Consul Marcus Vitorius Marcellus begann sich schon zu fragen, was er falsch gemacht hatte, dass in den ersten Tagen seiner Amtszeit gefühlt genauso viel los war, wie in der gesamten Amtszeit seines Vorgängers. Aber vermutlich kamen ihm die ersten Tage nur so stressig vor, weil das Amt für ihn neu war. Diesmal hatte er jedenfalls einen Brief zu verlesen und es ging schon wieder um Hispania.
Ad Consul Marcus Vitorius Marcellus
Roma
Proconsul Lucius Flavius Furianus patrem conscripti s.d.
Der Consul liest euch diesen Brief vor, da ich, wie ihr nur zu gut wisst, nicht selbst vor euch stehen kann aufgrund meiner Verpflichtung Hispania als Proconsul zu dienen.
Etwa eine Woche nach eurem Beschluss, mir einen Quaestor Provincialis zu entsenden, bekam ich, wie stets, auch diese Thematik betreffend einen Bericht zugesandt. Eine Abschrift und Dokumentation eurer Worte im Senat, werte Kollegen. Und sie hat mich maßlos enttäuscht und beleidigt.
Dass Senator Germanicus Avarus gegen mich wettern würde, war mir wie auch euch allen recht klar, doch, dass viele von euch, werte Kollegen, seinen irrsinnigen Worten mehr oder weniger Glauben schenken konntet, enttäuscht mich sehr.
Wirklich beachtlich finde ich es jedoch, dass der werte Kollege Avarus noch ein Jahr zuvor, nachdem ein Verwandter von ihm, nämlich Germanicus Sedulus für das Amt des Quaestor Provincialis vorgeschlagen wurde, wirklich gute Gründe dagegen fand. Nun jedoch, da es kein Germanicus sein soll, einer der Stimmführer derer geworden ist, die einen Quaestor Provincialis fordern. Welch Stimmungs- und Meinungsumschwung, Senator Avarus!
Die irrsinnige Behauptung, ich würde eine geheime Armee errichten, hat bei mir ein Lächeln und ein unverständliches Kopfschütteln hervor gebracht. Wie soll ich, werte Kollegen, mit einer Anhebung der Milizenzahl, welche nach dem Aufstand wohl mehr als notwendig geworden ist, eine ganze Auxilia und Classis in meiner Provinz unterwerfen? Hat im Senat irgend jemand Ahnung vom Militär, sitzen nicht genug verdiente Legati Legionis im Senat? So stehet doch auf und beklagt diesen Irrsinn, der mir vorgeworfen wird! Zudem finde ich es höchst verwunderlich, dass Senator Avarus sagt der Proconsul habe nicht die Macht die Zahl der Milizen aufzustocken. Dann würde ich ihn gerne fragen, was der Proconsul überhaupt seiner Meinung nach darf?
Die Erhöhung der Milizen sowie eine leichte Erhöhung ihres Soldes hat mir der Regionarius nach einer umfassenden Überprüfung nahe gelegt, denn seiner Ansicht nach waren die Männer auf einen erneuten Unruheherd, wie vor kurzer Zeit der Aufstand gezeigt hat, in keinster Weise vorbereitet. Sie seien nicht gerade motiviert, in ihrer Zahl nicht einer solchen Provinz gerecht und beschwerten sich über die karge Bezahlung.
Zum Schutze der Provinz habe ich seinen Rat befolgt und ernte nun von euch Misstrauen und Zwietracht. Ich danke für euer Vertrauen, Kollegen.
Ein weiterer Punkt, nämlich die Erwähnung ich hätte im Senat das militärische Kommando über Einheiten gefordert, entlockt mir ebenfalls Unverständnis. Ich kann mich nicht erinnern jemals so etwas gefordert zu haben, weder vom Senat, noch von Senator Durus, dessen Vorschlag dies einst im Senat war, wenn ich es meinen Berichten über die Senatsdebatten richtig entnehme. Ich selbst habe ein Kommando, und das will ich ausdrücklich betonen, niemals gefordert oder gewollt. Ich bin der Meinung, dass ein Proconsul auch ohne militärisches Kommando gut und sicher regieren kann. Zudem kann ich mich hier in Hispania auf drei hervorragende Männer stützen, nämlich den Regionarius, den Praefectus der Auxilia und den der Numerus Hispania, mit denen ich sehr gut zusammen arbeite und auf die ich mich stets verlassen kann.
