• Mit seinem kühlem, nichts desdo trotz jedoch einen distanzierten Charme und vor allem Höflichkeit, ja guten Willen, ausdrückendem Blick nickte er dankbar als Quintilia seine Entschuldigung versöhnlich annahm und ihn in das Tablinum lotzte, gemeinsam mit den zwei Mädchen betraten sie so den Raum.
    "Gerne erzähle ich etwas." Dabei wandelte sich sein Gesicht, auf dem neutralem Untergrund der Kühlen Visage kam nun etwas anderes, natürlicheres, ja fast "leidenschaftliches" zum Vorschein. Es waren die Lippenbewegungen, Maskeraden eines Mannes der mit Wort und Geste Welten öffnen konnte, der wahre Kern des jungen Quintilius. Hier offenbarte sich Talent, Talent für Worte und Geschichten, die Fantasie über das Wort in die Wirklichkeit zu bannen, etwas das Valentina bereits als kleines Mädchen von Cinna kennengelernt hatte.
    Er legte sich ebenfalls auf eine Liege, nickte kurz dankend als ihm ein Becher hingestellt wurde. Er merkte sofort das es offenbar, momentan, keine Sklaven gab aber ansprechen würde Caius das jetzt nicht, nun war es Zeit für Geschichten.
    "Ich muss ehrlich zugeben, ich bin in diese Stadt nicht bloß gekommen um sie zu sehen. Diese wunder unserer Kultur, das schlagende Herz des tapferen römischen Körpers, die goldene Krone des Imperiums. Auch wen mir also die Schönheit der Metropole noch nicht genug war so seit es auch nicht nur ihr. Meine Verwandten, die Neugierde auf dich die ich lange nicht mehr sah, oder gar neue verwandte wie ich sie unverhofft getroffen." Er lächelte erst zu Valentina dann zu Sila und Pina. "Nein trotz dieser lockenden Beweggründe hier her zu kommen so zog mich Rom doch aus einem anderen Grund her. Ich habe vor, gleichsam in demütigem Willen dem Götter erwähltem Rom zu dienen wie Mir selbst und unserer Familie in unsere Römische Verwaltung ein zu treten." So endte er seine aussage, die lebhaften Gesichtszüge, all seine ausführend auf innigste lebhaft verstärkend, wurden wieder kühl und neutraler, wen auch das höfliche, seichte lächeln blieb. Kurz schaute er in die Runde ehe er dann einen Schluck aus seinem Becher nahm.

  • Pina staunte nur. Schweigend und nachdenklich folgte sie den dreien. Sie vergaß mal wieder, im Gegensatz zu ihrer Schwester, hilfreich zur Hand zu gehen. Was sie nicht vergaß war nach einem Becher Wein zu greifen um dann aber wieder ganz ihre Aufmerksamkeit auf den Großneffen zu richten. So wirklich schlau wurde sie aus ihm aber nicht. War er nun oder war er nicht, so unterkühlt wie sie und offensichtlich auch Sila von ihm dachte. Enttäuscht musste sie dann auch noch hören, der wollte Schreiberling werden und nicht zum Militär. Das soeben gehörte verarbeitend nahm sie einen großen Schluck aus ihrem Weinbecher. Magisch wurde sie von Silas strafenden Blick angezogen. Zuerst wollte sie schuldbewusst die Augen senken, doch dann reckte sie lieber den Kopf hoch und blickte mit einem verschmitzten Lächeln auf ihren Lippen in eine andere Richtung.

  • Unberührt hielt Valentina ihren Becher in der Hand und erwischte sich dabei, wie sie Cinna schon wieder verträumt ansah. Nicht etwa weil sie optisch Gefallen an ihm gefunden hatte. Nein, in ihrem Geist hatte sich da schon ein anderer Mann eingerichtet, es war die Art wie er reden konnte. Schon damals als Mädchen mit langen Zöpfen konnte sie Cinna stundenlang zuhören. Es war nicht einmal all das was er erzählte, denn vieles davon verstand sie damals schon nicht. Aber die Art wie er sprach war großartig.
    So unterbrach sie ihn auch jetzt nicht und war fast enttäuscht als er schon beim Ende ankam. Sila und Pina waren überraschend ruhig, sodass Valentina wieder das Wort ergriff.
    „Ein Verwaltungsposten ist sehr verantwortungsreich.“ Wusste sie das doch nur von Erzählungen, wollte aber vor dem Verwandten auch ein bisschen klug sein. „Ich werde den Göttern später ein Opfer darbringen, dass sie sich deiner gütig annehmen.“
    Nun nippte sie von ihrem Becher und seufzte leise. „Leider ist das was du hier vorfindest alles an Verwandtschaft was du noch treffen kannst. Außer meinem lieben Cousin, der in Mogontiacum weilt gibt es niemanden mehr von uns. Und bis vor einigen Tagen wusste ich nicht einmal was von meinen lieben Nichten hier.“ Sie schenkte den Zwillingen ein Lächeln.
    „Meine Brüder sind verstorben oder es muss angenommen werden, dass sie verstorben sind. Und auch sonst ist niemand mehr in dieser Casa zugegen. Du siehst, du kommst zwar in eine materiell ärmere Familie, aber sei dir gewiss, dir soll es hier an nichts fehlen. Alles was in meiner Macht steht, wird getan und in den nächsten Tagen werden wir uns nach einem Sklaven umsehen.“ Es fiel Valentina nicht leicht dieses Wort auszusprechen, doch es war das Beste für alle. Jede Frau Roms, die etwas auf sich hielt, hatte einen Sklaven. Und sie waren jetzt mit einem Schlag drei Frauen.

