ho tou nikoalou oikos

  • So unterhielten sich der kleine Grieche und der blonde Römer den ganzen Abend lang. Das Essen war gut - die Drohung mit dem Vergiften hatte die Lohndiener in Angst und Schrecken versetzt. Sie merkten, dass sie der neuen Sklavin nicht mehr auf der Nase herumtanzen konnten wie dem alten Peisistratos, der längst zu träge und müde geworden war, um Ohrfeigen zu verteilen. Die Tatsache, dass ihnen Zenobia undurchschaubar war, trug dazu bei, dass die junge Sklavin gar keine Ohrfeigen mehr zu verteilen brauchte. Nur dem ungeschickten Sklaven am Herd fiel vor Angst - nachdem er vom Herde vertrieben war- eine Obstschale aus der Hand. Irgendwann kehrte Peisistratos mit Muskat zurück. Er hatte einem Sklaven aus einem Nachbarhaus, in dem ein reicher ägyptischer Händler wohnte, das kostbare Gewürz zu einem hohen Preis abgekauft. Da er nun aber sah, dass Zenobia mit dem Lohndienern fertig wurde (zumindest scheinbar), entschuldigte er sich rasch und zog sich in seine Kammer zurück. Zenobia musste viel Wein ausschenken. Der Wein erheiterte den Gymnasiarchen offensichtlich. Er lachte viel und scherzte ausgelassen. Er hatte solchen Spaß lange nicht mehr gehabt. (Die Hochzeit der Penelope hatte ihm wenig Freude gemacht- und er war zu betrunken gewesen, um etwas von der Feier mitzubekommen...)


    Als aber der Abschied kam, wurde ihm etwas klamm ums Herz. Er selbst wickelte die in Holzröhren verpackten Schriftrollen, die die Redekunst des Aristoteles enthielten, in Seidenstoff und anschließend in eine Schicht aus Leinen. Nikolaos hoffte, so verpackt würden die kostbaren Bücher die Schiffsreise überstehen. Das Paket schließlich legte er in einen groben Sack, der Sand enthielt, um die Feuchtigkeit der Seeluft fernzuhalten. Mit zitternden Händen gab er es dem Duccier. Dann reichte er ihm die Hand. Tränen flossen von Nikolaos Seite nicht. Aber kurz davor stand er durchaus. Er beschwor den Aufbrechenden, bei seiner Ankunft auf jeden Fall einen Brief zu schicken. Nikolaos selbst versprach, regelmäßig zu schreiben und den jungen Mann über die Neuigkeiten in Alexandreia auf dem Laufenden zu halten. Damit kam -unweigerlich und endgültig- der Abschied. Nikolaos sah dem Abreisenden nach, bis dieser in der Dunkelheit der Nacht verschwunden war, was lange dauerte, denn der Gastgeber hatte ihm einige Leibwächter mit Fackeln für den kurzen Weg zum Statthalterspalast mitgegeben.


    Als diese nun mehr nur noch gelben Punkte nicht mehr zu sehen war, ging Nikolaos in sein Haus zurück. Die Heiterkeit war immer noch da - und zugleich Schwermut. Er bat Poseidon, das Schiff des Jungen zu verschonen und den Windgöttern Gleiches zu befehlen. Dann legte er sich auf sein Bett. Der Schlaf war unruhig. Erst in den ersten Morgenstunden fand er Ruhe, die länger währte als bloß einige Zeit. Bis nach der Mittagsstunde sollte er schlafen.



    Sim-Off:

    Ich hoffe, der Abschluss ist euch beiden, Rufus und Zenobia, genehm ;).

  • In Begleitung meines Leibsklaven kam ich zum Haus des Nikolaos. Ich hatte meine Palla etwas tiefer ins Gesicht gezogen, so dass nicht jeder sofort sah, um wen es sich bei mir handelte.
    Am Haus angekommen, klopfte ich eigenhändig an und wartete.

  • Der Torsklave:



    Der nubische Torwächter ließ die Besucherin rasch hinein und führte sie zum Zimmer des Hausherren, dessen Eingang von einem dunkelblauen Vorhang verschlossen wurde.


    "Iunia Urgulania ist nun hier, kyrie.", flüsterte der Sklave durch den Vorhang in das Zimmer. Eine Weile geschah nichts. Der Sklave hielt das Ohr an den Vorhang. Offenbar war ihm endlich geantwortet worden.


    "Der kyrios bittet dich, einzutreten.", sagte der Torsklave und entfernte sich rasch.

  • Ich folgte dem Torsklaven in das Haus hinein und dann zum Zimmer des Hausherren, wo ich schweigend und ein wenig angespannt wartete.
    Als dann die erlösende Bitte einzutreten kam, dankte ich dem Torsklaven und schob dann langsam den Vorhang beiseite um einzutreten.

    Chaire Nikolaos, du wolltest mich sprechen?
    fragte ich, mit einem leichten Lächeln im Gesicht, als ich des Hausherren ansichtig wurde.

  • Das Zimmer war mit Vorhängen verdunkelt. Ein süßlicher, schwerer und zugleich scharfer Geruch lag in der Luft. Eine Öllampe flackerte schwach. Das wenige Licht, das durch die dunkelblauen Vorhänge drang, brachte vermutlich sogar mehr Helligkeit in den Raum.


    In einer dunklen Ecke auf einem Stuhl mit einer hohen Lehne saß Nikolaos. Er versank förmlich in Kissen und Polstern und Decken. Nur sein Gesicht schaute aus dieser Flut aus Seide und Leinen und Baumwolle hervor.


    Das Gesicht war blass. Noch blasser als gewöhnlich. Wie aus heller Asche geformt war es, und zugleich gelblich. Auch das Haar des Nikolaos war stumpf und hatte keinen Glanz. Die Schrammen waren nur noch schwach zu erkennen. Die Augen des Gymnasiarchen lagen tief in den Höhlen und wurden von dunklen Ringen bekränzt.


    Die Augen selbst jedoch glänzten fiebrig. Dabei aber seltsamerweise gleichzeitig wach und aufmerksam. (Nur wer Nikolaos kannte, wusste, dass dies nur noch ein Schatten seiner Luzidität im gesunden Zustand war.)


    "Khaire, werter Iunia Urgulania. Es freut mich, dass du so rasch gekommen bist. Ich hätte dich gerne in einer erfreulicheren Angelegenheit zu mir gebeten, aber dir sind sicher die Ereignisse der letzten Tage bekannt."


    Nikolaos sprach mit sehr, sehr leiser Stimme. Gar nichts herrisches hatte ihr Ton an sich. Er richtete seinen Oberkörper etwas auf.


