Akademie des Marcus Achilleos


  • In der Nähe des Serapeions, am Ufer des Fluvius Novus, ist ein recht geräumiges Grundstück. Irgendwie war es Marcus Achilleos gelungen, es einem Kaufmann, den er vor einem Überfall bewahrt hatte, abzuschwatzen. Hier steht nun eine Akademie, an der er die Kinder von Rhakotis in Attischer Sprache in Wort und Schrift unterrichtet und gleichzeitig einige wenige ausgewählte Schüler als Shifu (Meister) unter seinem Namen aus Fremde, Zixi De, in fernöstlichen Lehren unterweist.


    Bis auf die große Halle und die Meditationshalle, die aus Holz gefertigt sind, bestehen alle Gebäude aus Lehmziegeln. Alle Dächer sind mit Dachziegeln gedeckt und die Böden in den Gebäuden bestehen aus Holzplanken. Fenster gibt es nur zu den Innenhöfen, wobei die beiden Hallen an Stelle von Fenstern und Wänden zwischen ihren Säulen nur Holztüren haben, so dass sie eher ein unterdachter Teil des Hofes sind. Die Fenster und Türöffnungen sind - zusätzlich zu Fensterläden und Türen - zum Schutz gegen Mücken mit dünnen Vorhängen ausgestattet. Die Große Halle steht etwas erhöht und wird durch sechstufige Treppen erreicht, während die restlichen Gebäude durch dreistufige Treppen erreicht werden.


    Die Türe zur Akademie steht immer offen, wenn Marcus anwesend ist. Niemand wird abgewiesen.



    Rhakotis wurde von ihm aus gutem Grund gewählt, denn hier kann er seiner Meinung nach am meisten Gutes bewirken - auch wenn andere ihn einfach für völlig verrückt halten.



    Grundriss der Akademie


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    1 Eingang
    2 Räume der Schüler
    3 Äußerer Hof
    4 Baderaum + Latrine
    5 Vorratsräume
    6 Große Halle
    7 Innerer Hof
    8 Gästewohnung
    9 Bibliothek/Archiv
    10 Meditationshalle
    11 Ahnentempel
    12 Wohnung des Shifu


  • Das kleine Haus, das hier stand, sah nicht wirklich vertrauenserweckend aus, aber es war ein Anfang. Stück für Stück würde ich hier meine Akademie errichten. Ich würde viel Arbeit hinein stecken müssen, wenn ich keine Geldgeber fand. Aber dafür würde ich mit meinen eigenen Händen arbeiten. Das wäre sicher eine ganz neue Erfahrung. Die Akademie würde grob nach den Plänen gebaut werden, die eigentlich einmal ein Haus für mich in Han werden sollten. Ich war mir zwar nicht mehr sicher, warum ich die Pläne mitgenommen hatte, aber hier würden sie mir sicher nutzen. Die Ausrichtung des Grundstücks war zumindest schon mal gut. Vielleicht ein Zeichen der Götter? Ich wusste es nicht, aber ich würde darüber mal nachdenken. Was ich wusste, war, wie ich vorgehen würde. Als Allererstes musste eine mannshohe Mauer um das Grundstück gebaut werden. Ich würde also Lehmziegel benötigen. Jede Menge Lehmziegel. lehm gab es ja genügend am Ufer und trocknen konnten sie auf meinem Grundstück in der Sonne.

  • Am nächsten Tag war ich früh morgens bereits mit einer selbstgezimmerten Ziegelform und in einfacher Arbeitskleidung zum Grundstück gekommen. In der Nähe gab es eine Lehmgrube am Lacus Mareotis, an der sich die Einwohner von Rhakotis bedienten. Ich holte von dort jede Menge Lehm, packte ihn in die Form und klatschte die feuchten Lehmziegel auf den Boden. Immer wieder, bis das ganze Grundstück mit Ziegeln voll war. Inzwischen stand auch die Sonne recht hoch und trocknete die Ziegel.


    Mir fiel auch erst jetzt auf, dass einige Nachbarn um das Grundstück herum standen. Einer sprach mich auf ägyptisch an. Da ich die Sprache nicht verstand, schüttelte ich nur den Kopf und fragte, ob er Attisch spräche. Tat er nicht, aber ein anderer Nachbar, vielleicht so Ende 30.