  • Der Junge Mann hatte noch ein paar weitere, freilich kleine, Schlucke aus seinem Wein Becher getan nachdem er geendet hatte. Seine Haltung war kühl, höflich aber kühl, wie schon seit einiger Zeit. Obgleich ein gewisses bemühen Dankbarkeit, Freundlichkeit und Wärme gegenüber seinen hiesigen Verwandten zu zeigen nicht geleugnet werden konnte.
    Cinna hörte, mit einem abschließendem dankbarem nicken, den Worten Valentinas zu. "Ich danke dir und ja, auch der anfänglich niedere, Verwaltungsposten wird mich wohl mit Verantwortung konfrontieren!" Es klang gefasst, sachlich, mit nur leichter Vorfreude.
    Einerseits war das auch angebracht, Cinna sah seinem ersten Verwaltungsposten tatsächlich nur mäßig freudig entgegen, doch gingen seine Pläne ja auch konsequent höher. Er war keinesfalls zu dem Entschluss gekommen in die Bürokratie Roms ein zu treten um der Sache willen, nein er war Ehrgeizig, wollte, notfalls mit Geduld und List, aufsteigen, Karree machen und von sich aus den Ruhm, den Einfluss und das vermögen, seiner kleinen Gens nähren so gut er es konnte.


    Als Valentina über die Verhältnisse der Casa, ihrer Bewohner usw. sprach lächelte Caius bescheiden. "Mir reicht es vollkommen, ich bin dankbar hier aufgenommen zu werden und obendrein ist mit 3 neuen oder alt bekannten verwandten meine Neugier an Familie sowieso erst einmal gestillt, ich glaube es wird genug zwischen euch und mir auftun das keine Langeweile aufkommt, immerhin scheint ihr Pina und Sila ja doch auch recht lebendig zu sein, nicht wahr?!" Er schmunzelte seicht und kühl, aber doch ehrlich und trank noch einen Schluck wein. "Ein Sklave wäre bestimmt nicht schlecht, obgleich ich denke das er kein Muss ist und ich will selbstverständlich mit dem was mir künftig zur Verfügung steht hier finanziell und anderweitig Beihilfe leisten so gut es geht!"

  • Als sie das Tablinum betraten, huschte in Lächeln über Valentinas Gesicht. Ihre Nichten hatten in aller Heimlichkeit einen Krug mit verdünntem Wein und ein paar Kleinigkeiten zum essen bereitgestellt. Sie würde natürlich nichts dazu erwähnen, vielleicht konnte sie so vor den Besuchern verheimlichen, dass sie keinerlei Sklaven besaß.
    Sie deutete auf die Sitzgelegenheiten und machte es sich dann selbst bequem. Nachdem sie den Gästen etwas zu trinken angeboten hatte und sie aufforderte nach Belieben die Häppchen zu kosten, sah sie Serapio direkt an.
    "Bitte entschuldige meine Neugier, aber darf ich gleich den Grund des Besuches erfragen? Dein Schreiben hat mich gleichermaßen neugierig gemacht wie beunruhigt. Vor allem die Dringlichkeit, die ich zwischen den Zeilen lesen konnte. Ist etwas passiert?"
    Sie konnte nicht verhindern, dass Valentina während ihrer Frage ihren Becher nervös in der Hand drehte.

  • <<


    Wir folgten Quintilia Valentina hinein. Unwillkürlich sah ich zu Borkan, fast prüfend, es beschäftigte mich nämlich, ob dieser hinreissende Augenaufschlag, den die Hausherrin ihm gerade geschenkt hatte, wohl Eindruck auf ihn gemacht hatte. Als mir bewußt wurde, wie schräg ich ihn ansah, lächelte ich schnell, und streifte seinen Arm mit meiner Hand.


    Im Tablinum liessen wir uns nieder. Dankend nahm ich einen Becher entgegen. Die Häppchen sahen gut aus, ganz besonders im Vergleich zu den fettigen Fladen aus der Garküche, die wir vorhin gefrühstückt hatten. Ich konnte nicht umhin mich zu fragen: warum war eine Frau wie Quintilia, mit einem eigenen Haus noch dazu, eigentlich nicht längst verheiratet? Ihr Verlobter schien sich nicht gerade ranzuhalten (naja, wer versteht schon die Germanicer.) Oder gab es einen anderen Grund, ein geheimes Gebrechen oder einen Skandal?


    "Aber natürlich." pflichtete ich ihr bei. Angesichts dieser finsteren Intrige wäre es mir doch sehr seltsam vorgekommen, erst noch gesittete Konversation zu betreiben (ausserdem war ich verdammt eingerostet in dieser Disziplin). Ich hätte ihr gerne gesagt, dass kein Grund zur Beunruhigung bestünde doch das wäre wohl gelogen gewesen. Und da ich ihre unmittelbare Reaktion sehen wollte, ging ich auch nicht sonderlich schonend vor.
    Ich nickte. "Zunächst einmal ist es gut, dass du deine Dienerschaft weggeschickt hast." begann ich, "Es geht um dieses Schriftstück" – wobei ich in die Falten meines Gewandes griff und die böse Tabula zückte. Ich ließ einen Atemzug verstreichen, und versuchte einzuschätzen ob sie schon irgendetwas ahnte. Ich hielt es zwar für ausgeschlossen, dass dieser bizarre Mord-inclusive-Selbstmord-Auftrag wirklich von ihr stammte, denn das alles passte ja vorne und hinten absolut nicht zusammen – aber vielleicht hatte sie auch Drohungen erhalten, oder einen Verdacht? Ich hielt Quintilia für eine feinfühlige Person mit wenig Fassade (zumindest schloß ich das aus ihrem Beistand auf der Hochzeit des Grauens und ihrem spontanen Erröten gerade), und verfolgte aufmerksam ihr Mienenspiel.
    "Ich weiß nicht, ob es dir schon zu Ohren gekommen ist – gestern mittag ist ein ganz exzeptioneller Mord geschehen, an einem syrischen Händler auf dem Markt. Der Mörder hat sich, sobald sein Werk getan war, selbst erdolcht – nein, das ist kein schlechter Scherz, Borkan hat es selbst gesehen. - Nicht wahr? - Er kannte den Händler und hat sich geistesgegenwärtig gleich den toten Attentäter näher angesehen. Der trug diese Tabula bei sich. Wir haben sie entziffert, und ich war... äusserst überrascht...."
    Ich klappte die Tabula auf, und reichte sie ihr zu lesen. Mittlerweile hatte ich auch eine genaue Abschrift davon angefertigt, aber Quintilia verdiente das Original.
    "Den Ruß habe ich darüber gerieben, um die Vertiefungen kenntlicher zu machen, aber alles andere ist... noch genau so wie der Mann es bei sich trug."



