Leise grollte es in Marcus' Magengegend, nicht weil er Hunger hatte, sondern mit einem Schlag kalte Füße bekam. Er hatte schon das Gefühl, jeder Gast würde das hören und schloß für einen Augenblick lang die Augen. Ein warmer Sommerwind wehte ihm um die Stirn und trocknete die Schweißtropfen auf seiner Stirn. Die Sonne wurde hier von dem großen Purpursegel abgehalten, aber Marcus kochte trotzdem unter der schweren toga, die er an jenem Tage tragen mußte. Er hörte das leise Murmeln um sich herum, von den Gästen, und wartete auf den Beginn der ganzen Zeremonie, während alles in ihm schrie: Lauf, Marcus, lauf, jetzt oder nie! Marcus atmete tief ein und aus, dabei langsam die Augen öffnend. Sein Blick fiel auf die roten Dächer von Rom und eine Statue, deren Haare in einem wirren Schlangenknäuel um ihr Haupt sich rankten.
Ein Schaudern rann über Marcus' Rücken als er den haruspex ansah, etwas bedrohliches und dunkles ging von jenem Mann aus, und als das Lamm vor ihm tot zusammen brach, schien das nur sein unheilvolles Äußeres noch zu verstärken. Marcus hielt den Atem an und wußte nicht, was er sich in dem Moment wünschte: Sollten die Götter ein Zeichen schicken, daß die Verbindung geschloßen werden sollte oder nicht? Wohlwollen und Zustimmung? Keinerlei Ablehnung? Langsam entwich Marcus' Lippen der warme Atem, den er einige Herzschläge an sich gehalten hatte. Die Götter hatten so entschieden! Vielleicht war das auch ein eindeutiges Zeichen...aber bei seiner ersten Ehe waren die Götter genauso milde gestimmt, das Opfer lief auch glatt. Erneut zog ein kaltes Kribbeln über Marcus' Rücken.
Es war vielleicht das sichere Auftreten von seinem Vetter, der Blick auf die Statuen der Götter und der vertraute Anblick von der Zeremonie, alles, was ein wenig von seinen Zweifeln nahm. Langsam wich diese auch der warmen Zuneigung, die er seinem Vetter Gracchus gegenüber verspürte, der Verwandte, der nach seinem Kindern und seiner Mutter, von den Flaviern ihm mittlerweile am Nächsten stand. Zuneigung, weil Gracchus trotz seiner Schwierigkeiten die Bürde seines Amtes übernahm, um dieses Opfer anzuleiten; Marcus' Lippen wölbten sich in dem Augenblick nach oben. Es fiel Marcus durchaus auf, daß Gracchus ins Stocken kam und zu Zögern schien, er richtete seine Augen fest auf das Gesicht seines Vetters und formulierte mit seinen Lippen lautlos: Age! Doch es schien auch ohne zu gehen, langsam entspannten sich die zusammen gezogenen Augenbrauen, die Falte zwischen diesen verschwand, den Blick von Epicharis hatte er in dem Augenblick nicht verspürt. Schweigend verfolgte er das weitere Geschehen und atmete hernach erneut auf, als das Opfer angenommen schien. Marcus lächelte als er die Stimme seines Vetters vernahm, es ging zügig bergauf mit ihm, die Götter schienen vielleicht doch nicht so grausam sein zu wollen.
Und da war sie wieder, die Nervosität, oder mehr der kalte Bammel der ihn schlagartig erwischte, gerade als Antonia aktiv wurde und er sich vollends bewußt wurde, welchen Schritt er gerade zu gehen hatte. Zitterte seine Hand? Marcus sah zu der Hand, die die Zarte von Epicharis hielt. Es war ihre Hand, die zitterte; das merkte Marcus in dem Augenblick. Langsam, wie der Nebel am Morgen, löste sich jenes Panikgefühl in Marcus auf, der Wind offenbarte einen Herzschlag lang die Gesichtszüge seiner Braut. Marcus umschloß ihre Hand, die so kühl und zitternd nun in Seiner lag. Einige Herzschläge schwieg Marcus und strich mit dem Daumen über Epicharis' Handrücken; er straffte sich und versuchte, etwas mehr Ruhe auszustrahlen, um die Worte zu sprechen, die ihm als Pflicht auferlegt waren.
"Mögen die Götter bezeugen, daß ich mit Dir, Claudia Epicharis, das Band des Ehe knüpfe. Mögen sie mich strafen, wenn ich mein Wort breche und Dich, Claudia Epicharis, jemals ins Unglück stürzen sollte. Ego matrimonio consentio!"