• Sie musste sich nicht rechtfertigen, denn Ragin wusste ganz genau wie es war und er verstand es auch. Vom Ruf der Familie wäre es für sie ein Abstieg, so wie es für die Duccier ein Aufstieg gewsen wäre. Bei ihnen in Germanien war es ebenso, wenn auch deutlich einfacher und mit weniger Nuancen. eigentlich waren sie vor dem Recht gleich, aber hier waren es eben die Nuancen die sie trennten. Aber so war er machtlos und konnte seiner Freundin leider doch nicht helfen. Das bedrückte sie und er nahm sich vor, dass ihm so etwas nicht noch einmal passieren würde. Sie löste sich von ihm und diese Geste zeigte auch das Ende ihrer Freundschaft. Sie beide mussten jetzt erwachsen werden, und Ragin würde den ersten Schritt tun, zum Besten seiner Freundin.


    "In drei Tagen verlässt unser Schiff den Hafen. So werden wir es hoffentlich gerade noch rechtzeitig zur Hochzeit meines Vettern in Mogontiacum schaffen. Aber wir werden uns heute das letzte Mal sehen, alles andere wäre nicht schicklich."


    Er sprach jetzt ernst und ein wenig distanziert, auch wenn es in ihm ganz anders aussah. Aber er musste jetzt stark für sie sein. Den letzten Satz hatte er eben gerade beschlossen, aber nach dem was hier passiert war konnte und wollte sie nicht mehr sehen. Zu sehr nagte das schlechte Gewissen an ihm, ihr nicht helfen zu können und sie dann mit einem Abschied wohl noch einmal in Schwierigkeiten zu bringen.

  • Axilla hielt sich an der Kline fest, um sich nicht zu sehr anmerken zu lassen, wie sehr sie seine Worte trafen. Drei Tage waren eine kurze und doch unendlich lange Zeit. Aber dass er sie in diesen drei Tagen nicht noch einmal sehen wollte, traf sie sehr hart. Er war doch ihr einziger Freund, den sie hatte. Traurig schaute sie auf und versuchte, zu verstehen, ob dieser Satz nun ihre Schuld war. Hatte sie ihn doch so sehr beleidigt mit ihrem nein? Silanus hatte von ihr aus denselben Gründen auch ein nein erhalten und hatte seitdem auch kein Wort mehr mit ihr gewechselt. Noch nicht einmal ihren Brief hatte er beantwortet, und dass er in Germania nun war wusste sie auch nur aus der Acta.
    Sie holte Luft, um etwas zu sagen, brach aber dann noch ab, weil sich ein dicker Klos in ihrem Hals gebildet hatte und sie noch einmal schlucken musste. Erst danach traute sie sich, noch mal etwas zu sagen.
    “Und können wir uns schreiben? Also, wenn du wieder in Mogontiacum bist?“
    Beim letzten Satz brach ihre Stimme und sie senkte den Blick zu Boden. Sie wollte jetzt nicht noch einmal so weinen anfangen oder etwas noch dümmeres tun. Aber die Gefahr bestand, und sie wusste nicht, was sie machen würde, wenn Rufus dann gegangen wäre.

  • Ês traf sie hart und Ragin tat es in der Seele weh seiner freundin das antun zu müssen, aber es war nur zu ihrem Besten. Aber er wurde aus ihr nicht schlau. Sie hätte ihm ihre Unschuld geschenkt, damit er hier blieb, aber sie konnte ihn nicht heiraten obwohl es sie offenbar sehr traf, dass er ging. Wobei letzteres viel weniger unehrenhaft gewesen wäre. Aber das spielte jetzt keine Rolle. Sicher wäre es für sie leichter gewesen jeglichen Kontakt zu beenden, aber das wollte Ragin eigentlich auch nicht. Vielleicht konnte er ihr ja helfen tugendhaft und stark zu sein. Und ihm lag vielan ihr und so wurde sein Gesicht gleich wieder weicher.


    "Ja, das machen wir auf jeden Fall. Ich will doch wissen was meine Freundin so treibt."