    "Du nicht von hier."


    Ich schüttelte den Kopf. "Nein."


    "Du Ziegelmacher?"


    "Nein, ich baue mein Grundstück aus."


    Er zog eine Augenbraue hoch. "Du nicht reich. Sonst nicht bauen selbst. Du nicht Priester, nicht Regierung. Sonst nicht bauen selbst. Was du bauen? Großes Grundstück."


    Ich lachte kurz. "Ja, das ist ein großes Grundstück. Ich will eine Akademie bauen."


    "Aka...was?"


    "Wie das Museion."


    Er sah mich ungläubig an. "Warum hier?"


    "Weil ihr es am dringendsten braucht. Ich werde jeden unterrichten, der Lesen, Schreiben und Rechnen lernen will. Niemand wird abgewiesen."


    "Warum?"


    "Weil ich euren Kindern ein Leben ohne Armut ermöglichen will."


    Das schien den Mann echt zu überfordern. Zumindest schien er mir nicht zu trauen. as konnte ich irgendwie auch verstehen."Warum? Niemand uns will haben ohne Armut. Warum du helfen wollen?"


    "Weil es das Richtige ist. Es liegt an euch. Wie schon gesagt, niemand wird abgewiesen, aber kommen müsst ihr schon selbst."


    Der Mann schüttelte leicht den Kopf und ging zu den anderen Leuten. Sie unterhielten sich auf Ägyptisch, wobei sie wild gestikulierten. Während dessen sah ich nach den ersten Ziegeln. Die Ziegel, die trocken waren, schichtete ich zu einer Mauer auf, wobei ich immer wieder feuchten Lehm zur Hilfe nahm, um den ersten Teil der Mauer zu bauen. Die Nachbarn waren irgendwann verschwunden und noch viel später stand die erste Ecke der Umfriedung meines Grundstücks. Wenn ich jeden Tag nur den Vormittag Zeit hatte, wäre die Mauer in zehn Tagen fertig. Zufrieden wusch ich mir meine Hände und ging zum Museion, um mich umzuziehen und ein paar Stunden Schlaf zu finden.

  • Inzwischen waren fünf Tage vergangen, an denen ich jeden Morgen genutzt hatte, um Ziegel zu machen und danach an der Mauer weiterzubauen. Der spätere Eingang zur Akademie war bereits als Lücke in der Mauer gelassen und bis auf die hintere Mauer und eine Ecke war alles komplett. Zu meinem Erstaunen sah alles sogar recht gerade aus.


    Während die Ziegel in der Sonne trockneten, gab ich Kindern Unterricht. Mit einem Stock zeichnete ich die Buchstaben in den staubigen Boden und ließ die Kinder die Buchstaben nachzeichnen. Am zweiten Tag waren die ersten zwei Kinder zu mir gekommen bzw. geschickt worden, um zu lernen. Inzwischen war es schon eine Gruppe von 9 Kindern. Sie waren begierig zu lernen und ich brachte ihnen gerne Lesen und Schreiben bei. Außerdem lernten sie auch Rechnen. Mit den ganzen Ziegeln, die da rum lagen, konnte man wunderbar Addition und Subtraktion beibringen. Auch Multiplikation und Division gingen ganz gut, auch wenn ich irgendwann das Gefühl hatte, mehr Zeit damit zu verbringen, Ziegel in Reihen zu legen, welche hinzuzufügen oder wegzunehmen oder sonstwie ganz anschaulich mit dem Zählen von Ziegeln Grundrechenarten beizubringen, als mit dem Bauen der Mauer.


    Und dann geschah so etwas wie ein kleines Wunder. Der Mann, der mich am ersten Tag ausgefragt hatte, kam mit ein paar anderen Männern an. Er sah sich die Mauer an und nickte kurz anerkennend. Dann ging er auf mich zu.


    "Große Mauer für kleines Haus in Mitte."


    Ich sah ihn kurz an und dann auf das Haus in der Mitte des Grundstücks, das hier schon immer stand.


    "Eigentlich habe ich vor, das Haus hier abzureißen. Da sollen andere Gebäude errichtet werden. Hier vorne am Eingang sollen Räume für Schüler hinkommen, die nicht in Rhakotis wohnen." Ich zeigte dabei auf die Mauer an der Eingangsseite. "Und da, an die Seitenmauern, sollen weitere Gebäude. In die Mitte soll eine Halle aus Holz und unter den Hof eine Zisterne für Regenwasser."


