Mit zwei blauen Fähnchen bewaffnet sprang miles Ivinius Pallitius – auch nur Tius – genannt, von seinem Sitz auf, als die Wägen auf die Rennbahn schoßen. Eine ganze Soldatenschar hatte sich heute zu der Rennbahn und dem Wettkampf an diesem Feiertag aufgemacht, um sich ja nicht den Auftritt ihres optio entgehen zu laßen. Sie hatten sogar zusammen gelegt, um genug an Geld zusammen zu kriegen – um von dem Dienst heute befreit zu werden. Tius, Cafo, zudem einige alte Veteranen von der Prima, waren hier, aber auch ein paar von den cohortes urbanae. Denn es hatte sich schnell herum gesprochen, daß der Decimer an dem Rennen teilnahm. Begeistert wedelte Tius mit seinen Fähnchen aus blauem, ausgebleichtem Leinenstoff.
„Vor, vor, optio, gewinne, für die veneta! Los! Los!“
„Hey, Tius, der fährt nicht für die veneta. Der fährt für die aurata!“
„Wie...?“
Tius starrt auf die Bahn und erkannte die golden leuchtende Beschläge am Wagen.
„..für den Drecksverein? Das gibt’s doch nicht...!“
„Was soll das heißen? Drecksverein? Ich geb' Dir gleich Dreck zu freßen, Tius!“
Ein stämmiger Soldat, Briso hieß er, schon seit Jahren Fan der aurata, wobei er auch hin und wieder mit der russata liebäugelte, stand auf und hob drohend die Faust. Sie waren alle schon recht angetrunken zu dieser Stunde.
„Jungs, das reicht, hinsetzen. Hier wird nicht geprügelt.“
Aus einem Reflex heraus setzte sich die Männer als sie ihren Zenturio erkannten, der in zivil, sich einen Weg durch die Menschemengen gebahnt hatte und bis zu den Rängen, die sich die Soldaten bereits vor einigen Stunden ergattert hatten, sie hatten auch nicht zimperlich mit ihren Ellbogen oder Fäusten gesparrt um die praesina Fraktion, eine immer mehr schwindende Anhängerschaft, dort zu vertreiben. Denn in einem waren sich die Männer alle einig, die praesina konnte man wirklich in den Sack stecken und getrost vergeßen.
„Wir...ähm...centurio, wollten uns gar nicht prügeln. Bestimmt nicht...“
„Wie steht es denn?“
„Erste Runde, centurio, noch ist alles offen.“
„Macht er sich gut?“
„Bis jetzt ja!“
Aus kollegialer Solidarität ließ Tius dann auch die blauen Fahnen schnell verschwinden, einige Münzen wurden gewechselt und der Soldat hatte kurze Zeit später eine grellgelbe Fahne in der Hand – golden war zu teuer für den Mann. Erneut sprang er auf, gerade als der Decimer an ihrer Bande vorbei kam, und brüllte aus Leibeskraft – und er hatte ein mächtiges Stimmorgan:
„Serapio zum Sieg,
Meister über die Parther flieg.
Mach sie nieder,
häng sie ab, immer wieder!“
Tius hatte noch nie einen Sinn für solche Dinge wie das Reimen gehabt, aber dafür inbrünstige Leidenschaft für den Rennsport. Er sah bestätigend zu seine Kumpanen.
„Na, wenn der im Krieg sich gemacht hat, dann wird das hier ein Kinderspiel sein, findet ihr nicht auch?“
Bestätigendes Nicken.
„Serapio, los, los!“
, stimmten auch die anderen Soldaten mit ein.