    Ragin wollte fröhlich klingen, aber es gelang ihm nicht richtig, denn auch in seinem Hals saß nun ein fester Klos. Abschiede waren nicht seine Stärke, selbst dann nicht wenn er stark bleiben musste.

  • Axilla war sehr erleichtert, dass er sie noch als Freundin sah. Ein ganz klein wenig zuckten ihre Mundwinkel in sowas ähnlichem wie einem Lächeln, aber es hielt nicht lange genug, um wirklich eines zu werden. Der Moment war zu traurig.
    “Gut. Ich möchte doch auch wissen, wie es meinem Freund so geht.“
    Sie sah noch einmal traurig auf und ließ den Kopf dann hängen. Abschiede waren nicht ihre stärke, waren es nie gewesen. Vor allem nicht solche, bei denen ihr Herz dran hing.


    Sie beide schwiegen sich einen Moment lang nur gegenseitig an,, jeder auf seiner Kline. Axilla kämpfte mit der Situation und ihren Gefühlen. Sie wünschte sich so sehr, er würde es sich vielleicht doch noch einmal überlegen, auch wenn sie da keine Hoffnung haben durfte.


    “Und was machen wir jetzt?“, fragte sie schließlich nach einer ganzen Weile ratlos. Sie hatte wirklich keine Ahnung, was sie noch tun sollte, um ihn zum bleiben zu bewegen. Und das war das einzige, was sie eigentlich tun wollte.

  • Sie schwiegen sich einige Augenblicke an, denn sie wussten offenbar beide nicht, was sie sagen sollten. Beide waren sie traurig und enttäuscht und er wusste nicht genau, wen es nun härter getroffen hatte. Axilla machte dann das einzige Richtige: Sie fragte einfach.


    "Nun ich hätte gerne das Sax meines Vaters zurück. Es ist ein Erbstück und ich kann es unmöglich hier lassen. Würdest du es mir bitte geben? Ich bin mittlerweile bekannt genug um nicht durchsucht zu werden und so kann ich es in Ruhe einpacken und gegen das Salzwasser schützen."


    Das Thema war noch so wenig belastet, dass Ragin fast unbeschwert darüber reden konnte. Es brachte sie ein bisschen weg von dem bisherigen trauigen Thema. Wenn auch nur ein kleines Bischen.

  • Das Sax, natürlich. Axilla hatte es schon ganz vergessen, dass sie das ja noch von ihm hatte. Nicht, dass sie nicht darauf aufgepasst hätte, immerhin hatte sie es ja versprochen, nur war im Moment alles so durcheinander, dass sie wohl von selbst nie daran gedacht hätte. Auch wenn es logisch war, dass er es zurückhaben wollte.


    “Achja, das Sax. Natürlich, das brauchst du ja.“
    Sie würden sich ja nicht wiedersehen, hatte er gesagt. Noch einmal traf Axilla diese Erkenntnis schwer und sie ließ den Kopf leicht hängen. Sie bemühte sich, stark und ruhig zu bleiben, sie wollte nicht schon wieder heulen. Sie weinte ohnehin viel zu viel. Sie schluckte.
    “Es ist in meinem Cubiculum. Ich geh es dann mal holen.“
    Sie atmete noch einmal kurz durch, ehe sie sich von der Kline erhob. Ihren Beinen traute sie nicht so ganz, aber es ging. Sie fiel zumindest nicht hin, das war doch schon was.
    Sie schenkte Rufus noch etwas, was einmal ein Lächeln hätte werden sollen, und machte sich dann auf, sein Sax zu holen.

  • Ragin war froh einige Augenblicke alleine zu sein, denn lange hätte er sich nicht mehr beherrschen können. So kullerten einige Tränen der Trauer und der Wut aus seinen Augen, er schluckte den Klos hinunter und musste einige Male seine Nase hochziehen.


    Doch er lies es nur kurz mit sich geschehen, den er wollte nicht das Axilla ihn so in Erinnerung behielt, es war schon schlimm genug dass er sie so in Erinnerung behalten würde. Es wäre besser, nein leichter, gewesen, wenn er sein Sax hätte abholen lassen und nicht selbst vorbeigekommen wäre.