    Der Mann folgte meinen Händen, während ich da hin zeigte, wo ich was hinbauen wollte.


    "Haben Plan? Ich schon gebaut nach Plan... für reiche Männer. Ich bauen Häuser. Ich Seneb. Das mein Name. Das Freunde von mir. Eltern von Kinder. Wir wollen danken."


    "Ich helfe gerne," erwiderte ich mit einem Lächeln. Ich hatte nicht mit Dank gerechnet, umso mehr erfreute es mich.


    "Wir dir helfen bei bauen. Er Schreiner. Er decken Dach. Ich Maurer. Wir dir helfen."


    "Nein, das kann ich nicht..."


    "Wir dir helfen! Ende!"


    Er hatte das so entschlossen gesagt, dass ich meine Bescheidenheit überwand und ihnen gestattete, mir zu helfen. Allerdings nicht, ohne mich bereits im Voraus mehrmals zu bedanken. Danach ging es an die Arbeit. Ich zeichnete die Grundlinien für die Wänder der Unterkünfte der Schüler in den Sand und erklärte, dass ich den Boden erhöht haben wollte, damit kein Ungeziefer in die Räume kommen würde. Nach einigen weiteren Erklärungen fingen wir an, gemeinsam zu bauen. Als ich dann weg musste, bauten sie ohne mich weiter. Es war mir fast schon peinlich, dass ich sie allein weiterarbeiten ließ. Andererseits hatte ich das Gefühl, dass sie ohne mich viel schneller waren als mit mir.

  • Nach zwei Wochen war die Situation völlig verändert. Ich unterrichtete jetzt immer zwischen 30 und 35 Kinder aus Rhakotis und brachte ihnen Attisch, Lesen und Schreiben und die Grundrechenarten bei. Dafür hatten ihre Eltern beim Bau der Akademie geholfen.


    Stabiles Holz für die weiteren Gebäude und Ziegel für die Dächer hatte ich teils aus unverkäuflichen Restbeständen und teils durch Hilfe bei der Beurteilung von Waren aus Indien zusammen bekommen und jetzt war die Akademie so weit fertig. Die Inneneinrichtung fehlte noch, aber zumindest stand das Gebäude. Bei Gelegenheit würde ich noch Steine zum Pflastern der Höfe und Pflanzen zur Begrünung organisieren müssen, aber zumindest war alles so weit fertig.


    Was noch fehlte, waren echte Schüler. Nicht die Kinder, die ich unterrichtete, sondern solche, die ich in den Lehren der Ferne unterrichten konnte, so wie einst ich selbst unterwiesen wurde. Allerdings würde ich die Auswahl sehr vorsichtig treffen.


    Doch zunächst war es mir erstmal wichtig, zusammen mit den Helfern das Bauwerk einzuweihen. Ich hatte Brot, Gemüse, etwas Fleisch und sogar Wein organisiert und veranstaltete im äußeren Hof eine kleine Feier am Nachmittag. Ich kochte höchstpersönlich in einem alten, großen Eisentopf, den ich mir ausgeliehen hatte, in der Kochecke des Hofes. und ich dankte noch einmal jedem persönlich. Nicht nur für die Hilfe beim Bau, sondern auch dafür, dass sie ein wenig auf die Akademie achteten, wenn ich nicht da war. So musste ich nicht befürchten, dass sich hier jemand einbrach oder sich gar häuslich niederließ, wenn ich nicht da war. Auch wenn die Feier eher kurz und schmucklos war, waren doch alle satt geworden. Nach der Feier schloss ich die Türe zur Straße ab und ging zum Museion - ein letztes Mal würde ich im Gästezimmer übernachten, danach würde ich sehen, dass ich eine Strohmatte und ein paar kleine Möbelstücke bekommen würde, um zumindest meine Wohnung ein wenig einzurichten.

