Mons aventinus | Eine Hochzeit oder: Auf in den Hafen der Ehe

  • Leise grollte es in Marcus' Magengegend, nicht weil er Hunger hatte, sondern mit einem Schlag kalte Füße bekam. Er hatte schon das Gefühl, jeder Gast würde das hören und schloß für einen Augenblick lang die Augen. Ein warmer Sommerwind wehte ihm um die Stirn und trocknete die Schweißtropfen auf seiner Stirn. Die Sonne wurde hier von dem großen Purpursegel abgehalten, aber Marcus kochte trotzdem unter der schweren toga, die er an jenem Tage tragen mußte. Er hörte das leise Murmeln um sich herum, von den Gästen, und wartete auf den Beginn der ganzen Zeremonie, während alles in ihm schrie: Lauf, Marcus, lauf, jetzt oder nie! Marcus atmete tief ein und aus, dabei langsam die Augen öffnend. Sein Blick fiel auf die roten Dächer von Rom und eine Statue, deren Haare in einem wirren Schlangenknäuel um ihr Haupt sich rankten.


    Ein Schaudern rann über Marcus' Rücken als er den haruspex ansah, etwas bedrohliches und dunkles ging von jenem Mann aus, und als das Lamm vor ihm tot zusammen brach, schien das nur sein unheilvolles Äußeres noch zu verstärken. Marcus hielt den Atem an und wußte nicht, was er sich in dem Moment wünschte: Sollten die Götter ein Zeichen schicken, daß die Verbindung geschloßen werden sollte oder nicht? Wohlwollen und Zustimmung? Keinerlei Ablehnung? Langsam entwich Marcus' Lippen der warme Atem, den er einige Herzschläge an sich gehalten hatte. Die Götter hatten so entschieden! Vielleicht war das auch ein eindeutiges Zeichen...aber bei seiner ersten Ehe waren die Götter genauso milde gestimmt, das Opfer lief auch glatt. Erneut zog ein kaltes Kribbeln über Marcus' Rücken.


    Es war vielleicht das sichere Auftreten von seinem Vetter, der Blick auf die Statuen der Götter und der vertraute Anblick von der Zeremonie, alles, was ein wenig von seinen Zweifeln nahm. Langsam wich diese auch der warmen Zuneigung, die er seinem Vetter Gracchus gegenüber verspürte, der Verwandte, der nach seinem Kindern und seiner Mutter, von den Flaviern ihm mittlerweile am Nächsten stand. Zuneigung, weil Gracchus trotz seiner Schwierigkeiten die Bürde seines Amtes übernahm, um dieses Opfer anzuleiten; Marcus' Lippen wölbten sich in dem Augenblick nach oben. Es fiel Marcus durchaus auf, daß Gracchus ins Stocken kam und zu Zögern schien, er richtete seine Augen fest auf das Gesicht seines Vetters und formulierte mit seinen Lippen lautlos: Age! Doch es schien auch ohne zu gehen, langsam entspannten sich die zusammen gezogenen Augenbrauen, die Falte zwischen diesen verschwand, den Blick von Epicharis hatte er in dem Augenblick nicht verspürt. Schweigend verfolgte er das weitere Geschehen und atmete hernach erneut auf, als das Opfer angenommen schien. Marcus lächelte als er die Stimme seines Vetters vernahm, es ging zügig bergauf mit ihm, die Götter schienen vielleicht doch nicht so grausam sein zu wollen.


    Und da war sie wieder, die Nervosität, oder mehr der kalte Bammel der ihn schlagartig erwischte, gerade als Antonia aktiv wurde und er sich vollends bewußt wurde, welchen Schritt er gerade zu gehen hatte. Zitterte seine Hand? Marcus sah zu der Hand, die die Zarte von Epicharis hielt. Es war ihre Hand, die zitterte; das merkte Marcus in dem Augenblick. Langsam, wie der Nebel am Morgen, löste sich jenes Panikgefühl in Marcus auf, der Wind offenbarte einen Herzschlag lang die Gesichtszüge seiner Braut. Marcus umschloß ihre Hand, die so kühl und zitternd nun in Seiner lag. Einige Herzschläge schwieg Marcus und strich mit dem Daumen über Epicharis' Handrücken; er straffte sich und versuchte, etwas mehr Ruhe auszustrahlen, um die Worte zu sprechen, die ihm als Pflicht auferlegt waren.


    "Mögen die Götter bezeugen, daß ich mit Dir, Claudia Epicharis, das Band des Ehe knüpfe. Mögen sie mich strafen, wenn ich mein Wort breche und Dich, Claudia Epicharis, jemals ins Unglück stürzen sollte. Ego matrimonio consentio!"

  • Corvinus war an diesem Tag ausgesprochen still, und so beließ ich es auch bei wenigen gesprochenen Worten nur, beobachtete vor allem das Treiben der Gäste. Ich würde Aristides und seiner Braut gratulieren, wenn das Ganze vorüber war, wenn sie einander tatsächlich gehörten, nicht vorher (irgendwer hatte mir einmal gesagt, es brächte Unglück, vor der Eheschließung zu gratulieren, aber ich war mir dessen auch nicht sicher genug, um die Götter jetzt herauszufordern), und so blieb ich stumm an der Seite stehen und sehnte einen großen Becher Wein herbei, den es allerdings erst nach der Eheschließung geben würde. Was mochte meinen Vetter jetzt wohl bewegen, was dachte er sich im Angesicht seiner Braut und der Götter?
    Immerhin, er hatte dies alles schon einmal hinter sich gebracht, und seine Kinder waren (den hemmungslos verwöhnten und deswegen verzogenen Serenus einmal mit eingerechnet) durchaus wohlgeraten, Epicharis stammte aus einer guten Familie und es bestand durchaus Hoffnung, dass sie ihm eine ebenso gute Ehefrau sein würde wie es Antonia für Gracchus war, auch wenn sie zumeist im Stillen wirkte und sich ihren Pflichten unauffällig, aber sehr verlässlich widmete. Würde ich auch einmal eine solche Frau für mich gewinnen können? Würde ich überhaupt heiraten? Meine Gedanken irrten zu Prisca, die irgendwo unterwegs war und reiste, dann seufzte ich leise. Ich hätte einiges darum gegeben, sie heute hierher führen zu können, als meine Verlobte, aber so hatten es die Götter noch nicht gewollt.


    Als es stiller wurde und das Opfer begann, behielt ich sowohl Gracchus, der sich sichtlich Mühe gab, seine Worte vernehmlich herauszubringen, als auch Aristides im Blick. Jener Abstand, der sich in den letzten Wochen für mich zumindest angedeutet hatte, wurde an diesem Tag noch einmal mehr zementiert - beide hatten nun eine Ehefrau, eine beginnende Familie, andere Verpflichtungen, andere Sorgen, und ich war allein zurückgeblieben auf dem Status des ewigen Junggesellen. Selbst Corvinus schien sich langsam aber sicher nach einer Frau umzusehen, und Celerinas Worte hatte ich nicht vergessen, vielleicht deutete sich da etwas ernsteres an. Schätzungsweise würde ich noch auf vielen Hochzeiten anwesend sein, bevor ich meine eigene sah und ich war mir in diesem Augenblick, in dem Antonia Epicharis' schmale Hand in die Aristides' legte, nicht einmal mehr sicher, ob das heiraten wirklich so schlimm sein würde. Aber vielleicht war ich dafür auch einfach nicht gemacht.
    Je feierlicher es wurde, desto durstiger fühlte ich mich, und nachdem Aristides seinen Schwur gesprochen hatte, schien es mir, als bräuchte ich mindestens eine Amphore Falerner, um diesen Tag angemessen zu kompensieren. Die Zeiten waren wirklich dabei, sich zu ändern, und ich konnte nichts tun, sie in irgendeiner Weise festzuhalten.

