- Officium XXII

  • Im Officium auf den Schreibtischen stapelten sich nur so die Münzberge. Waren doch die Notarii damit beschäftigt - das Geld - von der ehemaligen Schola Atheniensis zu zählen, um es später bis auf den kleinsten Quadrans beziffern zu können. Ihr Primicerius hatte es geschafft das Vermögen durch den Fiscus also ihnen verwalten zu lassen. Wenn auch die Wachstafel selbst einen kleinen Schönheitsfehler aufwies... 'Procurator a rationibusIunius Silanus'... wäre er wohl gern...


    Varenus stiefelte also durch die Räumlichkeit und beobachtete das ganze Verfahren, besonders, dass niemand sich selbst bereicherte. Als er dann von einem ihm Unbekannten gestört wurde. "Ich bin der den du suchst!", sagte er brummig.

  • >>> Am richtigen Officium angekommen klopfte ich zunächst an. Dann wandte ich mich an meinen prätorianischen Begleiter. "Danke. Von hier an komme ich auch ohne dich zurecht.", bedeutete ich ihm mit einem aufgesetzten Lächeln doch ein bisschen deutlicher, dass er sich nun verziehen konnte. Nach dem obligatorischen "Herein" betrat ich den Raum.


    Kurz blickte ich mich um. Sehr viel hatte sich hier seit meinem letzten Besuch nicht verändert, fand ich. (Und dabei hatte ich natürlich längst vergessen, wie es hier damals ausgesehen hatte!) In einem Wort: Unspektakulär. Das war mein Eindruck von diesem Büro. Und nachdem ich beim letzten Mal (ja, das wusste ich noch!) erst den falschen Caiulus angesprochen hatte, blieb ich jetzt also einfach erstmal still und stumm mitten im Raum stehen. Irgendwem würde ich schon auffallen, dachte ich mir dabei ganz unbedarft - und sei es auch nur meiner äußeren Reize wegen.... (Da waren wir jetzt thematisch also wieder bei den Waffen einer Frau.)

  • Die anwesenden Notari waren damit beschäft die Reise ihres Primicerius vorzubereiten, sodass sie die Praefecta gar nicht bemerkten. Auch ihre Reize konnte an diesem Umstand nichts ändern. Zumal sie ja nicht die einzige hübsche Dame war die hier ein und ausging. Außerdem konnten sie sich ein abschließendes Urteil erst bilden, wenn sie nackt vor ihnen stehen würde. Es gab nämlich so viele Mogelmöglichkeiten sich äußerst Attraktiv zu zeigen. Letztens hatte eine junge Frau ihr Dekolleté mit Schafwolle ausgestopft. Ja, Ja... Frauen... und ihre Waffen...


    Varenus traf zufällig im Officium ein und sah die Hinterseite der Praefecta... doch dabei dachte er sich nichts, war er weiterhin in seiner Ehefrau unsterblich verliebt... zumal das Ding hätte seine Tochter sein können... okay, manchen Männern schien das wohl egal zu sein, nicht aber Varenus...


    Er trat also hinter ihr. "Salve junge Dame, du gehörst definitiv nicht zu meinen Untergebenen.", sagte er freundlich. Erkannt hatte er sie weiterhin nicht, von hinten sah sie eben wie alle Frauen aus, wenn auch manche mehr Kurven aufwiesen, dürres Ding...

  • Offenbar beschäftigte man hier am Kaiserhof hauptsächlich irgendwelche verweiblichten Eunuchen, dass mich hier niemand auch nur eines Blickes würdigte. Denn ganz ehrlich: Ich hatte schon damals in Alexandria ja durchaus auch meine Beobachtungen mit Männern gemacht. Und wenn da ein heißer Feger über einen der Märkte stolzierte, dann drehten sich die Kerle um. Punkt. Und diesen triebgesteuerten Trotteln konnte man dann zehnmal vor Augen führen, dass ihr Objekt der Begierde nur eine ausgestopfte Oberweite zum Beispiel hatte - das interessierte die einfach nicht! (Bei unseren Nachbarn hatte das mal riesig für Krach gesorgt.... Aber das war wieder eine andere Geschichte.)
    Ich stand also einfach nur da, inmitten dieser (durfte man den Ausdruck "eierlos" eigentlich gedanklich sagen?) Eunuchen, und wartete darauf, dass mich einer dieser.. Wesen dann vielleicht doch mal ansprach. Dabei stellte ich mich aus irgendeinem Grund schonmal auf eine sehr helle und hohe Stimme ein. Deshalb erschreckte ich mich dann auch ein bisschen, als mich jemand von hinten.. ja, fast schon anbrummte. "Nein, ganz sicher nicht!", reagierte ich so erschrocken dann etwas gereizt. Und noch während ich mich umdrehte kam mir der Gedanke: Eigentlich logisch, dass mich nur eine richtige Männerstimme angesprochen hatte. Den ganzen Eunuchen hier fiel meine Anwesenheit ja nicht auf!