    Kaum hatte er seine Tränen wieder getrocknet, kam sie auch schon mit dem Sax zurück.

  • Auch wenn sich axilla Zeit ließ, fand sie das Sax schnell und war viel zu schnell wieder zurück im Tablinum. Sie wollte nicht, dass die Zeit so schnell verging. Wenn sie vorbei war, wäre Rufus weg. Für immer. Jeder Schritt war ein Schritt hin zu einem Ende, das Axilla nicht wollte. Und doch kam sie rasch mit dem Schwert zurück, noch so eingewickelt, wie sie es erhalten hatte.
    “Ich hab es einmal geöffnet, weil ich neugierig war. Ich hoffe, das ist nicht so schlimm. Aber ich hab es wieder sorgfältig verpackt.“
    Ihre Stimme war noch immer zittrig und leise, als sie Rufus das Schwert reichte. Als er es nahm, berührten sich kurz ihre Finger, und Axilla zuckte etwas bei der Berührung. Sie wusste, dass ihre Entscheidung so richtig gewesen war, und doch tat sie ihr ein wenig leid. Vor allem, je länger sie Zeit hatte, darüber nachzudenken. Ein grund mehr, nicht nachzudenken, fand sie.
    Nachdem er sein Sax hatte, strich sich Axilla verlegen über den Unterarm und sah ein wenig seitlich weg. Sie hätte Rufus so gerne noch einmal umarmt, aber er würde das bestimmt nicht wollen. Nicht hier im Tablinum, wo immer wieder mal ein Sklave im Gang vorbeihuschte. Immerhin war das nicht schicklich, wie er schon gesagt hatte.

  • Gerade noch rechtzeiti war er eingermaßen vorzeigbar und so stand er rasch auf und nahm die Waffe seines Vaters entgegen. Er freute sich sie wieder bei sich zu haben, auch wenn er die Umstände hasste.


    "Das macht nichts. Das hätte ich wohl auch nicht anders gemacht. Ich bin ja auch so neugierig. Wenn du magst kannst du es dir auch gerne noch einmal anschauen."


    Dagegen hatte er nichts. Ohne sie hätte er das Sax vielleicht nichteinmal mehr gehabt, wieso sollte er ihr da ihre Neugierde nicht gut heißen? Außerdem wäre es noch ein wenig Zeit die sie miteinander verbringen konnten und so streckte er es ihr noch einmal hin.


    "Die Klinge ist anders als bei euch Römern, weil wir nicht mit dem Schwert stechen, sondern Hiebe austeilen."

  • Axilla nahm das Sax noch einmal, wickelte es aus de Tuch und zog es dann vorsichtig aus der Scheide. Wie man ein Gladius hielt, wusste sie zu Genüge, und auch wenn die Waffe ein wenig anders war, war sie in den wesentlichen Grundzügen doch gleich. Ihr Griff war fest und sie wog die Waffe in ihrer Hand.


    “Ja, sie hat nur eine Schneide und ist ein wenig anders balanciert. Ich hab mich schon gewundert, warum eine Seite stumpf ist.“


    Zugegeben, das Thema war weder sehr originell noch sehr ergiebig, aber Axilla wollte nicht, dass Rufus ging. Allerdings glaubte sie, wenn sie schon wieder damit anfangen würde, würde er wohl erst recht schnell gehen. Außerdem würde sie dann schon wieder weinen, und das wollte sie auch nicht.
    Sie spielte also ein wenig mit der Klinge, führte ein paar kleine, halbherzige Stöße in die Luft aus und übergab dann das Sax mit dem griff nach oben an Rufus.


    “Wenn man weiß, wie man damit kämpfen muss, ist es sicher eine gute Waffe. Ich kenn ja nur das Gladius von meinem Vater, das ist ein wenig anders. Mehr zum Stechen und weniger zum säbeln…“


    Ein wirklich nicht sehr ergiebiges Thema, aber Axilla redete einfach stur weiter. Vielleicht fand sie ja im Reden etwas, worüber man länger reden konnte.


