.

  • "Oh..." sagte ich. Das Gefühl, alles verloren zu haben, war mir selbst noch immer bewusst, obwohl es bei mir Frau und Kind waren und nicht ein Betrieb.


    "Ich hoffe, bei dem Brand ist niemand verletzt worden?"

  • Ich lächelte sanft.


    "Das ist ein sehr edler Zug von dir, Urgulania. Es gibt sicher viele, die den Angehörigen nichts gegeben hätten außer einem Schulterzucken. Wie es aussieht, wollten dich die Götter wohl hier in Alexandria haben. Ich weiß zwar noch nicht, wo mich die Götter haben wollen, aber vielleicht bin ja auch ich für diese Stadt vorgesehen. Wer weiß das schon? Wobei ich schon dankbar wäre, wenn meine Reisen aufhören würden. Ich denke, dass ich in meinem Leben genug von der Welt gesehen habe, dass es für mindestens zwei Leben reicht."

  • Ich zuckte leicht mit den Schultern.
    Meine Grosszügigkeit in dieser Angelegenheit besiegelte allerdings auch meinen wirtschaftlichen Untergang. Ich hatte nichts mehr und war in einer Situation die sehr unschön war. Das ich hier gelandet bin, war allerdings ein wirklicher Glücksfall für mich.
    sagte ich, auch wenn ich an vielen Tagen gar nicht hier sein wollte.
    Alexandria ist eine schöne Stadt um hier ein Leben zu verbringen. Was spricht dagegen, dass du dich hier niederlässt?

  • "Momentan spricht nichts dagegen. Aber wer weiß schon, ob es so bleibt? Ich hatte bei jeder Reise einen guten Grund, warum mich nichts mehr an dem Ort hielt und ich in die Ferne zog. Das war so, als ich Athen verließ und es war so, als ich Han verließ. Beide Male konnte ich die Umgebung nicht mehr ertragen. Als ich von Indien loszog, war es die Suche nach meinen Wurzeln. Und hier? Noch habe ich nicht richtig Fuß gefasst. Gefallen würde es mir hier, aber ich bin inzwischen recht skeptisch, ob die Götter nicht wieder..." Ich holte tief Luft. "Ich will nicht mt den Göttern hadern. Vielleicht wird das hier ja meine endgültige Heimat."

  • "Also, wenn ich nach der jetzigen Situation gehe, dann habe ich schon einen Grund. Dich."


    Ich war auf ihre Reaktion gespannt. Das konnte jetzt durchaus falsch verstanden werden, deshalb wurde ich präziser.


    "Du bist eine sehr angenehme Diskussionspartnerin. Einerseits forderst du meinen Intellekt, andererseits erzeugst du eine sehr angenehme Gesprächsatmosphäre. Irgendwie liegt es an deiner Ausstrahlung. Und an deiner ruhigen, höflichen Art. Ehrlich gesagt, würde ich gerne noch öfter mit dir diskutieren."

  • Das überraschte mich jetzt schon ein wenig, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Ich genoss es ebenfalls mit ihm zu reden.
    Ich danke dir und es wäre mir eine Freude noch oft mit dir zu diskutieren.

  • "Nun, dann steht ja weiteren Abenden wie diesem nichts im Wege. Ich hoffe ja, dass ich in naher Zukunft die Möglichkeit haben werde, dich mal zu mir einzuladen. Momentan geht es ja schlecht, weil ich nur ein kleines Gästezimmer im Museion habe. Aber wenn ich erst mal etwas Geld verdiene, kann ich mir sicher eine kleine Wohnung leisten. Schließlich wäre es doch sehr einseitig, wenn ich immer hierher käme, oder?


    Für heute würde ich mich dann allerdings langsam auf den Rückweg machen wollen. Allerdings... würde es dir etwas ausmachen, wenn wir zum Tor des Königsviertels einen kleinen Umweg zum Portus Regalis machen würden? Von da hat man doch ganz sicher einen hervorragenden Blick auf den Leuchtturm. Und bei Nacht ahbe ich ihn mir noch gar nicht betrachtet."

  • Ich habe selbst eine Zeit lang im Museion gearbeitet, daher weiss ich genau wie die Zimmer dort sind.
    sagte ich schmunzelnd.
    Natürlich. Ich werde mir kurz eine Palla holen, dann können wir losgehen.
    Ich stand auf und kurz darauf brachte mir eine Sklavin eine Palla, die ich mir umlegte.