    "Ich meine damit jenen Aufstand am Tor zur Basileia, und füge rasch hinzu, dass ich ihn für inszeniert halte und für ein Mittel, mit denen gewisse Leute ihre frevlerischen Zwecke verfolgen.


    Das ist es, warum ich bange. Natürlich gab es schon immer Aufstände in Alexandria. Aber nun werden sie, und nenne mich einen Toren, wenn ich mich täuschen sollte, angefacht - oder gar inszeniert. Die Machtgier einiger Leute - das sagte ich alles bereits beim Eparchos.


    Dieser tut leider nichts dagegen, sondern läßt sich womöglich weiterhin von seinen schlechten Freunden Gefährliches einflüstern.


    Ehrlich gesprochen: Ich habe Angst. Nicht so sehr um mich selbst. Sondern vielmehr um unser Staatswesen - und um dich und deine Familie. Ich habe die böse Ahnung, alle schrecklichen Dinge, die auf dem Rücken Alexandreias ausgetragen werden, sind Intrigen unter Römern, vielleicht auch unter Hellenen, aber hauptsächlich unter Römern. Du bist Römerin - und daher fürchte ich um dich. Wenn du auch fürchtest und wenn diese Furcht übermächtig wird, so sei dir gewiss, dass ich alles tun werde, dich und deine Cousine in Sicherheit zu bringen.


    Wenn du bleiben möchtest, werde ich alles tun, dich zu beschützen. Aber leider bin ich einigen Männern gegenüber selbst machtlos. Gegen die verbrecherischen Umtriebe eines Kyprianos und seiner Spießgesellen kann ich wenig ausrichten - wenn sich nicht der Eparchos auf unsere Seite stellt.


    Das wollte ich dir sagen, damit du weißt, dass du nicht verloren bist, sollte es - sollte es zur Eskalation der Lage in Alexandrea kommen. Das wollte ich vorausschicken, um nun mit dir über die Lage der Polis zu sprechen und was wir tun-"


    Er musste husten. Dabei verzog sich sein Anlitz zu einer dämonischen Fratze.


    "-was wir tun können. Ich spreche mit dir darüber, da ich dich von allen einflussreichen Bürgern der Polis für die Vertrauenswürdigste halte. Wenn du dich entschieden haben solltest, wegzugehen, sage mir dies sogleich. Ich würde dir selbstverständlich auch später noch dabei behilflich sein, aber ansonsten würde ich damit keine Zeit verlieren und dich nicht mit Gedanken über die Lage der Polis quälen."


    Wieder musste er husten. Trocken war dieser Husten und er erzeugte ein Geräusch wie von rasselnden Ketten.


    "Werte Urgulania. Wärst du bereit, dich in der nächsten Prytanie, wenn - hoffentlich - das Gröbste überstanden ist für die Polis, für hohe Ämter zur Verfügung zu stellen?


    Ich will keine Spannung aufkommen lassen: Ich werde mich vermutlich zurückhalten. Ich fürchte, meine Person ist vielen Römern ein Dorn im Auge. Ich glaube, in einer exponierten Position nach allem was geschah zu schaden. Ich weiß, dass Kyprianos mich hasst. Ich sehe es - selbst am Blick des Vorzimmerschreibers des Eparchos sehe ich es. Der ist nämlich Günstling des Terentiers... Ich fürchte, ich habe selbst des Eparchen Zorn erregt, als ich ihm sagte, was ich dachte und immer noch - und noch vielmehr!- denke.


    Allerdings möchte ich nicht, dass alles aus dem Ruder läuft.


    Daher frage ich dich: Möchtest du wieder als Exegetes die Geschicke der Stadt leiten?


    Bitte fühle dich nicht bedrängt. Ich würde jede Antwort akzeptieren. Ich frage, nicht um dich zu überreden, sondern um mit deiner Antwort selbst planen zu können. Ehrlich gesagt traue ich momentan von allen unseren Verbündeten nur dir und Ánthimos zu, die Geschicke der Polis zu leiten. (Nicht, dass ich die anderen für Nichtsnutze halten würde, es ist nur so, dass es ihnen vielleicht an Erfahrung für dieses Amt mangeln könnte. Und nun ja, Cleonymus... ich fürchte, er schadet der Polis, wenn er nur den Mund öffnet...) Leider ist das Verhältnis zwischen mir und Ánthimos nicht unbelastet, und ich fürchte, er würde daher meinen Rat nicht hören.


    Das wäre mir überaus wichtig. Ohne mich überhöhen zu wollen, glaube ich, dass ich Erfahrung habe, die die Polis braucht, um in diesen Zeiten zu bestehen.


    Nur in einem herausragenden Amt sollte ich mich nicht so schnell wieder vor den Römern blicken lassen.


    Ich hoffe, du verstehst was ich meine."


    Er ließ sich wieder zurücksinken.

  • Ich war ein Wenig erschrocken über den Zustand in dem sich Nikolaos befand. Ich hatte natürlich von dem gehört, was am Tor der Basileia geschehen war, aber ich hatte nicht erwartet ihn hier als Schatten seiner selbst vorzufinden.


    Ich hörte ihm aufmerksam zu und nickte gelegentlich leicht da ich seiner Einschätzung weitestgehend zustimmte. Als er geendet hatte, schwieg ich einen kurzen Moment, um meine Antwort genau abzuwägen, dann erst sprach ich:
    "Ich habe schon Dinge überstanden, die weit über das herausgingen, was ein kleiner wichtigtuerischer Legionspraefect mir antun könnte, daher werde ich mit Sicherheit nicht einfach meine Reisetruhe packen und Alexandria bei Nacht und Nebel verlassen."
    Vor einem Jahr hätte ich sicherlich noch anders gedacht, doch die ganze Situation stachelte mich ein Wenig auf, so dass mein Kampfgeist und die Kraft meiner vergangen Jugend - für die einst mächtige Männer viel mehr als nur Geld gaben - wieder in mir aufgeflammt waren. Ich würde nicht vor einem dahergelaufenen Soldatenjungen zurückweichen, dafür war ich einfach zu alt und zu stolz.
    Natürlich werde ich der Polis auch in der nächsten Prytanie zur Verfügung stehen. So das Volk es denn will auch als Exegetes.
    Ich lächelte ein wenig aufmunternd, war mir selbst aber nicht ganz im Klaren, ob ich ihn oder mich aufmuntern und ermutigen wollte. Das er sich vorerst aus der aktiven Politik zurückziehen wollte, war für mich keine allzugroße Überraschung, denn ich wusste um die Intelligenz dieses Mannes und war mir auch mehr als bewusst, dass er die Zeichen der Zeit erkannte. Es war mehr als nur offensichtlich, dass es für ihn ersteinmal keinen Platz in den Reihen der Prytanen geben durfte, zumindest nicht solange der Terentier in Nikopolis residierte.
    Ein Stück weit muss ich jedoch trotz allem auf dein Angebot zurückkommen. Es geht um meine Cousine, denn auch ich fürchte um mich und sie. Der leidige Brief stellt ganz klar dar, welches Schicksal der Terentier für mich vorgesehen hat. Und wenn es soweit ist, dass er mein Leben an einem Kreuz oder auf eine andere Weise beendet, dann muss ich wissen, dass du dafür sorgen wirst, dass Axilla schnellstmöglich Alexandria und auch Aegyptus verlässt. Ich kann nur dann guten Gewissens weitermachen, wenn ich weiss dass sie sicher ist, falls mir etwas passieren sollte.

