- Officium XIX

Sah Piso da ein kurzes skeptisches Aufblitzen, trotz des zustimmenden Nickens? Er konnte sich schon vorstellen, wieso. Spannender wuerde die Arbeit fuer die Notarii dadurch natuerlich nicht werden. Doch Spannung war ja nicht der Lebenszweck der Notarii. Die Leine musste kurz gehalten werden, da stimmte er Imperiosus zu.
"Hm, ich habe mir gedacht, eine Konzession kann man ja machen,. und ausserdem, ich selber finde es auch ein bisschen zu stickig und dunkel dort drinnen... ich werde den Notarii, denke ich, in einer Sache entgegen kommen. Vielleicht blockt der Procurator a lib... wie sagst du, PaL? Gefaellt mir. Der PaL blockt's vielleicht ab. Dann passiert sowieso nichts.", gab er zu Bedenken.
Auf seine letzte Frage hin ueberlegte der Pompeier ein, zwei Sekunden, dann sagte er zu. "Gut! Dann lade ich dich zu einem Becher Wein... oder zwei... ein. Man hat mir gesagt, die Taberna Petronia hier in Rom ist recht gut. Oder wuerdest du die Apicia bevorzugen?" Die Taberna Apicia war natuerlich um einiges teuer, aber bei Piso sass dieser Tage der Geldbeutel locker, er wusste nicht wieso... er konnte es sich immerhin leisten, hatte er doch einen zusaetzlichen Landbesitz, und konnte er sich doch hervorragend beim PaL jederzeit ein Mittagsessen erschnorren.

Apicia oder Petronia? Hatte er das gerade tatsächlich gefragt? Wenn man etwas über Gaius Pompeius Imperiosus sagen konnte dann doch wohl das er sich, was Wein und Ambiente anging, stets nur das beste gönnte ...

"Apicia natürlich, ansonsten lade ich dich auch gerne zu mir nach Hause in die Casa Pompeia ein ... aber da du mich ja bereits eingeladen hast, vielleicht beim nächsten mal!"

Natürlich war meine Einladung ernst gemeint, allerdings war ich mir nicht sicher ob die frisch renovierte Casa einem Patrizier imponieren konnte ... mal abgesehen davon das so gut wie niemand ausser mir dort wohnte ...

Apicia. Natuerlich. Diese Plebejer wussten aber auch hervorragend, wie man die Patrizier ausnahm - wie man eine Zitrone ausquetschte, bis die Kerne knackten. Aber dies wurde sofort durch eine Einladung vom Pompeier in seine Casa ausgeglichen. Nun denn! Er wollte ja nicht mal so sein. Jetzt, wo er es sich ueberlegte, haette er auch den Pompeier in die Villa Flavia einladen koennen. Aber erstens war es jetzt schon zu spaet, und zweitens waere er nicht der erste Besucher gewesen, den die Pracht der Villa beschaemt haette. So nickte er also nur.
"Das ist ein guter Vorschlag, du hast Geschmack. Und danke fuer die Einladung. Ein anderes Mal wird es sich sicher ergeben.", sagte er und laechelte. "Dann sehen wir uns nach der Arbeit in der Taberna Apicia, ja?", fragte Piso nach, um sicher zu gehen.

Ich nickte und freute mich schon auf guten ... kostenlosen ... Farlerner

"Ja, ich mache mich, sobald ich hier fertig bin, auf den Weg zur Taberna aber wenn du willst können wir auch gleich zusammen hingehen dann muss keiner warten bis der andere eintrifft!"

Prinzipiell wollte ich damit nur sicherstellen das ich das ganze nicht einfach vergessen würde ...

Ein alter aegyptischer Spruch lautet: Willst du einen Freund haben, dann biete ihm Freibier an. In diesem Fall war es Freiwein, doch mit Alkohol zum Nulltarrif kam man immer gut an.
"Gut, dann gehen wir zusammen dorthin! Weisst du was, bei Dienstschluss klopfe ich einfach an deiner Tuere, und dann gehen wir gemeinsam.", schlug er vor, da dies wohl das war, was der Pompeier wollte. "Also, ich will dich dann nicht in deiner Arbeit aufhalten. Wir sehen uns dann am spaeten Nachmittag.", meinte Piso. "Vale!"
Er verliess das Officium, doch noch einige Weile konnte man ihn hoeren, wie er laut und falsch im Flur eine unharmonische Melodie vor sich hinpfiff.

"Vale!"

... antwortete ich ihm noch während er sich schon umdrehte und schüttelte dann, als er bereits den Flur betreten hatte, breit lächelnd, den Kopf ... dieser Patrizier war schon ein komischer Kauz aber er war ganz nett und immerhin nicht so eine Weichflöte wie die meisten anderen Beamten hier im Palatinum, die Procuratoren mal ausgenommen ... selbstverständlich ...

3 Stunden spaeter

"Feierabend, wie das duftet! Kraeftig, deftig, wuerzig, gut!", schallte es durch den Flur, wie ein Sturm oder ein Hagelschauer. Es war Piso, welcher sich, wie immer, einbildete, ein begnadeter Saenger zu sein. In einem benachbarten Officium wurden die Notarii aufgescheucht von ihrer Arbeit und schauten sich fassungslos an.
Doch der Mann, zu dem die Sangesstimme gehoerte, bog vorne links ein, hoerte endlich mit seiner Singerei auf und klopfte an die Tuer des Officiums XIX. "Imperiosus?", rief er. "Bist du bereit?"