    Dann erblickte ich diesen Kerl und natürlich sofort auch dessen.. B.a.r.t. - igitt! Mehr als ein verkrampftes Lächeln brachte ich nicht zustande. "Sei gegrüßt. Sergia Fausta, Postpräfektin von Italia.", grüßte ich zurückhaltend und stelle mich vor. (Memo an mich selbst: Mir unbedingt merken, den Kontakt zu diesen Decimus möglichst auf Briefebene zu belassen. Ein scheußlicher Zauselbart!)

  • Zitat

    Original von Titus Decimus Varenus
    Im Officium auf den Schreibtischen stapelten sich nur so die Münzberge. Waren doch die Notarii damit beschäftigt - das Geld - von der ehemaligen Schola Atheniensis zu zählen, um es später bis auf den kleinsten Quadrans beziffern zu können. Ihr Primicerius hatte es geschafft das Vermögen durch den Fiscus also ihnen verwalten zu lassen. Wenn auch die Wachstafel selbst einen kleinen Schönheitsfehler aufwies... 'Procurator a rationibusIunius Silanus'... wäre er wohl gern...


    Varenus stiefelte also durch die Räumlichkeit und beobachtete das ganze Verfahren, besonders, dass niemand sich selbst bereicherte. Als er dann von einem ihm Unbekannten gestört wurde. "Ich bin der den du suchst!", sagte er brummig.


    Mit großen Augen betrachtete Lucius die Reichtümer, die hier verwaltet wurden - wie lange würde es wohl noch dauern, bis er selbst nicht jedes As zweimal umdrehen musste, sondern ebenfalls hübsche, gleichmäßige Münzstapel aus seinem Geld formen zu können?


    Als der alte Mann ihn dann anbrummte, zuckte er ganz zusammen - so sehr wurde er aus den Gedanken gerissen. Dann aber erinnerte er sich recht schnell wieder, was er hier wollte:
    "Lucius Petronius Crispus, Scriba personalis des Quaestor Principis. Ich soll einen Termin zwischen ihm und dir vereinbaren. Ich soll fragen, wann du Zeit hast und ob du lieber in seinem oder in deinem Officium - äh - also wo ihr euch treffen sollt."
    Wenn der junge Petronier einmal ein vergleichbares Amt wie Lepidus haben würde, nahm er sich vor, solche Hilfsadministratoren wie den alten Mann vor sich stets zu sich zu zitieren...

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  • Ein junger Ritter stand also vor ihm. Doch neidisch wurde er nicht. Am Kaiserhof liefen - den Göttern sei dank - die Sanduhren ein wenig anders. Hier konnten kleine Fische, wie es unter anderem Varenus war, zu kleinen Göttern in Tunika werden. Denn der Kaiserhof war die höchste Instanz im ganzen Reich. Alle Fäden wurden hier gesponnen. Unter anderem waren seit dem Prinzipat die Finanzangelegenheiten alleinige hoheitliche Aufgabe des Kaiserhofes. Sodass Varenus, der kein Ritter war, einiges zu melden hatte. In seinem Officium waren schon so einige hohe Persönlichkeiten gewesen. Zusätzlich nahm sich Varenus einfach das, was er wollte. Er galt als der Erbsenzähler schlecht hin. Wahrscheinlich deshalb wollte man ihn nicht ehren, damit er gar nicht auf die Idee kam, sich eine Tätigkeit außerhalb des Kaiserhofs zu suchen.


    Varenus also starrte den jungen Petroinus weiterhin an. Wollte er ihn doch ein wenig zu recht stutzen. Schuld daran war sein Auftraggeber gewesen. Hatte dieser doch Varenus abblitzen lassen. Und da die Petronier Varenus fast gänzlich unbekannt war, konnte er auch keine spätere Strafe erwarten. Glaubte er zumindest.
    "Sag dem Quaestor Principis, dass ich ihn morgen früh aufsuchen werde. Ach ja, dein 'äh' lässt du beim nächsten Mal außerhalb des Palatium. Wir sind hier ja nicht in einer x-beliebigen Curia wie sie zum Beispiel im kleinen Nest Mogontiacum gibt."