  • Sim-Off:

    Hab ganz deine Antwort überlesen, Aqui


    Ein wenig gedankenverloren betrachtete ich das bunte Durcheinander an Tuniken, Putz und sonstigem Tand. Trotz allem war es dennoch eine eher kleine, beschauliche Feier, nicht so wie manch eine pompöse Eheschließung, von der man ab und an hörte - und das, obwohl es zwei alte Patriziergeschlechter waren, die sich hier verbanden. Plötzlich traf mich die Erkenntnis, dass mir selbst womöglich eine pompöse Hochzeit bevorstand, denn natürlich würde Celerina ein gewisses Mitspracherecht haben, wenn es denn keine Einwände seitens Aquilius geben würde, was die ganze Chose ohnehin von vorn herein zunichte machen würde. "Mhm.." war das einzige, das ich zum Besten gab als Antwort auf Aquilius' Worte, die ich, wie ich zu meiner Schande eingestehen musste, nicht einmal zur Hälfte verstanden hatte. Ich musterte versonnen die bunten Farbtupfer um uns herum - der Garten war wahrhaft herrlich - und setzte mich dann gemeinsam mit ihm in Bewegung, um sozusagen als Schlusslicht der Hochzeitsgesellschaft zu der Terrasse zu folgen, auf der kurz darauf die Götter ins Spiel kamen.


    Kaum angefangen, schienen Leberschau und Opfer auch schon vorüber zu sein, plötzlich hielt Aristides die Hand der schmalen Epicharis in seiner, leistete den Schwur und wartete auf ihre Erwiderung. Die Claudierin schien mir so glücklich und unbeschwert zu sein wie ich es wohl niemals werden würde, ein Gedanke, der mir einen dumpfen Stich versetzte und mich seufzen ließ. Ein kurzer Seitenblick irrte zu Aquilius, der nicht gerade besser aussah als ich mich selbst fühlte, und ich nutzte den Moment der erwartungsvollen Stille vor dem Gelübte der Braut, um hinten, wo wir standen, meinen Freund mit dem Ellbogen sachte anzustoßen. "Das wird schon noch." Woher ich die Zuversicht nahm, wusste ich nicht, doch ich meinte, zumindest ein ganz klein wenig Halbherzigkeit herauszuhören.

  • Der Claudier klärte mich über die Art seiner verwandtschaftlichen Beziehung zu Antoia auf. Das war sehr interessant, hatte ich doch bisher außer Antonia keinen anderen Claudier kennengelernt. Doch noch etwas anderes fiel mir an dem jungen Mann auf. Ich ließ mir zwar nichts anmerken, doch der Ärmste musste wohl blind sein. Welch ein Schicksal!
    Ich stand noch eine Weile bei Antonia und dem Claudier und unterhielt mich, als meine Aufmerksamkeit auf die Opferzeremonie fiel, die bereits im vollen Gange war. Gebannt verfolgte ich, ob Iuno das Opfer annahm. Wahrscheinlich erging es den anderen Gästen genauso. Doch bald schon war das Litatio zu hören und den meisten Gesichtern war eine Erleichterung abzulesen.


    Meine Gedanken schweiften ab und ich stellte mir vor, wie meine Hochzeit sein würde. Wenn es nach mir gehen sollte, dann war sie ein ganzes Stück pompöser als meine erste vor vielen Jahren. Diesmal wollte auch ich ein Wörtchen mitzureden haben. Doch ein Mann, wie Corvinus würde mir sicher jeden Wunsch bereits von den Lippen ablesen können. Wenn es doch nur bald so weit wäre! Manchmal tat ich mir sehr schwer, mich zu zügeln. Geduld haben gehörte eben nicht unbedingt zu meinen Stärken. Dabei fiel mir ein, ich hatte den Aurelier schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Ich sah mich unauffällig um und entdeckte ihn schließlich in der Gesellschaft von Aquilius. Mein erster Gedanke war, mich zu den beiden hinzugesellen. Doch als ich bereits den ersten Schritt hinter mich gebracht hatte, bremste ich mich. Womöglich hatten die beiden etwas zu besprechen, wobei ich nur störte. Doch bei näherer Überlegung kam ich zu dem Schluß, daß Corvinus die Hochzeit wahrscheinlich nicht zum Anlaß nehmen würde, um bei Aquilius um mich zu werben. Dafür gab es weitaus bessere Möglichkeiten, zumal die beiden Männer ja befreundet waren, wie ich gehört hatte. Also, was sollte mich zurückhalten, um zu meinem Onkel hinüber zu gehen? Aristides´ Schwur! Ich vernahm ihn und drehte mich zu dem Brautpaar um. Ach, war das nicht einfach schön? Mein Blick ging wieder unweigerlich zu Corvinus hinüber. Diesmal näherte ich mich meinem Onkel und dem Aurelier. "Ist diese Hochzeit nicht wundervoll, Aquilius? Oh Corvinus, ich hoffe ich störe euch nicht bei einer wichtigen Unterhaltung?"

  • Sim-Off:

    Es tut mir schrecklich leid, dass ihr alle wegen mir warten musstet. Während die eine Hälfte Herbstferien und die andere Semesterferien hat, wurden mir zeitlich kaum schaffbare Projekte aufgebrummt. Da kam das IR leider zu kurz.



    Beide sahen sie nun auf ihre ineinander gelegten Hände hinab. Epicharis hob den Blick und suchte in Aristides' Augen nach einem Zeichen des Zurückschreckens, doch sie fand nichts, und als sein Daumen sachte über ihre kühle Haut fuhr, wusste sie, dass er keinen Rückzieher machen würde. Ganz allmählich löste sich der Knoten auf, der sich in ihrem Magen gebildet hatte und eine Eiseskälte verströmte. Seine Worte klagen so aufrecht und ehrlich. In Epicharis' Innerem befanden sich nun hunderte und aberhunderte Schmetterlinge, die mit ihren zartseidenen Flügeln schlugen und sie kitzelten. So überwältugend war es, dass er diese Worte sagte, dass die Anspannung von ihr abfiel und sie nur mehr glücklich lächelte. Die sich in den Augenwinkeln sammelnden Tränen wollten diese Empfindung zwar Lügen strafen, doch konnte Epicharis schlichtweg nichts dafür, sie freute sich so sehr, dass sie die Tränen nicht zurückhalten konnte.


    "Mit dem Segen meines Vaters und vor den Augen der Götter knüpfe ich, Claudia Epicharis, das Band der Ehe mit dir, Marcus Flavius Aristides. Fortan will ich an deiner Seite leben und jedwedes Unglück von dir fern halten, so es in meiner Macht steht. Matrimonio consentio", sagte Epicharis langsam und betont, als genieße sie jedes Wort auf ihrer Zunge. Dann war das letzte Wort gesprochen, Stille breitete sich aus. Epicharis war heiß und kalt zugleich. Irgendwo tuschelten ein paar Gäste, entfernt war das Klappern von Geschirr und Unterhaltungen zwischen Sklaven zu hören, die bereits das Festmahl auffuhren, was im Anschluss stattfinden würde. Ihr Schminke war ein wenig verwischt ob der unhaltbaren Tränen, doch das war nichts, was Fiona oder Minna nicht wieder würden richten können. Sanft umspielte der rot durchscheinende Schleier Epicharis' Gesicht. Wie gern hätte sie sich nun an Aristides geschmiegt...doch es ging nicht, der Gäste wegen.

  • [SIZE=7]SimOff: Motto dieses Threads: Kein Streß, keine Hektik, einfach Spaß. Mußt Dich also nicht entschuldigen.[/SIZE]




    Die Zweige der Oleanderbüsche in seiner Nähe neigten sich als der warme Sommerwind mit ihnen spielte und auch Marcus' Gesicht bestrich; hier oben auf dem Aventin war die Hitze des Tages nicht ganz so schwer zu ertragen, wenngleich die togaträger wohl eher anderes sagen würden. Ganz langsam schlich sich etwas mehr Ruhe in Marcus ein, er war den Schritt gegangen, den er auf dem Pfad seines Lebens wandeln mußte. Als er dann auch noch die Tränen in den Augen der jungen Frau sah, die bald seine Ehefrau sein würde, schmolz jeglicher Fluchtimpuls vor dem Hafen der Ehe hin weg und wurde überschwemmt von einer Hilflosigkeit, die er immer verspürte, sobald eine Frau anfing zu weinen, aber auch dem Bedürfnis, die junge Claudia zu schützen. Ein warmherziges Lächeln streifte seine Lippen, die von der Hitze und Aufregung ausgetrocknet und spröde wirkten. In diesen Herzschlägen hatte Marcus das Gefühl, es würde doch alles gut werden und er begann keinen schrecklichen Fehler, im Gegenteil. Ihrer beider Einverständnis war gesprochen und es fiel Marcus durchaus die Last der Entscheidung von den Schultern. Nun würde nur noch der kleine Rest der Zeremonie folgen, ehe es zum Mahl und eher dem illustren Teil des Tages gehen würde, dem Feiern und dann dem Hochzeitszug, spätestens, wenn der Abendstern sich am Himmel zeigte.


