Sitzungssaal des Ordo Decurionum

  • Selbstverständlich folgte Crispus den Erwartungen des Duumvirs - die Kompetenzen des Ordos waren nicht klar geregelt, doch nun wollte er doch wissen, was der kleine Duumvir, der nicht einmal durch Freiwilligkeit Mitgliedschaft in diesem erlangt hatte, ihnen erklären wollte. Oder stand doch wieder diese verdammte Regio dahinter? Erwartungsvoll blickte der Petronier zu Lando hinüber, der ja zu den Lakaien des Comes zählte.


    Die anderen Punkte überraschten Crispus hingegen wenig, zumal sie bereits bei der Sitzung der Magistrate erwähnt worden waren. Dass zum letzten Punkt noch eine ganze Menge dazukam, wusste der Duumvir nicht, doch Crispus hatte einige Pläne, was er noch sagen wollte.

  • Lando hatte, trotz aller Kopfschmerzen, größte Hoffnungen dass diese Sitzung des Ordos gemäßigter ablief als die vorherige. Zum einen hatte Harlif das Amt des Duumvirs abgegeben, zum anderen hatte der Comes wohl Eindeutiges zu dem Thema der Kompetenzen des Ordos angegeben. Er wartete gespannt darauf wie die anderen Decuriones, die sich wohl größte Hoffnungen auf eine Stadtregierung gemacht hatten, auf die Nachrichten reagieren würden...

  • Der Duumvir räusperte sich kurz und fuhr fort.


    "Kommen wir also zum ersten Punkt der Tagesordnung. Ihr alle wart auf der letzten Sitzung dieses Gremiums anwesend und wisst, dass dort einige Dinge aus dem Ruder gelaufen sind. Ich möchte hiermit eindeutig klarstellen, dass der Ordo Decurionum mit den Honoratioren der Stadt als seinen Mtigliedern nicht die Stadtverwaltung darstellt! Die Stadtverwaltung, das sind mein Kollege Bantius Maecilianus und ich mit Unterstützung der Magistrate! Dieses Gremium hat ausschließlich über die Finanzierung von Projekten der Stadt zu entscheiden. Dikussionen über Entscheidungen der Verwaltung und jegliche Bewertungen dieser gehören nicht hierher!"


    Witjon sprach diese Worte mit Nachdruck, aber nicht zu streng. Er wollte nicht wie der neue Tyrann erscheinen, der nun dieses Gremium führen würde.


    "Sollte es sich mir noch einmal so darstellen, dass dieses Gremium seine Kompetenzen zu überschreiten versucht, werde ich das zu unterbinden wissen."


    In Erwartung der Reaktion der Honoratioren machte er eine Pause, während der er gespannt in die Runde blickte.

  • Bam, bam.


    Obwohl krankheitsbedingt nicht zu Gefühlen wie hämischer Genugtuung imstande, erleichterte es Lando doch, dass er mit seinen Bedenken der fehlenden Legalität in der letzten Sitzung nicht daneben gelegen hatte. Offenbar hatte der Comes die Duumvirn zu sich gerufen und eine Belehrung über den Status des Ordos vorgenommen, was sich nun auszahlte. Gespannt wartete er darauf ob sich die typischen Decurionen nun mal wieder gegen das Gesetz aufbäumten, oder einfach begriffen, dass sie sich genauso wie jeder andere Normalsterbliche an die Gesetze zu halten hatte. Er zählte die Sekunden bis die ersten beginnen würden sich wie Waschweiber darüber aufzuregen, dass man ihnen nur Wasser und keinen Wein zum Waschen gegeben hatte...


    Dass der Comes und er schon an einer Änderung des ganzen arbeiteten konnten sie ja nicht wissen, und das sollten sie auch garnicht.

  • Crispus horchte verwundert auf, als er die eröffnenden Worte des Duumvirn hörte: Wollte dieses Bürschchen nun erzählen, dass der Ordo dazu einberufen wurde, um alles kommentarlos abzunicken? Gab es denn nicht mehr so etwas wie Respekt vor den Honoratoren einer Stadt? Das war doch wohl eine bodenlose Frechheit!


    "Wozu wurde der Ordo dann einberufen, Duccius? Wenn du die Meinung des Ordos nicht hören willst, kannst du sie ja auch brieflich um Geld bitten!"


    Er sah in die Runde, was die anderen Anwesenden wohl davon hielten.

