[Porta Praetoria] Haupttor (Vor dem Betreten des Lagers hier melden!)

  • Der Urbaner war Sisenna Iunius Scato;
    Tiberios hätte ihn überall erkannt – und er war einen Moment lang einfach nur froh, das vertraute Gesicht des Römers zu sehen.
    Aber da Scato sich so verhielt, als hätte er ihn noch nie gesehen, passte sich der furische Sklave dem sofort an und unterdrückte jegliche Gefühlsregung:


    Salve dominus miles“, sagte er und verneigte sich ganz leicht.


    Die Auskunft von Scato war dann eindeutig;
    Tiberios hatte allerdings gehofft, das Zutrittsverbot bezöge sich nur auf Sklaven, die länger bleiben wollten. Doch wenn dieses Zutrittsverbot auch für Besuche galt, dann würde es nicht einmal helfen, wenn ihn der dominus Furius Cerretanus an der Porta abholte. Diesen Sachverhalt hatte nicht einmal die domina Furia Stella gekannt.


    „Eigentlich wollte ich eine Gefangene besuchen, die Sklavin Eireann, und dachte, dominus Optio Furius Cerretanus könne mir einen Passierschein geben.“, sagte Tiberios niedergeschlagen:


    Wenn Sklaven allerdings nicht einmal durch die Porta dürfen, kann mir auch dominus Cerretanus nicht helfen, nicht wahr?
    In diesem Fall würde ich dich bitten, an die Gefangene einige nützliche Dinge für den Privatgebrauch weiterzuleiten. - Hier eine genaue Aufstellung ".

    Tiberios zeigte seine Wachstafel.*


    bückte sich aber auch nach dem Bündel, um es zu öffnen, und dem Urbaner zu zeigen, dass seine Angaben der Wahrheit entsprachen.


    *

    - eine einfache Tunika
    - eine Chlamys, griechischer Mantel
    - ein Schlauch Posca
    - ein Kamm aus Horn
    - 1 kleine Tonamphore Olivenöl
    - 3 Stoffstreifen
    - 3 einzelne Wachstafeln
    - 1 Griffel
    - 3 Schwämme
    - 1 Stirnband
    -1 Stoffsäckchen frische Datteln
    - Drei Schriftrollen " Chaireas und Kallirrhoe "

    ,

  • "Ich nehme hier gar nichts mit rein", murrte Scato, während er kurz von oben in das Bündel schaute. "Jeder Gefangene hat die gleiche Ausstattung, selbst gefangene Senatoren. Auch harmlos erscheinende Gegenständen können Waffen bilden, man kann beispielsweise jemanden mit so einer Amphore den Schädel einschlagen. Oder mit einem Stirnband wie diesem da erdrosseln. Die Datteln könnten vergiftet sein. Ein Griffel ist ein hervorragendes Stichwaffe, bohrt sich wunderbar in den Bauchraum und so weiter. Niemand wird die Sicherheit der Wachen riskieren, erst Recht nicht bei einer Gefangenen, die für ihre mangelnde Kooperationsbereitschaft bekannt ist."


    Tiberios tat ihm etwas leid, weil er es wieder mal nur gut meinte. Aber gut gemeint war nicht immer gut gemacht. In dem Falle könnte die Erfüllung seiner Bitte fatal enden und wäre auch so völlig vorbei am Ziel.


    "Je mehr man einem Gefangenen den Arsch nachträgt, umso weniger effektiv seine Strafe und umso länger muss er schmoren", sagte er in freundlicherem Ton. "Kein Gefangener lernt dazu, wenn es ihm zu gut geht. Du hilfst Eireann am besten, indem du ihr aufzeigst, dass jedes Verhalten Konsequenzen hat. Vertrau uns, dass sie aus gutem Grund hier einsitzt."

  • Tiberios, der weder etwas von der Lupanargeschichte mit Kyriakos noch etwas von der scheinbaren Verwicklung Eireanns in den Brand im Ganymed wußte, und dachte, Eireann wäre im Gefängnis gelandet, weil sie frech geworden und weggelaufen war, sah unglücklich drein und die Strafe erschien ihm sehr hart - er sagte aber nichts, weil ihm das nicht zustand.


    Das mit dem Griffel als tödliche Waffe muss ich mir freilich merken, dachte er. Das sage ich das nächste Mal Terpander!


    Da dominus Scato jedoch zum Ende hin freundlicher sprach, fragte er:
    "Dominus miles, Gefangene dürfen Post empfangen, nicht wahr? Dann möchte ich Eireann wenigstens schreiben, damit sie weiß, dass ich liebevoll an sie denke."


    Tiberios sah an Scato vorbei, als er errötend hinzufügte:
    "Manchmal ist das zu wissen wichtiger als alles andere."