  • Natürlich blieben auch Ioshua die auffälligen Bauarbeiten in diesem Teil der Stadt nicht verborgen. Als Eigentümer einiger großer Barracken und heruntergekommener Mietshäuser, hatte er ein Interesse, wenn sich bauliche Aktivität in größerem Umfang in Rhakotis einstellen sollte. Da es ihn interessierte, wer dieser Marcus Achilleos war, was er machte und woher er kam, landete eines Tages ein kurzes Schreiben bei diesem Mann im Briefkasten



    Chaire Freund,


    dein Engagement und deine Tatkraft sind mir nicht verborgen geblieben, gerne würde ich dich daher einmal in einer ruhigen Stunde näher kennenlernen. Wenn es dir gestattet ist, so suche mich in meiner Villa im Delta auf.


    grüße


    I Hraluch

  • Ich sah - auch wenn ich nicht damit rechnete, etwas darin vorzufinden - in den Briefkasten. Zu meiner großen Überraschung war doch etwas drin. Ein kurzer Brief. Ich las ihn mir durch und erkundigte mich dann kurz bei meinen Nachbarn nach dem Namen des Absenders. Dann machte ich mich auf ins Delta-Viertel.


  • Der Ahnentempel ist ein fensterloser Raum, der nur durch das Licht von Öllampen erleuchtet ist. Wenn man den Raum durch die Tür betritt, sieht man direkt auf den einfachen hölzernen Altar. Auf diesem Altar sind auf Holz gemalte Kalligraphien der Namen der Ahnen des Marcus Achilleos angebracht - so weit er deren Namen kannte. Die Kalligraphien sind in chinesischen Schriftzeichen verfasst, darunter stehen die Namen noch einmal in Attisch.

  • Nachdem der Altar so weit komplett war, hatte ich etwas Weihrauch organisiert. Hier, wo meine Ahnen mir nahe waren, konnte ich ihnen gedenken. Das letzte Mal war das in meinem Haus in Han geschehen.


    Ich entzündete den Weihrauch vor dem Altar und verbeugte mich dreimal. Dann setzte ich mich auf meine Knie und begann zu meditieren. Was wohl mein Vater in meiner Situation getan hätte? Wäre er zufrieden mit mir? Hätte ich seinen Segen für diese Akademie? Ich verharrte eine ganze Weile in tiefer innerer Versenkung, bevor ich mich wieder erhob, dreimal tief verbeugte und den Ahnentempel wieder verließ. Der Weihrauch war inzwischen vollständig verbrannt.

  • Nach einigen Wochen des Unterrichts, in denen die Kinder gute Fortschritte gemacht hatten, während ich im Gegenzug von ihnen ein paar Worte in Ägyptisch gelernt hatte, stand auf einmal ein junger Mann in meinem Hof.


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    Ich musterte ihnen einen Moment, dann ging ich auf ihn zu, während die Kinder weiter Buchstaben in den Staub malten.


    "Chaire. Kann ich dir weiterhelfen?"


    Der Mann sah mich fragend an. "Bist du Marcus Achilleos?"


    Ich nickte. "Der bin ich."


    "Ich bin Stratocles, Sohn des Leophanes. Man sagt, dass du die Philosophien des fernen Ostens unterrichten kannst. Stimmt das?"


    "Schon möglich. Warum fragst du?"


    "Ich will von dir lernen. Lass mich dein Schüler werden."


    Ich sah ihn eine Weile an, während aufrecht vor mir stand. Dann sagte ich ruhig und emotionslos "Wenn, dann würde ich dir beibringen, was mir beigebracht wurde, und zwar so, wie es mir beigebracht wurde. Die Sitten des Ostens würdest du mir gegenüber annehmen, deinen Stolz unter Kontrolle halten und alles tun, was ich dir auftrage. Du würdest weder lügen, noch stehlen, noch sonst irgend etwas tun, was gegen meinen Kodex verstoßen würde. Du würdest hier wohnen, in einfachen Verhältnissen. Deine Ausbildung würde Jahre dauern und während dieser Zeit könnte ich dich jederzeit als meinen Schüler verstoßen. Bist du wirklich Willens, dir das anzutun? Denn ich verspreche dir, dass es eine sehr harte Zeit für dich würde!"


    Stratocles schluckte und dachte einen Moment lang nach, bevor er schließlich nickte. "Ich will diese Zeit durchstehen!"