    Marcus hielt die kühle Hand seiner Braut sanft weiter in der Seinen, als er auf die Sitzpodeste zu ging, die von einem flauschig weichen Fell bedeckt waren. Es war das helle und leuchtende Fell eines Schafes, das über beide Sitze ausgebreitet war und das sie im Angesicht des nächsten Opfers, einem Unblutigen, vereint halten sollte, als Symbol, daß ihre Ehe vor den Augen der Götter verbunden wurde. Marcus führte Epicharis bis dort hin und wartete, bis die Claudierin darauf Platz genommen hatte, ehe auch er sich darauf setzte. Ein Knabe, dessen Eltern auch an diesem Tag auf der Hochzeit anwesend war und der sie auch auf dem Brautzug begleiten würde, trat mit einer bronzenen Schale heran, die im Sonnenlicht goldrot schimmerte. Seine schlanke und schmale Hand zog ein besticktes Tuch beiseite und er reichte dem Brautpaar das farreum libum, den noch warmen Speltkuchen. Marcus griff danach und hielt ihn seiner Braut entgegen, damit sie den Kuchen zusammen mit ihm brach. Bröselig und trocken schmeckte der Kuchen in Marcus' Mund, nachdem er einen Bißen genommen hatte. Er lächelte noch mal seine Braut gutherzig an und ließ einige der Krümel aus seiner Hand gleiten und auf den kiesigen Boden der Terrasse. Dann wandte er sich um, damit auch noch das unblutige Opfer seinen Anfang nehmen konnte.

  • Noch einmal trat Gracchus in seiner Rolle als religiöser Funktionsträger nach vorn, zu dem provisorischen Altar hin, an welchen ein Sklave nun eine Statuette des Iuppiters heran brachte, jene Gracchus überreichte. Der silbrigfarbene, fein gearbeitete Leib lag einige Herzschläge lang schwer in seiner Hand, ehedem der Pontifex ihn neben den bereits anwesenden Göttern aufstellte, Iuppiter zu Iuno gesellte, den göttlichen Ehemann der göttlichen Ehefrau zur Seite stellte, wie der irdische Aristides sich zur irdischen Epicharis hatte gesellt. Neben dem Herold traten drei weitere Sklaven hinzu, welche je eine Schale in Händen trugen, die Opfergaben für den höchsten der Götter darin. Gracchus nickte dem frisch vermählten Brautpaar zu, auf dass jene dem Ritus folgend den Altar in rechtswendiger Umgehung umschreiten konnten, nahm sodann eine Hand voll Räucherung aus der ersten Schale und streute sie über die noch immer in mattem Rot glühenden Kohlestücke. Die Mischung aus harzigem Mastix, Zedernholz und Labdanum verbrannte mit würzigem Geruch, schlängelte in schiefergraufarbenen, gewundenen Säulen sich gen Himmel empor, wurde alsbald durch den lauen Hauch in weiche Schlieren zerfasert und in feinen, kaum vorhandenen Nuancen durch den Garten getragen. Sogleich spürte Gracchus in sich ein vertrautes Empfinden erwachen, eine leise Reminiszenz an jenes Gelübde, welches bereits so weit hinter ihm lag, ob dessen er doch stets dem Iuppiter verbunden blieb, viel mehr noch als allen anderen Göttern.
    "Iove immortalis, Iove höchster und größter! Dir unsere Gaben zu Deinen Ehren, göttlicher König, dass Du Deinen Segen herabsendest diesem Paar, erhabener Iuppiter, glücklicher Herrscher, der Du auf uns herab blickst, allmächtiger Iove, unsere Gaben zu Deinen Ehren, um Deinen Segen diesem Paar zu gewähren, glückverheißender Iove!"
    Während der Herold die Worte sprach, während Aristides und Epicharis gemeinsam den Altar umrundeten, brachte Gracchus die Gaben dem Iuppiter dar, präsentierte jenem das panis farreus, das weiche Brot aus Dinkel gebacken, hernach frische Weintrauben, Äpfel, Holunderbeeren und Pflaumen. Der Ritus schloss, als Gracchus je ein Stück Obst an Aristides und Epicharis reichte, und jene das Opfer durch ihre eigene Gabe an Iuppiter beendeten, mit ihm gleichsam den gesamten Hochzeitsritus. Gracchus nickte dem Herold zu, dass er sich zurück ziehen könne, trat zu Aristides und Epicharis hin, ein feines Schmunzeln auf den Lippen und schamlos die durch seine Rolle gegebene Möglichkeit ausnutzend, der erste Gratulant nach der Eheschließung zu sein.
    "Feliciter!"
    gab er über die Schulter hinweg den Beginn der Beifallsbekundung bekannt, um sodann Aristides brüderlich - nicht vetterlich, denn Aristides war ihm zeitlebens näher als all seine Brüder gewesen - zu umarmen und ihm auf die Schulter zu klopfen.
    "Gib auf sie a'ht, Marcus, denn niem'nd ver..dient mehr A'htung als eine Eh'frau, ins..besondere, wenn es si'h um eine sol'h be..zaubernde Blüte ... patriz'scher Vollendung handelt."
    Noch immer schmunzelnd wandte er sich Epicharis zu, trat einen Schritt näher und umschloss auch sie in einer kurzen Umarmung - längst nicht so traut und innig, wie die ihren dies stets waren, doch auf eine offene, ehrliche Art und Weise.
    "Will..kommen in der Familie, Ep'charis. Gib au'h du auf ihn a'ht, denn jeder Mann brau'ht eine Frau, die auf ihn aufpasst, ganz besond'rs wir Flavier."

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Obwohl Gracchus sein Vetter und wohl der engste Vertraute aus seiner Familie war, empfand es Marcus dennoch als Ehre, daß Gracchus an diesem und heutigen Tage die Opfer bestritt und um die Gunst der Götter bat; ein Lächeln erschien auf Marcus' Lippen und er wartete ruhig die Zeremonie ab, seine Augen verfolgten den Weg der Götterstatue, die des Iuppiters. Ob Iuppiter in seiner Ehe zufrieden war? Marcus würde sich mit einer derart launisch-mächtigen Frau wohl immer in Acht nehmen, aber welcher Mann mußte das nicht bei den Frauen? Als er das Nicken von seinem Vetter sah, erhob sich Marcus wieder, immer noch die Hand seiner Braut haltend, und folgte dem Weg, den schon so viele Brautpaare gegangen waren, um den Altar herum. Seine toga rauschte bei jedem Schritt und hing schwer auf seinen Schultern, während Marcus den Weg rechts um den Altar wählte, suchte er danach, seine Gestalt gestraft und würdevoll zu halten, obwohl langsam, nachdem nun die Sorge, Angst und Aufregung verschwand, die üblen Kopfschmerzen zurück kehrten, die er seit dem Morgengrauen und dem Erwachen in der subura hatte. Mit Schritt für Schritt umrundete Marcus den Altar und lauschte dem Gebet, gesprochen durch den Herold. Als die Gaben verteilt wurden, blieb Marcus stehen und drehte sich zu den Götterbildern um, als ihm Gracchus auch den Anteil an das Opfer reichte. Eine Pflaume in der Hand trat Marcus nach vorne, immer noch die Hand seiner Braut haltend, und fügte das Opfer den Gaben an Iuppiter bei. Er schickte zudem noch ein inbrünstiges Gebet mit, daß ihr Pfad nicht zu steinig sein sollte und ihrer Ehe doch Glück und Freude beschert wurde...die ab jenem Zeitpunkt vor den Augen der Götter geschloßen war.