  • Lurco gesellte sich zu Scato und musterte den Sklaven mit scharfem Blick.


    "Die Gefangene hat genau was sie braucht. Zwar sind wir nicht verpflichtet Dir etwas zu erklären oder uns zu rechtfertigen aber eine Erklärung mit auf den Heimweg. Dem Verhalten des Subjektes nach zu urteilen, würde sie alles daran setzen, dass ein Kamerad den Griffel "im Auge behält". Wer hat derart unbedarft so ein Bündel gepackt? Freunde mit der gleichen Rom feindlichen Gesinnung? Schreib Ihr von Zuhause aus und rück ab. Du hast die Weisung meines Kollegen gehört, gehe ehe wir das hier als Widerstand werten müssen", warnte Lurco.

  • Sobald ein Kamerad die Stimme erhob, waren alle Urbaner in der Nähe da, um ihm beizustehen. Scato änderte seine Körperhaltung auf Lurcos deutliche Worte hin. Auch die anderen Urbaner nahmen eine andere Haltung an. Es wurde Zeit, das hier zu beenden.


    "Du solltest dir überlegen, ob du eine Brandstifterin und Mörderin wirklich mit liebevollen Worten bedenken möchtest. Dass Gefangene Briefe empfangen dürfen, ist nicht gesagt. Du kannst das Schreiben auf gut Glück in den Posteingang werfen. Nun verschwinde."


    Er wies mit dem Kopf in Richtung Straße.

  • Dominus Manius Purgitius Lurco, dachte Tiberios. Der Urbaner schlug einen schärferen Ton als Scato,
    und Tiberios war einen Moment lang erstaunt: Was hatte er dem Römer getan?


    " dominus miles", antwortete Tiberios sehr höflich ,und man musste ihn kennen, um zu merken, dass er sich ärgerte:
    " Ich wußte nicht, dass das Lesen von griechischen Romanen gefährlich ist oder eine romfeindliche Gesinnung zeigt.", er deutete auf die Schriftrollen:


    "....und das Stellen einer einfachen Frage, ob Gefangene Post haben dürfen, als Widerstand gegen Roma gewertet wird. Ich danke dir vielmals für die Aufklärung, ich bin Alexandriner und muss noch viel lernen wie die Dinge hier funktionieren. Aber ich bin mir sicher, wenn es jemand nicht lernt, gibt es auch andere Lehrmethoden nicht wahr? Das Gefängnis, das Schwert oder das Kreuz."


    Tiberios verbeugte sich ziemlich spöttisch, aber sah Lurco nicht in die Augen, das hätte sich für einen Sklaven nicht gehört.

  • Als Scato ihn auch davon jagte, verlor Tiberios die Geduld:
    "Dominus miles, Brandstiifterin und Mörderin - das ist nicht dein Ernst?", sagte er nur.
    War denn die ganze Welt verrückt geworden? Hatten sie alle ihren Verstand verloren?
    Eireann war aufsässig, unüberlegt und manchmal dumm, aber sie war bestimmt keine Verbrecherin, dafür würde er die Hand ins Feuer legen.

  • "Das was Du lernen musst Sklave, ist das Befehle befolgt und nicht hinterfragt werden. Gute Reise", sagte Lurco, ergriff den Skaven am Arm im Sicherungsgriff und führte ihn auf die andere Straßenseite.


    "Im Eigeninteresse solltest Du jetzt friedlich gehen. Eine Frau die Flammen als Mordinstrument verwendet, wird alles andere genauso zu nutzen wissen. Geh!", befahl Lurco vehement und kehrte zu seinen Kameraden zurück.


    Vor der Castra blieb er stehen, zog sein Schwert und deutete mit dem Gladius die Straße entlang runter.

  • Tiberios wehrte sich nicht, sah ihn nun an und hatte jetzt Tränen in den Augen:


    "Und ein Imperium, das auf Unrecht beruht, wird genauso wenig dauern wie ein Sklave, der keine Befehle befolgt!",rief er mit klarer, Stimme:
    Du tust bitteres Unrecht, dominus Lurco, Unrecht an dieser jungen Frau !Ich rufe die Furien, die Rächerinnen an, mir beizustehen!
    Alekto! Magaira! Teisiphone!"

    Es klang wie ein Fluch ,und er streckte die Hand in Richtung der Castra aus.



    Das Einzige, was ein Sklave in höchster Not tun konnte, war es, die Götter selbst anzurufen. Tiberios wußte das, aber er tat nichts, was als körperlicher Angriff gewertet werden konnte, dazu war er zu schlau.