  • Nikolaos hustete trocken. Den schweren Rauch in der Luft hatte er schon tagelang eingeatmet. Angeblich sollte das böse Miasmen zerstören, die ansonsten in die Wunde eindringen könnten, die Nikolaos vor Urgulania sorgsam mit seiner Decke verbarg. Ein Schüttelfrost überkam ihn und er schloß für einen Moment die Augen. Danach sah er aber Urgulania umso aufmerksamer an.


    Seine Augen wurden wacher, sein Blick ruhiger. Dass Urgulania in Alexandreia bleiben wollte, beunruhigte ihn auf der einen Seite, da er diese Stadt für sehr gefährlich hielt - und das nicht wegen der kleinen Räuber der Hüttenviertel. Andererseits beruhigte es ihn, da er glaubte, sich auf die Klientin verlassen zu können.


    "Sollte er Mörder bezahlen, dich zu töten, so wird er selbst nicht mehr lange leben."


    Nikolaos hatte dies trocken und ruhig gesagt, ohne Eifer. Aber mit einer echten Grausamkeit. Er wusste, dass er für die Bestrafung des Terentiers auf seine Art auch um den Preis der fast zwangsläufigen, eigenen Hinrichtung sorgen würde, überschritte dieser jene Bannlinie.


    "Sofern ich selbst nicht vorher sein Opfer bin.", fügte er regungslos hinzu. "Dann aber wird er vielleicht auch nicht lange leben. Es gibt Menschen, denen ich mein Haus nicht anvertrauen würde - meine Rache aber durchaus."


    Nun wurde sein Blick weicher. Echte Freundlichkeit lag in seiner Stimme. Aber er musste zweimal ansetzen, da ihm beim ersten Mal die Luft wegblieb.


    "Ich danke dir tausendfach, dass du der Polis weiter dienen möchtest. Wenn du währenddessen jedoch Angst bekommen solltest, scheue dich nicht, dich mir anzuvertrauen. Wir wollen es nicht erst zu weit kommen lassen.


    Was Axilla betrifft: Ich habe im Hafen ein Schiff, das ich nie auf Handelsfahrten schicke. Daher steht es dort immer bereit. Innerhalb einer Woche können zuverlässige und fähige Leute von mir das Schiff bereit zum Auslaufen machen und von verschiedenen Freunden Proviant holen. Ich muss es ihnen nur anordnen.


    Für den Fall, dass ich - verhindert sein sollte, kannst du darüber selbst verfügen. Eine entsprechende Nachricht werden die Leute noch heute von mir erhalten. Peisistratos, mein alter Haussklave, oder Lyros, der Pächter des Gasthauses schräg gegenüber des Kroneions wird dir helfen."

  • Nikolaos Worte bezüglich Axilla beruhigten mich sehr und so lächelte ich ein Wenig.
    Ich danke dir, Nikolaos. Axillas Sicherheit ist für mich in diesen Zeiten besonders wichtig und zu wissen, dass entsprechende Vorkehrungen getroffen sind, beruhigt mich sehr.

  • "Für ihre Ahnen und ihre Nachfahren Ruhm erwirbt und vermehrt..." Die Worte des Gymnasiarchen erinnerten Timos an Penelopes Schwangerschaft und gleichzeitig daran, dass er noch immer ledig und Kinderlos war. Das würde er bald ändern müssen. Er erwiderte das Lächeln des Keryken, jedoch aus einem anderem Grund als dieser wohl annehmen würde. Er musste an Pasiphaë denken. Sollte er sie heiraten? Aber seine Gedanken drohten wieder abzuschweifen und so entgegnete er seinem Gegenüber zügig: "So ist es. Die Bantotaken werden ihren und den Ruhm der Polis mehren."


    Dann sprach der Gymnasiarchos Dinge an, die Thimótheos gleichzeitig überraschten und zum Teil sogar erschreckten. Dass der Keryke nicht unverwundbar war leuchtete ihm ein, doch dass er sich so bald aus der Politik zurückziehen wollte, damit hatte er wahrlich nicht gerechnet. Zugleich schmeichelte der Keryke ihm, indem er ihn als einen seiner Nachfolger in Alexandrias Politik bezeichnete. Interessiert ließ der junge Bantotake seinen Gastgeber erzählen, während er noch etwas Obst nahm.
    Nikolaos wollte offenbar einen Bund zwischen den mächtigsten Männern (und Frauen) der Stadt schaffen, der die Ordnung der Polis und die Kontrolle über die Politik in die Hand nahm, um sowohl Frieden zwischen Rhomäern und der Bevölkerung der Stadt zu schaffen und gleichzeitig ihre Macht zur Mehrung ihres Ruhmes und Wohlstandes einzusetzen - zumindest interpretierte Thimótheos das in die Worte seines Gegenübers hinein.


    "Es würde mich mit Freude und Stolz erfüllen, dich einen Freund der Familie nennen zu dürfen. Ein Bündnis unserer Familien sollte nicht nur politischen Zwecken dienen, sondern auch einen Bund für die Ewigkeit bilden. Du kannst sichergehen, dass die Bantotaken zu ihrem Wort stehen. Ich habe Prinzipien und meine Ehrgefühl verbietet mir überdies mein Wort zu brechen. Wer wäre ich, würde ich meine Freunde verraten?" Etwas gedämpfter fuhr er fort: "Rhomäer mögen ihre Verbündeten des Profits oder der Machtgier wegen hintergehen, doch solch erbärmliche Sitten kann ich nur verurteilen."