    “Hast du eigentlich auch eine passende Rüstung zu dem Schwert?“

  • Nein, er hatte keine Rüstung. Diese war entweder bei der Legion verblieben oder war mit seinem Vater verbrannt worden. Er hatte nichts von seinem vater, außer eben diesem Sax und auch das hatte er nur, weil Ratbald es zurückgelassen hatte.


    "Nein, ich habe keine Rüstung. Und wenn dann tragen wir Germanen höchstens Leder und Felle wenn wir kämpfen. Aber wir haben auch keine römische Rüstung. Außer mein Vetter Arbjon, der ist ja bei den Praetorianern. Mein Cousin Brandinar war auch bei der Legion, ist dort aber vor kurzem zu Tode gekommen, Aber den habe ich eigentlich gar nicht gekannt, von daher hat mich das nicht so sehr wie Dagnys Tod betroffen. Ansonsten hat eigentlich nur unser Custos Corporis eine richtige Rüstung, also soweit ich weis. Aber da würde ich sicher dreimal hineinpassen, weil der ein bisschen mopsig ist. Vielleicht haben wir ja aber doch welche in der Casa und ich weis nur nichts davon. Aber es ist wirklich eine gute Waffe, sie hat uns schon so manchen Dienst erwiesen und ist sehr sehr wertvoll. Ihr Verlust wäre unbezahlbar und unverzeilich...zumindest für mich."


    Aber er schob die betrüblichen Gedanken rasch beiseite.


    "Aber ich sehe schon, du kannst sicher besser damit umgehen als ich. Das solltest du in Zukunft aber wohl besser verstecken. bei uns dürfen Frauen ja sowas können, aber ich glaube die römischen Männer mögen sowas nicht. Ich bin ja mit einer Waffe eher eine Gefahr für mich als für meinen Gegner. Wenn wir mal angegriffen werden, schicke ich unsere Köchin Marga nach vorne, die schlägt mit ihrer Bratpfanne sicher jeden noch so schrecklichen Kämpfer in die Flucht. Die hat ja Oberarme, die fast so dick wie ich bin. Also alles von mir! Wenn die sagt- Ragin iss auf!- dann schaufel ich aber so schnell und so viel ich nur kann. Sie sagt ja immer ich sein ein Strohhalm, aber ich kann essen soviel ich will, ich werde einfach nicht dicker."


    Jetzt plapperte Ragin einfach, weil er auch noch nicht gehen und er das Unvermeidliche noch ein wenig herauszögern wollte.

  • Betrübt nickte Axilla bei seiner Bemerkung, dass sie es besser verstechen würde müssen.
    “Ja, da muss ich besser aufpassen. Ich glaube, nicht viele Männer finden das gut, wenn eine Frau sowas kann. Da wird ich noch ein bisschen besser aufpassen…“


    So richtig Gedanken, ob das ihrem späteren Mann überhaupt recht war oder sie es bis ans Lebensende verstecken würde müssen, hatte sie bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht. Aber jetzt, wo Rufus es ansprach, musste sie es kurz. Kein schöner Gedanke. Da war sie froh, dass Rufus noch viel mehr gesagt hatte, wovon sie einfach das erstbeste aufgriff.


    “Ich bin ja froh, dass die Köchin hier nicht so ist. Die will zwar auch immer, dass ich mehr esse, aber wenn ich mich nicht wohl fühle, dann kann ich gar nichts essen. Da macht sie sich dann immer Sorgen, dass ich zu dünn werde.
    Aber sie lässt mich jetzt auch gar nicht mehr in die Küche. An den Parentalia habe ich einen Hasen gekocht. Ich fand ihn gar nicht so schlecht, vielleicht ein bisschen schwarz und versalzen, aber das ging noch. Also… Vater hätte ihn sicher noch gegessen, und der war ja für ihn.
    Aber seitdem darf ich nicht mehr in die Küche. Sie meint, sie hätte noch nie gesehen, wie ein Mädchen so ein Chaos mit Essen anrichten kann. Ich musste ihr versprechen, nie wieder in ihrer Küche etwas kochen zu versuchen…“


    Axilla hätte das wahrscheinlich nie im Leben erzählt, aber sie musste über irgendetwas weiterreden. Einfach nur, um den Abschied hinauszuzögern, der wie ein Damoklesschwert über ihnen beiden schwebte.