  • Sofort bekam der junge Petronier rote Ohren - ihm war gar nicht aufgefallen, dass er wieder einmal ein "äh" in seinen Satz gebaut hatte! Natürlich hatte schon Eumenius ihn in Mogontiacum deshalb regelmäßig getadelt, aber dummerweise ließ es sich nicht recht durch seine Willenskraft kontrollieren - wenn er unsicher war, rutschte es ihm einfach heraus...
    "Jawohl."
    gab er deshalb kleinlaut zurück und rauschte sofort davon. Es schien fast, als würden die Demütigungen in seinem Leben niemals aufhören!

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  • Ja, die Stimme war ihm wohl bekannt, wie auch das dazugehörige Gesicht. Nur der Amtstitel hatte sich seit dem letzten Mal geändert. Sie schaffte es also, sich als Präfektin hochzuarbeiten. Wunderbar... Er war nämlich schon immer davon überzeugt, was auch bekannt war, dass die Geschlechtertrennung eine Nebensache sein sollte. War er doch von Frauen in höheren Positionen positiv überzeugt, wie es eben auch seine Verwandte Seiana tat. "Ah, du bist es. Nochmals salve, Sergia. Setz dich." Auch wenn es über ihr nichts Schlimmes zu sagen gab, würde das Gespräch trotzdem nicht als Smalltalk enden. Alles rein dienstlich, versteht sich. Was interessierte da schon ein Großereignis wie es eine Hochzeit war. "Du bist bestimmt interessiert, um was es geht. Und ich nehme an, dass du bereits eine Idee hast. Es dreht sich ja natürlich immer nur um das eine. Richtig, Sesterzen. Jeder benötigt sie, auch ein Augustus." Er lies zwischenzeitlich sich und seinem Gast etwas Nichtalkoholisches einschenken. "Bei der letzten Kontostandsabfrage, hatte der Cursus Publicus etwa 480 Aurei vorzuweisen. Eine stolze Summe. Wie hoch ist der Stand aktuell?"

  • Ein leichter Hauch von Verwunderung schlich sich in meine Gesichtszüge. Wollte mir dieser (Bart, Bart - ich sah immer nur diesen Bart!) Kanzleibeamte hier etwa irgendetwas zwischen den Zeilen sagen? Irgendwie beschlich mich nämlich das Gefühl; aber ich wusste einfach nicht, was es sein konnte. Oder vielleicht doch? Er hatte sich nicht vorgestellt. "Ich danke dir, Primicerius Decimus.", antwortete ich also, während ich mich setzte, um zu zeigen, dass ich trotzdem sehr wohl wusste, wer hier vor mir stand (oder saß)! Unter diesem Aspekt hatte er wirklich Glück, dass ich seinen komischen Zauselbart noch sehr gut von meinem letzten Besuch hier in Erinnerung hatte.
    Mein Blick richtete sich auf den anderen Kanzleimitarbeiter, der mir etwas zu trinken in einen Becher goss. Derweil erzählte mir der Decimer nur, was ich eh schon wusste: Der Finanzprimicerius hatte mich in meiner Funktion als Postpräfektin von Italia in sein kleines Finanzofficium auf dem Palatin bestellt, weil.. es doch tatsächlich im die Finanzen des Cursus Publicus ging! Ja, vor Überraschung wäre ich beinahe sogar aus meinen hübschen Tretern gekippt.. wenn ich nicht eh schon gesessen hätte. Ich nickte dem Eingießer kurz als Zeichen des Dankes, bevor ich meinen Becher nahm und ihn zum Mund führte. Eh ich redete und redete, wollte ich erstmal einen kleinen Schluck trinken....