  • Axilla war mehr als nur überrascht gewesen, als Leucos Besuch angekündigt hatte. Immerhin waren Parentalia, und sie erwartete da eigentlich niemanden. Nungut, in Alexandria war alles anders, sie hatte sogar gehört, die Tempel wären geöffnet. Und Lupercalia zu Ehren von Faunus gab es trotz des großen Paneions wohl auch keine. Aber trotzdem war sie einen Moment sehr perplex gewesen.
    Aber andererseits war es Anthi, der da stand. Und irgendwie gehörte der fast zur Familie. Axilla würde nicht sagen, wie ein großer Bruder, immerhin hatte sie nie einen Bruder gehabt, schon gar keinen großen, und wusste nicht, wie sich das anfühlte. Aber vielleicht wie ein entfernter Cousin neunten Grades oder so. Bevor sie länger darüber nachgrübelte, schickte sie Leucos los, Anthi von der Tür abzuholen, und Leander, ihr kurz zu helfen, das Gesicht abzuwaschen. Sie wollte nicht verheult aussehen, und geheult hatte sie die letzten Tage reichlich.
    Als Leander dann weg war, wartete sie auf Ànthimos einfach im Tablinum. Ihr dunkles, schlichtes Gewand war vielleicht ungewöhnlich an ihr, aber sie hoffte, es würde ihn nicht weiter stören. Und noch viel mehr hoffte sie, er würde ihre Traurigkeit nicht bemerken, die sie sonst die restlichen Wochen des Jahres so gut zu verbergen wusste. Von gelegentlichen Schreiattacken auf arme Griechen einmal abgesehen.

  • Ànthi kannte den Weg, war er doch bei seinem letzten Besuch in der Casa Iunia am Tablinum vorbei gekommen. Dort erwatete ihn Axilla schon. Sie war ungewöhnlich dunkel gekleidet, und irgendwie passte das nicht zu ihr. Er selbst bevorzugte hellere Kleidung. Wahrscheinlich auch deswegen, weil er eher die Sorte Mensch war, die immer im Mittelpunkt standen und das auch mit ihrer Kleidung symbolisierten. Er war ja auch ein Mensch der in den Mittelpunkt gehörte und sich auch so fühlte. Eigentlich hatte er Axilla auch so eingeschätzt, denn wenn sie eines nicht war, dann zurückhaltend. Seine Frau Penelope hingegen war eher der Typ für dunklere und gedecktere Farben. Nicht weil sie nicht auch in den Mittelpunkt passen würde sondern weil sie es einfach nicht wollte. Der Gymnasios hingegen war auch eher ein Typ für dunkle Kleidung, vielleicht weil er so verschlagen war. Dem Kosmetes Cleonymus hingegen standen gerade auch helle Töne wiederum besonders gut, wobei das bei ihm wohl an der dunklen Hautfarbe des Ägypters lag. Aber na ja, er war nicht hier um sich Gedanken über Kleiderfarben und solchen Sachen zu machen.


    "Salve Axilla, ich hoffe ich störe dich nicht." Er schaute sich schnell um, aber als er niemanden sonst sah, sprach er weiter. "Ich bringe die Betriebserlaubnis und deine Tunika vorbei."

  • Anthi kam wie immer mit einer Art herein, die den halben Raum mit seiner Präsenz zu füllen schien. Axilla wünschte sich manchmal, auch so viel Selbstvertrauen auszustrahlen. Dass sie das durchaus manchmal tat, vor allem mit ihrer unerschrockenen Art, war ihr nie bewusst, sie hielt sich selbst eher für unauffällig. Aber so waren halt die Unterschiede von Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung.
    “Stören? Nein, nein. Ich hab nur diese Woche keinen Besuch erwartet. Komm doch richtig rein. Willst du was trinken?“
    Vielleicht hätte sie Leander doch nicht wegschicken sollen. So musste sie jetzt dann rufen, wenn er etwas wollte, aber Axilla wollte ja eine gute Gastgeberin sein. Doch ihre Stimme zu erheben traute sie sich nicht ganz, selbst jetzt redete sie für ihre Verhältnisse eher leise und bedacht. Sie wollte wirklich nicht, dass irgendjemand sie so sah. Bei ihren Sklaven und bei Urgulania war das dieser Tage egal, da konnte sie es jetzt auch nicht gänzlich zurückhalten, wenn sie den meisten auch schon aus dem Weg ging. Aber bei Anthi war das was anderes.
    “Achja, die Erlaubnis. Die hatte ich schon fast vergessen. Und die Tunika. Ähm… ich nehm sie dann nachher mit hoch.“
    Axilla streckte schon mal die Hände aus, damit er ihr das verschnürte Bündel und die Betriebserlaubnis geben konnte. Er musste die beiden Sachen ja nicht seinen ganzen Besuch über tragen, schließlich standen hier im Tablinum auch Sitzmöbel, auf denen man diese Dinge zwischenlagern konnte.