  • "Was hast du denn gemacht? Mit dem Gladius gekocht?" meinte er lachend. "Also ich hätte das auch noch gegessen. Eine meiner Cousinen hat einmal einen Honigkuchen gebacken und dabei wohl aus versehen Salz hinein gemacht. Also ganz viel Salz. Ich habe dann als erster probiert und es hat furchtbar geschmeckt. Aber weil ich ihr eine Freude machen wollte, habe ich gesagt dass er sehr gut schmeckt und habe das Stück ganz gegessen."


    Um noch besser zu zeigen wie der Geschmck war, verzog er sein gesicht zu einer angewiederten Grimasse.


    "Dann aber kam unser Villicus Albin und meinte nach dem ersten Biss, dass der ja furchbar und völlig versalzen schmecken würde und wer denn so einen schlechten Geschmack habe, dass man davon ein ganzes Stück habe essen können. Da wäre ich am Liebsten im Boden versunken und direkt zu Hel gefallen, das sage ich dir. Und jetzt darf ich mir das dauernd anhören, wenn mich jemand ärgern will."


    Er zuckte mit den Schultern und grinste dabei aber breit.


    "Aber eigentlich muss man mit Essen schon vorsichtig sein. Aber ich glaube das kann man nur verstehen, wenn man mal richtig Hunger gehabt hat."


    Sie hatten früher gerade im Winter oft Hunger leiden müssen.

  • Axilla musste ein wenig schmunzeln, aber zu einem richtigen Lächeln reichte es nicht heran. Sie konnte sich schon gut vorstellen, wie Rufus aus Höflichkeit einfach tapfer weitergegessen hatte. Er war einfach ein lieber und netter Kerl.
    “Nein, ich hab ihn nur gebraten. Aber… naja, der Hase wurde nicht gleichmäßig gar und das Salz war eben zuviel und… naja, ich kann halt nicht kochen.“
    Axilla zuckte leichthin mit den Schultern. Das war auch noch ein weiterer Punkt, der sie nicht besonders fraulich machte. Sie hoffte nur, dass sie nie in die Lage kommen würde, kochen zu müssen. Das würde in einer Katastrophe enden.
    “Naja, ich hatte noch nie so richtig Hunger. Ich meine, ist ja eher anders herum, dass ich gar nichts essen will, aber ständig jemand kommt und mir etwas anbietet. Aber wirklich Hunger hatte ich noch nie. Auch, wenn ich mal drei Tage lang nur mal einen Happen esse. Keine Ahnung…“
    Das war eines der wenigen Dinge, die Axilla von ihrer Mutter geerbt hatte. Auch wenn bei dieser die Appetitlosigkeit auch auf ihre lange Krankheit zurückzuführen gewesen war.


    Axilla suchte noch etwas, worüber sie reden konnten, aber ihr Kopf war ganz leer und alles, was sie fand, war durcheinander. Also schwieg sie einfach und kratzte sich noch einmal verlegen am Unterarm.

  • Sie hatten den Abschied lange heraus gezögert, aber Ragin konnte einfach nicht mehr länger bleiben. Am Abend hatte er noch ein Treffen mit Nikolaos und vorher musste er noch das Sax in die Regia bringen, denn er wollte nicht bewaffnet bei dem Griechen auftauchen. So erhob er sich nun von seiner Cline.


    "Ich werde es vermissen einfach nur mit dir zu reden und dir zuzuhören. Wirklich. Du erzählst so erfrischende Geschichten und bevor ich dich kennen gelernt habe, dachte ich immer römische Mädchen wären nur dumme Ziegen. Aber nun weis ich dass es eben nicht so ist. Auch dafür danke ich dir, ebenso wie ich dir für deine Hilfe danke. Du hast dich als wahre Freundin erwiesen und ich bin sehr traurig dich verlassen zu müssen. Du wirst mir am Meisten fehlen, wenn ich an Alexandria denke."