    Es war wohl soweit, Marcus sah von den Götterstatuen zu seiner nun frisch angetrauten Ehefrau und schenkte ihr ein warmes Lächeln ehe er schon den ersten Ruf vernahm – wie konnte es anders sein? Von seinem Vetter – das Lächeln wurde sogar noch etwas breiter auf dem Gesicht von Marcus und er wandte sich Gracchus zu. Nicht weniger herzlich erwiderte Marcus die Umarmung von Gracchus.
    „Aber, Vetter, was denkst Du von mir? Natürlich paße ich auf sie auf und werde Deinen Rat natürlich mir zu Herzen nehmen.“
    Was er sich auch fest vor genommen hatte.
    „Ich danke Dir, Manius, was Du für uns heute getan hast.“
    , fügte er an.
    „Es bedeutet mir sehr viel, daß Du heute den Ritus geleitet hast.“
    Und somit obließ er seinen Vetter seiner neuen Ehefrau, Epicharis.


    Bereits im Hintergrund begann das emsige Treiben der Sklavenschaft, die die Speisen auftrug, die das Mahl einläuten sollten – gefüllte Eier – vom Rebhuhn, Pfauen bis zu den Gänsen, die Eier wurden auf Tabletten heran getragen, in deren Mitte eine Henne aus Bronze saß, deren Flügel mit echten Federn kreisförmig ausgebreitet waren. Moretum mit zahlreichen Brotvarianten wurde gereicht, Oliven aufgespießt auf Eselsfiguren herangetragen, zudem gefüllte Weinblätter mit Koreander gewürzt; Meeresfrüchte in einer deftigen Knoblauchsoße und in silbernen Fischschalen angeboten. Zudem würde es schon bei den Vorspeisen auch lucanicae, circelli und funduli, verschieden geformte Würstchen, angeboten, serviert auf einem silbernen Grill, darunter syrische Pflaumen mit Kernen des malum punicum, Granatäpfeln. Außerdem Siebenschläfer, in einem tönernen Topf gebacken, und mit Mohn und Honig bestrichen. Durch den lauen Sommerwind wurden die Düfte der Speisen schnell zu den Gästen getragen. Das Purpursegel wurde etwas aufgebauscht als der Wind darüber hin weg strich, die Klinen standen für die Gäste bereit und auch die Sklaven warteten schon, um den Gästen die Schuhe abzustreifen und ihnen die Hände zu waschen, damit sie es sich zum Mahl auf den weichen Klinen gemütlich machen konnte. Sklaven setzten sich an die Seite der Terrasse und legten Instrumente zwischen ihre Beine, damit sie mit dem Spiel beginnen konnten, sobald die Gäste sich zum Essen begaben.

  • Selbst der freundschaftliche Knuff schien Aquilius nicht von den vermeintlich trüben Gedanken abbringen zu können. Ich seufzte leise, nippte an dem Weinbecher und verfolgte die Zeremonie von hier aus. Epicharis hatte das Gelübde inzwischen erwidert, und beide Ehepartner schienen plötzlich losgelöster zu sein. Ob es mir auch sio ergehen würde, irgendwann? Ich sann noch über diese Fragestellung nach, als gerade Celerina auf Aquilius und mich zukam, inne hielt und dann ihren Weg fortsetzte. Ich lächelte ihr kurz zu. Wie sie mich ansah, war mir einen Moment lang unheimlich, doch schnell war der Augenblick vorüber. Ich beeilte mich, mein Lächeln aufrecht zu erhalten, was mir auch gelang, bis ein flavisches Oh Corvinus erklang. Ein wenig durcheinander, warf ich Aquilius einen flüchtigen Seitenblick zu. Plötzlich war das Gefühl des Unwohlseins wieder da. "Nie könntest du stören, Flavia", erwiderte ich, was zwar nicht ganz der Wahrheit entsprach, da es mitunter auch Dinge zu bereden gab, bei denen weibliche Ohren nur störten, doch da wir ohnehin nichts geredet hatten, störte Celerina tatsächlich nicht.


    Weiter vorn hielt man gerade ein weiteres kleines Opfer ab, Epicharis und Aristides hatten sich auf ein schneeweißes Schaffell gesetzt, wie es Tradition war, und brachen gerade den Kuchen. Ich nippte erneut an dem Wein. Epicharis schien so glücklich, als würde sie wahrhaftig sogleich dieser Welt entschweben. Gracchus war der erste, der im Anschluss an das Opfer Die Glückwünsche herausrief. Ich hob den Becher halb in die Höhe. "Feliciter!" wünschte ich den beiden ebenso, dann fixierte mein Blick Celerina, da ohnehin alle möglichen Gäste nun auf das frischvermählte Paar zu stürmten, um zu gratulieren. "Was schenkst du den beiden? Ich habe lange überlegt und bin selbst jetzt noch nicht sicher, ob es wirklich das Richtige war." Das würde sich dann erst am morgigen Tage herausstellen.

  • Die Opfer bei Hochzeiten waren schon immer eine merkwürdige Sache. Laut dankte man den Göttern für eine Verbindung, die selten einer der beiden Heiratenden wirklich wollte, würde man sie in einem heimlichen Moment, nach ein paar Bechern Wein fragen. Dann bat man um eine glückliche Verbindung, von der sich vermutlich selten einer der beiden Heiratenden vorstellen konnte, dass sie jemals so sein würde. Und im Stillen baten vermutlich beide, dass es einfach nur einigermaßen erträglich sein würde. Im Grund war das ganze Heiraten eine merkwürdige Sache, aber es funktionierte und unser Reich war damit groß geworden. Zumindest funktionierte es meistens.


    "Feliciter!" ließ auch ich dem Brautpaar meinen Glückwunsch angedeihen. Als Gast hatte man es auf Hochzeiten immer viel einfacher. Da ich schon vorsorglich vor der Zeremonie gratuliert hatte, sah ich davon ab, es noch einmal zu tun. Am Ende machte es sowieso keinen Unterschied, vor dem Opfer war nach dem Opfer, denn ich hatte noch nie eine Eheschließung erlebt, bei der die Götter nicht zugestimmt hätten.


    Ich horchte in die Gegend und hielt meine Nase in die Luft, es klang nach Bewegung und roch untrüglich nach Essen. Der beste Teil der Feier konnte also beginnen. Ich hatte Gerüchte gehört, nach denen die Flavier in Rom immer noch von den legendären Weinvorräten des Senators Felix zehrten, und auch wenn ich nicht davon ausging, dass sie diese Schätze für Feiern dieser Art auffuhren, so hoffte ich doch auf einen guten Tropfen.
    "Tuktuk?"
    Mein Sklave hatte während des Opfers hinter mir gestanden. Nun trat er nach vorn und legte meine Hand mit einem "Ja, njaatigi" auf seine Schulter.
    "Hast du Antonia im Blick? Ich würde sagen, wir hängen uns an sie dran." Die Gerüchte, dass Claudier in allen Bereichen des Lebens nur allzu gerne unter sich bleiben, wollte ich zwar nicht fördern, aber in diesem Fall schien mir die familiäre Nähe die meisten Möglichkeiten zu bieten.
    "Ja, njaatigi."


    Während des Ritus' war Antonia als Pronuba eingebunden worden, doch anscheinend stand sie nun gar nicht so weit weg.
    "Jeden Tag eine gute Tat, nicht wahr?" spielte ich grinsend auf ihre Rolle an, zwei Heiratswillige aneinander zu binden, und fuhr dann dort fort, wo wir durch die Zeremonie unterbrochen worden waren. "Euer Sohn, wie heißt er? Und euer wie vieltes Kind ist er?"
    Vermutlich hatten sie schon einen ganzen Stall voll. Patrizische Ehen waren nicht nur auf gute Verbindungen, sondern auch auf zahlreiche Nachkommen ausgelegt. Außerdem waren die claudischen Frauen die fruchtbarsten des ganzen Imperium, hieß es jedenfalls. Obwohl ich auch einmal kurz davor gestanden hatte, konnte ich mir nie wirklich vorstellen, wie das ist, Kinder zu haben. Aber vermutlich machte es keinen großen Unterschied, erst gab man sie zu einer Amme und später schickte man sie irgendwo hin zur Ausbildung.

