Ich nickte.
"Ja Legatus, ich werde mich darum kümmern: Das Angebot werde ich in die Acta setzen." antwortete ich ihm.
Ich nickte.
"Ja Legatus, ich werde mich darum kümmern: Das Angebot werde ich in die Acta setzen." antwortete ich ihm.
Nachdem man zunächst das Ganze hatte ein wenig schluren lassen, irgendwie hatte sich keiner der Priester so recht verantwortlich gefühlt, war in den letzten Tagen ein Ruck durch die alte Priesterschaft gegangen und man hatte beschlossen, wenn die Diebe denn noch nicht gefasst hatten werden können, dass wenigstens der Gott, so er, wie wahrscheinlich, erzürnt war, zu besänftigen war, oder es zumindest zu versuchen war.
So bereitete man alles für ein Opfer vor, welches des Mars nicht nur würdig war, sondern Alles überschreiten sollte, was je in diesen heiligen Hallen da gewesen war. So pathetisch jedenfalls hatte es einer der ältesten Priester ausgedrückt.
Dieses bohrende Gefühl, das mich nicht los ließ, trieb mich nun in den Tempel des Mars, wo die frevelhafte Tat geschehen war. Langsam näherte ich mich dem Standbild des Gottes und kniete nieder. Aus meiner Tasche holte ich einen kleineren Brotlaib und eine Karaffe Wein, den ich in die kleine Schale zu Füßen der Statue goss. Schließlich verstaute ich die Karaffe wieder in der Tasche und widmete mich dem Zwiegespräch.
"Mars, ich beschwöre Dich. Der Frevel, der in diesen Hallen stattgefunden hat, soll nicht ungesühnt bleiben. Doch weder kenne ich die Täter noch die Antwort auf die Frage, die so lange in meinem Kopf spukt: wo waren die zuständigen Priester? Wo der Pontifex? Ich werde es zumindest erforschen!", murmelte ich.
Schließlich stand ich auf und blickte mich im Tempel um. Kein Mensch weit und breit.
"Ist hier ein Priester?", rief ich in die Leere.
| Priester
"Du brauchst nicht schreien!"
antworte er und löste sich aus dem Schatten des Raumes.
"Und entschuldige, dass mein Kommen ungehört blieb, doch ich wollte nachsehen, wer den Tempel betreten hat. Wir wurden erst neulich bestohlen, und ich wollte nicht, dass wieder..."
Er sprach den Satz nicht zu Ende, sondern nickte demütig.
"Du hast viele Fragen an Mars. Nicht wahr?
Wir haben alle viele Fragen an Mars.
Nicht immer antwortet er."
Ich beugte leicht mein Haupt vor dem greisen Priester.
"Ich verstehe schon.", sagte ich nickend.
Seine Angst war zwar hier unberechtigt, aber allgemein immer ratsam. Schließlich waren hier im Tempel noch andere Gegenstände, die wertvoll genug waren, um weitere Diebe anzulocken.
"Ja, meine Fragen sind mannigfach. Aber vielleicht kannst Du ja schon einige davon beantworten. Wenn ich mir die Frage erlauben darf... nach dieser Tat, warum hat es vergleichsweise lange gedauert, bis Maßnahmen in die Wege geleitet wurden?"
Ich versuchte meine Worte mit Bedacht zu wählen, damit er mich nicht für respektlos hielt. Sicher gab es triftige Gründe dafür und er war nicht schuldig daran.
| Priester
"Von welchen Maßnahmen redest Du?"
fragte er den Fremden, den er zuvor noch nie im Tempel gesehen hatte. Zu den fleißigen Tempelgängern und gläubigen Römern konnte dieser nicht gehören. Aber er musste vorsichtig sein mit einem Urteil, denn allzu oft urteilte man zu schnell und die Dinge verhielten sich hinterher anders, als man dachte...
"Nun ja, Mars muss doch besänftigt werden. Ich habe gehört ihm zu Ehren sollen große Opferungen stattfinden. Das sind aber Dinge, die erst vor kurzer Zeit geschehen sind oder noch geschehen werden. Bitte denke nicht, dass ich respektlos klingen möchte, das ganz sicher nicht. Ich stehe hier in großer Demut vor dir. Aber ich finde es verwunderlich, dass auch allgemein der Betrieb hier träge geworden ist."
| Priester
Der Fremde schien nicht sehr demütig.
"Bist Du in den Tempel gekommen um mir das zu sagen?"
Er sah ihn eindringlich an und rührte sich keinen Zentimeter von der Stelle. Die Ruhe in dem Raum nahm sakrale Ausßmaße an. Wären andere Besucher des Tempels zugegen gewesen, sie hättten unweigerlich in die Richtung der beiden Männer gesehen und ihre Blicke in den Fremden gebohrt. Was würde er antworten?