  • "Die Meinung ist vollkommen irrelevant, solange sie sich anmaßt mitbestimmen zu wollen was im Kompetenzbereich der Stadtverwaltung liegt, Magistratus.", knirschte Lando gereizt, als der frisch gewählte Petronius sein Unwissen schon fast provokativ zur Schau stellte, "Warum hast du dich für den Ordo beworben? Um der Stadt gutes zu tun, oder um zu bestimmen was in ihr geschieht? Wenn zweiteres zutrifft, wundere ich mich über deine Bewerbung um das Magistrat der Stadt. Da ich dir aber unterstelle durchaus zu wissen was der Unterschied zwischen Ordo und Stadtverwaltung ist, an der du ja mittlerweile auch Teil hast, sehe ich diesen neuerlichen Vorstoß als reine Provokation an.", er tat die kommende Erwiderung mit einer schwachen Handbewegung ab und sah desinteressiert in die Runde, "So lange die Gesetze nichts anderes besagen, stimmt das was der Duumvir Duccius Marsus gerade bekannt gegeben hat. Und solange Petrinius Crispus die Gesetze nicht so ändern lässt, dass sie seiner Wunschvorstellung von einem stadtverwaltenden Ordo entsprechen, ist jede weitere Diskussion müßig. Was nun?", der Mann links neben ihm, neigte sich zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr, "Achja, die Stadtpatronate."


    Lando überlegte sich ob die Kompetenzanmaßung, der auch sein Freund und Mitarbeiter Harlif erlegen war, wohl eine typisch römische Krankheit war.

  • Crispus hatte keine Ahnung, warum er sich von einem Germanen, der Gerüchten zufolge erst wenige Jahre in der Zivilisation lebte, erklären lassen musste, wie traditionelle römische Einrichtungen wie der Ordo Decurionum zu funktionieren hatten. Er hatte immer gedacht, Römer hätten den Hang dazu, alles haarklein durch Gesetze zu regeln, doch offensichtlich akzeptierten Germanen die Begründung 'Das gehört sich einfach so!' noch weniger. Dennoch beschloss Crispus, sich weiter zu verteidigen.


    "Ich will der Stadt gutes tun, jawohl. Deswegen bin ich Decurio und deswegen habe ich mich zum Magistraten wählen lassen. Aber wenn ich als Decurio für irgendwelche Projekte spenden soll, dann will ich das schon selber entscheiden können! Und ich halte es für sehr, sehr angemessen, die angesehensten Bürger zu fragen, was sie zu meinen Plänen sagen. Das steht in keinem Gesetz, aber das ist Tradition und guter Umgang miteinander."


    Wahrscheinlich verstanden Germanen doch nur Regeln, die mit Waffengewalt durchsetzbar waren...

  • "Dann wäre es wohl im Sinne des Ordos das eine nicht mit dem anderen zu verwechseln. Solange es um wohltätige Projekte geht, und Dinge die im Kompetenzbereich des Ordos liegen, ist es ihm sogar geraten darüber zu beratschlagen. Wenn du dich richtig erinnerst, denn du warst durchaus zugegen, ging es bei dieser Kompetenzüberschreitung, die in der letzten Sitzung Thema war, nicht um irgendwelche Bauten oder Stiftungen des Ordos.", schloss Lando, dass der Petronier hier fließend von einem Sachverhalt in den nächsten wechselte, "Es steht vollkommen außer Frage, dass der Ordo über Dinge, die ihm von der Stadtverwaltung zugetragen werden auch selbst abstimmen darf. Aber dass diese Probleme nicht verwaltungstechnischer, sondern eher finanzieller Natur sind ist Bestandteil des Ordos. Ich bitte dich darum, dies nicht mit der Problematik unserer letzten Sitzung zu verwechseln."


    Für die mentalen Provokationen des Römers hatte Lando nur ein gedankliches müdes Lächeln übrig.

  • "Was haben wir denn verboten, Duccius?"


    fragte Crispus, während er sich insgeheim selbst fragte, worauf Lando eigentlich anspielte - er erinnerte sich nur daran, dass der jetzige Duumvir Duccius abgekanzelt worden war und, dass Capitolinus gewollt hatte, dass der Ordo die Aufstockung der Vigiles bezahlt hatte - was an dessen Ablehnung falsch war, war ihm noch immer nicht klar!

  • Lando lehnte sich nach vorne, und sah den älteren Decurio eindringlich an, legte gleichzeitig aber einen sehr viel ruhigeren Ton auf, um dieses Mal eine Eskalation wie in der letzten Sitzung zu verhindern: "Decurio Petronius Crispus, ist diese Frage dein Ernst? Du warst selbst dabei, also kannst du dir diese Frage auch selbst beantworten. Aber ich helfe deinem Gedächtnis gerne wieder auf die Sprünge: die Wahl der Duumvirn und Magistrate waren nur ein Thema, dass der Ordo beinahe unter sich selbst ausgemacht hätte, die Wahl eines nicht vorhandenen Princeps dürfte man wohl auch dazu zählen. Aber um unsere Zeit nicht noch mehr mit schon einmal gewesenen Diskussionen zu verschwenden, plädiere ich dafür weitergehende Fragen an die Magistri Iuris der Schola zu stellen, um dann mit fundierten Belegen die Diskussion um den Status Quo neu anzuregen. Bis es allerdings soweit ist, würde ich diese Diskussion jetzt gerne abschließen um zum nächsten Punkt zu kommen."