Also bitte ich einige Kollegen, mir nicht Worte oder Taten in den Mund zu legen, die ich niemals gesagt und getan habe.
Mehr als nur enttäuschend sind die Worte des Kollegen Decimus Meridius gewesen, der wie Germanicus Avarus meinen Berichten entnehmen kann, dass ich einer Hilfe und die Provinz einer Kontrolle bedarf. Woher, Senator Meridius, nimmst du diese Annahmen? Ich habe meine Berichte an den Senat mehrmals durchgesehen, bevor ich sie habe abschicken lassen und diesen Eindruck hatte ich nie. Verwunderlich, nicht wahr?
Die Worte des Senatskollegen Aelius Quarto sind mir ebenfalls ein Rätsel. Kollege Quarto spricht in einem Atemzug davon, dass der Quaestor letztendlich dem Senat Rechenschaft ablegen muss, doch im gleichem Atemzug betont er, dass der Quaestor nicht geschickt wird, um mich zu kontrollieren. Das stößt bei mir auf Unverständnis, ist doch genau die Absicht von euch. Sagt es offen oder habt ihr keinen Mut?
Senator Octavius Victor enttäuscht mich ebenfalls, indem er sagt der Senat erhalte durch den Quaestor einen unabhängigen Bericht. Das heißt wiederum, Kollege Octavius Victor nimmt an, meine Berichte seien verfälscht. Dazu möchte ich nur sagen, dass ich nichts beschönige und weiß, wie wichtig ein realistischer Bericht ist. Wenn ich schreibe, dass die Provinz ruhig ist, dann ist sie es auch. Und wenn ich schreibe, dass ich einen Procurator benötige, so trifft dies ebenfalls zu, wie ihr selbst vor Monaten gemerkt haben solltet, schließlich habt ihr mir einen Procurator geschickt. Ich verheimliche nichts und die bloße Annahme einiger Kollegen enttäuscht und beleidigt meine Person zutiefst.
Aufgrund dieser Tatsachen fühle ich mich persönlich angegriffen und bin maßlos enttäuscht, wie wenig Vertrauen der Senat in meine Person hat und meine Arbeit hier, die bei den Göttern nicht die Einfachste ist, nicht zu würdigen weiß.
Schließlich hat man mich nach Hispania geschickt, ihr ward es selbst und ich nahm diese Aufgabe wahr, auch wenn ich hier in Rom sicherlich besser aufgehoben war, als in eine gerade von einer Rebellion gebeutelte Provinz zu reissen und die Zügel in die Hand nehmen zu müssen. Dies ohne jegliche Erfahrungen und Kenntnisse über Provinz und Bevölkerung.
Und so habe ich aufgrund eurer überaus großen Dankbarkeit dafür, werte Kollegen, beschlossen das Amt nach dem Ende dieser Wahlperiode nieder zu legen.
Ich kann und will nicht ohne das Vertrauen des Senates, welches mir klar mit der Entsendung des Quaestors zu meiner Kontrolle und dem Senatsbericht hervor gehend signalisiert wird, eine Provinz führen.
Am liebsten würde ich aufgrund eurer Undankbarkeit mein Amt jetzt nieder legen, aber das hieße, dass die Provinz ein ganzes drei-viertel Jahr ohne Führung sein müsste. Die Verantwortung, die ich über diese Provinz habe, mein Eifer und meine Aufopferung für diese Menschen sind mir zu wichtig, als dass ich dies nun alles überstürzt aufgeben würde und die Provinz einem unklaren Schicksal aussetze.
Ihr habt also noch genügend Zeit, einen würdigen Nachfolger zu finden.
Ich stehe nicht mehr zur Verfügung.
Valete.
gez.
Lucius Flavius Furianus
ID IUN DCCCLVIII A.U.C. (13.6.2008/105 n.Chr.)