Ich sah ihn entschuldigend an.
"Nein, absolut nicht. Es war nicht meine Absicht, dich beleidigen zu wollen oder dergleichen. Im Prinzip wollte ich auch nur helfen, Licht hinter diesen Fall zu bringen.
Haben diese Frevler vielleicht Spuren hinterlassen?", sagte ich demütig lächelnd und versuchte das Gespräch auf eine andere Bahn zu lenken.
| Priester
Er winkte sanft ab. Menschen konnten Fehler machen.
"Licht ist in der Tat manchmal das richtige Mittel. Mehr als Spuren der Gewalt kann ich Dir jedoch nicht bieten. Wie Du selber siehst, haben sie alles mitgenommen und nichts zurückgelassen."
Er ging einen Moment in sich.
"Du solltest die gestohlenen Schätze suchen, nicht die Täter.
Dann wirst Du die Schuldigen finden."
Überrascht über diesen lichten Moment und seine Worte hielt er den Bruchteil einer Sekunde inne und fand, dass es sich weise angehört hatte, was er gesagte hatte. Wie zur Bestätigung nickte er.
Wieso kann ich mir dabei einfach kein Grinsen verkneifen?
Ich sah ihn dankbar an. Seine Worte machten Sinn. Aber wo beim Barte des Iuppiter sollte ich die Suche beginnen? Vielleicht wanderten die Gegenstände bereits auf dem Schwarzmarkt hin und her.
"Ich danke Dir. Hast Du vielleicht noch einen anderen Rat für mich?"
| Priester
"Ich bin nicht das Orakel von Delphi. Tut mir leid."
antwortete er sanft lächelnd.
"Doch ich bin mir sicher, dass sich für Deine Probleme eine Lösung finden wird, so Du Dich ihnen stellst."
Mit diesen Worten verabschiedete er sich von dem fremden Besucher und verließ den Raum ebenso leise wie er ihn vorhin betreten hatte.
Ich nickte dankend und sah ihm nach. Merkwürdiger Mann, aber so waren sie scheinbar alle im Götterkult. Ich machte mir eher Gedanken darüber, wie ich jetzt weiter vorgehen sollte. Wenn das alles ein geplanter Diebstahl gewesen war, und dem schien so, musste das Ganze den Zweck gehabt haben, die Gegenstände auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen...oder es gab jemanden, der daran interessiert war, diese sakralen Gegenstände in seinen Besitz zu bringen. Nahm sich da jemand ein Beispiel am Halunken Verres? Grübelnd trat ich aus dem Tempel und machte mich auf zum Markt.
| Priester
Am Tage des Opfers ging der zuständige Priester durch den Tempel und wirkte nachdenklich. Ausser ihm hatte sich keiner zuständig gefühlt. Sicher, sie alle wollten opfern, doch tun, tun wollte es keiner. Und nun stand er hier und dachte nach.
Die halbe Stadt würde nachher da sein, hatte der Duumvir verheißen und auch der Legatus Augusti Pro Praetore hatte sein Kommen zugesagt - und das seiner Familie. Das Opfer würde daher vor dem Tempel stattfinden, im Freien. Er hatte soweit an die Tempeldiener alle Anweisungen gegeben, und die hatten die notwendigen Besorgungen getan.
Dummerweise tröpfelte es schon den ganzen Morgen und der Priester war mehr als skeptisch, dass das Wetter heute noch einmal besser werden würde. Er würde also alle Tricks und Hilfsmittel anwenden müssen, damit das Feuer das Opfer überhaupt verbrannt. Oder er hatte Glück und es tat sich ein Wolkenfenster auf - zur rechten Zeit.
"Großer Mars..."
sprach er mit sich selbst und brach dann ab. Erst einmal würde er hier im Tempel noch ein kleines Opfer bringen, bevor er dann gegen später das große Opfer im Hof der Tempelanlage durchführen würde.
Der Tempeldiener betrat mit schnellem und forschem Schritt den Tempel und hielt direkt auf den genannten Diener des Mars zu. Dann jedoch stoppte er und welchselte beschämt in einen gemächlichen Schritt. Wie oft hatte ihm der alte Mann schon gesagt, dass man im Tempel des Mars nicht rannte! Wie oft hatte er ihm schon gesagt, dass man im Tempel des Mars nicht schrie! 'Mars ist ein Gott!' hatte er immer gesagt, 'und Götter verlangen nach Respekt!'. 'Man rennt nicht im Tempel, man lässt sich Zeit!' 'Mann schreit nicht im Tempel, man geht in sich!' Und der alte Priester hatte sicher Recht.