    Nikolaos hatte Thimótheos nämlich keineswegs er- oder abgeschreckt. Der junge Strategos lächelte düster und beugte sich etwas vor. Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, doch seine Worte waren deutlich zu vernehmen. [size=11]"Nikolaos Kerykes, unterschätz mich nicht. Ich weiß, dass du gerissen und intelligent bist und deine Macht einzusetzen weißt. Doch ohne respektlos klingen zu wollen: Meine Brüder und ich sind nicht minder fähig, ihre Kenntnisse und ihr Wissen zu ihrem Vorteil einzusetzen. Ich werde mich mit meiner Familie beraten, was deine Schutzherrschaft angeht. Dahingehend kann ich dir jedoch keinerlei Versprechungen machen. Soviel sei dir jedoch versichert: Was wir auch entscheiden, es soll nicht zu deinem Nachteil sein."
    Thimótheos lehnte sich wieder zurück und trank einen Schluck Wein, als hätte er gerade seine Meinung über das kürzlich aufgeführte Theaterstück kundgetan, während er einen amüsierten Blick hinüber zu den Vögeln warf, die immer noch in ihrer Nähe herumhüpften.

  • Nikolaos hörte dem Gast lächelnd zu, ohne die Miene auch nur zu verziehen. Bei der Beteuerung der eigenen Treue und der der Hausgenossen lächelte der Gymnasiarchos nicht ohne einen leisen Anflug von Spott. Aber sein Blick blieb gütig. Dass er keineswegs milde Gaben zu verteilen hatte - sondern seinerseits jene mögliche Zweckfreundschaft dringend brauchte (um seine eigene Haut zu retten)- davon ließ er sich hinter seiner undurchdringlichen Maske nichts anmerken.


    Er nahm einen Schluck Wein, ließ ihn lange im Mund, als koste er ihn. Eine Dattel, spülte er mit einem weiteren Schluck Wein hinunter. Mehr trank er dann ersteinmal nicht. (Er wollte keine Assoziationen mit seinem Auftritt am Ende der Hochzeit des Bruders seines Besuchers wecken...)


    Als der junge Mann zu flüstern begann, lachte Nikolaos kurz, leise und trocken.


    "Du brauchst nicht flüstern. In meinem Garten gibt es keine bösen Lauscher. Dass du dich und deine Brüder mir für ebenbürtig hälst, ist mir weniger peinlich als es mir vielleicht sein sollte. Meinst du, ich habe nichts besseres zu tun, als mich mit Schwächlingen zu umgeben? Hielte ich dich und die deinen nicht für fähig, im Sinne der Polis gut und klug zu handeln, warum sollte ich euch einen derartigen Vorschlag machen? Daher wollen wir aufhören, zu flüstern, ja zu tuscheln wie kleine Mädchen und stattdessen wie Männer sprechen.


    Ich weiß im übrigen auch, dass du als Familienältester nicht uneingeschränkt kyrios bist. Ich nehme an, soviel älter bist du nicht einmal. Aus diesem Grunde verlange ich auch keine Entscheidung von dir allein in diesem Augenblick für deine ganze Hausgemeinschaft und für deren ganzes Bestehen."


    Er griff wieder zum Obstteller. In diesem Moment schreckten Vögel von einer nahen Strauchhecke auf und flogen hoch in die Luft, ehe sie bald wieder zurückkehrten.


    "Sollte es im übrigen deinem Stolz zuwider laufen, dich als Schutzbefohlenen unterzuordnen, können wir das Verhältnis auch anders nennen. Es geht mir nicht darum, wie bei den Römern, eine Schar an Klienten, ja eine Herde zusammenzusuchen, die ich bei jedem Anlaß vorzeigen kann wie manch anderer seine Gemmensammlung. Solche Kindereien habe ich nicht nötig. Es geht mir nicht um äußerlichen Ruhm, um Ruhmessucht, oder gar um die Begierde, andere zu beherrschen, sondern darum, Männer zu gewinnen, auf die ich mich verlassen kann und die mir hinter meinem Rücken keine Schwierigkeiten machen."


    Er lächelte wieder einmal. Das ihm eigene, zarte Lächeln war es. Trotzdem er auf die dreißig zuging, hatte der Mann aus dem Geschlecht der Keryken etwas Knabenhaftes an sich.


    "Es ist erfreulich, dass du mir gut zugehört hast und dass du meinen Vorschlägen nicht völlig abgeneigt scheinst. Über die Form der Verbindung können wir später noch ausführlicher sprechen, wenn du dich mit deinen Brüdern beraten hast.


    Nun, nachdem ich dir freimütig meine Pläne für die nächste Prytanie offenbart habe, könntest du mir vielleicht sagen, welcher Fortgang deiner Laufbahn als Demagoge dir vorschwebt."


    Völlig unbefangen hatte Nikolaos sein Gegenüber einen Demagogen genannt und ihm damit eine gewisse Macht zugestanden. Überhaupt schien er gar nicht aufgeregt zu sein und so gar nicht eifrig. Nachdem er schon im früheren Verlauf des Gespräches seine drastischen Warnungen ausgesprochen hatte, führte er die Unterhaltung über ernste Dinge in einem fast heiterem Plauderton weiter. Dabei ließ er aber keinen Zweifel daran, dass er ernsthaft im Sinn sprach.

  • Grimmauldusplatz XII


    Nachdem der Bote geschlagene zwei Stunden durch die Stadt geirrt war, weil er absolut keine Ahnung hatte wo dieser Kerl Namens Kerykes überhaupt wohnte, war er einem Freudenschlag nahe, als er endlich vor dem Haus stand, in dem der Mann wohnte. Er gab den Brief ab, und entschwand in der Stadt, nicht ohne sich vorher genau zu merken wo dieses Haus überhaupt stand.



    Ad Nikolaos Kerykes
    Alexandria et Aegyptus
    Alexandria
    nikoalou oikos



    Lieber Nikolaos,


    ich freue mich sehr über deinen Brief und die guten Wünsche und hoffe du bist von deiner Krankheit vollständig genesen. Entschuldige bitte, dass ich nicht sofort zurückschreiben konnte, denn momentan hält mich der Alltag doch sehr gefangen. Aber dazu später mehr. Ich bin wohl behalten in Mogontiacum angekommen, und die Schifffahrt war im Gegensatz zum letzten Mal nicht ganz so schlimm. Vielleicht lag es auch daran, dass mich meine Cousine Duccia Venusia begleitet hat, denn in der Gegenwart von Frauen reißt man sich doch gleich ein wenig mehr zusammen. Der Landweg war dann richtig schon, da überall alles zu blühen begann. Allerdings wurde der Temperaturunterschied immer größer je weiter wir kamen. Daran musste ich mich erst einmal wieder gewöhnen, aber ich muss sagen: Das kalte Klima liegt mir mehr. Aber zu deiner Frage: Ich habe kein Fuhrwerk genommen, sondern bin selbst auf meinem Pferd geritten. Das ist mir deutlich lieber als auf einem Wagen nicht mehr als Gepäck zu sein, zumal man mit Fuhrleuten vorsichtig sein muss, dass man auch unbeschadet an sein Ziel kommt.