    DER SYRER HAT SEINEN ZWECK ERFÜLLT. DAS GERÜCHT IST IM UMLAUF. JETZT LASS IHN SEINE BEZAHLUNG ERHALTEN UND BEREITE SEINEM LEBEN EIN ENDE. DANACH, WENN DIR DIE LEBEN DEINER FRAU UND KINDER DAS WERT SIND, BEENDE AUCH DEIN EIGENES LEBEN. SEI GRÜNDLICH UND LÖSCHE AUCH DIESE TABULA, BEVOR DU ZUR TAT SCHREITEST.


    MIT ERWARTUNGSVOLLEM GRUSS DEINES KLEINEN SOHNES,
    Q. VALENTINA

  • Mitnichten war es Valentinas Absicht durch ihren Augenaufschlag Missfallen bei Serapio hervorzurufen. Sie wollte es einfach genießen unangefochten die charmante Gastgeberin zu sein. So genoss sie einfach die Anwesenheit der beiden Männer, gleichwohl wissend, dass sie keine Chance hatte.
    So also saß sie nun mit den Herren im Tablinum und wartete auf eine Antwort für ihre Neugier, vor der auch Valentina nicht gefeit zu sein schien.
    Die kleine Bemerkung wegen ihrer Dienerschaft lies sie dankbar unkommentiert, so wie es sich für eine Dame von Stand gebührte. Die verloren doch schließlich keine Worte über ihre Dienerschaft. Und wenn sie das taten war es nicht angebracht. Das hatte sie schon einmal unangenehm erfahren müssen.


    Zum Glück spannte Serapio sie nicht lange auf die Folter, weswegen Valentina ihm sehr dankbar war. Sie blickte kurz auf die geschlossene Tabula, konnte jedoch nichts damit anfangen und sah wieder auf. Doch als er sich in seiner Erzählung erging, fiel es ihr immer schwerer seinen Worten zu folgen. Was er da berichtete war schrecklich und es tat der jungen Quintilia im Herzen weh über einen derartigen Tod erfahren zu müssen. Aber warum erzählte Serapio ihr das? Er war doch sicherlich nicht hierher gekommen um ihr von derartig schrecklichen Ereignissen auf dem Markt zu erzählen? Ihr Lächeln blieb konstant, doch ihr Blick glitt kurz zu Serapios Begleiter, dann zu den Blumen die sie in eine Vase gestellt hatte. Wirklich ein wunderschöner Strauß. Der Mann hatte Geschmack.
    Dann aber kam die Sprache auf die zuvor gezückte Tabula und Valentina sah wieder zu Serapio. Irgend etwas in seiner Stimmlange hatte sie alarmiert und er bekam nun wieder die ganze Aufmerksamkeit von ihr. Sie blickte auf die geschlossene Tabula in seinen Händen und als er sie ihr reichte, sah Valentina noch einmal zu dem Begleiter als brauchte sie auch von ihm eine Bestätigung sie annehmen zu dürfen. Jetzt war es ihr doch ein bisschen unheimlich und sie nahm den Gegenstand entgegen.
    Ihre Augen glitten über das Geschriebene, doch sie verstand es nicht. Dann las sie noch einmal und noch einmal. Schwere Stille senkte sich über den Raum.


    Die Brust der jungen Quintilia hob und senkte sich in der aufkommenden Bestürzung immer heftiger. Aber das konnte doch nicht sein. Serapios Erzählung von dem getöteten Händler purzelten ihr durch den Kopf und nun das. Sie begann zu verstehen.
    "Aber..." Valentina fand keine Worte, sie sah auf, als wollte sie nicht glauben. Ihre Augen glänzten verdächtig. "Aber..." Sie schaffte es wieder nicht einen Satz zustande zu bringen. Dann warf sie die Tabula plötzlich neben sich auf ihre Kline und sprang auf. Nervös lief sie ein paar Schritte hin und her. Das Gesicht kalkweiß und ihre Finger nervös ineinander verknetet.
    "Das habe ich nicht geschrieben!"
    Sie deutete auf die Tabula.
    "Niemals würde ich so etwas... Und was für ein Sohn? Ich habe keine Kinder."
    Sie sah Serapio und seine Begleitung an als würde sie von denen eine Antwort erwarten. Dann näherte sie sich ihrer Hochzeitsbekanntschaft, kniete sich vor ihn und legte ihm ihre Hände auf die Seinen.
    "Sag mir, wer macht denn so etwas? Und... und wieso?"

  • Ich lächelte der Gastgeberin zu, ja eben jenes Lächeln, das ich mir seit Jahren antrainiert hatte, nichtssagend. Ihren Augenaufschlag nahm ich wohl war und wenn ich auf Frauen fliegen würde, würde ich vielleicht auch dahin schmelzen, so aber blieb ich einfach zurückhaltend freundlich, Nickte zur Begrüßung und murmelte eine leises „Salve.“
    Ich bleib etwas im Hintergrund als Serapio ihr den Grund unseres Hierseins eröffnete. Und nun da ich ein Gesicht zu eben jenem Namen auf der Tabula hatte, war ich mir mehr als sicher, dass es ein plumper Versuch war von jemanden anderes abzulenken. Was auch ihre Reaktion nur als zu deutlich zeigte.
    Meine Augen ruhte auf Serapio, denn genau so wie ich, schien sie instinktiv zu merken, dass Serapio ihr helfen würde.