    Bäh, was war das denn?! Ich verzog leicht das Gesicht. War der Augustus etwa schon so pleite, dass er sich für seine Beamten und deren Besucher keinen anständigen Wein mehr leisten konnte?! "Mmh, was ist das?", versuchte ich die Situation mit einem anerkennenden Lächeln zu überspielen und hoffte dabei nicht allzu pikiert zu klingen. Dann musste ich an meine Leibsklavin Callisto denken, die mir sowieso seit dem Besuch des Medicus Tag für Tag einreden wollte, dass ich jetzt keinen Wein mehr trinken sollte und dass ich jetzt nicht mehr so doll schuften sollte und dass ich jetzt vor allem weniger Stress in mein Leben lassen sollte. Da hatte ihr der Kerl mit seinem hochtrabenden Medicus-Gebrabbel einen richtigen Floh ins Ohr gesetzt! - Denn natürlich war ich NICHT schwanger! (Erst neulich hatte ich einen Brief aus Alexandria bekommen: Eine meiner besten Freundinnen dort unten war im Kindbett verstorben. Ich durfte jetzt also auch einfach nicht schwanger sein!) Oder sah ich etwa so aus wie eines dieser fetten Flusspferde aus dem Nil mit ihren tonnenschweren Presswurstkörpern? War es das?!?
    Ich stellte den Becher wieder vor mir ab und versuchte auch gedanklich damit wieder zum eigentlichen Inhalt dieses Gesprächs zu finden. "Nicht ganz 500 Aurei.", gab ich dem Decimus knapp zur Antwort auf seine Frage. "Allerdings wirst du mir erlauben, dass ich anmerke, dass aufgrund der aktuellen Personallage unter anderem noch eine Abrechnung meiner Dienstreise durch Italia aussteht." Ich hatte in den Akten nämlich gesehen, dass so einige hohe "Tiere" im Postwesen solche Reisen separat über den Cursus Publicus abgerechnet hatten! "Und bevor du mich falsch verstehst: Ich rede hier vor allem von der Personalie des Prätorianerpräfekten." Bei wem, wenn nicht bei meinem direkten Vorgesetzten sollte ich auch sonst so eine Dienstreise ordentlich abrechnen?! "Man kann also davon ausgehen, dass Kasse des Cursus Publicus seit meinem letzten Besuch hier weder voller noch leerer geworden ist.", rechnete ich vor und lächelte unbeeindruckt. So einfach machte ich es diesem gierigen Finanzhai nämlich ganz sicher nicht!

  • Angeblich machte das viele Wasser trinken nicht nur eine schöne Haut, sondern auch mega schlank. Nicht dass es Varenus in seinem Alter nötig hätte, doch vielleicht sein Gast. Außerdem hielt die Notarii das viele Wein trinken von ihrer eigentlichen Arbeit ab, benahmen sie sich doch manchmal wie Schweine am Trog.


    Im Gegensatz zu der Sergia, verzog Varenus keine einzige Mimik. Denn wenn es um Finanzen ging, da kannte er kein Padon und es schien ja so, als hätte die Dame überhaupt gar kein Interesse daran, sich von ihrem Geld zu verabschieden. Aber Moment einmal. "Auch wenn der Cursus Publicus dem Prätorianern untersteht, so unterstehen alle öffentlichen Kassen am Ende dem Fiscus." Er deutete auf sich. "Also mir." Komisch, hatte sie das überhaupt angezweifelt, egal... "Nur so als Randbemerkung." Dann griff er zu einer Wachstafel und tippte anschließend mit dem Schreibgeräte auf dieser auf und ab. "Die Dienstreise wird wohl kaum die ganze Kasse plündern. Wie viel? zwei Aurei? Wären immer noch 498 Aurei vorhanden... oder?"


    Er schenkte sich noch einen Becher ein und nahm die Kanne an sich. "Möchtest du auch. Meine Frau meint, dass sie davon ihre schöne Haut behält." Dabei sah er sie gezielt an, besonders den Unterteil, genaugenommen die Oberschenkel. Wirkten schon ein wenig üppig. "Butter bei die Fische. Auch wenn die Einnahmen beim Cursus Publicus stagnieren, so wird der Fiscus 100 Aurei anfordern." Musste unter anderem das immer teuer werdende Glückspiel bezahlbar bleiben. Es konnte ja niemand damit rechnen, da es tatsächlich jemand schaffte, gleich zweimal den Jackpot zu knacken.

  • Hatte ich bezweifelt, dass die Kasse des Cursus Publicus dem Kaiser unterstand? Eigentlich doch nicht. "Du meinst deinem Vorgesetzten, dem Procurator a rationibus.", musste ich ihm bei seiner egozentrischen Darstellung dennoch einfach in die Parade fahren. Diese Steilvorlage, die er mit seiner "Randbemerkung" geliefert hatte, die konnte ich einfach nicht ungenutzt lassen. Und auch, dass er mir nur 200 Sesterzen für meine Dienstreise berechnen wollte, musste ich natürlich kommentieren: "Wohl eher etwas in die Richtung von 20 Aurei.", ließ ich ihn unbeeindruckt wissen. "Aber wie gesagt kläre ich das, sobald es wieder einen Prätorianerpräfekten gibt, der mir direkt vorgesetzt ist." Das war kein Gegenstand dieses Gesprächs hier. (Oder?)