    Ja, meine Vettern sind schon beide verheiratet. Ich muss sie beide beneiden, denn sie haben unheimlich hübsche Frauen abbekommen. Aber ich bin ja noch jung und kann nur hoffen eines Tages ähnliches Glück zu haben. Aber du hast Recht: Für Aristoteles hatte ich leider noch keine Zeit. Allerdings hatte ich durchaus schon Gelegenheit das gelernte anzuwenden. Ich schreibe dir diese Zeilen nämlich als jüngstes Mitglied des Ordo Decuriorum unserer schönen Stadt. Ich denke man müsste den Ordo in etwa mit eurer Prytanie vergleichen können. Auch wenn die Mitglieder dort keine genauen Aufgabenbereiche haben. Das ganze kam für mich ein wenig überraschend und eigentlich habe ich mich noch nicht so weit gesehen. Doch meine vettern setzen großes Vertrauen und mich und das wollte ich auf gar keinen Fall enttäuschen. Es gab sogar einen kleinen Eklat bei den Wahlen, weil mich ein Mitglied nicht im Ordo sehen wollte und mein Vetter ihn darauf hin zurechtwies. Aber ich denke die meisten anderen konnte ich überzeugen, was ich zu einem großen Teil sicher auch dir zu verdanken habe.


    Aber wie ich lese ist es dir beinahe ebenso ergangen wie mir und ich gratuliere dir zu diesem sicher sehr ruhmvollen Amt. Habe ich das richtig verstanden, dass du jetzt die beiden höchsten Ämter inne hast? Bis ich jemals ein wirklich wichtiges Amt antreten werde, wird es sicher noch eine Weile dauern, wobei ich demnächst bei den Wahlen zum Magistrat antreten werde. Ich freue mich schon sehr auf die Aufgaben in der Verwaltung und bin gespannt welche Herausforderungen dort auf mich warten. Vielleicht bin ich ja auch noch zu jung um zu verstehen, warum du um ein Amt herumkommen möchtest. Schon lustig: Ich versuche gewählt zu werden und du wärst froh wenn du es nicht würdest. Wenn das kein Indikator für Erfolg ist, was dann? Aber um deine Fragen zu beantworten: Die Beamten werden schon gewählt, also der Magistrat und der Duumvir. Für andere Ämter muss man sich durch gute Arbeit qualifizieren und ich hoffe das wird mir eines Tages gelingen.


    Unser Wetter ist sicher nicht so rau, wie du denkst. Schnee liegt schon eine ganze Weile nicht mehr. Unser Land ist um diese Jahreszeit nicht weiß, sondern grün. Die Wälder und Wiesen blühen und grünen, dass es eine wahre Pracht ist und ich muss sagen, dass trägt auch zu meinem Wohlbefinden bei. Wobei es zu dieser Zeit auch nicht unbedingt ungefährlich ist in den Wald zu gehen. Neulich saß ich mehrere Stunden auf einem Baum fest, weil sich eine Rotte Wildschweine darunter versammelt hatte. Zum Glück kam mir aber jemand zur Hilfe und verjagte die Borstenviecher, so dass ich nun schon schmunzelnd darauf zurückblicken kann.


    Deine Idee Händler für Bestien in der Arena zu werden ist sicherlich keine schlechte, wenn auch wohl nicht ernst gemeint, habe ich doch gerade drei Wölfe und drei Bären für einen ordentlichen Betrag nach Rom verkauft. Ich denke aber nicht, dass sich diese Art des Gelderwerbs und eine gewisse Beredsamkeit grundsätzlich ausschließen. Ich habe gerade im Ordo erlebt, wie ein eigentlich hoch geschätztes Mitglied meinte, man habe Recht wenn man am lautesten ist und dann wutentbrannt davongerannt ist. Eher denke ich, dass man für die Beredsamkeit ein gewisses Talent braucht, dass dann von einem guten Lehrer geschult werden muss. Dann dürfte es auch egal, ob derjenige wilde Tiere verkauft, oder ein hoher Beamter ist, denn die Redekunst ist wohl für jeden nützlich. Daher möchte ich dir noch einmal danken, dass du mich darin unterrichtet hast.

    Wie ich deinem Brief entnehme hat dich die Reiselust gepackt. Solltest du jemals den Wunsch verspüren die nördlichen Provinzen zu bereisen, würde ich mich freuen dich als unseren Gast begrüßen zu dürfen. Haine haben wir hier nicht so viele, denn bei uns sind es dann meist gleich riesige Wälder, aber ich denke auch da würdest du sicher Ruhe finden, Abseits deines politischen Umfeldes. Ich würde mich wirklich sehr freuen, auch wenn Mogontiacum architektonisch natürlich nicht mit Alexandria mithalten kann, eines ist es ganz sicher: ruhig. Nun bevor ich beginne dich zu langweilen, höre ich jetzt besser erst einmal auf mit dem Schreiben. Auch ich hoffe bald Antwort von dir zu erhalten, und werde ab morgen neugierig auf Neuigkeiten aus Alexandria warten.


    Meine besten Wünsche begleiten diesen Brief.


    [Blockierte Grafik: http://img150.imageshack.us/img150/5493/rufuslg4vg5.gif]



  • Thimótheos hörte sich die Worte seines Gegenübers genauestens an und nickte leicht. Er spielte hier gerade mit der Zukunft seiner Familie, dessen musste er sich bewusst sein. Der Keryke war gut über die Bantotaken informiert, er schien seine Vögelchen nicht nur hier im Garten zu haben, die ihm Wissenswertes zuzwitscherten. Mit gerunzelter Stirn beobachtete Timos das aufschreckende Federvieh.


    "Um ehrlich zu sein: Der Gedanke des rhomäischen Clientels schwirrte mir bereits vor meiner Ankunft hier im Kopf herum. Mir läuft es nur allzu sehr meinem Stolz zuwider, mich unter jemandes Schutz zu stellen, es sei denn den meines Vaters, die Götter seien seiner Seele gnädig." Alles andere zu dieser Thematik ließ er unkommentiert, denn Nikolaos fuhr bereits fort und wollte nun lieber über andere Dinge sprechen. Das war dem Bantotaken nur recht, so hatte er mehr Zeit über den Vorschlag des Keryken nachzudenken und eine Entscheidung zu treffen.