  • "Kollegen Ihr habt es gehört, der Sklave hat eine Körperverletzung via Fluch begangen. Vermutlich sind ihm die unteren Säfte in den Kopf gestiegen. Ein billiger Trick um sich in die Castra zu mogeln. Gebt das Gesicht weiter, es ist damit zu rechnen, dass Schlimmeres versucht wird um zu der Brandstifterin durchzudringen.


    Verziehe Dich, ehe ich es mir anders überlege und Du von Mars gegrüßt wirst", antwortete Lurco mit wegwerfender Handbewegung.


    Dem Jungen war nicht zu helfen, rannte verblendet einer läufigen Christin und Mörderin nach. Wer wusste schon womit sie ihm den Verstand vergiftet hatte? Am guten Aussehen und am Charme konnte es nicht liegen. Fast schon hatte Lurco Mitleid mit dem armen Tropf.

  • Scato schaute Tiberios angespannt nach. Egal war ihm nicht, was hier passierte und er mahlte mit den Zähnen. Er würde den Sklaven am liebsten dazu zwingen, den Fluch zurückzunehmen, aber er tat es nicht, ehe das Ganze vollends eskalierte. Tiberios sollte einfach ziehen. So blieb er nur in wachsamer Haltung stehen und sah ihm nach, um sicher zu gehen, dass er verschwand.

  • Tiberios hatte das erste Mal in seinem Leben völlig die Fassung verloren.
    Er hatte sich benommen, wie es ihm nicht zustand,, wie ein freier verletzter, wütender junger Mann


    Hätte er die domini Scato und Lurco nicht gerade im Dienst getroffen, vielleicht hätten sie anders mit ihm gesprochen. Und warum erwartete er überhaupt, dass sie anders mit ihm sprachen?
    Tiberios erkannte, dass er anmaßend gewesen war. Er hatte seinen Platz vergessen.


    Sie sollten mich gleich zu Eireann sperren, dachte er traurig. Nichts mit apatheia - er hatte Scato allerdings immer gesagt, er sei schlecht in Gemütsruhe.


    Es war gut möglich, dass die Urbaner den Furiern Bescheid sagten, wie er sich aufgeführt hatte. Dann würden sie ihn vermutlich verkaufen.
    Die Furier duldeten keine aufsässigen Sklaven in ihrem Haus.


    Die Wut des jungen Griechen war nun völlig verschwunden, aber er war auch nicht verzweifelt - er fühlte eine große Leere. Das erste Mal in seinem Leben dachte er daran, dass es ihm egal war, zu leben oder zu sterben.
    Nur der ironische Gedanke, dass er nicht einmal sich zu töten das Recht hatte, weil er sich nicht selbst gehörte, , hielt ihn von weiteren Überlegungen zurück.


    Dann kam ihm der Gedanke, doch noch mit dominus Furius Cerretanus sprechen zu müssen. Vielleicht konnte der ihn über "Brandstifterin " und "Mörderin" aufklären.
    Vielleicht war alles ein großes Missverständnis.


    Tiberios ging weiter.


    .Er selbst hatte die Furien angerufen. Sie hatten ihn gehört - und sie würden kommen, um zu richten.

  • Lurco schaute Tiberios ebenfalls nach.


    "Da sieht man es wieder. Ein fauler Apfel im Korb verdirbt sie alle. Er täte gut daran sich von dem Subjekt fernzuhalten. Ihr Verhalten ist nicht nur mörderisch und respektlos, es scheint auch auf andere abzufärben. Auf gute, ehrliche Sklaven, die dann selbst zu solch einem Subjekt umschlagen. Hoffen wir, dass er sich seiner Worte besinnt und vor allem seiner Handlungen. Sonst wird er eines Tages dort enden, wo alle Opfer dieses Scheusals enden in den Flammen oder in der Gosse. Es wäre schade um ihn", flüsterte Lurco Scato zu.

  • "Sonst sprach Tiberios immer gut von Rom. Vielleicht wollte er uns einfach mit seinen Worten verletzen. Ich hoffe, dass es nur sein gekränkter Stolz war, weil er seinen Willen nicht bekommen hat und dass er nicht wirklich so schlecht von uns denkt."


    Scato machte einen Schritt seitlich in Lurcos Richtung, so dass sie leicht zusammenstießen. In der gleichen Bewegung drängte er ihn sanft zurück in die Castra - in ihr Refugium, den einzigen Ort, an dem die Welt noch in Ordnung war.

  • << Castra Vigilum - Porta


    Kyriakos sah gestresst aus, als er die Porta Praetoria erreichte. Nymphis an seiner Hand hatte sich in einen Schreianfall hineingesteigert, den Kyriakos nicht unterbinden konnte. Als er die Hand des Jungen frustriert losließ, schoss der Kleine seine Flöte weg, die zwischen die Füße der Milites rutschte, warf sich auf den Boden und schrie sich um den Verstand. Dabei verrutschte der Blütenkranz in seinem Haar. Die Ursache für den Anfall konnte Kyriakos sich denken, doch die ließ sich nicht beheben.


