Von wo war dieses Unwetter so plötzlich gekommen? Hatte es über dem Meer Kraft gefunden um dann, vom Favonius getrieben, herüber geweht zu werden? Oder war es über dem Campus Solonius im Süden gewesen, wo es dann der Auster gepackt und hierher gebracht hatte? War es am Lacus Regilius im Osten entstanden und dann als Vertrauter des Solanus gekommen? Vielleicht hatte es aber auch im Nordwesten, bei Veji angefangen und war dort auf den Caurus gestoßen.
Nein, niemand konnte das mit Bestimmtheit sagen. Es schien vielmehr so, als hätten sich die Wolken direkt über Rom zusammengeballt. Eben noch war es ein freundlicher Novemberabend gewesen, bevor ein fernes Grummeln kommendes Unheil ankündigte. Die drohenden Wolken schwollen an, griffen aus, wölbten und blähten sich. Die Sonne war eben hinter dem Horizont untergegangen. Doch ihre letzten Strahlen erfassten die Wolkenberge und ließen sie rot und gelb, und wie Kupfer und Gold aufleuchten, als würde in ihrem Inneren ein infernalisches Feuer wüten.
Wieder ein Grollen, aber lauter. Es klang zornig, als wenn ein gewaltiges Untier vom Himmel steigen würde. Zuerst kleinere, dann größere Blitze irrten zwischen den schroffen Hängen, den Tälern und den Gipfeln dieser sich auftürmenden Gebirgslandschaft aus glimmenden Wolken umher.
Es soll Menschen geben, die solche Schauspiele dem Zufall zuschreiben, oder unerklärlichen aber ganz gewöhnlichen Mechanismen der Natur. Doch wer mit Vernunft gesegnet ist der weiß genau, dass diese Leute Narren sind, welche die Augen vor der Wirklichkeit verschließen und die Wahrheit leugnen. Denn das, daran konnte kaum ein Zweifel bestehen, war Summanus' Werk. Er, der die Welt mit seiner sengenden Peitsche strafte, die Inkarnation des göttlichen Pluto, der aus den Tiefen der Unterwelt hinauf zum Himmel gestiegen war, um am nächtlichen Himmel seine Blitze zu schleudern.
Das tat er an diesem Abend dreimal. Nur drei Blitze, will man angesichts dieser unheilsschweren Himmelsfinsternis sagen, doch es waren schreckliche und beängstigende Entladungen. Und war nicht auch das ein Zeichen?
Der erste Blitz schlug vor dem Tempel der Concordia am Forum Romanum ein.
Der zweite Blitz ging im Garten der Villa Flavia Felix nieder.
Dann, gleißend hell und begleitet von einem erschreckenden Krachen, schoss ein dritter, gewaltiger Strahl herab. Er leuchtete, als wären alle Sterne des Firmaments zu einem einzigen Fluss geschmolzen. Er zuckte, wand sich und schlang sich hinunter zur Erde, bis er mit ohrenbetäubendem Getöse den höchsten Giebel der Villa Tiberia traf. Er sprengte die Dachpfannen auseinander, die im Duzend herab regneten, viel weiter unten auf dem harten Boden zerschellten und in unzählige Scherben zersprangen. Der gleißende Feuerstrahl durchschlug den obersten Dachbalken. Der barst als wenn er aus Schilfrohr wäre und geriet sofort in Brand. Dann war es still. Kein Donner mehr, kein Brüllen, keine Blitze und kein Fauchen. Das Unwetter, dass eben noch gewütet hatte, löste sich auf, es verschwand einfach. Die Wolken rotleuchteten nicht länger, sondern wurden schwarz und verschmolzen mit dem dunklen Himmel der hereinbrechenden Nacht.
Aber ein warmer und nicht zu strenger Wind fachte die Flammen an und kein Tropfen regnete herab um sie aufzuhalten. Schon leckten und fraßen sie an den Pfosten des Daches, fanden weitere Nahrung und breiteten sich aus. Bald würde wohl das ganze Haus in Flammen stehen und bis auf den Grund niederbrennen, wenn seine Bewohner nicht rasch handelten...