    Ragin stockte denn er musste einen Klos im Hals hinunter schlucken, sonst hätte er gleich angefangen zu weinen.


    "Aber ich muss jetzt leider langsam los, so gerne ich es noch hinauszögern möchte..."

  • Sie hatten es wahrlich lange herausgezögert, aber ewig ging das nicht. Dennoch kam es für Axilla trotz allem viel zu schnell und zu plötzlich, und sie suchte noch nach einem Grund, ihn abzuhalten. Aber seine Worte stimmten sie zu traurig, als dass sie einen klaren Gedanken fassen konnte. Und sie wollte ihre letzten gesprochen Worte an ihn nicht mit einer Belanglosigkeit oder einer Lüge verschwenden.
    So stand sie einen Moment einfach stumm da und biss sich auf der Lippe herum. Als sie den metallischen Geschmack von Blut plötzlich auf der Zunge hatte, hörte sie damit abrupt auf, hatte aber immer noch keine originelle Antwort.


    Also folgte sie einfach ihrem Gefühl, dem was sie tun wollte und wofür sie keine Worte brauchte. Mit tapsigen Schritten kam sie auf Rufus zu und umarmte ihn einfach ganz fest und ganz nah. Die Tränen kamen wieder, und sie schluchzte ein wenig, drückte ihn aber immer noch fest und doch zärtlich an sich, ohne ihn auch nur eine Sekunde loszulassen.
    “Du bist mein bester Freund, und ich wird dich unendlich und immer vermissen.“
    Es war schrecklich pathetisch, aber es war die Wahrheit, und Axilla schämte sich nicht dafür. Für jede Abschwächung dieser Wahrheit hätte sie sich viel mehr geschämt.
    Sie löste sich nur ganz leicht, gerade weit genug, um Rufus mit verweinten Augen noch einmal in die Augen zu schauen. Dann neigte sie leicht den Kopf und gab ihm einen kurzen, sanften Kuss, ehe sie ihn losließ und mit gesenktem Kopf zurücktrat. Sie wollte ihn nicht noch einmal anschauen, weil sie nicht sehen wollte, was er davon hielt, was sie gesagt und getan hatte. Sie wollte ihn fröhlich in Erinnerung behalten, und vor allem wollte sie nicht jetzt laut losheulen, wenn er ging.
    “Vale, Ragin. Ich werd dir schreiben, so oft ich kann.“

  • Auch er umarmte Axilla und drückte sie fest. Und der Kuss versteinerte ihn kurz, damit hatte er nicht gerechnet. Sie wante dann den Blick ab, bis Ragin seinerseits ihren Kopf anhob und ihr ebenfalls einen sanften und schüchternen Kuss gab. Es war so eine Mischung aus den zwei Arten, wie man seine Schwester und seine Geliebte küsste, denn irgendwie war Axilla so eine Mischung aus beidem für ihn.


    "Mir geht es ebenso. Ich werde nie wieder so eine Freundin wie dich haben, das weis ich. Und ich will auch nie wieder so eine Freundin wie dich haben, denn dafür fällt mir das Abschiednehmen einfach zu schwer, auch wenn ich nicht denke noch einmal jemanden wie dich zu finden."


    Er bemühte isch fröhlich zu klingen und grinste auch dabei, wobei ihm letzteres nicht so ganz gelingen wollte. Erst als sie ihn mit seinem richtigen Namen ansprach, grinste er wirklich, denn zum ersten Mal fühlte er sich richtig als Germane akzeptiert.


    "Vale, Axilla. Du wirst schon bald einen Brief von mir erhalten, versprochen."


    Er drükte sie noch einmal, zwinkerte ihr anschließend zu und lächelte. Dann verließ er sie. Er ging in Richtung Regia und drehte sich nicht noch einmal um. Nicht dass er sie nicht mehr sehen wollte, aber er wollte nicht, dass Axilla ihn so sah, denn die Schleusen waren geöffnet und dicke Tränen kullerten seine Wangen hinunter...

