Mitten auf dem Mercatus Urbis spielte sich in den frühen Morgenstunden etwas Seltsames ab. Ein großer bunter Wagen fuhr vor und suchte sich einen der besten Plätze aus. Kräftige und tätowierte Männer sprangen ab und bauten in aller Eile eine kleine bescheidene Bühne auf, spannten ein großes Sonnensegel und stellten sogar einige wacklige Bänke hin.
Auf dem Wagen stand in dicken Lettern: Magnifica Fabulae, es handelte sich um das fahrende und bunte Volk, welches mit Geschichten, Musik, Tanz und Akrobatik die Leute erfreuen wollte.
Händler betrachteten den Wagen misstrauisch, fahrendes Volk brachte oft Probleme mit sich und diese Leute sahen nicht gerade Vertrauens erweckend aus… im Gegenteil: die Männer waren bewaffnet und waren mehr als kräftige Burschen. Was wenigen auffiel, die Männer waren Brüder, sie gehörten fest zu der Gemeinschaft und waren eigentlich friedlich.
Nach kaum einer Stunde stand die kleine Bühne und die drei Brüder nickten sich zu, holten einen Schlauch mit verdünnten Wein und setzen sich in den Schatten des Wagens. Der Rest würde noch kommen, solang konnten sie sich ausruhen.
Es war Mittag, als vom anderen Ende des Platzes der Klang von Flöten und Trommeln erklang und Frauen, Kinder und Männer in bunten Kleidern über den Markt gingen und ein Lied anstimmten. Einige jonglierten, andere führten akrobatische Kunststücke vor. Ihr Anführer war ein großer Nubier, an die zwei Meter, mit einem riesigen goldenem Ohrring . Er trug eine rote Hose, sein Oberkörper war unbedeckt. Ein furchterregender Anblick, aber gleichzeitig faszinierend, er bewegte sich fließend und elegant wie eine Katze.
Seine kräftige Stimme halte über den ganzen Markt.
„Bürger von Rom!“ lockte er die Menschen näher. Mit großen Schritten erklomm er die Bühne und breitete in einer Geste des Willkommens die Arme aus. „Kommt näher! Nur keine Scheu! Wir wollen euch erfreuen, euch zum lachen bringen und euch fantastische Geschichten erzählen,“ er machte eine kunstvolle Pause. Musik unterstrich seine Worte und erweckte Neugier.
„Ich möchte euch die Muse Aoide höchstpersönlich vorstellen!“ er deutet mit einer Hand auf die ihm folgenden Musiker.
Eine schlanke, zierliche fast schon zerbrechlich wirkende junge Frau betrat die Bühne. Gekleidet war sie im Stil der Ägypter, ihr Haar durchflochten von Perlen, ohne jeglichen Schmuck und barfüßig. Ihre Augen waren rauschgrau, faszinierend und zog die Menge in den Bann.
„Sie wird euch heute eine Sage erzählen… eine Geschichte aus dem Hohen Norden, dort wo eisige Winde wehen, wo Dämonen ihr Unwesen treiben!“ er verfiel in Schweigen, betrachtete die Menge einen kurzen Augenblick und verließ dann die Bühne. Er hatte die Spannung erzeugt, die er erzeugen wollte und nun lag es an Aoide, diese Spannung auszunutzen.
Aoide war an diese Auftritte gewöhnt und sie genoss sie. Zwar kostete sie es im ersten Moment immer wieder einige Überwindung bis sie den mut fand die ersten Töne zu singen, aber dann, dann war es ein Fluss und sie ging völlig in den Klängen der Musik auf, die sie umgab du wob.
„Hefir hon haft langan vanmátt,
ok pat var krom mikil;
fekk hon enga nótt svefn ok var
sem hamstoli vaeri.“ * begann sie zu singen, Ihre Stimme war schwer und traurig. Es war ein Lied dessen Text sie im hohen Norden gelernt hatte. Die Aussprache war nicht einfach, aber jeder der ein musikalisches Gehör hatte konnte die Feinheiten einer Sprache schnell erlenen und für Aoide, war dies nie ein Problem gewesen. Sie war unter dem fahrenden Volk aufgewachsen und neben dem Nubier und den drei germanischen Brüdern, gehörten zu ihrer Familie freie römische Sklaven, ein Grieche, die Tänzerinnen waren aus Ägypten und Albion. Jede dieser Kulturen hatte auf sie einen gewissen Einfluss gehabt und ihre Reisen hatten sie geprägt.
(*sie ist schon lange krank; sie hat die Auszehrung; kann keine Nacht schlafen und war; als hätte sie Verstand und Gestalt verloren. altisländisch, das Lied stammt von Faun und nennt sich Egil Saga)
Publikum ist gerne gesehen! Also kommt näher und lauscht