    "Salve", grüßte er die Wachen erschöpft und wiederholte seine Frage: "Ich bin wegen einer Anhörung zum Brand im Ganymed hier. Wird die benötigt?"

  • Das Kindergeschrei hörte man schon von weitem, allerdings trat keine stumpfsinnig vor sich hinblickende Sklavin in ihren Sichtbereich, sondern der von den Göttern gesandte Zeuge des Brandes im Ganymed. Lurco hob die Flöte auf, die vor seinen Füßen gelandet war und reichte sie mit ernster Miene Kyriakos.


    "Salve, korrekt Deine Aussage wird hier benötigt. Den entsprechenden Bericht habe ich bereits meinen Vorgesetzen abgegeben. Folge mir zu meinem Centurio, der Knips bleibt hier, schließlich will der Mann Deine Worte und seine eigenen Gedanken verstehen. Mir nach", sagte Lurco und gab einem Kollegen ein Handzeichen, so dass dieser seinen Posten für die Zeit seiner Abwesenheit übernahm.


    Lurco führte Kyriakos auf direktem Weg zum Officium seines Centurios.

  • Nymphis draußen zu lassen, war von der Sache her kein Problem. Der Junge war sechs und streifte auch allein durch die Subura, wenn niemand aufpasste, dass er sich nicht von der langweiligen Arbeit als Lockvogel für die Lupos verdrückte. Allerdings hatte Kyriakos gehofft, dass die Anwesenheit von Nymphis dazu beitragen würde, den menschlichen Schaden, der angerichtet worden war, bildhaft vor Augen zu führen. Dass man mit einem ausgewachsenen Lupo kein Mitleid hatte, war ihm bewusst und er erwartete auch keins. Aber das Schicksal von Nymphis wäre vielleicht ein gutes Argument gewesen. Kyriakos legte die Flöte neben der Mauer ab, wo er sie leicht wiederfinden würde, und ließ das schreiende Kind liegen, um dem Urbaner in die Station zu folgen.


    Officium >>

  • Pullus und Lurco führten die Sklavin und Nicon zum Haupteingang der Castra. Die Kollegen musterten die beiden mit Argusaugen. Die Sklavin kam so manchem bekannt vor. Man sah verächtliche und auch hämische Blicke.


    "Einmal Carcer, Einzelzelle pro Nase", orderte Lurco freundlich.
    "Mal wieder Brandschatzung?", fragte einer der wachhabenden Kollegen.


    "Was sonst?", gab Lurco zurück, packte die Sklavin im Sklavenkragen und buxierte sie in die Castra. Hier konnte man das Subjekt keine Sekunde aus den Augen lassen.


    Pullus packte Nicon am Oberarm.
    "Weiter gehts", befahl er.



    Wir kommen von hier:
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    Weiter gehts hier:
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  • [Blockierte Grafik: http://s12.directupload.net/images/200904/lbdlk6do.jpg]


    | Breda


    Natürlich war die Schreckensnachricht vom Mord an den beiden Iuliern auch nicht ganz spurlos an ihren Sklaven vorbeigegangen. Breda, die keltische Haussklavin, hatte bitterlich geheult, als sie vom Tod des Dominus und der Domina gehört hatte. Um dem Wunsch der Domina Graecina zu entsprechen, hatte Procylides, der iulische Maiordomus, sie und einen weiteren Sklaven losgeschickt, um die Cohortes über die gemeinen Morde zu melden.
    Sie trat an das Haupttor der Castra. Zum Glück war sie nicht allein, denn sie war schrecklich aufgewühlt.


    So klopfte sie einmal kräftig am Tor und wartete.

  • Ein Urbaner


    Manius saß gerade in dem kleinen Raum, nur wenige Schritte von dem großen Tor entfernt und goß sich einen Becher mit Wasser ein. Dazu wollte er etwas Brot und Käse essen.
    Im selben Augenblick in dem er einen Bissen zu sich genommen hatte klopfte es an der Porta.


    Um diese Zeit dachte sich der Miles, erhob sich und eilte ans Tor. Dort öffnete er eine kleine Luke und blickte neugierig nach draussen.


    " Wer da?" Anfänglich konnte er nich viel erkennen aber dann schob sich ein rot-blonder Schopf in das Gesichtsfeld des Miles und gleich darauf blickte er in blaßblaue oder grüne Augen. So genau war das nicht zu erkennen. Jedenfalls war es ein junges, sehr hübsches Mädchen.


    " Was willst du? Um diese Zeit?"



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