  • Artig wie ein Hund hielt sich Sparsus leicht hinter Serapio. Er rechnete damit, dass jeden Moment einer der Patrizier auf ihn zutreten und etwas zu trinken, oder weiß Mars was, verlangen würde, so wie er wahrscheinlich aussah. Das Getränk, was ihm jedoch angeboten wurde, lehnte Sparsus erstmal dankend ab. Es würde hier sicherlich noch ausreichend Wein geben, dass auch Sparsus mit einem Kater aufwachen konnte.
    Anders als Serapio interessierte sich Sparsus nicht so sehr für die Kleider der anwesenden Gäste, dafür hing er bei manchen an den Formen fest, doch das soll hier mal nichts zur Sache tun.


    Eine andere Welt war wahrscheinlich die treffendste Beschreibung, die man hierfür anbringen konnte. Aber einen schöneren Ort zum, Heiraten wusste er auch nicht. Mit hochgezogener Augenbraue sah er zu Serapio hinüber… Süß?! Er würde Aristides ja einige Eigenschaften zuschreiben, aber Süß! Naja Sparsus schob es mal auf die Interessenverteilung. Seiner Meinung nach stand Aristides die Toga nicht so wirklich, das lag aber auch mit Sicherheit daran, dass er ihn nur in Rüstung kannte.


    "Nein, einen anderen Centurio könnte ich mir auch nicht vorstellen und das will ich auch gar nicht. Aber es lässt sich drehen und wenden wie man will. Er zieht sich aus dem Dienst zurück, das hat er mir letztens erzählt, der Medicus muss wohl gesagt haben, dass er ihn sonst ausmustern lassen will. Naja, und da geht man doch lieber selbst, als sich von wem rausschmeißen zu lassen."


    Das wäre zumindest Sparsus‘ Weg, doch er war sich ziemlich sicher, dass der Centurio da nicht viel anders war. Die Schlange vor dem glücklichen Paar hatte sich mittlerweile auf ein Minimum reduziert, und sie waren die Nächsten, die ein Glückwunsch-Spruch loswerden durften. Nur wusste Sparsus nicht, was er so wirklich sagen sollte – Halt die Ohren Steif – oder – Lass dich nicht unterkriegen – schien ihm etwas fehl am Platze. Vorsichtig aber kräftig schob er Serapio schützend wie ein Scutum vor sich. Problem gelöst - Iulier glücklich.

  • "Er hat's Dir selbst gesagt, ach so ein Mist, dann ist es ja wirklich ganz sicher..." Ich seufzte. "Pff, diese Medici, die haben doch echt keine Ahnung! Ihn rausschmeissen, so eine Unverschämtheit! Weisst Du noch, die wollten ihm doch zuerst sogar das Bein absägen damals, alles Pfuscher, echt! Aber ich sag Dir, der kommt zur Armee zurück, so wie ich ihn kenne. Der Centurio, als Zivilist, auf Dauer - unmöglich! Vielleicht, hm, vielleicht wird er Legat, da muss man nicht so viel rumlaufen", mutmasste ich, und spähte dann in die Richtung wo ich vorhin mal den Primus Pilus - beziehungsweise mittlerweile schon längst nicht mehr Primus Pilus, aber doch einzig wahren Primus Pilus - gesehen hatte. In Hörweite war er nicht, so streckte ich den Kopf näher zu Sparsus und vertraute ihm leise an:
    "Ich finde das merkwürdig, dass Artorius Avitus jetzt bei den Prätorianern ist. Ist doch fast so was wie ein Überlaufen, nicht?"


    Aber genug getuschelt, im Anschluss folgte der feierliche Teil. Ich hütete meine Zunge während der Opfer und Riten. Eine echte Confarreatio wurde hier geschlossen, total altmodisch, sowas würde ich wahrscheinlich nur dieses eine Mal zu Gesicht bekommen. Es war schön, äusserst erhaben, und die Freude der Braut richtig ansteckend. Trotzdem kam mir der Gedanke, dass das Militär - unter anderen - einen ganz grossen Vorteil hatte: keiner konnte von mir verlangen zu heiraten.
    "Feliciter!!" stimmte ich ausgelassen in die Jubelrufe ein, den Becher hebend, "Ein Hoch auf die Braut und den Bräutigam! Feliciter!!!"
    Dann waren wir an den beiden dran, und auf einmal fühlte ich mich sanft aber bestimmt nach vorne geschoben. Also vor Sparsus. Verwirrt drehte ich den Kopf, und schnitt ihm über die Schulter eine Grimasse. Ich bin doch kein Scutum!


    "Feliciter!" wünschte ich den beiden Frischvermählten noch einmal herzlich, und fuhr ganz überschwänglich fort: "Mögen die Götter jeden Tag von eurer Ehe zu einem Freudentag machen, und Fortuna euch in Hülle und Fülle mit ihrem Füllhorn übergiessen! Auf dass ihr bald viele Kinder bekommt, die alle so mutig wie ihr Vater und so strahlendschön wie ihre Mutter werden!"
    Ich machte einen Schritt zur Seite, so dass Sparsus unversehens ohne Deckung dastand, und meinte lächelnd, und etwas verschwörerisch, zu der glücklichen Braut: "Wir geben ihn ja nur ungern her, unseren Centurio, aber ich sehe er ist in den besten Händen. Feliciter!"

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Zitat

    Original von Nero Claudius Tucca


    In quasi offizieller Funktion stand auch Antonia etwas näher beim Brautpaar als die restlichen Gäste, so ergriff sie die sich bietende Chance, gleich nach Gracchus Epicharis in die Arme zu schließen. Wäre sie eine gefühlsbetontere Person, vermutlich stünden ihr Tränen in den Augen. Dies war nicht der Fall, doch freute sie sich nicht weniger über das Glücken der Zeremonie.
    „Herzlich willkommen in der Familie.“, verkündete sie mit breitem Grinsen, noch immer in stiller Verbindung die Hände der Cousine haltend. Es war sonderbar wie ähnlich und zugleich unterschiedlich ihrer beider Schicksale waren. Beide Claudias, beide mit einem Flavius verheiratet. Und doch würde Epicharis’ Leben gänzlich anders verlaufen, dessen war Antonia sich sicher. Wenigstens hoffte sie es für die junge Verwandte. Diese Gedanken im Kopf wandte sie sich an Aristides. „Ich würde Dir ja viel Glück wünschen, Aristides, doch mit Epicharis an deiner Seite wirst du das wohl nicht benötigen.“
    Fröhlich lächelte sie bis an beide Ohren, schließlich war nun alles besiegelt und eine weitere Claudia, die nun genau genommen zur Flavia geworden war, würde das Testosteron in der Villa zum Schmelzen bringen. Schnell machte Antonia jedoch Platz, um den anderen Gästen die Möglichkeit zu geben ebenfalls ihre Glückwünsche an den Mann, beziehungsweise die Frau zu bringen.