  • Wenn ich noch Zweifel gehegt hätte, dann hätte ihre Reaktion diese augenblicklich zerstreut. Meine ruppige Enthüllung hatte das zarte Wesen unvorbereitet getroffen, ich mußte an einen Vogel denken, der panisch aufflatterte, ein kleines Rotkehlchen, und es tat mir furchtbar leid, sie so erschreckt zu haben.
    "Quintilia" sprach ich mit ruhiger Stimme (die "Tonlage für verängstigte Zeugen", wie ein ehemaliger CU-Kollege es mal genannt hatte), und nahm ihre Hände in die meinen, umschloß sie fest. "Wir glauben dir, Quintilia. Wir glauben dir doch. Ich weiß, es ist ein großer Schreck, das würde einem jeden so gehen, aber ruhig Blut, es wird sich alles aufklären." Ich sah ihr in die Augen, suchte ihren Blick, ernst aber zuversichtlich. "Darum sind wir doch hier, um herauszufinden wer diese üble Verleumdung, bessergesagt diesen üblen Versuch einer Verleumdung, geschrieben hat. Mach dir keine Sorgen, niemand hat die Tabula gesehen, niemand ausser uns dreien. Und niemand der bei gesundem Verstand ist, würde sich von einer so stümperhaften Intrige hinters Licht führen lassen."
    Ich drückte ihre Hände, ermunterte sie, sich wieder hinzusetzen, dann füllte ich ihren Becher und reichte ihn ihr.
    "Hier, trink erstmal einen Schluck. -" Ich ließ ihr Zeit wieder zu Atem zu kommen, tauschte einen Blick mit Borkan, der mich stumm beobachtete. Der Hauch eines gerade ziemlich unpassenden Lächelns flog über mein Gesicht, als ich jäh an die letzte Nacht denken musste.
    Aber das – reiß dich zusammen, Faustus – war gerade nicht das Thema. (Später wieder. Köstliches später.)
    Die Tabula, das wertvolle einzige Beweisstück, nahm ich von der Kline wieder an mich, dann schließlich fragte ich freundlich weiter:
    "Hast du Feinde, Quintilia? Hast du in letzter Zeit irgendwelche Drohungen erhalten? Du, oder vielleicht dein Verlobter, oder deine Familie?"

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Nachdem Valentina wieder Platz genommen und einen Schluck aus dem Becher genommen hatte begann sie sich wieder zu beruhigen. Ihre Hände hörten auf zu zittern und sie konnte wieder etwas ruhiger atmen. Wenngleich der Schreck immer noch tief saß. Es tat gut Freunde zu haben. Freunde von denen sie bisher nicht einmal etwas wusste. Die Wege der Schicksalsgöttin waren wahrlich unerklärlich.
    "Habt dank ihr zwei. Ich weiß es sehr zu schätzen was ihr für mich getan habt."
    Dabei sah Valentina von Serapio zu seinem Begleiter und wieder zurück.
    "Hatte es damals doch etwas gutes, dass ich dich auf dieser Hochzeit angesprochen habe."
    Versuchte sich die junge Quintilia in einem Lächeln und seufzte erneut. Sie konnte es immer noch nicht verstehen.
    Sie sah zu wie Serapio die Tabula an sich nahm und hörte seine Frage. Zuerst schüttelte Valentina den Kopf, hielt dann plötzlich inne und sah ihn direkt an.
    "Die Braut, Sergia Fausta!"
    Für Valentina vollkommen ungewohnt, spie sie den Namen regelrecht aus. Und die eben noch so verzweifelt gesucht Fassung wich plötzlich unerklärlicher Wut. Sie versucht sich unter Kontrolle zu halten, denn es gab ja keine Beweise. Aber...
    "Sie ist die Einzige, mit der ich bereits eine unangenehme Begegnung hatte. Vor ihrer Hochzeit bin ich ihr in der Therme begegnet und wurde dort von ihrem Charme regelrecht gefangen genommen."
    Man konnte sogar eine gewisse Röte auf ihren Wangen erkennen. Dieses Mal nicht vor Scham.
    "Aber warum sollte sie das tun? Ich bin keine Gegnerin für sie und auf ihrer Hochzeit habe ich sie nur aus der Ferne gesehen. Geschweige denn habe ich jemals etwas gegen sie unternommen. Ich musste hingehen, weil mein damaliger Verlobter es musste. Du hast ihn kennen gelernt. Wir sind mittlerweile nicht mehr verlobt."
    Gab sie dann in einem Nebensatz zur Kenntnis.
    "Ansonsten fällt mir niemand ein. Wir kennen hier kaum jemand und meine Familie ist nicht besonders reich."

  • Selbstverständlich winkte ich nur knapp ab, als sie sich bei uns bedankte. Aber es tat gut. Nach all der langen, langen, dunklen Zeit endlich mal wieder... zumindest für diesen Augenblick, zumindest in dieser Angelegenheit.... die Maske des Perseus tragen zu dürfen. Und nicht die des hilflos an den Felsen geschmiedeten Opfers. (Und auch nicht die des bösen Seeungeheuers.)
    "Ja" antwortete ich ganz ernsthaft auf ihre flüchtige Bemerkung zu der Hochzeit des Grauens, und erwiderte das kurze Lächeln. "Das hatte etwas sehr gutes."
    Quintilia hatte mir, in diesem Sturm von Häme, Schadenfreude und Feigheit, mit ihrer kleinen Geste eine große Freundlichkeit erwiesen. Und das würde ich ihr ganz sicher nie vergessen.
    Ich betrachtete das Spiel der Gedanken in ihren Zügen, und horchte gebannt auf, als sie den Namen nannte. Sergia Fausta.
    "Warum wundert mich das nicht..." murmelte ich altklug in meinen Dreitagebart. Und hörte weiter aufmerksam zu.
    Nebenbei erwähnte Quintilia, dass ihre Verlobung gelöst war – "Das tut mir leid zu hören. Leid für ihn, meine ich." erwiderte ich etwas ungeschickt (und hoffte bloß, da jetzt nichts falsches gesagt zu haben.) Es war doch nicht die Möglichkeit, dass eine Wucht wie Quintilia keinen Mann hatte! Eine Frau, so schön, lieb, anständig, klug und beherzt, so dazu prädestiniert, dem Gedanken an eine Ehe den Schrecken zu nehmen - das war ja eine einmalige Gelegenheit für jeden Jungesellen. Wenn ich noch in der Position wie vor dem Krieg gewesen wäre, dann hätte ich mir in diesem Moment echt ernsthaft überlegt, um ihre Hand anzuhalten. Aber jetzt, wo ich nichts mehr galt und nichts mehr hatte, bestand auch die Notwendigkeit zum Heiraten nicht mehr. Ich hätte einer Frau auch gar nichts bieten können. Und so konnte ich ganz ungeniert mit Borkan glücklich sein.