    Allerdings kam sein Gegenüber nun auf Timos' Zukunft in der Politik zu sprechen. Und da erwischte er diesen eigentlich auf dem Falschen Fuß. "Laufbahn als...?!" Er überwand seine erste Überraschung und setzte schnell wieder eine souveräne Maske auf. Er trank einen Schluck Wein um Zeit zu schinden und antwortete dann in ebenso plauderhaftem Ton wie er es dem Keryken nachahmen konnte. Dass dieser ihn als Demagogen bezeichnet hatte ehrte ihn, doch er ließ es unkommentiert in seiner Selbstgefälligkeit. Wenn sich dieser Titel für ihn auch unter den anderen Prytanen etablierte, könnte er sein Ansehen bald auch unter der Bevölkerung stark mehren.
    "Ich habe über die Nachfolge des Eutheniarchos der aktuellen Amtszeit nachgedacht. Ich bin die Geschäfte des Strategos leid, um ehrlich zu sein, und möchte mich nicht weiter mit Kriminalität und dem Unbill der Straßen herumschlagen müssen. Ich weiß, dass mein Bruder das Amt des Kosmetes anstrebt, weshalb ich mich aus diesem heraushalten möchte. Stattdessen bliebe mir die Ehre des Exegetes offen, wenn ich so dreist spekulieren darf." Er lächelte schelmisch, denn er wusste wie hoch er offenbar bei seinem Gegenüber im Kurs stand. Wenn er jetzt die richtigen Wege für die Zukunft pflasterte, würde später einiges sehr viel geschmeidiger laufen. Womöglich konnte er die Iunia Urgulania ja sogar ablösen?
    "Doch bin ich unwissend ob der Absichten der anderen Prytanen, zum Beispiel des Cleonyums. Sollte ich wohl direkte Konkurrenz mit ihm anstreben? Womöglich kannst du mir in dieser Hinsicht Rat geben."

  • Der Strategos war der Einladung des Keryken gefolgt, als er endlich eine Entscheidung in vielerlei Hinsicht getroffen hatte. Er hatte sich zuvor von einem Sklaven ankündigen lassen und war wenig später an der Porta angelangt. Er klopfte und wartete darauf, dass geöffnet wurde. Wie schon beim letzten Mal hatte er sich ordentlich gekleidet und auch sein Antlitz aufpoliert, denn Stress, Süchte und Schlaflosigkeit machten ihm schon lange zu schaffen.

  • "Timótheos!"


    Der Hausherr hatte die Arme ausgebreitet und einen erfreuten Gesichtsausdruck aufgesetzt, als er den Gast im Innenhof empfing.


    "Welche Freude, dich zu sehen. Ich hoffe, du hast die Festtage gut überstanden?"


    Nikolaos selbst schien ausgeglichener zu sein und erholt. Sein Gesicht hatte Farbe angenommen. Bleiweißschminke hatte er an diesem Tag nicht aufgetragen, nur etwas Zinkpuder. Er führte den Gast ins Andron, wo es angenehm kühl war. Timótheos sah nicht gut aus. Der junge Mann hatte müde Augen und dunkle Ringe darunter. Das sah Nikolaos trotz aller Schminke sehr deutlich. Er ließ Wein kommen und Leckereien.


    "Verzeihe mir meine Ungeduld, zu erfahren, zu welcher Entscheidung du gekommen bist."





    Sim-Off:

    WiSim.

  • Nikolaos lächelte zart, fast wie ein Knabe, dem ein alter, reicher Verehrer ein hübsches Kompliment gemacht hatte.


    "Natürlich weiß ich um dein aufrechtes Ehrgefühl..."


    Er trank einen Schluck Wein. Beim Absetzen stieß er mit seinem Becher wie unbeabsichtigt gegen den des Gastes. Das feine Glas klirrte, blieb aber ganz.


    "Es ist sehr lobenswert, dass du deinem Bruder diese Ehre gleichermaßen gönnst. Doch mich freut, dass auch du nach Höherem strebst. Mit Dreistigkeit hat das nichts zu tun - sondern mit Pflichtbewusstsein. Als guter Mann muss man Ämter übernehmen, für die man der Fähigste ist, ohne falsche Bescheidenheit."


    Nikolaos nahm noch einen Schluck Wein. Seine gefärbten Lippen hinterließen einen leichten Rotschimmer in Form seines Mundes auf dem grünen Glas.


    "Für Cleonymus ist das Amt des Kosmetes das Beste.", sagte er. "Wenn du Exegetes werden möchtest, musst du dich mit der ehrenwerten Iunia Urgulania einigen. Ich denke, ich werde vor der letzten Ekklesia dieser Prytanie ein kleines Symposion geben, zu dem herzlich eingeladen bist, und bei dem auch Iunia Urgulania mein Gast sein wird."

  • Marco Duccio Rufo, Domus Ducciana, Mogontiaco



    Nikolaos Rufo S.P.D.



    Sehr danke ich dir für die Genesungswünsche. Meine Gesundheit als wiederhergestellt zu bezeichnen wäre übertrieben, aber sie ist auf dem Weg dorthin und schreitet schnell voran. Ein solcher Ritt, den d beschriebst, war sicher sehr anstrengend und unangenehm. Aber was wäre das Reisen ohne Unannehmlichkeiten?


    Du scheinst mir ein hoffnungsvoller junger Mann zu sein. Deine Stadt kann sich glücklich schätzen, dich als Ratsmitglied zu wissen. In deinem Alter (ich hoffe, das klingt nicht abschätzig. Das ist es keinesfalls - eher ein wenig neidisch, aber auf freundliche Art. Ich gönne dir das Glück deiner Jugend.) war ich selbst begierig nach neuen Aufgaben und voller Tatendrang. Ganz sicher werden deine Kollegen und die Bürger deiner Stadt deine Arbeit zu schätzen wissen. Wie bringt es doch eine Gemeinschaft voran, wenn neue, unverbrauchte Geister sie bereichern! Lasse dich von deinen Neidern nicht zerfleischen und schenke weder ihren düsteren Worten Glauben, noch den Schmeicheleien derer, die dich verunsichern und unvorsichtig machen wollen. Mir hast du weniger zu verdanken als dir selbst. Wichtiger als der Lehrer ist der Schüler und wichtiger als der Schüler ist der einstige Schüler, der das Gelernte auf sich selbst gestellt anwendet und dabei das Wissen mehrt - zu dem der Lehrer nur einen Grundstein für das Fundament beigetragen hat. Halte mich auf dem Laufenden, denn ich bin sehr gespannt auf das, was du noch erreichen wirst.


    Es ist ein Jammer, dass du kein Alexandriner bist. Sehr würde ich mich über junge Gesichter in den Reihen der Demagogen freuen, zumal ich selbst kein junger Kopf mehr bin. Daher möchte ich auch anderen die Möglichkeit geben, sich zu beweisen. Immerhin befinde ich mich mehr am Ende als am Anfang des dritten Jahrzehntes meines Lebens.