    Die Stimme ihres Vetters ließ sie schließlich den Kopf wenden, nach wie vor breit schmunzelnd. „Nun, eine undankbare Aufgabe. Aber jemand musste sie übernehmen.“, frotzelte sie. Abgesehen von der Nervosität war dieses Pronuba-sein gar nicht so schlimm, wie sie es sich ausgemalt hatte, wie sie nun feststellte.
    Die Sprache kam auf den jüngsten der Flavier und obgleich es vorab unmöglich gewesen schien, so strahlte die Patrizierin nun noch um eine Nuance heller. Nicht einmal die Erinnerung daran, dass der kleine Junge das erste und bislang einzige Kind einer langen Ehe war, vermochte dies zu trüben. „Manius Flavius Gracchus Minor ist sein Name. Er ist unser Erstgeborener. Und bereits Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit, wohin er auch kommt.“
    Es mochte befremdlich auf Tucca wirken, schließlich waren Gracchus und Antonia bereits viele Jahre verheiratet, die gänzlich kinderlos vorüber gegangen waren. Mittlerweile zählte für die Claudia jedoch mehr das Ergebnis, denn die Anzahl. Ein Blick in die Menge verriet, dass man langsam dazu überging sich den Speisen zuzuwenden. Prüfend sah die treue Gattin zum Gemahl, welcher nach wie vor im Windschatten des Aristides war. So wandte sie sich wieder an Tucca.
    „Was hältst du davon, wenn wir uns zu den Klinen begeben? Ich bin mir sicher, die Köstlichkeiten am Tisch sollte man sich nicht entgehen lassen.“

  • Die Fröhlichkeit und Unbeschwertheit meiner Cousine schlug sich auch in ihrer Stimme nieder. Antonia schien alles in allem überhaupt eine ziemlich entspannte Person zu sein.
    "Undankbar? Sag das nicht, an die Pronuba erinnert man sich auch nach einer Scheidung mit Wohlwollen zurück. Den Eingeweidelesern und Priestern schiebt man die Schuld zu, immerhin haben sie den Willen der Götter missgedeutet und hätten einem die Misere gleich ersparen können." Auch ich schmunzelte deutlich. Ich selbst hatte am Ende meiner ersten Ehe niemandem die Schuld zugeschoben. Es hatte einfach so geendet, wie es enden musste. Einem möglichen anderen Leben nachzuweinen, brachte überhaupt nichts, das wusste ich nur zu gut.


    "Minor, das passt gar nicht. Er wird sicher einmal ein großer Mann, bei der Familienkonstellation." Das bezog sich nicht nur auf die Tatsache, dass er der Erstgeborene war, sondern auch auf die Vorgaben, die Vater und Mutter aus ihrer Familie mitbrachten. Ein Abkömmling mit claudischem und flavischem Blut, wenn einem das nicht Gänsehaut aufkommen ließ, dann wusste ich auch nichts. Nebenbei war gerade eben der Grundstein für weitere solche Abkömmlinge gelegt worden, es würde also mit Sicherheit eine spannende Zukunft werden. Auf jeden Fall war meine Neugier geweckt. Wenn Gracchus Minor alle Aufmerksamkeit auf sich zog, dann musste ich ihn auch kennen lernen. Von Gracchus Maior würde ich abhängig machen, ob ich die gesamte Familie vielleicht einladen würde - Menecrates hatte mir immerhin diesbezüglich alle Freiheiten in der Villa zugestanden - oder ob ich Antonia irgendwann einmal besuchen würde, tagsüber, wenn Senatoren mit allerlei Aufgaben beschäftigt waren, ich dagegen dem gepflegten Müßiggang nachgehen konnte.


    "Köstlichkeiten klingen gut. Das Essen riecht schon fantastisch und ich bin gespannt, was es alles geben wird. Manchmal glaube ich, unsere Vorfahren haben den Brautzug am Abend nur deswegen eingeführt, damit man das ganze Essen später besser verdauen kann." Bei manchen Hochzeiten, gerade unter Patriziern, hätten sie besser auch zwischenrein noch ein paar weitere Bewegungen eingebaut. Meistens fühlte ich mich drei Tage nach so einem Fest noch gemästet - was mich natürlich bei nächsten mal, so auch heute, dennoch nie davon abhielt, mir den Bauch voll zu schlagen.
    "Würdest du?" Ich hielt Antonia meinen Arm entgegen. Tuktuk stand längst wieder hinter mir, wo er bei Gesprächen hin gehörte und würde mir natürlich überall hin folgen. Doch manchmal genoss ich es, von ihm unabhängig zu sein - auch wenn es oft gleichzeitig bedeutete, von jemand anderem abhängig zu sein. "Natürlich nur, wenn es dir nichts ausmacht." Das fügte ich nicht ohne Grund an. Manche Menschen kamen mit Hilfeleistungen einfach nicht klar, nicht nur beim Annehmen, sondern auch beim Geben. Warum, war ein Rätsel, das ich vermutlich in meinem Leben nicht lösen würde.

  • Kaum hatte Marcus die Glückwünsche seines Vetters entgegen genommen und grinste ihm noch schief zu als schon andere Glückwünsche ausgesprochen wurden, das Feliciter vieler Gäste drang an sein Ohr. Marcus ' Lächeln wurde für den Augenblick noch etwas breiter und langsam verflog die Anspannung, die ihn den ganzen Morgen – nein all die Tage zuvor – schon sehr geplagt hatte. Was nun kommen würde, das konnten nur die Götter und die Parzen bestimmen, aber der Ritus war erst mal geschafft und das Bauchgrummeln fast schon weg – abgesehen davon, daß ein anderes Grummeln es ersetzte, nämlich der Hunger. Nachdem auch langsam die Übelkeit vom Morgen abklang, der Kater nicht mehr ganz so schlimm war, meldete sich der Appetit wieder und die Speisen drangen Marcus schon an die Nase. Marcus streckte sich ein wenig und spähte in die Richtung der Tische, ah wunderbar, sie konnten schon zum Essen schreiten, gerade wollte er die Gäste – die da wohl noch etwas zögerlich schienen – dazu einladen als zwei seiner Soldaten – gut, einer war nicht mehr unter seinem Kommando – unter die Nase kam.
    Optiones! Salve, schön, daß ihr kommen konntet.“
    , grüßte er die Beiden. Etwas verlegen wurde Marcus doch, er fühlte sich nicht mutig, aber er schob es in die Ecke von den üblichen Reden an einer Hochzeit ab. Er hob die freie Hand und rieb sich kurz an seinem Nacken.
    „Ich danke Dir, Decimus. Auf Fortuna hoffen wir natürlich...und auf Iuno.“


    Das strahlende und fröhliche Lächeln in dem Gesicht von Antonia mutete Marcus – der sie jedoch zu selten gesehen hatte – als sehr ungewöhnlich an, der Segen einer Mutterschaft schien wohl die Frauen wirklich tief greifend zu verändern und ihnen viel Glück zu spenden- zumindest war es sehr ansteckend, Marcus erwiderte es und nickte.
    „Wohl wahr, welche Götter können auch ihrem sonnigen Gemüt widerstehen? Die Sterblichen zumindest nicht.“
    Die Verlegenheit kehrt prompt zurück als er sah, daß der Claudier mit seiner Verwandten ins Gespräch kam, da wollte er wirklich nicht stören, zumal er lieber noch den Mann etwas mied. Mehr als ein unzusammenhängendes Stottern hätte Marcus sowieso nicht hervor gebracht. Er wandte sich wieder den Soldaten, aber auch den anderen Gästen zu.
    „Ich danke für eure Glückwünsche, doch möchte ich euch nicht länger quälen, während uns schon der Essensduft in die Nase steigt. Kommt, laßt uns das Mahl genießen.“
    Marcus klopfte Sparsus freundlich auf die Schulter, nickte Serapio zu und sprach:
    „Kommt, schließt euch doch ruhig uns an. Das Essen wartet schon.“
    Worauf Marcus auch die Tat folgen ließ und sich selber – Epicharis noch immer nicht loslaßend – einfach in Richtung der Klinen bewegte, die so groß gestaltet waren, daß man auch getrost zu zweit darauf liegen konnte, sofern man das überhaupt wünschte. Etwas umständlich war es dann doch, sich auf die Kline zu legen – mitsamt der schweren toga – aber es gelang. Sofort trabten auch die Sklaven heran und begannen, sich um die Gäste zu kümmern. Marcus ließ sich einen Becher gefüllt mit dem guten Tropfen seines Bruders – der wahrscheinlich nicht ganz glücklich darüber wäre! - reichen und nahm einen tiefen Schluck.

  • Im nächsten Moment waren sie Mann und Frau. Epicharis’ Hände waren nach wie vor kalt, doch der Ausdruck auf Aristides’ Gesicht erwärmte zumindest ihr Herz. Kurz fing sie Antonias Blick auf, lächelte selig zurück und ließ sich dann von Aristides zu den schon bereitstehenden Stühlen führen. Auf dem Schaffell Platz nehmend, an der Seite ihres Ehemannes, warf sie einen Blick in die bunte Schar der Gäste. Soldaten standen neben Senatoren und Familienmitgliedern. Man reichte dem Paar einen Kuchen, und gemeinsam brachen sie ihn, wie es Sitte war. Gracchus sorgte kurz darauf für das unblutige Opfer, und als die Glückwunschrufe über de Litation hinweg erklangen, waren auch Epicharis’ Hände nicht mehr kalt. Tränen des Glücks schimmerten zwar immer noch in ihren Augen, aber der Schleier verbarg diese Tatsache gnädig.