    Meine Augen verengten sich. "Dann lerne erst einmal, dich angemessen zu verhalten! Man verbeugt sich gegenüber seinem Shifu! Shifu, so wirst du mich nennen! Shifu ist die Anrede eines Lehrmeisters. Nur als Erklärung. Aber noch hast du die Möglichkeit, zu gehen. Wenn du Ruhm suchst, dann verschwinde! Wenn du dir einen Vorteil erhoffst, dann verschwinde! Wenn du reich werden willst, dann verschwinde! Wenn du aber die kosmische Harmonie mehren willst, dann bleibe, und ich werde dir zeigen, wie man den Himmel und die Erde in Harmonie bringt. Entscheide dich jetzt, ob du das wirklich willst. Willst du dein Selbst hintan stellen? Bist du bereit, deine Person aufzugeben? Wenn ja, dann verbeuge dich dreimal und sage jedes Mal "Ja, Shifu!". Wenn nicht, dann verschwinde!"


    Die Kinder sahen zu uns herüber, erstaunt über dieses Schauspiel. Ich sah in den Augen des jungen Mannes kurz Zorn aufflammen. Ich wusste, dass es für ihn, einen freien Griechen, eine Demütigung war, sich hier, vor den Augen der Kinder, vor mir zu verbeugen. Es widerstrebte ihm. Ich wartete nur darauf, dass er sich umdrehen würde und gehen.


    Zu meinem Erstaunen tat er es nicht. Statt dessen verbeugte er sich tief vor mir. "Ja, Shifu!" Und er wiederholte es noch zweimal.


    Als er mich wieder ansah, lächelte ich ihn kurz an. "Dann sei es so. Ich nehme dich als meinen Schüler auf. Aber sei gewarnt, bei der geringsten Verfehlung werde ich dich hart bestrafen oder verstoßen. Denn ich bin nicht gütig. Und Gnade kenne ich auch nicht."


    Danach zeigte ich ihm seine Unterkunft. Eine kleine Zelle von vielleicht sechs Quadratmetern, mit ein paar Schilfmatten als Bett. Ich erlaubte ihm, sie nach seinem Geschmack einzurichten und trug ihm danach auf, mich beim Unterricht der Kinder zu unterstützen. Danach durfte er seine Sachen holen, was er auch tat.

  • Am nächsten Morgen begann ich mit dem Training. Stratocles wartete bereits in der großen Halle auf mich, als ich im schwarzen zhiju über weißer Hose und weißem Hemd und mit schwarzen Stoffschuhen und weißen Socken auftauchte. Er selbst trug einen Chiton und Sandalen. Als er mich sah, schien er erst normal grüßen zu wollen, verbeugte sich dann aber. Ich erwiderte seine Verbeugung, dann sprach ich ihn an.


    "Nun, Grashüpfer, dann fangen wir mal an. Das Badehaus und die Latrine scheinst du ja gefunden zu haben. Frühstück gibt es erstmal keins, aber dafür zeige ich dir noch ein paar wichtige Gebäude."


    Er nickte wortlos und folgte mir, zunächst in die Meditationshalle, deren Funkton ich ihm erklärte, und dann in den Ahnentempel, dessen Funktion ich ihm ebenfalls erklärte. Danach ging es durch die große Halle in den äußeren Hof. Ich deutete auf die Vorratsräume.


    "Da drin findest du zwei lange Holzstangen und vier Eimer. Bringe sie bitte hierher."


    Er tat, was ich ihm angeordnet hatte. Meine Zweifel bezüglich seiner Eigung zum Schüler schwanden langsam, auch wenn sie noch nicht ausgemerzt waren. Nachdem alles da war, ergriff ich das Wort.


    "Die Brunnen in Rhakotis haben kein besonders gutes Wasser. Ganz im Gegensatz zu den Brunnen in Broucheion. Und außerdem ist die Zisterne hier leer. Na, eine Idee?"


    Stratocles sah mich kurz fragend an, dann sah er auf die Stangen und die Eimer, dann sah er mich noch fragender an. "Du meinst doch nicht, dass wir jetzt aus den Brunnen in Broucheion Wasser holen, um die Zisterne zu füllen? Also die ganze Zisterne?"


    Ich sah ihn nur durchdringend an.


    "Das ist ein Witz, oder?"