    "Warum sie das tun sollte? - Möglicherweise um von dem... oder der... wahren Schuldigen abzulenken. Aber das ist jetzt Spekulation. Sicher ist: die Tabula enthällt eine erpresserische Nachricht, und Sergia Fausta ist bereits schon einmal als Erpresserin in Erscheinung getreten."
    Ich zögerte. Dives hatte mir dies im Vertrauen gesagt, und auch wenn ich natürlich darauf brannte den beiden anderen brühwarm von den Schandtaten der Megäre zu berichten... ich hätte Dives dabei heftig mit bloßgestellt. Und das wollte ich nun auch wieder nicht.
    "Ähm. Ich will, ähm, kann nicht unbedingt in die Details gehen, aber ich weiß es ganz sicher."
    Nachdenklich sah ich wieder zu Borkan, und zurück zu Quintilia. "Ausserdem ist dies nicht der erste Hinweis, der einen... wie auch immer gearteten... Zusammenhang zwischen dem Mord und der Familie der Iulier vermuten lässt. Borkan kann dir da viel mehr dazu sagen..." überlies ich ihm das Wort.

  • Es wunderte wohl niemanden, dass diese Gemeinheit nur einen Namen tragen konnte. Valentina verwünschte noch heute den Tag an dem sie dieser unangenehmen Person begegnet war.
    Sie nickte dankbar als Serapio meinte, dass ihm das wegen der Verlobung leid tat. Das tat es ihr auch und langsam aber sicher musste sie daran arbeiten. Vielleicht war sie ja mittlerweile schon wieder auf einem guten Weg. Denn sonst verlor Valentina am Ende auch noch das Letzte was sie besaß. Ihren guten Namen.


    "Ich habe einfach Angst. Angst davor, was diese gemeine Person noch tun könnte. Wir sind nicht besonders reich, meine Brüder sind leider alle schon verstorben. Ich bin sozusagen das Oberhaupt dieses Hauses und ich muss dafür sorgen, dass alle, die darin wohnen in Sicherheit sind. So etwas..." Sie deutete auf die Tabula. "...könnte der endgültige Ruin sein. Wer heiratet denn noch so eine Frau? Und meine Nichten? Ihre Zukunft ist auch gefährdet..." Valentina drohte in Panik auszubrechen, bemerkte das aber zum Glück früh genug und bremst sich wieder. Sie hatte den jungen Mann vor sich in einer schlimmen Stunde kennen gelernt und offensichtlich schien sich dieses Treffen ähnlich zu gestalten. Mit vertauschten Rollen. Statt dessen hörte sie Serapio zu, der davon berichtete, dass Sergia Fausta bereits Erfahrung in Erpressungen hatte er wollte aber nicht ins Detail gehen. Deswegen nickte sie einfach und nahm es so hin. Valentina würde ihn auf keinen Fall drängen. Tief durchatmend sah sie statt dessen zu seinem Begleiter, der wie Serapio meinte, näheres dazu wusste. Die Beiden hatten es auf sich genommen zu ihr zu kommen, da war es das Mindeste, dass Valentina ihnen das höchste Maß an Aufmerksamkeit schenkte. Auch wenn sich ihre Gedanken noch immer um ihre und die Zukunft ihrer Nichten drehte.

  • Ich verfolgte das Gespräch der Beiden, als der Name Sergia Fausta fiel wurde ich jedoch hellhörig. Natürlich hatte ich während meiner Nachforschungen, welche ich in Morrigans Auftrag ausgeführt hatte herausgefunden, das dieser Iulius Dives eine Frau mit diesem Namen hatte. So langsam fing alles an Sinn zu machen. Natürlich würde Der Iulier sich nicht selbst die Finger schmutzig machen, dass er aber seine Frau vor schickte, damit sie die Drecksarbeit für ihn erledigte – ich konnte ja nicht ahnen, das es nur von der Frau ausging.
    Leise begann ich also zu sprechen. „Jener Händler wurde ermordet, weil er zu viel redete, er redete über ein Paar welches ich in der Nacht im Park beobachtet habe. Ein Soldat wohl und die Tochter der Dives – jene die sich nun anschickt Vestalin zu werde. Nun ich denke man wollte ihn zum Schweigen bringen, denn eine angehende Vestalin die sich in der Nacht mit Soldaten herumtreibe würde wohl in Rom keiner akzeptieren. Ich wollte an jenem Tag zu diesem Händler und ihn fragen, ob er mehr über den Soldaten weiß – wer er ist und so - du wirst verstehen, Informationen dieser Art können wertvoll sein. Leider kam ich zu spät und er war schon tot, sein Mörder hat sich gleich neben ihn selbst gerichtet. Ich fand nur diese Tabula bei ihm. Ich nahm sie an mich und brachte sie zu Serapio, denn ich hatte einfach das Gefühl das hier Unschuldige einer Sache bezichtigt werden sollten, die mit der Sache nicht zu tun haben.“
    Ich machte eine kurze Pause bevor ich weiter sprach. „Wenn ihr nun beide sagt, das diese Fausta so ein Biest ist, dann ich es wohl eher anzunehmen, das sie den Mörder geschickt hat, damit der Name ihre Mannes nicht beschmutzt wird – denn so wie man in den Gassen Roms hört, will dieser Dives hoch hinaus. Uns so würde sich der Iulier auch nicht die Finger schmutzig machen....“ So endete ich und sah von einem zum anderen.