    Von wilden Bestien in den Wäldern eurer Gegend hörte ich schon oft. Kannst du Zeichnungen von ihnen anfertigen und Beschreibungen über ihre Lebensweise? Du hast also selbst wilde Tiere gefangen? Du musst sehr mutig sein. Oder ist dies etwas, was man bei euch lernt, wie bei uns das Lyraspiel, den Ringkampf und die Grammatik? Auch hier gibt es Männer, die Bestien fangen und zähmen. Täglich werden Löwen nach Rom verschifft. Jedoch sind diese Bestienhändler oft grobschlächtige Ägypter oder Nubier, keine Menschen von edlem Geist und klugem Verstand. Es scheint mir, als würden alte Tugenden im - wie ich es mir vorstelle -rauen Land deiner Väter mehr gepflegt als im verweichlichten Alexandria, wo seit Jahrhunderten ein König nach dem anderen alle Vorgänger darin übertrifft, die Alexandriner mit Wein zu beregnen und in Lustbarkeiten zu ertränken. Die Seide hat die Wolle abgelöst. Du müsstest mal nach Kanopos fahren. Ich schüttle den Kopf über solche Verdorbenheit - du würdest vermutlich kotzen.


    Danke mir nicht zu oft! Denn ebenso oft muss ich dir dann danken. Du warst ein guter Schüler, an dem ich als Lehrer meine Freude hatte, und es ist ein Jammer, dass du nicht mehr in Alexandria bist. Zum Redekunstlehrer selbst hättest du die Veranlagung. Aber verständlich ist es, dass du dich verpflichtet fühlst, sie in den Dienst deiner Sippe und deiner Stadt zu stellen. Vielleicht kannst du deine Neffen lehren - oder aber bald deine eigenen Kinder. Sicher wirst auch du eine gute, kluge und fruchtbare Frau finden, die dir viele Kinder schenken wird.


    Meinst du, ich hielte das Klima eurer Gefilde aus? Selbst römische Soldaten, also einfache Männer von kräftiger Konstitution hört man zu oft über die Kälte des Nordens fluchen. Nun gut, ebenso häufig über die Hitze unserer Breiten, die verfluchten sandigen, heißen Wüstenwinde und das Sumpffieber. Ich habe einen Schiffsführer gefunden, dessen Fähigkeiten ich bei Gelegenheit prüfen muss. Allerdings ist dieses Schiff vor allem dazu da, eine mir zum Schutz anvertraute Person bei Gefahr aus der Stadt zu bringen. Du wirst von den unheilvollen Ereignissen gehört haben (schrieb ich dir nicht davon?). Gerade ist es ruhig in der Stadt. Doch diese Stadt ist eine, in der hinter dem hellen Schein oft eine düstere Wirklichkeit ist. Auch das ist es, was mich dazu bringt, die Ruhe zu suchen und den Rückzug in freundliche Beschäftigungen. Reisen würde ich gerne. Doch das liegt noch in der Zukunft. Vor einiger Zeit war ich sehr vereinnahmt durch die Vorbereitungen des Neujahrsfestes (verzeihe mir daher die lange Zeit, in der du auf meine Antwort warten musstest), nun gilt es, meine Amtsgeschäfte zu ordnen und Vorkehrungen dafür zu treffen, dass mein Nachfolger sich gleich an die Arbeit machen kann und nicht erst das ordnen muss, was ich unordentlich hinterlassen habe. Auch das Mouseion bedarf meiner Pflege. Wir haben zu wenig gute Männer (und Frauen), gleichzeitig zu wenig Schüler, die bald selbst Gelehrte werden könnten. Es ist ein Jammer! Die größte Bibliothek der Welt liegt so gut wie brach. Vorbei sind die goldenen Zeiten schon längst, doch allmählich sehe ich es irden werden. Wenn du begabte junge Verwandte hast: Ermutige sie, nach Alexandreia zu kommen (und ermutige deren Väter, die Reise zu bezahlen.) Die Bruderschaft der Musen besteht sonst bald nur noch aus Mumien - und ich, als ihr Vorsteher, bin nur noch damit beschäftigt, den Staub abzuwedeln und Motten zu vertreiben.


    Alles Gute wünsche ich dir!


    Dein Nikolaos.

  • Thimótheos begrüßte den Keryken mit einem müden Lächeln. "Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Ach, die Festtage...ja, ich habe die Zeit genossen. Es ist mir eine Ehre erneut dein Gast sein zu dürfen." Nach der Floskel verneigte er sich leicht und betrat das Haus seines Gastgebers und folgte ins Andron. Er verharrte einen Augenblick und labte sich an der Kühle des Raumes, bevor er sich niederließ.


    Der Bantotake winkte ab ob der Entschuldigung des Nikolaos und ließ sich zunächst einmal den Wein reichen. Er fühlte sich matt und sah schwierige Zeiten auf sich zukommen. Jetzt musste er alles richtig machen und den Grundstein für eine gute Zusammenarbeit in der Zukunft legen. Er trank vom Wein, stellte das Glas ab und holte kurz Luft. "Nikolaos, ich kann deine Ungeduld nachvollziehen und möchte daher heute einige Unklarheiten bereinigen." Ein gequältes Lächeln huschte über die Züge des Strategos, bevor er fortfuhr.
    "Die Angelegenheit, die mir am meisten am Herzen liegt, und die dich vermutlich auch am meisten quält, soll mein erster Gesprächspunkt sein.
    Du weißt, mein Ehrgefühl erlaubt es mir nicht, ein Clientelverhältnis im Sinne der rhomäischen Tradition einzugehen. Da dir ein Solches ohnehin zuwider ist, halte ich es für das Beste es zu handhaben wie du es angeraten hattest: Ich möchte die Beziehung der Bantotaken zu dir, mein lieber Nikolaos Kerykes, auf die Ebene der freundschaftlichen Bindung erheben."
    Thimótheos hob die Hand, Einhalt gebietend. Denn er sah den Keryken bereits das Glas erhebend und jubilierend. Zurückhaltender fuhr er fort. "Ich kann leider nicht für meine ganze Familie sprechen. Besonders mit meinem Bruder Ánthimos gerate ich oft aneinander und eure Abneigung gegeneinander macht es mir nicht oft einfach zu vermitteln. Doch meine Cousinen werden meiner Linie folgen, dafür sorge ich." Lange Rede, kurzer Sinn. "Kurz gesagt: Ich würde mich freuen, die Bindung auf politischer und freundschaftlicher Ebene mit dir eingehen zu können."
    Thimótheos hatte den Keryken nämlich mit der Zeit zu schätzen gelernt, anders als sein Bruder, und hatte Sympathien für diesen entwickelt. Wo er anfangs skeptisch und argwöhnisch gewesen war, hatte der Bantotake mittlerweile beinahe eine Art Vorbild im Gymnasiarchos gefunden. Mal abgesehen von seinen körperlichen Leiden, denn sonderlich sportlich war Nikolaos nun wirklich nicht. Zumindest verriet seine Statur nichts darüber, dass er ein sonderlich guter Athlet sein könnte.