    Plötzlich fand sie sich in einer überraschenden Umarmung wieder, als Gracchus herangetreten war. Mit ein wenig Verzögerung, jedoch nicht minder herzlich, erwiderte Epicharis die liebe Geste. „Danke, Gracchus, vielen, vielen herzlichen Dank!“ hauchte sie ergriffen in die Falten seiner Toga, in die auch einige salzige Perlen ihren Weg fanden, ehe sie ihn wieder losließ. Er war so charmant, dass sie wohl zerflossen wäre, wenn sie sich länger seine unmittelbare Nähe gestattet hätte. Sie warf Aristides einen liebevollen Blick zu wegen seiner Antwort auf Gracchus’ neckenden Rat hin und fand sich dann schon in der nächsten Umarmung. Ihre Pronuba wünschte nun alles Gute, und Epicharis drückte sie herzlich. „Liebe Antonia, vielen Dank – für alles! Du bist einfach fabelhaft“, sagte sie und strahlte Antonia an. Deren Arbeit war noch nicht vorbei. Sie würde später an diesem Tage noch dafür sorgen, dass Epicharis den Weg ins Ehegemach auch ganz sicher finden würde. Da fiel der frisch gebackenen Ehefrau das kürzlich stattgefundene Gespräch ein, und sie linste verstohlenen zu Aristides. Vorhin hatte sie noch ein Auge zugedrückt, als er zum Wein gegriffen hatte. Der Nervosität wegen. Doch von jetzt an würde sie darauf achten, dass er nicht zu viel trank. Erneut seufzte sie. Wie gern hätte sie nur einen Moment allein gehabt mit ihm… Doch schon trug die laue Luft Geschirrklappern und wunderbare Gerüche heran und lockten Gäste wie Brautpaar zur höher gelegenen Terrasse, wo bereits farblich abgestimmte Liegen bereitstanden. Epicharis wollte bereits gehen, als zwei Soldaten auf sie zutraten und ebenfalls gratulierten. Die Glückwünsche klangen herzlich, und Epicharis lächelte den beiden fröhlich zu. „Oh, keine Sorge, ich werde schon gut acht geben auf euren Centurio“, versicherte sie den beiden verschmitzt. Aristides wies nun ebenfalls auf das Essen hin, und Epicharis, von deren Gesicht das Lächeln nicht mehr wegzudenken war, ließ sich von ihm zum Platz führen.


    Auf dem Weg zur Terrasse hinauf, auf der zwischen den Liegen bereits Sklaven mit Getränken und silbernen Platten warteten, um die Gäste zu bewirten, beugte sie sich ein wenig zu Aristides hin. „Marcus, ich bin so froh“, gestand sie ihm leise durch ihren Schleier hindurch. Zu einem Ich liebe dich konnte sie sich vor versammelter Mannschaft nicht durchringen, selbst wenn sie es geflüstert hätte. Und nach dem Essen würde es weitergehen. Der Brautzug stand dann an, der Weg, auf dem Minna und Fiona eine besondere Rolle spielen würden. Und dann… Epicharis sog die Luft ein, hielt sie kurz an und stieß sie dann langsam wieder aus. Noch war es ein wenig hin. Sie hatte noch Zeit.


    „Flavia Epicharis also“, murmelte sie leise, ehe sie Platz nahm, an der Seite ihres Mannes, und lächelte flüchtig vor sich hin. Damit war sie also nun mit Gracchus verschwägert. Beinahe sogar verwandt! Eine sehr angenehme Vorstellung. Sitzend suchte Epicharis mit ihrem Blick Flavia Celerina. Diese hielt sich an Aquilius und den Aurelier, und Epicharis als Frau meinte, die Blicke richtig zu deuten, welche die Flavierin dem Auctor der Acta Diurna zuwarf. Sie freute sich schon darauf, Celerina näher kennen zu lernen und darüber auszufragen. Doch zunächst galt es, das Hochzeitessen zu überstehen – und zu genießen. Sklaven mit zahlreichen kleinen Appetitanregern auf ihren Tabletts traten nämlich nun an die Leute heran und boten auch verschiedene Weine und Säfte an. Epicharis ließ sich einige Häppchen zusammenstellen und einen Apfelsaft einschenken. In Aristides’ Becher befand sich roter Rebensaft, wie sie bemerkte, und gedanklich setzte sie einen zweiten Strich neben den ersten.

  • Zitat

    Original von Nero Claudius Tucca


    Melodisch und keineswegs so hell, wie das künstliche Gekichere so mancher Geschlechtsgenossin erklang Antonias Stimme, nachdem ihr Vetter die unverleugbaren Vorzüge des Ponuba-Daseins geschildert hatte. “Du hast wohl recht, so habe ich das noch nie gesehen. Doch ich hoffe in naher Zukunft erst einmal vor weiteren Verpflichtungen wie dieser verschont zu bleiben. Die Schwangerschaft machte all die Vorbereitungen nicht unbedingt einfacher.“, erwiderte sie versonnen.


    Wie wohl jede junge Mutter, hörte auch Antonia es gerne, wenn ihrem Sohn eine derartige Zukunft prophezeit wurde. Ob nun gelogen, maßlos übertrieben oder nicht, sie glaubte jedes Wort und schenkte dem Verkünder jener Worte eine ungemeine Sympathie. „Oh, das hoffe ich. Natürlich lässt sich nach nur wenigen Tagen nichts sagen, doch ich denke, Minor wird in der Tat aufsteigen wie ein Stern am Himmel.“
    Wenn nicht er selbst hierfür Sorge trug, so würde wohl zumindest die Mutter ihr Auge auf Karriere und Fortkommen des Nachwuchses haben.


    Gracchus nach wie vor bei Aristides wähnend, entschloss die Claudia sich letztlich dazu, mit dem Claudius ihren Weg zu Speis und Trank freizukämpfen. Kurz zögerte sie, als ihr erneut an diesem Tage die Rolle einer Führerin angetragen wurde. Erst die Braut, nun den Vetter. Kurz schmunzelte sie ob dieses Umstandes, hob dann jedoch die Hand und schickte sich an, Tucca durch das allgemeine Gewusel zu geleiten. Vorsichtig und langsam waren ihre Schritte, darauf bedacht, niemanden anzurempeln oder sonstig ein straucheln des Blinden zu provozieren. Pallas, getreuer Schatten seiner Herrin, trat aus selbigem hervor und bemühte sich hier und dort entsprechend Platz für die beiden Patrizier zu machen. “Natürlich macht es mir nichts aus.“, versicherte sie währenddessen und hielt nach einem angemessenen Platz Ausschau. “Oh, ich fürchte, für die nächste Woche ist in der Tat eine strenge Diät angesagt.“, meinte sie, als ihr Blick über die reich gedeckten Tische schweifte.
    “So, wenn du dich nun nach rechts drehst, kannst du dich rückwärts auf eine Kline setzen.“
    Sie selbst ließ sich ebenfalls auf einer Kline nieder und seufzte leise, als ihre Augen die Kalorienbomben abtasteten.