  • Fieberhaft hatte Axilla überlegt, was los sein könnte, dass ein Decurio sie sprechen wollte. Eigentlich kam ja nur der Vorfall am Hafen in Frage, oder eben, Urgulania hatte recht und Terentius Cyprianus plante etwas. Egal welche Möglichkeit es war, Axilla könnte Schwierigkeiten bekommen.
    Oder auch nicht! Vielleicht war es ja auch ganz was anderes. Nervös lief sie ein wenig auf und ab, bis sie die Schritte auf dem Weg hörte und kurz noch einmal nach ihren hochgesteckten Haaren fühlte. Aber es saß noch alles. Sie hoffte nur, sie sah schon wieder kräftig aus. Die Krankheit letzte Woche hatte sie doch ziemlich geschlaucht. Auch wenn es ihr nun wieder besser ging.


    Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, als Cursor eintrat. Überhaupt musste sie ehrlich lächeln, als sie ihn sah. Sie mochte einfach Soldaten, da konnte sie einfach nicht anders, und dieses eine Mal war sie sehr froh darum, denn die Nervosität verflog doch zusehens.
    “Salve, Decurio. Kann ich dir etwas zu trinken anbieten? Wein, oder lieber einen Fruchtsaft? Draußen ist es heute wieder sehr heiß.“

  • Der decurio folgte dem alten Mann. Auf dem Weg zum tablinum überlegte er, wie wohl die fremde Frau aussehen könnte, obwohl er sich bereits damit abgefunden hatte, eine Frau mittleren Alters mit abschätzenden Augen und abweisender Haltung anzutreffen.


    Nun stand sie vor ihm. Ihm war noch keine Göttin begegnet, aber schöner wie das Wesen ihm gegenüber, dessen Lächeln einen unwiderstehlichen Liebreiz ausstrahlte, konnten Überirdische nicht sein.


    Hör` auf mit deinen Betrachtungen, denk` lieber an deinen Auftrag, hinterher ist für noch vieles Zeit, hörte Cursor sich selbst erinnern.


    Der decurio konnte nicht anders, auch er mußte lächeln, und deutete eine Verbeugung an.


    "Salve, Iunia Axilla. Ich bin Titus Decimus Cursor, decurio der LEG XXII".


    Mehr sagte er zunächst nicht. Ihr Angebot umging er, indem er der Gastgeberin die Wahl ließ.


    "Danke für dein Angebot. Sicher trinkst du ebenfalls etwas. Wenn du gestattest, schließe ich mir dir an."


    Dann sah er sie wieder an. Es fiel ihm sichtlich schwer, seinen Blick von ihr zu wenden.

  • “Gut, dann… Leander, bringst du etwas Saft?“ schickte Axilla den Sklaven kurz los. Eigentlich wäre Wein ja besser, im allgemeinen galt das ja als Zeichen guter Gastfreundschaft. Aber Axilla vertrug ihn nun mal nicht. Das erste Mal, als sie in Ägypten Wein getrunken hatte, war im Bad mit Silanus gewesen, und das zweite Mal mit Timos auf dem Markt. Wenn sie eines daraus gelernt hatte, dann, dass sie besser keinen Wein trinken sollte, wenn sie danach ihren Verstand noch benutzen wollte.
    “Ich finde den Wein bei dieser Hitze so schwer, und Saft kann man schneller trinken“, versuchte sie eine plausible Ausrede für ihre Entscheidung zu finden und lächelte etwas entschuldigend.


    So richtig wusste sie nicht, was sie jetzt machen sollte. Der Decurio, wie er sich vorstellte, hatte nichts weiter gesagt, und sie nur angelächelt. So schlimm konnte es wohl nicht werden, denn er sah dabei jetzt nicht irgendwie schadenfroh oder hintertrieben für sie aus. Überhaupt erschien er ihr recht nett zu sein, so wie er sich ihr gegenüber benahm.
    “Decurio… Dann bist du bei der Reiterei? Gleich hier in Nikopolis?“ versuchte sie also einfach ein Gespräch anzufangen, bis Leander mit den Getränken wieder da war. Auf die Idee, zu fragen, was ihn hergeführt hatte, kam sie dabei gar nicht.

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