    Edit: Sim-off

    Sim-Off:

    *mampf* Schankedön

  • Dem Strategos schmeichelte das Vertraute, das Nikolaos' Geste auszudrücken schien. Er erwiderte das Lächeln und trank dem Keryken gut gelaunt zu. "Dann ist es wohl das einfachste, sich in der Runde der Prytanen zu besprechen. Ich freue mich schon sehr auf dieses von dir geplante Zusammenkommen. Im Allgemeinen bin ich der Meinung, dass die Elite der Polis sich öfter zum Beisammensein treffen sollte." Er wollte die anderen Prytanen nämlich gern auch außerhalb des politischen Rahmens kennen lernen. Das war bisher nur wenig passiert, was der Bantotake sehr bedauerte. Derweil er diesem kurzen Ausflug seiner Gedanken nachhing schaute er gen Himmel und stellte mit Erschrecken fest, dass der Tag einmal mehr zur Neige ging. Etwas verträumt sah er in die Ferne und wies den Keryken darauf hin. "Schau, der Tag neigt sich dem Ende zu. Apollon lässt sein Leuchten schwinden. Welch wundervoller Anblick." Sein Blick war nun vollends im Himmel versunken, der sich langsam rosa färbte, das bald in volles rot wechseln würde.

  • Auch Nikolaos griff zum Glas. Seine dürren Finger umspielten die zarte Form des Trinkgefäßes. Er trank seinem Gast höflich zu. Thimótheos schien in einem angegriffenen Gemütszustand zu sein. Das sah Nikolaos ihm an. Etwas quälte den jungen Mann. Nikolaos versuchte, aufmunternd zu lächeln.


    Natürlich, Ánthimos - wie hatte er das vergessen können? Der Hausherr schalt sich selbst dafür. Daher rührte also das Unbehagen seines Gastes.


    "Nichts wünschte ich mir sehnlicher, als eine freundschaftliche Verbindung unserer beiden Häuser-", sagte Nikolaos höflich, als gäbe es das Problem mit dem jüngeren Bruder des Thimótheos nicht.


    "Dein Bruder ist ein erwachsener Mann, ein angesehener und verdienter Bürger der Stadt - er weiß, was er will und nichts läge mir ferner, dich ihm unseren gemeinsamen Willen aufzwingen zu machen."


    Freundlich, fast nachsichtig lächelte Nikolaos.


    "Ich verachte ihn im übrigen nicht, sondern bewundere ihn für seine Tüchtigkeit - diese Tugend scheint überhaupt eurer Sippe eigen zu sein."


    Wieder huschte ein feines Lächeln über sein Gesicht, das zart war - obgleich man ihm ansehen konnte, dass es nicht mehr jugendlich war, denn Schminke hatte der Hausherr nicht aufgetragen. Besonders in die Stirn und um die Augen hatten sich Falten eingegraben.


    "Verzeihe mir nun einen vielleicht kühnen und unschicklichen Vorstoß. Du sprachst von deinen Cousinen. Mir ist eingefallen, wie wir das freundschaftliche Band zwischen unseren Häusern stärken könnten - indem wir ein schwägerliches Band hinzufügten - sofern du gestattest - bisher ist es nur ein flüchtiger Einfall meinerseits. Eine deiner Cousinen, die ehrenwerte Emilia, ist nicht mehr die Jüngste und ledig - wie mein drittes Lebensjahrzehnt sich dem Ende neigt und auch ich noch ohne Hausherrin bin. Sicher überfalle ich dich mit diesem kühnen Vorschlag - überwinde den Schrecken und bedenke ihn gut."

  • Sim-Off:

    Ich bitte zutiefst um Entschuldigung dafür, dass ich dich so lange habe warten lassen, ohne auch nur ein Sterbenswörtchen meiner Abwesenheit/Schreibunlust zu sagen. Ich hoffe du kannst mir das verzeihen.


    Thimótheos achtete unauffällig auf die Mimik seines Gegenübers, während dieser sich äußerte. Der Keryke gab sich erfreut über Thimótheos' Einwilligung auf sein Angebot und ließ dabei sogar seinen Streit mit Ànthimos außen vor. Der Bantotake stellte fest, dass Nikolaos sich einmal mehr höflich und zuvorkommend gab. Das Kompliment des Keryken rief ein verlegenes Lächeln bei dem jungen Strategos hervor. Er wollte schon eine bescheidene Antwort darauf geben, als Nikolaos dann einen Gedanken äußerte, der ihn zunächst überraschte, der ihm jedoch keineswegs fremd gewesen war. Er hatte nur nicht damit gerechnet, dass Nikolaos selbst über eine Heirat zur Festigung der Bindung ihrer beider Häuser nachgedacht hatte. Konzentriert hörte Thimótheos zu, um nach einer gespielten Denkpause zu antworten.


    "Nikolaos...kühn ist dein Vorschlag womöglich zu nennen. Doch nicht unschicklich. Emilia ist eine bezaubernde Frau, ich weiß das. Und deshalb habe ich selbst schon mit dem Gedanken gespielt, sie baldmöglichst einem Mann zu geben, der sie zu schätzen weiß und der ihr all das geben kann, was ihr gebührt. Schutz, Wohlstand, eine angemessene Bildung..."


    Thimótheos trank einen Schluck Wein und achtete auf jegliche Regungen in Nikolaos' Gesicht. Er hatte sich entschieden, entgegen dem Willen seines Bruders und ohne eine konkrete Meinung seiner Cousine zu diesem Thema eingeholt zu haben. Doch das war ihm egal. Er war der Älteste der drei Brüder, er hatte sie aus dem Desaster ihrer Vergangenheit herausgeführt und er hielt es für seine Pflicht, auch weiterhin das Beste für seine Familie zu tun. Und deshalb fuhr er fort wie folgt.


    "...und ich bin überzeugt, dass du genau der richtige Mann bist, der all dies ermöglichen kann. Nikolaos, es wäre mir eine Freude, dir Emilia zur Frau zu geben! Lass uns deinen flüchtigen Einfall umwandeln in einen konkreten Plan, den es bald auszuführen gilt."


    Sein Mund bildete ein Lächeln, als er sein Glas erhob um seinem Freund - er nahm sich ab diesem Zeitpunkt heraus, Nikolaos als diesen bezeichnen zu dürfen - zuzutrinken.


    "Möge diese Verbindung die Beziehung unserer Häuser festigen und mit Fruchtbarkeit gesegnet sein, als Basis für eine starke Familie."

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!