    Diskutierte man bei der Legio auch so lange über Tatsachen? Lando hoffte für das römische Reich, dass nicht.

  • Achso! Dann hatte also Hadrianus Capitolinus die Fehler gemacht! Und da war die Kritik des Comes vielleicht berechtigt - wenn Crispus auch der Meinung war, dass es eigentlich sinnlos war, den ganzen Pöbel wählen zu lassen, wenn man das auch die Leute entscheiden lassen konnte, für die auch wirklich etwas auf dem Spiel stand, weil sie viele Steuern zahlten und damit die Stadtverwaltung finanzierten. Aber irgendwie war das für Crispus ein Themawechsel, denn das hatte nichts mit Kompetenzen der Stadtverwaltung zu tun!


    Und überhaupt sah es Crispus gar nicht ein, klein beizugeben, bloß weil der Herr Magister Scriniorum seine Vorrechte in Gefahr sah.


    "Wahlen sind bisher keine Befugnisse der Stadtverwaltung - das hat sich also die alte Stadtverwaltung angemaßt, die uns das vorgelegt hat, und nicht der Ordo. Und das geht uns dann ja wohl nichts an, wie du schon gesagt hast. Wobei ich finde, dass eine Stadt ruhig selbst Wahlen durchführen können sollte, aber das Gesetz ist nunmal hart - genauso wie bei der Ämterlaufbahn. Da hat man ja auch den Duumvir vor den Comes gesetzt."


    Beim Besuch der Bibliothek und dem Studium der Lex Provincialis war ihm der Passus bei der Ämterlaufbahn tatsächlich aufgefallen und Crispus wusste sehr wohl, dass weder Lando, noch Metellus selbst jemals das Duumvirat ausgeübt hatten. Die sollten sich also gar nicht so aufblasen, die alten Rechtsbeuger!


    Und natürlich hatte Crispus diese Streitkultur nicht aus der Legio - aber für Crispus war ein politisches Gremium (für das er den Ordo trotz fehlender gesetzlicher Legitimation hielt) auch grundsätzlich verschieden zu einer Militäreinheit - wenn jenes war eine strikte Hierarchie mit Befehl und Gehorsam sogar bestandsgefährdend!


    "Aber da wir aneinander vorbeireden, kann der Duumvir jetzt gern mit der Tagesordnung fortfahren."


    Den Duumvir hob er besonders hervor, da er sich nicht von einem einfachen Ordo-Mitglied die Sitzung leiten lassen wollte. Zumal er ein 'Spitzel' der Regio-Verwaltung war!

  • Was der alte Legionär sich da zusammenschwafelte, hatte für Lando weder Hand noch Fuß, und war genau aus diesem Grunde keinen Widerspruch wert. Als Magistrat gab es andere Kanäle um dem Mann seine Fehler aufzuzeigen, und zu verhindern.


    "Danke.", war das einzige was Lando noch dazu zu sagen hatten, bevor er sich dem Duumvir zuwandte um ENDLICH mit dem Tagesgeschäft des Ordos weiter zu machen.

  • Witjon seufzte leicht auf. Er hatte sich wissentlich nicht an dieser Diskussion beteiligt und war froh, dass sie so schnell hatte beendet werden können.


    "Ja, also der nächste Punkt der Tagesordnung sind die Stadtpatronate. Ich habe mir die dazugehörigen Dokumente im Archiv angesehen und musste feststellen, dass Duccia Venusia abgelehnt hat, Germanicus Avarus jedoch seiner Wahl positiv gegenüber steht."


    Er schaute fragend in die Runde, dann fuhr er fort.
    "Nun stellt sich mir die Frage: Wer war noch als Stadtpatron in Betracht gekommen und muss ich noch Antwortbriefe schreiben, sofern mein Vorgänger das nicht getan hat?"

  • "Auch wenn es im Trubel der letzten Sitzung selbst den schriftführenden Scribae entgangen sein mag, hatte der Legatus Augusti Pro Praetore Marcus Vinicius Lucianus dem ihm angetragenen Stadtpatronat ebenso zugestimmt.", ergänzte ein älterer Herr, dem viel Land vor der Stadt gehörte, die Ausführungen des Duumvirs.

