Camera Ludi | Manius Flavius Gracchus Minor

  • Blinzelnd musterte Manius Maior Manius Minor und war einmal mehr um eine Antwort verlegen, musste einmal mehr sich eingestehen, dass er augenscheinlich ein recht unfähiger Vater war, seinem Sohne nicht einmal die simpelsten Sachverhalte konnte erklären.
    "Nun ..."
    , begann er unschlüssig, nur um hernach ins Stocken zu geraten. Minors Frage schien ihm derart plausibel, dass dies auch die Antwort musste sein, welche jedoch Gracchus nicht wollte zu Sinnen geraten, wies sein Erfahrungsschatz hinsichtlich freilebender Fauna doch definitiv einige Wissenslücken auf - zumeist war er durchaus zufrieden damit, so das Getier einen weiten Abstand von ihm hielt, wiewohl auch er selbst nicht dessen Nähe suchte. Eichhörnchen waren die einzig wilden Tiere, welchen er ein größeres Maß an Interesse entgegen brachte, wiewohl diese stets überaus friedlich erschienen, insbesondere da sie überwiegend einzeln auftraten. Trafen sie indes mit gleichem Ziel - ein paarungsbereites Weibchen oder eine Nahrungsquelle - aufeinander, so konnten sie durchaus gallige Tendenzen offenbaren.
    "Manchesmal kämpfen sie … gegeneinander."
    Mit einem Male tat sich endlich die rechte Erkenntnis vor Gracchus auf, dass er nun in seiner Überlegung gefestigt nickte.
    "Erinnerst du dich an die Spiele, welche dein Onkel Marcus und ich unserer Kandidatur zum Cursus Honorum wegen ausri'hteten? Während solcher kämpfen sie gegeneinander oder gegen Gladiatoren, oder aber auch zur Überbrückung der Pausenzeiten gegen verurteilte Ver..brecher oder andere subversive Subjekte, etwa fanatische Mitglieder diverser Götter- oder Kaiserfeindli'her Sekten wie die Christianer. Unsere Familie besitzt sogar ein eigenes Löwenrudel für solche Gelegenheiten."
    Obgleich das rudelführende Männchen ein recht träges Tier war, so bot der Anblick der goldfarbenen Katzen doch durchaus etwas majestätisches, wiewohl sie in ausreichend ausgehungertem Zustand eine vorzügliche Darstellung boten - welcher Gracchus selbst indes nur überaus widerwillig beiwohnte, floss doch in der Regel zu viel Blut bei solch einer Löwung.

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  • In dem Knaben brach sich kurzzeitig die Furcht die Bahn, seinem Vater könnte es einer plausiblen Replik gebrechen, welche sich jedoch rasch verflüchtigte, kaum hatte Manius Maior seine Gedanken geordnet und eine akzeptable Antwort gegeben. In der Tat erweckte diese sogar lebhafteste Remineszensen an jenen Schnitter von Mauretanien, aber auch an vermeintliche Löwen und spannende Duelle. Die letzte Äußerung vermochte all jene erfreulichen Erinnerungen jedoch prompt in eine veritable Neugierde zu wandeln, die die vorhergehenden Gefühlsregungen noch übertraf und jegliche Erinnerungen an den Protreptikos seines Vaters verlöschen ließ, sodass sich ein Glanz der Elation in den Augen des jungen Flavius spiegelte, während er voll von Ungeduld fragte:
    "Darf ich sie sehen? Jetzt gleich?"
    Fort waren all jene Gedanken an das soeben kaum begonnene Spiel mit den Legionen von Mensch und Vieh, fort der Wunsch nach dem Triumph seines winzigen Repräsentanten aus Holz. Lediglich die Vorstellung galliger Bestien, deren bloße Assenz bei Manius Minor ein nervöses Kitzeln hervorzubringen vermochte, beherrschte nun sämtliche Denkinhalte seines Geistes.