    Ich nahm wortlos eine Stange und hängte an beiden Enden Eimer ran und gab sie ihm. Danach setzte ich die beiden übrigen Eimer an die übrig gebliebene Stange und nahm diese persönlich. Danach ging es zu einem Brunnen in Broucheion. Die kurze Phase des Sonnenaufgangs war nun auch vorbei.

  • Am späten Nachmittag beschloss ich, dass wir für heute genügend Eimer geschleppt hatten. Die Zisterne war natürlich noch immer weit davon entfernt, auch nur ansatzweise gefüllt zu sein. Gegessen hatten wir bis dahin nichts, aber zumindest genügend getrunken. Stratocles sah wirklich fertig aus und mir ging es auch nicht besser.


    "Ich kann nicht mehr, Shifu," sagte mein Schüler mit matter Stimme. "Ich will einfach nur noch schlafen."


    "Kannst du später. Jetzt bringst du erstaml die Eimer und Stangen weg und danach wird gegessen," erwiderte ich recht neutral. "Bring am Rückweg etwas Gemüse aus dem Vorratsraum mit."


    Er sah mich entgeistert an, nahm dann aber Eimer und Stangen und ging los. Während dessen holte ich einen "Wok" - eigentlich eine eingebeulte Pfanne - sowie ein Messer und ein Brett, um das Gemüse zubereiten zu können. Weitere Zutaten, wie Salz und Öl, standen nahe der Kochstelle, die ich jetzt beheizte.


    Nachdem Stratocles zurück war, zerschnitt ich das Gemüse in mundgerechte Happen und erhitzte schon mal etwas Öl im "Wok". Dann kam das Gemüse dazu, mit etwas Salz. Es dauerte nicht lange und das Essen war fertig. Auch wenn es mir in der Seele weh tat, dass ich hier keine richtigen Gewürzen bekam - zumindest nicht zu einem angemessenen Preis.


    Das fertige Essen teilte ich gleichmäßig auf zwei Holzteller auf, wovon ich einen Stratocles gab, während wir uns in die große Halle begaben, um auf Sitzkissen Platz zu nehmen. Bevor er jedoch beginnen konnte, zu essen, gab ich ihm zwei Esstäbchen.


    Er sah mich fragend an. "Was ist das?"


    "Stäbchen," antwortete ich und nahm sie in die Hand, um ihm zu zeigen, wie man sie hält und benutzt. Er sah sich das ganze gespannt an, dann ahmte er es nach - nicht besonders elegant, aber zumindest zweckmäßig.


    Nach dem Essen war der richtige Zeitpunkt für ein kleines Gespräch.


    "Du machst dich ganz gut als Schüler. Zum geistigen Training gehört nämlich auch körperliches Training. Nur so wirst du es aushalten, für etliche Stunden zu sitzen und zu studieren. Denn auch das gehört dazu. Wie geht es dir?"


    "Ich spüre meine Schultern nicht mehr. Bin total platt."


    Ich lachte. "So ging es mir auch am Anfang. Morgen wirst du einen ordentlichen Muskelkater haben, aber das geht vorbei. In ein paar Wochen wirst du drüber lachen, glaub mir!"


    "Wenn du das sagst, Shifu." Stratocles war echt nicht nach reden. Er wollte nur noch schlafen.


    "Ist so. Ach ja, eine Sache noch: Wie alt bist du?"


    "19. kann ich jetzt gehen?"


    "Natürlich." Ich machte eine Geste mit meiner Hand, die ihm erlaubte zu gehen.


    Nachdem er den Hof überquert hatte, ging ich in die Meditationshalle und meditierte eine Weile, um Ordnung in meine Gedanken zu bringen.

  • Cleonymus der selbst vor einigen Jahren hier das Licht der Welt erblickt hatte war stets daran interessiert gewesen das sich in der Rhakotis etwas tat und nun da mann ihn darüber unterrichtet hatte das die Akademie Fortschritte machte hatte der Pyrtan beschlossen sich das ganze selbst einmal anzusehen ...


    Als die Gruppe von 8 leicht bewaffneten Stadtwächtern, den beiden Leibwächtern des Strategos und der Strategos selbst die Straße erreichten in der die Akademie des Achilleos lag, hatte sich bereits ein kleiner Pulk neugieriger Menschen hinter ihnen gebildet. Als Cleonymus die eigenartige Bauweise der Akademie betrachtete stahl sich ein Schmunzeln auf sein Gesicht ... irgendwie war das sehr passend ....