"Priester, wir haben alle Einkäufe erledigt. Alles steht bereit!
Sollen wir mit den Vorbereitungen vor dem Tempel beginnen?
Und wie wird das mit dem Wetter? Opfern wir auch im Regen?"
| Priester
Wie der junge Tempeldiener in den Tempel gerannt kam, wollte der Priester erst etwas sagen, ließ es dann aber doch, als er merkte, dass der Mann von alleine das Tempo zügelte und - von seinem mahnenden Blick erreicht - eine demütige, entschuldigende Körperhaltung einnahm.
"Wir opfern. Die Wolken werden sich verziehen.
Du kannst also alles vorbereiten!"
Er nickte ihm aufmunternd zu und gab ihm dann mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er bleiben solle. Der Diener verstand. Als er jedoch etwas sagen wollte, legte der Priester seinen Finger auf die Lippen.
"Pssst!"
Mit geübten Handgriffen legte er die Dufthölzer in die Räucherschale.
Der Tempeldiener wippte unruhig auf der Stelle hin und her. Eigentlich wollte er was sagen, traute sich jedoch nicht den Mund zu öffnen, jetzt wo sich der Priester abgewandt hatte und ihm den Rücken zeigte. Das Räucherwerk stieg auf und ein holziger Duft verbreitete sich in dem kleinen Raum. Der Tempeldiener indess konnte sich immer noch nicht konzentrieren und hob zaghaft den Arm. Konnte er? Sollte er? Schließlich hielt er es nicht mehr aus.
"Ich bin gleich wieder da..."
sprach er, wandte sich um und sprintete so schnell er konnte aus dem Tempel, hatte er doch in seiner Tolpatschigkeit vergessen, den Stier festzubinden, den er extra für das Opfer besorgt hatte. Vermutlich hatte dieser sich schon losgerissen und machte den Vorplatz des Tempels unsicher ...
| Priester
Der Priester seufzte nun auf, drehte sich aber nicht um, sondern vollzog das kleine Opfer weiter, welches er angefangen hatte. Das Ladanum und Aloeholz gab einen angenehmen Geruch und der Priester breitete seine Hände aus um Mars für das anstehende große Opfer im Laufe des Tages herbei zu bitten.
"Sohn der Iuno! Ich bitte Dich, erhöre mein Gebet!
Zürne dieser Stadt nicht mehr!"
Er nahm die Hände herunter und griff nun nach den Keksen und legte diese sorgsam und voller Innbrunst vor der Stelle ab, wo vormals die Statue gestanden hatte. Etwas verlegen blickte er auf die freie Fläche.
"Nimm diese Kekse, oh Mars, als Zeichen meiner Demut!"
Dann griff er nach dem Wein. Er hatte exta einen teuren Tropfen besorgt, keinen Landwein, wie gewöhnlich, sondern einen von den Hängen aus Campanien.
"Nimm diesen Wein, oh Mars, als Zeichen meiner Demut!"
Wieder hob er die Arme und dachte sich, dass Mars es sicher verstehen würde, wenn hier noch keine Statue stand. Immerhin wollte man nicht irgendeine hinstellen und bis der entsprechende Bildhauer eine angemessene Statue gehauen, oder der Gießer eine gegossen hatte, konnte es dauern. Wenn man die vorherige nicht vorher fand...
Immerhin, jetzt tat sich hier auch mal was. Kekse und Wein, naja, der Anfang war schon mal nicht falsch. Kritisch betrachtete Mars sein Schwert, dass er so gerne schwang, wenn ein Priester irgendwo Rache forderte und hoffte, dass er auch diesmal Gelegenheit dazu hätte. Immerhin schien auch schon jemand auf die Idee gekommen zu sein, dass es nicht falsch sein könnte, nach dem Täter zu suchen. Als wenn es nichts naheliegenderes gegeben hätte...
Einige Zeit später, es war etwa eine halbe Stunde vor dem Termin, welcher für die Opferzeremonie vereinbart worden war, traf Meridius mit seiner Gattin, seinem Sohn, einigen Regiabeamten und Offizieren auf dem Tempelgelände ein, um an dem Opfer teilzunehmen. Er sah es nicht nur als seine Pflicht an, sondern tat dies auch aus innerer Überzeugung, wohlwissend, dass dies das erste Opfer sein würde, welches er gemeinsam mit seiner ganzen Familie als Statthalter erleben würde.
"Hast Du alles?"
fragte er seine Frau und diese nickte. Meridius blickte zu seinem Sohn und gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass er in ihrer Nähe bleiben sollte.
"Der Priester müsste jeden Moment hier erscheinen."
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