  • Die Stirn der jungen Quintilia legte sich in Falten, als sie die Worte von Serapios Begleiter zuhörte. Irgendetwas drängte sich da an die Oberfläche. Und dann fiel es ihr wieder ein! Bei ihrem Marktbesuch hatten ihre Nichten und sie so ein Gespräch mitbekommen. Die Mädchen hatten sie noch gefragt wer so etwas nur macht und Valentina wusste noch ganz genau, dass sie die Beiden strengstens davor gewarnt hatte nach Anbruch der Dunkelheit nach draußen zu gehen. Sie alle hatten über das Benehmen der Frau den Kopf geschüttelt und Valentina hatte sich noch dabei gedacht, dass es sich sicherlich nicht um eine ehrenvolle Frau handeln konnte. Nicht um die Tochter des Dives. Aber jetzt? Wenn sie das so hörte, dann wurde ihr alles klar. Aber warum sie?
    "Ich habe auch davon gehört. Wir waren auf dem Markt und da haben wir das Gerede mitbekommen. Markus Iulius Dives Name wurde genannt, doch ich hielt das für dummes Geschwätz."
    Sie sah kurz zu Serapio, hatte sie den Namen doch einfach so gedankenlos ausgesprochen. Es tat ihr leid ihn in seiner Gegenwart erwähnt zu haben. Wie es ihm dabei wohl gehen musste? Doch Valentina wagte nicht zu fragen. Statt dessen versuchte sie weiterhin dem Ganzen einen Sinn abzuringen.
    "Was du sagst scheint vollkommen richtig zu sein."
    Sie wandte sich wieder an Borkan.
    "Das würde Sergia Fausta ähnlich sehen. Ich kenne sie nicht gut, aber ich habe sie kennen gelernt und das würde ich ihr zutrauen. In gewisser Weise würde ihr das sogar als ehrenvolle Tat angesehen werden, wenn sie ihren Mann schützte. Allerdings ist das Wie nicht ehrenhaft und vor allem wage ich zu behaupten, das hat sie nicht alleine Seinetwegen getan."
    Verstohlen sah Valentina zu Boden. Sie sprach normalerweise nicht böse über jemanden. Dann atmete sie tief durch.
    "Ihr zwei wisst gar nicht wie dankbar ich euch bin und ich stehe tief in eurer Schuld. Ich wüsste nicht was ich getan hätte, wenn diese Tabula in die falschen, oder in dem Fall richtigen Hände gefallen wäre. Meine kleine Familie wäre ruiniert gewesen."
    Valentina wurde wieder etwas bleicher.
    "Sie hätte alles zerstört, was ich mühevoll aufzubauen versuche. Meine beiden Nichten..."
    Ein Schauer durchfuhr sie.
    "Aber es ist nichts dergleichen geschehen. Ich weiß nicht wie ich euch das jemals wieder zurück geben kann."
    Sie sah beide Männer an und schenkte ihnen ein Lächeln.
    "Ich hoffe nur sie kommt nicht noch einmal in eine Situation in der sie meinen Namen beschmutzen muss. Ich kann nicht immer darauf vertrauen, dass ihr da seid und das Schlimmste verhindert. Man müsst etwas gegen diese Person unternehmen können..."

  • "Hoch hinaus will er, allerdings, das kannst du laut sagen!" bekräftigte ich Borkans Einschätzung mit finsterer Miene. Denn letztendlich war es doch Dives unmäßiger Ehrgeiz, sein Gieren nach dem Aufstieg, den er mehr als alles andere begehrte, welches den Keil zwischen uns getrieben hatte. Sein triumphierendes 'und jetzt stehe ich schon mit einem Fuß im Senat!' klang mir noch in den Ohren.
    Aber für sowas hat er nicht die E.. - ehm..."- ich stockte, mein Blick huschte verlegen zu Quintilia - "... den Schneid. Ich denke schon, dass Iulius Dives seinem Streben nach Macht und Renommee alles andere unterordnen würde. Aber er ist... einfach nicht der Typ für blutige Auftragsmorde." urteilte ich. Glaubte ich. Meinte ich. - Wie auch immer.
    "Wenn es allein das Werk der Sergia 'Fausta' ist" – es irritierte mich immer wieder, dass ihr Name dem meinen so ähnlich war – "dann frage ich mich allerdings, wie so eine junge Postbeamte sich einen Sicarius aufgetan hat, der ihr nach dem Mord gleich noch einen Selbstmord dazu geliefert hat. Menschen hängen an ihrem Leben, auch Messerstecher, und das auf der Tabula 'wenn dir die Leben deiner Frau und Kinder das wert sind', das ist doch bizarr. Da passt doch irgendetwas ganz und gar nicht zusammen."
    Aber manchmal, nun ja, passierten eben merkwürdige Dinge.
    Davon mal abgesehen... hätte die Megäre mit dieser Intrige natürlich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, zum einen den Händler mundtot gemacht, ihn zum anderen als bezahlten Urheber der Gerüchte über die Vestalin in spe dargestellt, und ausserdem – nein, es waren sogar drei Fliegen – Quintilia in ein schlechtes Licht gerückt.
    Ich wäre wirklich beeindruckt gewesen, wenn das ganze nicht so plump ausgeführt worden wäre. Im Grunde lenkte es somit doch nur noch mehr Aufmerksamkeit auf den Töchterleins Eskapaden.
    Quintilia bedankte sich wieder, so ersthaft und anmutig, und natürlich schüttelte ich wieder den Kopf als sie von "in der Schuld stehen" anfing, beteuerte: "Wir haben es gern getan.", und ich lächelte Borkan, dem der Lorbeer gebührte, versonnen zu so stolz auf meinen wundervollen, beherzten (und unglaublich heißen...) Geliebten, der instiktiv genau das richtige getan hatte.
    "Borkan war's, ich habe ihn nur hierherbegleitet" murmelte ich. Er war der Held des Tages.


    Etwas gegen Sergia unternehmen. Das tönte so schön in meinen Ohren. Eine innere Stimme allerdings sagte mir, dass diese, Selbstmordattentäter herbeizaubernde, Frau einfach so merkwürdig war, dass es womöglich besser war, sich einfach fern zu halten. Rom war groß.
    "Ähm... Ja. Wie müssen uns überlegen wie wir weiter vorgehen. Es gäbe rein theoretisch natürlich die Möglichkeit, dass du, Quintilia, die Stadtkohorten um Hilfe bittest, also einen vernünftigen Vertreter der CU natürlich, ihnen die Tabula zeigst, und sie damit auf die Spur der Sergia bringst. Allerdings haben wir nur Schlussfolgerungen, keinerlei Beweise gegen sie. Die Tabula ging durch die Hände Borkans und durch meine... und mein Ruf ist... naja, ihr wisst ja..."
    Mein Ruf war durch die Wirklichkeitsverdrehungen der Putschisten völlig zerstört, und auf der Hochzeit des Grauens hatte ich auch keine gute Figur gemacht, es wäre ein leichtes mich als rachsüchtigen Neider des sergisch-iulischen "Glücks" darzustellen...
    "Iulius Dives hingegen ist senatorischer Tribun bei den Stadtkohorten. Wir könnten wohl höchstens einen Verdacht gegen Sergia wecken, mit dem beträchtlichen Risiko dass dein Name doch noch in Mitleidenschaft gezogen wird."
    Die Chance, dadurch die abgefeimte Sergia zu Fall zu bringen war meiner Meinung nach gering... Ich nahm die Tabula, zückte einen Stylus, und hielt ihn mit dem abgeflachten Ende schwebend über die Tabula.
    "Aber ich will dem weiter nachgehen! Vielleicht.... könnten wir Iulius Dives damit endlich die Augen öffnen über die wahre Natur der Sergia... oder bessergesagt darüber was ihn viel mehr interessieren dürfte, nämlich wie schnell ihre mörderische Hybris seinen Ruf und seine Karriere beschädigen kann... - Hmm... Oder, was meint ihr? - Und soll ich deinen Namen einfach von der Tabula löschen?"