    Das Angebot noch mehr Wasser (Wasser!) zu bekommen, ignorierte ich einfach. Denn vermutlich wäre ich eh nur ausfallend geworden: Klar, machte Wasser eine schöne Haut.. .. ..wenn man sich damit wusch! Aber Wasser so pur zu trinken..? Nein, das ging echt gar nicht! (Auch wenn ich genau diese Geschichte später noch selbst mal als Ausrede missbrauchen würde.) Stattdessen kam ich also gleich auf die Ankündigung des Decimus zu sprechen: "Du willst also die Rücklagen des Cursus Publicus mit 100 Aurei belasten? Die Rücklagen, mit denen das gesamte Postwesen in Italia und allen 41 Provinzen auskommen muss?" Das waren natürlich nur rhetorische Fragen - genauso wie die folgende: "Dir ist klar, dass du hier über 20 Prozent dieser Rücklagen forderst, oder?" Als gut vorbereitete Postpräfektin hatte ich aber auch noch ein paar andere Zahlen im Kopf parat: "Mit den 480 Aurei in der Kasse hat jede Provinz eine durchschnittliche Rücklage von gut 11,4 Aurei.. also 1140 Sesterzen. Nimmst du jetzt 100 Aurei weg, dann.." Mist, so schnell konnte ich nicht rechnen! "Auf jeden Fall würden die durchschnittlichen Rücklagen je Provinz mit Sicherheit auf unter 1000 Sesterzen absinken!" Und das war ja wohl ein schlechter Scherz. "Es tut mir Leid, aber mit einer solchen Politik gefährdet die kaiserliche Kanzlei in erheblichem Maße die reibungslose Versandtätigkeit des Cursus Publicus.", fasste ich zusammen.
    Und überhaupt: "Weshalb ist der Fiscus eigentlich gerade jetzt auf die Gelder des Cursus Publicus angewiesen? In den letzten Jahren.. was erzähle ich.. in den letzten Jahrzehnten war das doch auch nie notwendig.", beschwerte ich mich und stand damit ausnahmsweise mal auf der Seite der Traditionen, der Sitten der Vorväter und so weiter.


    Aber für einen kleinen Moment nochmal zurück zu meiner Dienstreiseabrechnung und dem kleinen gedanklichen "Oder?": Ich konnte mir natürlich schon vorstellen, dass ich ganz bereitwillig und ohne großen Widerstand, nervige Beschwerden und elendiges Tamtam dem Fiscus 100 oder vielleicht sogar ganze 120 Aurei geben würde. Denn vielleicht fand dieser Finanzprimicerius hier ja auch, dass ich für meinen ganzen Aufwand und die ganzen Anstrengungen meiner Reise nicht nur 20 sondern eventuell 25 Aurei Aufwandsentschädigung verdient hätte! Das würde das Konto der Post zwar nochmal etwas mehr belasten, aber was interessierte mich ein leeres Konto der Post, wenn sich dafür mein eigener Geldbeutel füllte?! - Doch das waren natürlich alles nur Gedanken, die ich NIE so einfach laut aussprechen würde....

  • Nachdem Varenus seinen Termin mit dem Quaestor verpasst hatte, war Lucius losgeschickt worden, um noch einmal nach dem Primicerius zu suchen. Diesmal wusste er auch sofort, wo er den Alten suchen musste und blieb direkt in der Tür stehen. Schon auf dem Weg hatte er sich eingeredet, dass er sich auf keinen Fall wieder selbst bloßstellte, indem er ein "äh" in seine Sätze einbaute. Schon Eumenius hatte ihn deshalb immer wieder ermahnt: "Erst denken, dann Satz zurecht legen, dann sprechen!" - wenn es nur immer so einfach wäre!


    Eigentlich komisch, dass der Decimer ihn so nervös machte - im Gegensatz zu Eumenius hatte der Alte ihm überhaupt nichts zu sagen und war ein kleiner Beamter, der niemanden wirklich interessierte! Wahrscheinlich würde der Typ hier ewig Zahlenkolonnen hin- und herschieben, wenn Lucius selbst schon bis zum Prätorianerpräfekt aufgestiegen war!