    Als sie die Mauer vor der Akademie erreichten war der Pulk an Menschen bereits ziehmlich angewachsen und die verschiedensten Mutmaßungen der Bewohner waren zu vernehmen ... einige vermuteten der Strategos war gekommen um die Akademie wieder abzureißen ... andere meinten er würde Steuern verlangen ... andere waren einfach nur neugierig und andere wussten das der Strategos mindestens genauso neugierig war ...

  • Natürlich blieb so ein Pulk an Menschen vor der Akademie auch in ihren Mauern nicht lange unbemerkt. Als dann ein Mädchen, das ich hier mit den anderen Kindern unterrichtete, schließlich gan aufgeregt zu mir kam, um mir davon zu berichten, schickte ich Stratocles zum Eingang, um den Strategos zu begrüßen. Ich machte unterdessen weiter mit dem Unterricht der Kinder und fragte sie das kleine Einmaleins ab.


    Stratocles ging also schnellen Schrittes über den äußeren Hof, dann den Gang zwischen Innenmauer und den Unterkpnften der Schüler - momentan beherbergten sie nur seine eigene Unterkunft vorbei zum Eingang. Dort trat der junge Grieche, der auch an seiner Kleidung eindeutig als solcher zu erkennen war, auf den Strategos zu.


    "Kann ich dir weiter helfen, Strategos?"

  • Cleonymus sah den Mann abschätzig an und nickte dann sanft während er seinen Männern symbolisierte sie sollten warten ...


    "Ja du kannst mich zu Marcus Achilleos bringen!"


    Cleonymus verschränkte die Hände hinter dem Rücken und ging auf den Eingang der Akademie zu während sich seine Männer auf der niedrigen Außenmauer niederließen und sich in Gespräche vertieften, sowohl untereinander als auch mit den neugierigen Passanten. Cleonymus selbst war in seine schwarzen Gewänder gehüllt, so wie er es in der Regel hielt wenn er durch die Straßen der Stadt lief, zwar waren die Gewänder von schlichter Art jedoch waren sie von ausgezeichneter Qualität.
    Seine Leibwächter blieben vor dem Eingang stehen während Cleonymus dem im Unbekannten Griechen in die Akademie folgte ...

  • Stratocles brachte den Strategos zum äußeren Hof, von wo aus man mich inmitten einer Gruppe von 19 Kindern unterschiedlichen Alters stehen sah. Die Kinder saßen auf dem staubigen Boden, während ich mit ihnen das kleine Einmaleins durchexerzierte. Als ich Cleonymus sah, gab ich Stratocles ein zeichen, zu mir zu kommen.


    Die neugierigen und vereinzelt ängstlichen Blicke der Kinder lagen auf dem Strategos, während Stratocles zu mir gesprintet kam.


    "Stratocles, du machst weiter mit dem kleinen Einmaleins. Ich werde den Strategos angemessen begrüßen."


    Mein Schüler verbeugte sich. "Gerne, Shifu."


    Ich erwiderte seine Verbeugung kurz und ging dann zu Cleonymus, vor dem ich mich leicht verbeugte.


    "Willkommen in meinem bescheidenen Heim, Strategos Cleonymus. Was kann ich für dich tun?"

  • Cleonymus lächelte den gerade hatte er etwas erblickt das ihm große Hoffnung geschenkt hatte, Kinder die offensichtlich aus der Rhakotis kamen nahmen Untericht in Mathematik war ... das war etwas das den sonst so kalten Strategen aufs tiefste erwärmte ...


    "Nicht viel mehr als du schon getan hast Achilleos ... ich muss gestehen das ich deine Absichten unterschätzt habe was diese Akademie angeht. Wie du vielleicht weist stamme ich selbst aus dieser Gegend der Stadt und nur mein unbeirrbares streben nach Macht und Einfluss als auch mein Ehrgeiz haben es mir möglich gemacht aus diesem Elend zu entkommen. Doch auf meinem Weg von hier unten nach dort oben wo ich jetzt bin habe ich Dinge gesehen und getan die ich niemandem zumuten möchte."


    Cleonymus hielt kurz inne und sah mit einem Lächeln zu den Kindern hinüber ...