  • "Nein."
    Noch ehedem auch nur der Keim eines klaren Gedankens die Gelegenheit hatte erhalten, sich empor zu heben aus seinem Schlafe, den sonnigen Aussichten der äußeren Welt sich entgegen zu strecken, war die Rückweisung über des Vaters Lippen geperlt, getrieben von furchtsamen Emotionen und Schreckensbildern, welche ob der Fragen seines Sohnes Gracchus' Sinne hatten überschwemmt. Nicht waren es die grausamen Szenen einer Löwung, bei welcher menschliche Leiber in Fetzen waren gerissen, blutige Klumpen nurmehr auf sandigem Grunde, die scharfen Reißzähne der Episiten rotfarben schimmernd, untermalt von wehklagendem Stöhnen sterbender Seelen, welchen doch die Götter keinen schnellen Tod gewährten. Weitaus schauriger als die farbenprächtigsten Bilder solch alltäglicher Volksbelustigung drängten in Manius Maior sich Erinnerungen an Leontius, den kleinen Löwen seines Neffen Serenus empor, jenes kleine, pelzige Knäuel, welches Aristides aus Parthia hatte seinem Sohne mitgebracht, welches dieser hernach hatte verhätschelt und dressiert - soweit ein wildes Tier solcherlei sich ließ angedeihen - bis dass letztlich glücklicherweise es derart war gewachsen, dass zu den anderen Großkatzen in den Circus es hatte ausziehen müssen. Wenig war furchteinflößender als der Gedanke, sein Spross könne sich ebenfalls ein solches Spieltier wünschen, denn ohne genau darum zu wissen weshalb, so fürchtete er sich davor, Minor einen Wunsch verwehren zu müssen, gleichsam würde Antonia niemals zulassen, dass ein solches Raubtier auch nur in die Nähe ihres Sohnes gelangte, geschweige denn in seine Arme. In jener Furcht begründet indes lag bereits neuerlicher Zwiespalt, hatte doch Gracchus einen Augenblick zuvor bereits getan vor was er bangte - den Wunsch seines Sohnes abgewiesen.
    "Es ist bereits zu spät"
    , suchte er die Endgültigkeit seiner Weigerung hastig zu relativieren, mit einer solch wohlfeilen parentalen Phrase indes, dass er seinen Geist selbst durch seine eigenen Worte beleidigt fühlte.
    "Allfällig in den kommenden Tagen. Zudem müssen wir uns ankün..digen, dass sie ein wenig hungern, bevor wir erscheinen. Denn andernfalls sind sie nur überaus träge und kein allzu er..quickender Anblick."
    Würden die Tiere Bestien gleich fauchen und knurren, ihr Gebiss und ihre Krallen entblößen, wild entschlossen durch die Gitter zu gelangen suchen, um die davor harrenden Besucher in Stücke zu reißen, so würde Minor unbezweifelt davon Abstand nehmen, ein solches Haustier sich zu wünschen - zumindest war dies Gracchus' hoffnungsvolles Ansinnen -, wenn überhaupt in einigen Tagen jener Wunsch wäre noch immer in des Knaben Geist und nicht bereits von alternativen Interessen hinfort geschwemmt.

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  • Die Absage schien jedwede Hoffnungen mit einer Abruptität zum Erliegen zu bringen, zumal darauf eine Stille folgte, die für den Knaben schwerlich zu ertragen war. Auf der einen Hand keimte eine gewisse Desillusion in seinem Geiste auf, auf der anderen Hand jedoch auch ein überaus inkommodes Missfallen, das den jungen Flavius geradezu nötigte, dieses zu verbalisieren.


    Ehe es jedoch hierzu kam, ergänzte Manius Maior den Kausalzusammenhang, der ihn zu jenem Urteil bewogen hatte. Wäre diese erste Erklärung noch auf den Protest des Manius Minor gestoßen, da die Tageszeit in seinen Augen doch in keinster Weise zu vorgerückt war, vermochten es die finalen Worte hingegen doch auf eine gewisse Einsicht zu stoßen. Dennoch konnten sie nicht völlig den ungezügelten Wunsch nach einem Rendevouz mit jenen Bestien zu bremsen, deren Aktivität er vor Zeiten erlebt hatte, die ihm als viel zu weit entfernt erschienen, obschon er sie noch mit dergestalter Klarheit vor sich sah, dass sie sich auch erst am gestrigen Tage zugetragen haben konnte.
    "Aber wir können sie doch heute ansehen und dann noch einmal später! Bitte, Papa! Ich habe schon sooo lange keine Löwen mehr gesehen!"
    begann er schlussendlich in verbindlichem Ton zu betteln. Möglicherweise bot sich dem jungen Flavius doch die Gelegenheit, diesen Tag mit einer derartig einzigartigen Begegnung zu krönen!