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  • Der Greis Plennius als Vorgesetzter? Das war er doch nur auf dem Papyrus. Der unterschrieb doch alles was man ihm vorlag blind. Der war doch nur weiterhin in Amt, weil sich niemand so recht traute ihn abzusägen. Weil man annahm, das Imperium würde dadurch einen der größten Finanzgenies verlieren. Dazu gab es nur eines zu sagen ... *hust* ... "Wenn du meinst, Sergia. Nur wird eines Tages jemand den Procurator beerben. Und rate mal wer das sein wird, genau, ich...". Er legte die Wachstafel wieder beiseite und richtete sich ein wenig auf. Der Rücken war nicht mehr der beste gewesen. Trotzdem war der Schmerz im Vergleich zu der Inhaftierungszeit nur ein winziger gewesen. "Auch 20 Aurei sind nicht der Rede wert. Von mir aus kannst du auch gleich 50 Aurei beanstanden. Der Cursus Publicus sitzt seit vielen Jahren auf sein Vermögen herum. Warum sollte der Fiscus nicht mit dem Geld arbeiten, zumal es sowieso sein Geld ist? Die Argumentation, dass der Cursus Publicus in den Provinzen kaum Rücklagen vorzuweisen hat, nun ja, es ist nicht seine Aufgabe Reingewinn zu erwirtschaften und vor allem nicht dieses zu horten. Nehmen wir mal an, was ich jedoch nicht glaube, dass der Cursus Publicus Geld benötigte, dann bekommt er das benötigte Geld vom Fiscus. Bisher musste keine öffentliche Kasse bis aufs Bodenlose bluten. Doch die Folgen des Bürgerkrieges fordern ihr Tribut. Weiter möchte der Palatium nicht auf die Vergünstigen wie das staatliche Glücksspiel verzichten. Du weißt, dass das Volk mit solchen Dingen leicht zu besänftigen ist." Gut dass er sich vorab ausreichend informiert hatte. "Du selbst nimmst am Glücksspiel teil und hoffst auf den großen Gewinn oder?" Er schaute nach rechts, dann nach links, dann wieder nach rechts. "Die eine Hand wäscht die andere. Ich behalte mein Glücksspiel und du kannst auf einen Gewinn hoffen." Das Glücksspiel zu verlieren war nicht auf seine Agenda. Ganz im Gegenteil, er wollte es weiter ausbauen.

  • Varenus war gut aufgelegt. Hatte er es doch glatt geschafft seinen Procurator zu überlisten. Wenn es auch eher an der Altersschwäche dessen lag.


    Anscheinend gefiel es dem Jungen bei den Erbsenzählern, so oft wie er sich in letzter Zeit in der Abteilung des a rationibus herum trieb. Es waren genug Notarii Stellen frei und Chancen hätte der junge Petronius allemal. Wäre nur nicht sein.... "Ah, der 'äh-Sager'.", scherzte er. "Komm doch rein, Petronius. Und keine Angst. Zausel Bärte sollten dir ja recht bekannt sein." Waren ja in Germania nichts ungewöhnliches gewesen. "Schickt dich der Questor?"

  • Lucius fand den Scherz des Primicerius leider gar nicht witzig - vielmehr fühlte er sich fast ein bisschen aus dem Konzept gebracht und musste sich auf die Lippe beißen, um seine Antwort nicht sofort mit einem "Äh" zu beginnen. Sicherheitshalber näherte er sich auch nicht zu sehr, sondern meinte vor der Tür aus:
    "Der Quaestor erwartet dich immer noch. Du wolltest heute Morgen zu ihm ins Officium kommen."

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  • Dieser Zauselbart schien eine hohe Meinung von sich zu haben, wenn er jetzt als einfacher Primicerius (seiner Kleidung nach war er noch kein Ritter) bereits seine Zukunft auf einem der höchsten Verwaltungsposten des Imperiums plante. Und überhaupt: Wer wüsste schon, ob der Kerl überhaupt noch so lang lebte? Wenn er heute so schätzungsweise zwischen 55 und 60 Jahre alt war, dann läge seine Lebenserwartung vielleicht so bei knapp 70 Jahren. Er hatte also noch zehn bis 15 Jahre, in denen er erstmal zum Ritter erhoben und die ersten Stufen einer ritterlichen Karriere bekleiden müsste, bevor er diesen Plennius beerben könnte. Und ob er mit etwa 65 Jahren überhaupt noch körperlich in der Lage wäre, einen so anspruchsvollen Job zu tun, stand ja noch auf einem ganz anderen Wachstäfelchen. Hieß summa summarum: Ich bewunderte ihn für seinen Optimismus; sah das selbst aber eher kritisch.