  • "Gut, vielen Dank."
    Damit war dieses Thema zum Glück auch schnell abgehakt gewesen.
    "Kommen wir dann zur Sanierung der Rhenusbrücke."
    Witjon wandte sich an seinen Magistratus.
    "Petronius, wenn du so gut wärst uns einen Überblick zu geben? Wie kommen die Arbeiten voran?"

  • Crispus hatte eine triumphierende Miene aufgesetzt, als Lando klein beigab. Seiner Meinung nach hatte er gewonnen und die Rechte des Ordo verteidigt. Es war ja noch schöner, wenn jeder dahergelaufene Regionalbeamte sich in die Belange der Stadt einmischen konnte und sein Gebiet so zentralistisch führte, als wäre er der Besitzer der Bevölkerung!


    Das nächste Thema war auch seine Aufgabe, daher durfte er sich gleich wieder erheben, was er jedoch ein wenig langsamer und dramatischer tat, als es notwendig war.


    "Wegen der Rhenus-Brücke habe ich mich mit dem Praefectus Castrorum der Legio II in Verbindung gesetzt. Dieser hat mir einen Baumeister, sowie zwei Centuriae an Arbeitern zugesagt.


    Der Architectus hat sich die Brücke auch schon angesehen und gemeint, dass die Fahrbahn komplett saniert werden müsste, genauso die zehn mittleren Halterungen der Fahrbahn - mehr oder weniger. Die Pfeiler selber scheinen noch ganz gut in Schuss zu sein - wir können also eigentlich sofort anfangen. Die Finanzierung ist eben noch die Frage.


    Wegen des Preises stehen wir noch in Verhandlungen mit der Legion, es sollte aber nicht allzu teuer werden. Was wir bräuchten, wäre allerdings Holz - ich weiß nicht, ob die Stadt über Waldgrund verfügt?"


    Er sah zu Marsus, da dieser ja für die Stadtkasse zuständig war. Und da er mit dieser so knausrig war, hatte Crispus niemals erfahren, über welche Immobilienwerte die Stadt verfügte.


    "Ansonsten müssten wir das ganze Holz kaufen, was ein stolze Summe ergeben würde. Je nach Angebot wären wir da mit ungefähr 2000 bis 2500 Sesterzen dabei. Dazu eben noch die Kosten, die die Legion für die Arbeiter verlangt - was aber bestimmt billiger wird, als wenn wir normale Arbeiter, die wahrscheinlich auch weniger drauf haben, nehmen."


    Damit hatte er die aktuelle Situation grob umrissen und wartete auf Reaktionen.

  • Witjon erhob sich und ergriff das Wort.
    "Also, es ist Waldland im Besitz der Stadt, allerdings ist es vermutlich nicht ausreichend, um Bauarbeiten dieses Umfangs ausreichend mit Rohstoffen zu versorgen. Aber womöglich sind größere Waldflächen in der Nähe im Besitz der Regio, die man nutzen könnte?"
    Der junge Duccier schaute seinen Vetter fragend an. Witjon wollte zwar die Regionalverwaltung nicht um Holz anbetteln, aber im Laufe der Jahre war der Waldbestand in der unmittelbaren Umgebung Mogontiacums zum Ausbau des Limes und zur urbarmachung größerer Anbauflächen drastisch verringert. Diesen Preis zahlte die Natur eben für das Wachstum der römischen Kolonien.

  • Aber nicht allzu lange..


    "Gute Frage. Ich werde dies dem Comes vortragen, und dann auf dich zurückkommen, Petronius. Unbürokratisch wäre es ganz einfach, der Stadt ein Stück Wald zum zuzuweisen, allerdings muss man dann mit Anträgen anderer Civitates rechnen.", was Lando wirklich Sorgen machte. Aber vielleicht würde es reichen ein spezifisches Stück Land zur Abholzung freizugeben, anstelle ungenaue Vorgaben zu machen.

  • "Dann fangen wir mit dem Gemeindewald an und ich frage in der nächsten Zeit noch einmal an."


    meinte Crispus und war einigermaßen zufrieden. Er hatte keine Ahnung, wie viel Holz man tatsächlich für solch ein Projekt benötigte, doch sein Architectus würde ihm sicher weiterhelfen und wenn er die genaue Lage des Waldes hatte, konnte man ja auch eine kleine Flurbegehung machen...


    "Dann werde ich bei der nächsten Sitzung bekannt geben, wie hoch die Kosten für das Unternehmen sind. Bei Kosten von weniger als 2500 Sesterzen würde ich allerdings schon einmal loslegen, weil man ja nie weiß, wann die nächste Sitzung ist."


    bemerkte er abschließend und fügte rasch noch ein


    "Soweit das in Ordnung ginge."


    hinzu. Dann sah er zu Marsus, der nun fortfahren konnte - oder Einwände geben.

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