    Natürlich gab es auch noch eine dritte Option. Es war zwar nicht "mein Stil", aber da draussen lag nun mal eine große böse Welt in der man nicht immer saubere Hände behalten konnte.
    Nachdenklich drehte ich den Stylus in der Hand, flaches Ende, spitzes Ende, sah unschlüssig zu Borkan. Flaches Ende, spitzes Ende, flaches Ende, spitzes Ende...



  • Ich verfolgte das folgende Gespräch der Beiden und beeilte mich zu versichern, das die junge Frau mir nichts schuldig war, denn auch wenn es jetzt den Anschein hatte, so hatte ich es ja in Wahrheit gar nicht für sie direkt getan. Ich hatte halt nur nicht gewollte, das wegen mir Unschuldige mit in diese Sache hineingezogen wurden.
    Ich fing dann den Blick von Serapio auf. Natürlich wäre es wohl das Beste diese Tabula zu vernichten, aber ich hatte doch schon bei erste Mal als ich ihm jene Tabula gereicht hatte, das Feuer in seinen Augen gesehen und ich wusste, das es in ihm brannte, dass er nur zu gerne der Sache auf den Grund gehen wollte – schließlich waren wir genau deswegen ja hier. Wenn wir die Tabula härten zerstören wollen, dann wäre dies doch schon längst geschehen.


    „Nun natürlich könnte man sie vernichten...“ ich deutete auf die Tabula in Serapios Händen.“ ...aber damit wäre Keinem geholfen, außer dem Urheber eben dieser. Wir - Serapio wird dafür Sorge trage, dass sie nicht in falsche Hände gerät. Und wir werden versuchen herauszubekommen, wer dir schaden wollte, diese ist in meinen Augen der einzige Weg, damit du irgendwann wirklich Ruhe vor diesem Übeltäter hast. Denn auch wenn dieses Mal sein Plan gescheitert ist, so wird er es doch wieder versuchen und wenn wir jetzt das einzige Beweisstück vernichten, dann können wir der Person auch das Handwerk nicht legen.“ Ich schaute die Quintilla an und hoffte, dass sie dem von mir Gesagtem zustimmte.

  • "Borkan hat recht."
    Fast schon erschrocken hatte die junge Quintilia die Hände gehoben um Serapio im Notfall davon abhalten zu können das Beweisstück zu zerstören.
    "Ihr habt beide recht. Gegen diese Segia Fausta haben wir nichts in der Hand. Sie ist zu mächtig und zu einflussreich und es wäre sicherlich vernünftiger nichts dergleichen zu tun. Dein Ruf mag nicht mehr der Beste sein, aber ich bin eine Frau ohne Patron oder sonstigem männlichen Verwandten in der Nähe. Wer würde mich schon ernst nehmen? Sie würde nur über uns lachen."
    Ihr Blick glitt zu den Blumen und sie seufzte.
    "Andererseits gefällt mir auch dein Ansinnen Iulius Dives die Augen zu öffnen. Mir geht es nicht darum die Ehe der Beiden zu beschmutzen. So etwas würde ich niemals tun. Auch möchte ich eben diesem kein Leid zufügen, wenngleich ich daran zweifeln möchte, dass diese Fausta ihn wegen ihrer Liebe zu ihm geheiratet hat. Vielleicht tue ich ihr unrecht, aber es will mir einfach nicht gelingen dieser Frau so ein Gefühl wie Liebe zuzuschreiben."
    Sie drehte ihren Becher in der Hand. All das gefiel Valentina nicht. Sie war niemand der böse Gedanken anderen gegenüber hatte und sie wollte auch niemanden schaden. Aber sie musste an ihre Lieben denken. Es wer nicht nur sie und ihr Namen der Schaden davontrug, wenn ein weiterer Versuch gelingen könnte.
    "Sagt mir, wenn ich euch irgendwie helfen kann. Denn auch ich finde das alles sehr unangenehm und vielleicht hast du auch recht und wir irren uns, es war nicht Sergia Fausta."

  • ...flaches Ende, spitzes Ende...
    Eigentlich hatte ich es erwogen, den Namen der Quintilia Valentina ganz eigenmächtig gegen den der Sergia auszutauschen. Doch alles in allem konnte ich mich einfach nicht dazu durchringen. Ein Beweismittel fälschen. Nein. Das ging gar nicht. Dafür war ich zu lange selbst bei den Stadtkohorten gewesen, hatte aus Schnipseln von Hinweisen die Tatsachen zu rekonstruieren versucht, so dass ich Indizien nun mal in hohen Ehren hielt. Trotzdem. Quintilias Name konnte nicht weiter daraufstehen, wenn wir die Tabula weiter herumzeigten, das war zu gefährlich für sie.
    "Nicht vernichten, nein. Aber deinen Namen streiche ich aus, Quintilia."
    Und das tat ich dann auch, trotz Bauchschmerzen – mit dem flaches Ende des Stylus. Zack, weg.