    Doch bevor mir noch ein Kommentar dazu über die Lippen gekommen wäre, lenkte eine andere Aussage meine ganze Aufmerksamkeit auf sich: Da meinte dieser Decimus doch scheinbar wirklich, dass man mich einfach so bestechen konnte! Was für eine dreiste Frechheit! Was für eine unverschämte Unterstellung! Was für.. ein unglaublicher Glücksfall! Ich beugte mich nach vorne verschwörerisch zum Finanzprimicerius (nicht um ihn in meinen Ausschnitt sehen zu lassen, auch wenn er da jetzt so ziemlich freie Bahn hatte; sondern um keine unnötigen Mithörer zu haben). "Mir gefällt, wie du denkst, Decimus! Vielleicht verbleiben wir dann so, dass ich dir in den nächsten Tagen einen verlässlichen Boten mit den geforderten einhundert Goldmünzen und meiner.. nun.. etwas ausführlicheren Reisekostenabrechnung vorbeischicke. Du bekommst das Säckel Münzen und bestätigst mir einen außerordentlichen Reisekostenaufwand von sagen wir.. etwa 25 Aurei." Es sollte ja schon noch glaubhaft sein, damit weder mir noch dem Finanzdecimus später irgendwer etwas anhängen könnte. "Damit behälst du dein Glücksspiel und ich spare mir eine spätere Diskussion meiner Reisekosten mit dem nächsten Prätorianerpräfekten." Klar hätte ich jetzt gierig auch noch eine einmalige Manipulation des Glücksspiels fordern können. Aber wenn ich die anderen Glücksspieler so betrog, dann erwog der Decimus vielleicht beim nächsten Mal gegenüber einem anderen auch, dass der alle anderen (darunter auch mich!) betrügen konnte. Kurzum: Wenn ich etwas gewann, dann wollte ich auch echt (und nicht abgesprochen) etwas gewinnen. Nur dann konnte ich mich ja auch echt über einen Gewinn freuen. Und darum gings ja irgendwie beim Glücksspiel, nicht? "Einverstanden?"

  • Diese Frau konnte wohl nicht anders, krankhaft, als sich nur auf ihre weiblichen Gegebenheiten zurückzulehnen. Oder wie sollte man die Aktion interpretieren? Wie bei einer Kuh, die davor stand gemolken zu werden. Ein tiefer Einblick eben. Sie hatte Glück, vielleicht auch nicht, immerhin hätte es auch als Einladung gedeutet werden. Dass zum Beispiel ihr Ehemann nicht ausreichte, sie auf alte, vor allem, bärtiger Männer stand. Doch Varenus war weiterhin nicht interessiert. Man konnte es immer wiederholen. Er liebt seine Ehefrau!


    "Diese Denkweise lernte mich Roma.", sagte er ebenfalls leise zu ihr. Er hätte nämlich nie angenommen, dass sich sein Verhalten den Gepflogenheiten der Stadt der Intrige des Imperiums, wenn nicht sogar überhaupt, anpasste. Es machte einfach einen schlechten Menschen aus ihm.... öhm ja... "Nurweil du es bist, Sergia. Denn eigentlich möchte ich nicht, dass irgendwelche Rückschlüsse gezogen werden können. Im Gegensatz zu meinem Anliegen ist dein Anliegen heikler. Die Sesterzen fließen in deine Hand. Meine 100 Goldmünzen fließen der Staatskasse zu. Ich könnte so oder so die Sesterzen einfordern. Wenn nicht du, dann eben beim nächsten Praefectus.


    Doch wir können uns gegenseitig helfen, unsere Ziele zu erreichen. Nur eine kleine Sache steht zwischen meiner Ernennung zum Ritter." Die sich mittlerweile erfolgreich erledigt hatte. "Und du, nun ja, du wirst nicht immer Praefecta bleiben oder? Informationen sagen mir, dass du ebenfalls die ritterliche Laufbahn anstrebst.


    Also lass uns diesen Pakt besiegeln." Er streckte ihr die Hand entgegen.

  • Oh, stimmt. Er hatte tatsächlich den Termin versäumt. Passierte ihm bisher nie. Sagte wohl alles aus, was er von diesem Termin hielt.
    "Hatte ich? Passiert! Die Geschäfte hier in der kaiserlichen Finanzabteilung sind äußerst wichtig. Es müssen Prioritäten gesetzt werden. Und da ich ein Termin mit dem Queastor anberaumt habe und nicht er. Wird er damit leben müssen, warten zu müssen. Ist ja nicht so, als könnte er nicht ohne mich arbeiten oder? Die Hierarchie sollte auch dir, Petronius, bekannt sein." Der Quaestor musste tatsächlich verzweifelt sein, dass er gar jemanden betteln schickte. "Lass uns zu ihm gehen."