  • "Ja gerne. Wenn du einen Saaft hast würde icgne etwas trinken. Alleine um meine Eskorte ein wenig warten zu lassen. Entschuldige bitte, aber es ist einfach irgendwie komisch behandelt zu werden, als sei man jemand der eigentlich im Carcer im Hafen sitzen müsste."


    Mit einem entschuldigendem Lächeln und einem Schulterzucken gab er Axilla die Betriebserlaubnis und ihre Tunika und setzte sich.


    Betriebserlaubnis


    Hiermit wird Iunia Axilla mit dem Status der Proxenie gemäß §3
    Nomos Empories der Betrieb einer Farbmischerei des Namens
    Varietas Iuniae in Alexandria gestattet. Weiterhin
    wird ihr ermöglicht, die darin erstellten Produkte gemäß
    §4 Nomos Empories auf den städtischen Märkten zu vertreiben.




    "Na wir wollen doch nicht, dass du sie nochmal vergisst. Ich habe diese extra ohne Datum ausgestellt, so hast du nichts mehr zu befürchten."

  • Also wollte er was trinken. Naja, axilla hatte es ja auch angeboten, und das gehörte ja auch dazu, wenn man Gastgeberin war. Sie legte also die Tunika und die Betriebserlaubnis schnell auf einen der gepolsterten Stühle und huschte ein paar Schritte zur Tür, die weiter nach hinten führte. Natürlich war grade kein Sklave direkt um die Ecke, also rief sie etwas lauter nach “Leander?!“ Ihrer Stimme war ein wenig anzuhören, dass ihr die volle Kraft fehlte, aber es war trotzdem noch laut genug. Der Grieche mittleren Alters kam nach wenigen Augenblicken schon herbei, verneigte sich leicht in Richtung des Gastes und wartete, warum man ihn gerufen hatte.
    “Ähm, Leander, gehst du bitte und holst einen Saft für meinen Gast?“
    Leander nickte. “Selbstverständlich, Herrin.“ Dann ging er zwei Schritte, um noch einmal stehen zu bleiben und nachzufragen. “Was für einen Saft, Herrin? Und für dich auch einen?“
    Axilla stutzte kurz. Sie hatte doch keine Ahnung, was grade in der Küche war. Nach dem Hasen-Desaster hatte die Köchin sie sehr eindrücklich gebeten, die Küche nie, nie, NIE wieder zu betreten. “Bring einfach einen Krug von dem, was da ist, und bring zwei Becher mit.“
    Leander nickte noch einmal und ging los. Axilla rief ihm noch ein kurzes “Danke“ hinterher. Erst danach erinnerte sie sich, dass sie das ja eigentlich vor Gästen nicht machen sollte und sich bei Sklaven so laut bedanken sollte. Angeblich durfte man das ja nicht bei Sklaven, weil man sie sonst verzog und hochnäsig machte. Axilla hielt das für quatsch, und Anthi würde ihr dieses kleinen Lapsus sicherlich verzeihen.
    Während sie also auf Leander kurz warteten, atmete Axilla kurz durch, um ein Gesprächsthema zu finden. Bei Urgulania sah das immer so unendlich einfach aus, aber sie selber fühlte sich im Moment so überhaupt gar nicht originell.
    “Aber die Betriebserlaubnis gilt auch völlig ohne Datum? Also, nicht, wenn neu gewählt irgendwannmal wird und vielleicht wer anderes Agoranomus ist, dass der dann meckert…“
    Sie glaubte ja nicht, dass Anthi da was falsch gemacht hätte und sie vertraute ihm auch, aber eine bessere Frage fiel ihr im Moment auch gar nicht ein. Zum Glück aber erlöste sie auch in diesem Moment Leander, der einen Tonkrug mit gelborangenem Inhalt sowie zwei Tonbecher herbeibrachte.