  • Die Worte Aristides' bedurften keiner Erwiderung, nur ein feinsinniges Lächeln und ein Nicken wiesen darauf hin, dass Gracchus sich den Ritus zur Hochzeit seines Vetters nicht hätte nehmen lassen, und hätte man zum Altar ihn tragen müssen. Auch Epicharis bedachte er nurmehr mit einem Lächeln, sodann überließ er schweigend das frisch vermählte Paar den Gratulanten und wies die Opferhelfer mit einigen kurzen Worten an, wie weiter mit den nicht-tierischen Opfergaben zu verfahren sei - da sie nicht wie bei Hochzeiten üblich auf dem Hausaltar konnten noch einige Tage verweilen, sollten sie am Abend mit zur Villa Flavia gebracht werden. Hernach wandte Gracchus sich um, seine Gemahlin suchend, um mit ihr in Richtung des anstehenden Mahles aufzubrechen, indes, Antonia wandelte bereits eben in jene Richtung - an der Seite eines anderen Mannes, Arm in Arm. Marginal verengten sich Gracchus' Augen, die Unbesorgtheit des Tages wich von seinem Antlitz und einige mentale Bolzen schossen aus seinen Augen in den Rücken des ihm Unbekannten hinein. Es war jener Mann, mit welchem Antonia sich zuvor bereits hatte unterhalten, doch Gracchus hatte ob der Gedanken bezüglich des Opfers wegen bisherig zu wenig Aufmerksamkeit auf jenen gelegt, um zu wissen oder ahnen, dass es einen guten Grund dafür gab, dass Antonia ihn, den körperlichen Kontakt inbegriffen, zu den Klinen geleitete. Nun jedoch konnten Antonia und Tucca Gracchus' gänzlicher Aufmerksamkeit sich sicher sein, denn jener würde nicht dulden, dass ein anderer Mann an diesem Tage seine Gemahlin ihm würde streitig machen, welche kurz zuvor erst ihm einen Sohn hatte geschenkt, welche er ob dessen bis auf das letzte Blute würde verteidigen. Die Schultern gestrafft, das Kinn empor gereckt und die Kiefer aufeinander gepresst folgte er den beiden bis zu den Klinen hin.
    "Antonia"
    , bestimmend bohrte seine Stimme sich von hinten zwischen seine Gemahlin und deren Vetter hindurch, und die innere Aufgebrachtheit ließ seine Worte mehr noch durcheinander geraten, als ohnehin sie es bereits waren.
    "W'llst du ... uns ni'ht ei..nand'r vor..stell'n?"
    Es war keine Frage, es war eine Aufforderung, welche keinerlei Widerspruch duldete, und allfällig traf sie trotz der Zerstückelung erstmalig tatsächlich jenen eisigen Ton, welchen Antonia zu Beginn ihrer Ehe und lange danach noch in jeder Gracchus' Äußerungen irrtümlich hatte vernommen.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Ich konnte förmlich riechen, wie wir uns den Speisen näherten, denn um so intensiver wurde ihr Geruch und drängte den der Pflanzen mehr und mehr in den Hintergrund. Es war fast ein bisschen wie durch Rom mit seinen unzähligen Gerüchen nach Essen zu wandeln, nur dass es hier nicht nach billigem Eintopf, Brot, Melonen und gebratenen Nüssen roch, sondern nach teuren Gewürzen, gebratenem Geflügel, Fisch und allerlei mehr, was auch den verwöhnten Gaumen schnell anregte. Wir erreichten die Klinen und Antonia vergaß nicht, mir mitzuteilen, wo genau das Sitzmöbel war. Wendung nach Rechts bedeutete Kline linker Hand, also Tisch irgendwo rechts.
    "Danke sehr. Wenn ich jemals wieder eine Pronuba brauchen sollte, werde ich an dich denken. Bei dir würde ich auch meine Zukünftige in sicheren Händen wissen." Ich versuchte, nicht allzu schalkhaft zu grinsen. "Aber keine Sorge, so schnell wird das nicht der Fall sein." Das hatte ich nach meiner Scheidung zwar auch irrtümlich gedacht, aber momentan war es wohl tatsächlich eher unwahrscheinlich.


    Mit meinem Stock, den ich immer noch in der Hand hielt, tippte ich zur einen, dann zur anderen Seite, um die Dimension zwischen Tisch und Kline zu erkunden und wollte mich gerade nieder lassen (was immer etwas länger dauerte), als sich der Ehemann meiner Cousine zu uns gesellte. Dass er ihr Ehemann war, wurde mir spätestens dann klar, als ich versuchte seine Worte in meinen Gedanken zu einem sinnvollen Satz zu ergänzen. Es war doch gut gewesen, dass Antonia mich bezüglich seiner Verfassung vorgewarnt hatte, andernfalls hätte ich mein Erstaunen vielleicht nicht ganz so gut verbergen können. Einen Senator und Pontifex stellte ich mir einfach anders vor, wortgewandt und wortgewaltig. So jedoch ließ ich mir nichts anmerken (zumindest glaubte ich das, manchmal war ich mir meiner Mimik nicht vollständig bewusst), drehte mich in seine Richtung und nahm Antonia die Vorstellung ab.
    "Ich übernehme das gerne selbst. Ich bin Tucca, Nero Claudius Tucca. Antonia ist meine Cousine und sie war so nett, mich zu den Klinen zu geleiten. Du musst Gracchus Maior sein, nicht wahr? Antonia erzählte mir schon von eurem Nachwuchs, daher auch dir meinen Glückwunsch zu eurem Sohn."


    Unerwartete Ereignisse rissen mich oft aus meinem Richtungssinn. Das Auftauchen von Gracchus war so ein unerwartetes Ereignis gewesen und ich wusste schon nicht mehr, ob ich mich nach links oder rechts gedreht hatte und die Kline nun vor oder hinter mir stand. Den Vorschlag, uns vor weiteren Gesprächen doch erst einmal zu setzten, vermied ich daher, obwohl er uns dem Essen sicherlich näher gebracht hätte. Ich würde vorerst abwarten, bis meine Cousine und ihr Mann sich setzten und dann ganz auf Tuktuk vertrauen.

  • Noch bevor Antonia gutgelaunt auf Tuccas Beinahe-Drohung antworten konnte, kroch eine Kälte ihre Haut entlang, ließ sie frösteln wie an einem eisigen Wintermorgen und stellte ihre Nackenhaare auf. Sie kannte die Stimme, doch noch viel besser kannte sie den Ton, den sie anschlug. Schlagartig schossen hunderte, wenn nicht tausende Bilder durch ihren Geist, jede einzelne Gelegenheit manifestierte sich vorm inneren Auge der Claudia, zu welcher ihr Gemahl jenen Ton angeschlagen hatte. Eingebildet oder nicht, hier und jetzt war er echt.
    Das Atmen hatte sie kurzzeitig vergessen, stocksteif stand sie auf einmal da, wagte kaum sich umzudrehen und in Gracchus‘ Augen zu blicken. Was hatte sie getan? Was war geschehen, dass er nun so sprach? Hatte sie während der Zeremonie einen Fehler begangen? Sich ungebührlich verhalten? Ihr wollte nichts einfallen. Es war ein Glück, dass ihr Vetter sich selbst vorstellte, denn Antonia, zu Tode erschrocken, brachte keinen Ton heraus. Als Tucca sich letztlich ihrem Gatten zuwandte, wagte auch Antonia endlich die Augen auf Gracchus zu richten, fragend, angsterfüllt, jeden Moment einen weiteren verbalen Schlag ins Gesicht erwartend. Seit langem hatte sie seine Stimme nicht mehr derart frostig vernommen und ihre gepeinigte Seele, die sich lange in Selbstbeschuldigung geübt hatte, suchte nach einer Erklärung.
    Sie sagte nichts weiter. Lediglich ein Nicken bestätigte die Worte des Verwandten. Vergessen war für einen Moment alles Glück der letzten Wochen, vergessen, dass jeder einzige Vorwurf, den sie sich selbst während ihrer Ehe gemacht hatte als unnötig abgetan worden war, dies hier bildete sie sich nicht ein, ganz gewiss nicht. Schlimmer noch als der unverhohlene Vorwurf war jedoch das, in Antonias Augen, Fehlen jedweder Ursache für ihn. Das Gefühlschaos ließ sie schwindeln, schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen und nur die Kline hinter ihr verhinderte, dass sie rücklings auf dem Boden landete. Stattdessen sank sie aufs weiche Polster, fast so, als würde sie sich absichtlich hinsetzen. Ein kurzes Kopfschütteln vertrieb letztlich den Reigen von verschwommenen Gebilden vor ihren Augen, sie hob den Kopf und fixierte erneut den Gatten, in Erwartung einer Antwort auf Tuccas Worte.

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