    Varenus wartete bis auch der junge Petronius den Raum verließ.

  • Da musste ich den Decimus offenbar noch ein bisschen beruhigen: "Ach, wer soll da irgendwelche Rückschlüsse ziehen? Ich muss meine Reise eh irgendwann abrechnen. Und entweder ich warte darauf, dass dem Kaiser sein eigener Schutz vielleicht so in fünf bis zehn Jahren dann vielleicht doch mal so wichtig ist, dass er sich entschließt einen Prätorianerpräfekten zu ernennen, bei dem ich meine Abrechnung dann einreichen kann. Oder aber ich warte nicht mehr so lange und wende mich in dieser Angelegenheit einfach an die hohe Finanzabteilung der kaiserlichen Kanzlei." Denn ohne Praefectus Praetorio war ja eigentlich der Kaiser mein unmittelbarer Vorgesetzter. Und der Kaiser ließ sich für gewöhnlich durch wen vertreten? Durch seine Kanzlei. Also musste ein finanzielles Anliegen zur Zeit wohin? Zum Primicerius Decimus. Das entsprach, soweit ich wusste, genau dem Dienstweg. Und wenn mir auf diesem Dienstweg dann eine leicht überhöhte Reisekostenabrechnung abgenommen wurde, dann konnte da eigentlich niemand später etwas machen - abgesehen davon, dass die Sache ja eh recht schnell wieder verjährte.
    Aber offenbar hatte der Decimer jetzt Lunte gerochen. Er wollte aus unserem kleinen Geschäft einen handfesten Pakt machen, ein Bündnis zum gegenseitigen Nutzen, eine Zweckfreundschaft. Mit den Worten "Besiegeln wir also diesen Pakt." ergriff ich seine Hand und nahm dieses einmalige Angebot natürlich an. Denn seinem Zauselbart zum Trotz war der Finanzprimicerius mir jetzt bereits zum dritten Mal nach der Sache mit der Classis-Wertkarte und meiner Grundstücksurkunde von Nutzen. Und gegenüber meinem Patron konnte es sicherlich auch nicht schaden, wenn ich mich noch mit anderen seiner Verwandten gut stellte. Und weitere Kontakte auf den Palatin waren sowieso nie verkehrt.


    Tja, damit war das dann wohl geklärt. "Ich werde also in den nächsten Tagen den Boten schicken. Und wann immer du einen Gefallen von mir benötigst, weißt du sicher, wo du mich erreichen kannst." Nämlich in der Casa Iulia. "Genauso wie ich weiß, wo ich dich erreichen kann." Ich nahm mal stark an, in der Casa Decima Mercator. Mit einem unerwartet zufriedenen Lächeln (das war hier bisher wirklich besser gelaufen, als ich das hätte erwarten können) sah ich nun also dem Ende dieses Gesprächs entgegen.


    Sim-Off:

    Wenn du nichts dagegen hast, dann würde ich hier gleich im Anschluss mit dem Boten weitermachen - ohne nochmal den langen Weg über die Palastwache auf mich zu nehmen. :)

  • Fehlte nur noch das gemeinsame böse Lachen, als die beiden den Pakt mit einem Handschlag besiegelten. "Der Palma ist leicht zu manipulieren. Die Zeit in Syria hat ihn bis aufs letzte römische Tropfen Blut austrocknen lassen. Komischer Kautz. Der Kaiserhof kann ohne große Mühe sein eigenen Willen durchsetzen. Das war unter dem Dicken anders." Palma war nach Varenus empfinden ein ruhiger Machthaber gewesen, der sich von jeden beraten lies und selbst kaum zum Appell fähig war.


    Ein Ziel von Varenus war es unter anderem, den Fiscus weiter zu stärken. Das was Augustus anfing, also die Entmachtung des Aerarium zu Gunsten des Fiscus. "Schick deinen Boten. Und vergiss niemals den Pakt, Sergia."


    Das Gespräch war tatsächlich zu Neige gegangen, sodass sich Varenus bei Fausta verabschiedete und anschließend als sie fort war, sich in die Hände rieb.


    Sim-Off:

    Kein Problem. =)

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