Ich hatte meinen Kollegen schon von weitem gehört und ich musste zugeben ich freute mich bereits darauf mit ihm einen Trinken zu gehen ... oder auch zwei ...

Immerhin war das mal ein wenig passendere Gesellschaft ... ständig nur von Sklaven umgeben zu sein war auf Dauer doch ganzschön schädigend für das eigene geistliche Niveau ...

Als ich also auf den Flur hinaustrat grinste ich breit und wollte fast schon in den Gesang miteinstimmen als mir plötzlich wieder mein eigenes Alter einfiel ...

"Ja ich bin bereit, lass uns eine Qualitätskontrolle in der T.A. durchführen!"

Die Tuer oeffnete sich, und Imperiosus lugte heraus. "Ah, gut, dass du da bist! Komm gleich mit, dann schauen wir mal, ob der Saftladen noch so gut ist wie in den guten alten Zeiten!", lachte er und fuehrte den Pompeier zur Taverne.

Ich signalisierte dem Notarius, mittels eines Nickens, das ich ihn verstanden hatte und rückte schnell, die gerade bearbeitete, Post zur Seite und machte mich dann auch gleich auf den Weg ...

Da sich Ursus ja nun schon im Palastkomplex befand, konnte er die Gelegenheit auch gleich wahrnehmen. Er bat den Praetorianer, der ihn begleitete, ihn zum Officium des Primicerius ab epistulis zu führen, um gleich einen Termin abzusprechen. Dort angekommen klopfte er kurz und trat dann ein. "Salvete", grüßte er die Anwesenden. "Mein Name ist Titus Aurelius Ursus. Ich möchte einen Termin für ein Gespräch mit dem Procurator ab epistulis ausmachen - oder noch besser wäre es, wenn ich ihn gleich sprechen könnte, falls er gerade ein paar Minuten Zeit hat."

Ich stand nur wenige Schritte entfernt, über ein Schreiben gebäugt bei einem der Notarii ...

"Salve Aurelius, mein Name ist Gaius Pompeius Imperiosus und ich bin hier der Primicereri ... der Procurator hat heute bereits einige wichtige Termine, aber ich kann dir sicher für Morgen einen Termin geben sofern dir das Recht ist?"

Ich bedeutete einem der Notarii die Daten des Besuchers auf eine Tabula zu schreiben damit ich sie später dem Procurator vorlegen könnte ...

"Ich bräuchte dann natürlich noch Themen und einige persöhnliche Informationen von dir, damit der Procurator sich entsprechend vorbereiten kann!"

Der Notarius zeigte die Tabula vor damit der Besucher sehen konnte was er diktieren musste ...

"Erfreut, Dich kennenzulernen, Pompeius", erwiderte Ursus, als der Primicerius sich vorstellte. "Ja, morgen ist mir recht. Es geht um ein zweites Tribunat und ich denke nicht, daß das Gespräch allzu viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Ich gehöre dem ordo senatorius an, bin zur Zeit Zivilist und die Dringlichkeit ist eigentlich normal, abgesehen davon, daß die nächste Amtszeit bald beginnt."

Der Notarius notierte flink die gegebenen informationen und reichte die Tafel dann schließlich an mich weiter, bevor er eiligst wieder an seinen Schreibtisch zurückkehrte ...

Ich überflog kurz die wenigen Zeilen und nickte dann schließlich zufrieden ...

"Danke, ich denke der Procurator wird gleich Morgen Vormittag für dich Zeit haben, sofern dir das recht ist!?"

Ursus nickte erfreut. Das ging ja wirklich zügig hier. "Ja, das ist mir sogar sehr recht! Hab Dank für den raschen Termin. Dann bis morgen also." Je eher er die Angelegenheit klären konnte, umso besser war es doch.

Ja da hatte der gute Patrizier wohl Glück gehabt ... oder der arme Creatinus Lupus Pech, denn dieser konnte seinen Termin Morgen Vormittag nicht mehr warnehmen da ihn ein Fuhrwerk überollt hatte ... die unergründlichen Wege des Schicksals ...

Es klopfte. Ein Notarius aus der a libellis-Abteilung trat ein, nuschelte ein „Salve“ zu einem vorbeigehenden Mitnotarius und ging dann zum Tisch des Primicerius. „Salve. Vom Primicerius a libellis...“, murmelte er und legte eine Wachstafel auf den Tisch. Darauf waren folgende Worte geschrieben:

Als ich Pisos Nachricht las musste ich sofort grinsen, immerhin hielt auch ich diese Entwicklung für die wahrscheinlichste, allerdings fragte ich mich ob Piso mir im Falle einer Übernachtung in der Gosse der Subura noch Nachrichten schreiben würde, oder ob seine Familie mich zu einem "ernsten" Gespräch eingeladen hätte ...

Allerdings traf er heute wirklich mal den Punkt, mir war langweilig denn ich hatte zurzeit nichts zu tun, der Procurator war mit Terminen überhäuft und Post würde erst Morgen wieder eintreffen ... also erhob ich mich kurzer Hand und schlenderte gen Tür des Officiums, während ich noch einem meiner Notarii etwas zurief ...

"Ich bin in einer Unterredung mit dem Primicerius a Libellis, sollte etwas wichtiges sein möchte ich benachrichtigt werden!"