    "Deine Schule gibt den Kindern und Menschen in diesem Viertel Hoffnung und eine gerechte Chance und allein dafür bin ich dir dankbar. Allerdings möchte ich dir auch gerne helfen und biete dir daher an dich sowohl finanziel, als auch im Rahmen der Stadtwache zu unterstützen. Wen du möchtest stelle ich dir auch einen Schreiber zur Seite der dir mit dem Ägyptischen etwas hilft ... sofern du diese Sprache nicht selbst auch beherschst?"

  • "Ich bringe den Kindern Attisch bei, dafür lerne ich von ihnen Ägyptisch. Sie lernen aber schneller als ich. Dennoch denke ich, dass ich ohne Schreiber zurecht komme. Diese Akdemie wurde vor allem von den Eltern dieser Kinder gebaut. Ohne deren Hilfe wäre sie noch lange nicht fertig. Was ich aber brauchen könnte, wäre ein Anschluss an die Wasserversorgung der Stadt. Fließendes Wasser würde es mir ermöglichen, einen Garten im inneren Hof anzulegen. Den äußeren Hof, wo wir gerade stehen, würde ich gerne mit Steinen pflastern. Sitzkissen, auf denen die Kinder Platz nehmen können, wären auch nicht schlecht. Ebenso könnte ich Wachstafeln und Griffel gebrauchen. Momentan bringe ich ihnen das Schreiben im Staub des Hofes bei."


    Damit war meine Wunschliste fast komplett.


    "Was ich noch brauchen könnte, wäre ein zweiter großer Topf. Zu Mittag koche ich immer für alle Schüler. Wer hungrig ist, lernt schlecht."


    Dass für die Zutaten meine gesamte Bezahlung als Offizier drauf ging verschwieg ich.

  • Cleonymus nickte sanft, das war eine betrachtliche Wunschliste und er konnte sich nur allzu gut denken das das spärliche Gehalt das Cleonymus dem Griechen zahlte dafür nicht ausreichte, aber was sollte er machen immerhin musste er das aus eigener Tasche zahlen und so reich war der Strategos bei weitem auch nicht ...


    "Wie wäre es mit einem Stadtwächter der des Nachts oder auch Tagsüber ein Auge auf deine Akademie wirft? Du musst verstehen das ich dir gerne alles zur Verfügung stelle was mir zur Verfügung steht doch leider ist das auch nicht unendlich viel wie du dir sicherlich denken kannst! Was allerdings deine Wunschliste angeht werde ich dich gerne mit Grobkeramik an massen aus meinem eigenen Töpferbetrieb versorgen, sofern dir das hilft?"


    Cleonaymus dachte unentwegt darüber nach was er der Akademie sonst noch gutes tun konnte immerhin war auch er nicht allwissend ...

  • "Ehrlich gesagt denke ich, dass die Akademie nicht mehr so von den Anwohnern genutzt würde, wenn hier ein Stadtwächter stehen würde. Die Menschen haben wenig Vertrauen in die Obrigkeit. Ein paar Schüsseld für die Kinder zum Mittagessen wären aber nicht schlecht."


    Ich hoffte, dass meine Direktheit bezüglich der Obrigkeit Cleonymus nicht verärgern würde.


    Dann kam die kleine Nefirtiri, ein achtjähriges Mädchen, auf uns zu und zupfte an meinem Ärmel.


    "Schau mal, Marcus, ich habe meinen Namen geschrieben."


    "Sooo. Na, dann zeig mir das doch mal," sagte ich mit sanfter Stimme und einem ebenso sanften Lächeln.


    Wir gingen ein paar Schritte, und da stand ihr Name in den Staub geschrieben. Fehlerfrei. Ich lächelte sie freudig an.


    "Das hast du sehr gut gemacht, Nefirtiri. Und, wa ist 6 mal 7?"


    "42. Weiß man doch." Sie sah mich schon fast beleidigt an.


    Ich lachte. "Ja, das sollte man wissen. Kennst du schon meinen Freund Cleonymus? Kannst du auch seinen Namen schreiben?"


    Sie sah mich kurz an, dann Cleonymus, und nahm sich den Schreibstock und schrieb damit die Buchstaben in den Boden. Da stand recht schnell "Kleonymus".

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