  • Offenbar schien sich ihr Gemütszustand ihrer Kleidung angepasst zu haben...oder umgekehrt. Fast bereute Anthi es, das Angebot etwas zu trinken angenommen zu haben. Nicht dass es ihm noch so wie Marcus Achilleos ging. Na vielleicht konnte er sie mit einem Scherz ein wenig aufmuntern. Er nahm dankend den Saft entgegen und nahm einen Schluck. Es schien eine Mischung aus verschiedenen Säften zu sein. Anthi meinte Ananas und Orange herauszuschmecken, aber da war noch irgend etwas das er nicht ganz genau erkannte. Aber da es gut schmeckte, war ihm das letztlich auch egal.


    "Nun dann wird dich der nächste Agoranomos unverzüglich verhaften und in den Carcer am Hafen bringen lassen."


    Er ließ einen kurzen Augenblick verstreichen und sah schon einigen Schrecken in ihrem Gesicht. Dann grinste er breit.


    "Entschuldige mir bitte den kleinen Spaß. Natürlich ist die Genehmigung auch so voll gültig und wenn es einer meiner Nachfolger bemerken sollte und es ihn auch noch interessiert, steht ja mein Name darunter. Zumal ich mr auch gar nicht sicher bin ob das so zwingend notwendig ist. So genau ist das nicht festgelegt. Schließlich ist eine Betriebserlaubnis ja auch nicht befristet, sondern gilt bis sie wiederrufen wird. Also wenn es Probleme geben sollten, dann nur für mich, aber davon gehe ich nicht aus."

  • “Das war jetzt aber gemein“, schmollte Axilla noch einen Augenblick und verschränkte dabei die Arme vor der Brust. Aber wirklich böse konnte sie Ánthimos auch nicht sein, also umspielte kurz darauf auch schon ein leises Schmunzeln ihre Mundwinkel und ihre ganze Körperhaltung wurde wieder offener. Wenn auch nicht so beschwingt und fröhlich, wie sonst. Doch ihre sonst übliche Maskerade aufrecht zu erhalten schien ihr angesichts dieser Woche nicht rechtens. Vielleicht übertrieb sie es ja auch, normalerweise war sie ja alles andere als fromm und dem Feiertagskalender verpflichtet. Sie glaubte ja nichtmal, dass die Götter sich auch nur ein bisschen um das scherten, was die Menschen anstellten oder nicht. Aber bei diesem Fest hier war es anders. Die Parentalia waren zu Ehren der Verstorbenen, derer, die man liebte. Und an ihre Ahnen glaubte Axilla ja trotz allem noch, auch an ihre Lares. Daher ließ sie es zu, dass man ihre fröhliche Fassade etwas durchschauen konnte, eine Woche im Jahr musste das auch gehen ohne Konsequenzen.
    “Ich kenn mich da ja gar nicht so aus, was man in welchem Amt so genau macht. Ich meine, wir haben ja schon darüber gesprochen in deinem officium. Ähm, ich meine, in deiner Stege.“ Nikolaos bekam immer Kopfschmerzen, wenn Axilla statt einem griechischen Wort ein römisches sagte, wie gerade bei officium. Nicht, dass es Anthi da auch noch so ging, und sie wollte es sich ja auch angewöhnen, es richtig zu sagen. “Schmeckt der Saft denn?“
    Einen Augenblick schaute Axilla erwartungsfroh zu dem Griechen hinüber, dann ließ sie kurz resignierend den Kopf hängen. “Tut mir leid, ich bin eine furchtbare Gastgeberin, Urgulania kann das viel besser als ich.“
    Es war wirklich eine Schande, wie man als Frau so wenig Sinn für das Bewrten und Unterhalten von Gästen haben konnte. Aber Axilla hatte nie wirklich Gäste gehabt, woher sollte sie sowas wissen? Und in Tarraco hatten sie auch eher abgeschieden gelebt, etwas außerhalb, und da Mutter krank war, auch kaum Gäste empfangen. Woher also sollte sie sowas auch können?

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