    Ob wir tatsächlich dem/der Übeltäter(in) das Handwerk legen würden, da war ich leider nicht so zuversichtlich wie Borkan. Auch dies lag wohl an meinen Jahren als Stadtsoldat, wo doch, trotz hitzigem Fleiß und redlichem Bemühen die meisten Verbrechen ungeklärt, die meisten Täter ungefasst geblieben waren. (Und einen Täter zu überführen hieß ja noch lange nicht, dass er seine Strafe auch erhalten würde. Siehe der Gift-Greis auf dem Palatin.)
    So mächtig erschien mir die Sergia nun auch wieder nicht. Aber skrupellos. Und ohne Zweifel mit dem Potential, viel Schaden anzurichten. Ich nickte bestätigend zu allem kritischen, was Quintilia über die Sergia sagte. Liebe pah! "Sie benutzt ihn doch nur, diese Harpie." kommentierte ich grollend dazu. Upps, da war mir schon wieder zu viel rausgerutscht.


    "Danke" antwortete ich auf ihr Angebot der Hilfe. "Ebenso. Ich werde zuerst ein Treffen mit Dives arrangieren. Und mal sehen was er dazu sagt. Danach sehen wir weiter. Ich gebe dir Bescheid wenn es etwas neues gibt."
    Ich hatte zwar so eine Ahnung, dass Dives es vehement ablehnen würde, mir Glauben zu schenken. Wie früher auch schon, wenn ihm etwas nicht ins Wunschbild passte. Doch ich wollte es zumindest versuchen. Und wer weiß was er mir vielleicht dazu sagen könnte.


    "Dann wollen wir dich auch nicht länger mit diesem unschönen Zeug behelligen, und uns so langsam wieder verabschieden." schloß ich, Quintilia zulächelnd. Ich war wirklich sehr angetan von unserer Gastgeberin, wie gefasst sie blieb angesicht der unverschämten Intrige, wie umsichtig sie an ihre Familie dachte, und was für eine sanfte Zurückhaltung sie an den Tag legte, wenn es darum ging, andere zu verurteilen. Eine wirkliche Dame, dachte ich so bei mir.



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  • Bei dem kleinen Ausrutscher der Serapio unterlief, sah Valentina ihn direkt an. Ihr Lächeln war nicht mehr vorhanden, es war aber auch kein direkter Groll in ihrem Blick. Es war eine Art der Zustimmung, die übereinstimmender nicht sein konnte. Sie würde es nur nicht wagen so etwas auszusprechen. Ihre Gedanken aber gingen in die gleiche Richtung ohne weder Fausta noch deren Gatten näher zu kennen. Hatte Valentina bisher nur wenig Kontakt mit diesem gehabt und wusste nur, dass er sehr bei den Pferderennen involviert war. Sie konnte sich noch gut an das Gespräch damals erinnern. Damals als sie noch verlobt war… Schnell schob sie die düsteren Gedanken beiseite, das hatte jetzt keinen Platz.


    Schweigend hatte sie zugesehen wie ihr Name vom Beweisstück verschwand. Sie widersprach nicht mehr. Gleichzeit war es auch ein gutes Gefühl zu wissen, dass sie nicht mehr damit in Verbindung gebracht werden konnte. Ein Alptraum schien sich gerade in Luft auflösen. Ihre Familie wieder ein Stückweit sicherer leben zu können. Ob diese Entscheidung klug war würde sich wohl erst hinterher zeigen.
    Als alle in eine allgemeine Aufbruchsstimmung verfielen, wandte sich die junge Quintilia noch einmal an ihre Hochzeitsbekanntschaft.
    „Meinst du es wäre von Vorteil, wenn ich dich zu diesem Treffen begleite?“
    Sie sah Serapio direkt an, wusste er das doch als Mann besser zu entscheiden.
    „Vielleicht ist er ehrlicher, wenn er derjenigen gegenübersteht, der man das alles anhängen wollte?“

  • Zum Treffen begleiten? Ich machte große Augen, bei diesem überraschenden Vorschlag. In meiner Vorstellung gehörte ein holdes Wesen wie Quintilia Valentina doch eher in einen 'hohen Turm' (oder ein hübsches Heim), umgeben von schönen Dingen, beschützt und behütet und vor allem weit weg von dem stinkenden Mord- und-Intrigensumpf der Stadt.
    Darum wäre ich nie auf die Idee gekommen, sie aufzufordern, mit uns in diesem Sumpf herumzuwaten... als sie es jedoch selbst vorschlug, musste ich mir eingestehen, dass die Idee nicht ohne war. Gerade da Dives mir gegenüber (mysteriöööserweise...) so voreingenommen war.
    "Hm... nun ja... ich muß zugeben... das ist ein Argument. Du hast recht. Und wir wären wohl auch ein gutes Stück überzeugender, zusammen mit dir. - Aber riskant ist es." Dass der Feind keine Skrupel kannte, das hatte er oder sie ja schon bewiesen.
    "Darum müssen wir es gut durchplanen. Eine geschlossene Sänfte auch für dich ist vonnöten, und genug Leibwächter. Aber dafür sorge ich." Tricostus würde kotzen, wenn ich ihn weiter anschnorrte, aber das war mir gleich, er hatte früher genug von meiner Position profitiert um sich jetzt nicht lumpen zu lassen.
    "Ich dachte daran, Dives 'rein zufällig' zu treffen zum Beispiel bei einem Theaterstück, um nicht das Aufsehen seiner mordlustigen Gattin auf uns zu ziehen. Es gibt da ein kleines Theater in Trans Tiberim wo ich einen der Schauspieler ganz gut kenne. Sie haben in ein paar Tagen eine Premiere, die Tarpeia spielen sie. Falls Dives einwilligt, könnten wir doch nach der Vorstellung alle drei mit ihm in einem der Räume des Theaters zusammentreffen..."
    So stellte ich den beiden meine Idee vor, und wir schmiedeten gemeinsam einen Plan. "Der mehr oder weniger perfekte Plan, um Marcus Iulius Dulcis Dives erstens auszuhorchen, ihm zweitens die Augen zu öffnen und ihn drittens den Klauen der Bestie zu entreissen". :] Oder so ähnlich. :hmm:
    Ich schrieb dem Süßen eine Nachricht, organisierte noch ein paar Dinge, dann kam der Tag der Premiere und alles nahm seinen Lauf...



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