  • Hätte der Imperator Caesar Augustus persönlich einen Wunsch Gracchus gegenüber entgegen dessen Interessen geäußert, es wäre letzterem wahrlich einfacher gewesen, diesen abzulehnen, denn gegenüber seinem Sohne dies zu tun. Es war nicht das drängende Bitten, nicht das infantile Betteln, welches das Herz des Vaters zu erweichen wusste, es waren Reminiszenzen an seine eigene Kindheit, seinen eigenen Vater, welcher stets ihm gegenüber so unerbittlich war gewesen - selbst in Hinblick auf geringste Kleinigkeiten -, jeden Wunsch stets ihm hatte abgelehnt, mit harschen Worten abgetan. In den Augen seines Sohnes konnte Gracchus sich selbst blicken, in der Spiegelung darin das Antlitz seines Vaters, dessen Lippen die Negierung formulierten, deren Klangfarbe in seinem Geiste widerhallte.
    Nein, Manius! Nein, Manius! Nein! Nein! Nein, Manius!
    Einem Sog gleich zog das Bild Gracchus Maior in seinen Bann, dass jener sich darin verlor, die Zungenspitze bereits an den oberen Gaumen anlegte, die alveolare Artikulation des zur Ablehnung notwendigen N vorbereitend, sich in den Kreislauf der generationären Iteration zu ergeben, ohne Vergangenheit, ohne Gegenwart und Zukunft - nur beständige Wiederholung. Starr blickten die Armeen einer kindlichen Welt vom Boden des Cubiculums zu ihm empor, schienen nur seiner Entscheidung zu harren, und während ihr wilder Kampf war ausgesetzt, sie der Devastation waren für diesen Tage entflohen, tobte die Schlacht um so erbitterter in Gracchus' Innerstem, wo ein Vater mit einem Sohne rang, ein Knabe mit einem Mann, ein offener mit einem halbgeschlossenen Vorderzungenvokal. Unbemerkt von der äußeren Welt fand in diesem Augenblicke ein Bruch sein Alpha, schälte Gracchus aus dem Leibe des Sohnes sich heraus, streifte die Hülle des Vaters von sich ab und fand mit triumphierendem offenen Vorderzugenvokal, welcher weithin durch die Flure seines Gedankengebäudes hallte, ein Stück seines einzigartigen Selbst, ein Stück individuellen Novums, ein Stück Manius Flavius Gracchus.
    "Na gut."
    Er winkte seinen Sklaven herbei, ihm aufzuhelfen, und murmelte dabei leise in dessen Ohr.
    "Sende einen Boten voraus, dass das flavische Rudel ein wenig aufgestachelt wird."
    Zumindest dieser Teil seines Planes ließ allfällig sich noch umsetzen. Unmerklich nickte Sciurus, währenddessen Gracchus bereits wieder seinem Sohne sich zuwandte.
    "Aber kein Wort darüber zu deiner Mutter."
    Mochte Gracchus auch ab und an seiner inneren Dämonen sich erwehren können - seine Gemahlin war ein Gegner, welchem er - im Bewusstsein, dass er nur verlieren konnte - niemals sich wollte stellen.

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  • Kleinmütig erwartete der Knabe die Replik seines Vaters, den diese hingegen in keinster Weise eilte, da er offenbar noch immer spintisierte, wie er seinen Sohn wohl auf die beste Weise von seinem Standpunkte zu überzeugen vermochte. Dennoch keimte eine gewisse Hoffnung in ihm auf, als es sich abzuzeichnen begann, dass die Debatte nicht mit Hilfe eines knappen "Nein!" beendet würde, wie es bei seinen Paedagogen häufig der Fall war.


    Stattdessen kam schlagartig jene Verlautbarung über die Lippen des Manius Maior, die Manius Minor den Triumph in jener Auseinandersetzung, die kaum gewonnen worden war, ehe sie begonnen hatte, zubilligte und diesen zum Jubilieren brachte. Geradezu im Taumel einer Ekstase stürzte er, begleitet von einem fröhlichen Gluksen, auf seinen Vater zu und fiel ihm um den Leib, was ihm aufgrund seiner geringen Körpergröße nur im Hüftbereich gelang. Vor seinem inneren Auge begannen bereits Löwen durch einen Käfig zu wandeln, ihre monströsen Zähne gefletscht und mörderisch dreinblickend, sodass er von der Anweisung an Sciurius keinerlei Notiz nahm.


    Seine Erregung wurde durch die Ermahnung ob des Schweigens gegenüber seiner Mutter sogar weiter, nahezu ins Unermessliche gesteigert, gab sie doch jener Angelegenheit einen gewissen Reiz des Verbotenen! Einem Dieb gleich würde er sich gemeinsam mit seinem geliebten Vater aus der Villa schleichen und die Raubtiere begutachten, zurückgekehrt, ehe die Claudia ihr Fehlen bemerken würde!


    Kaum war der Sklave jedoch verschwunden, erwachte er aus seiner Vorfreude und es kehrte wieder eine leichte Betriebsamkeit in den Knaben zurück, als fürchte er sein Vater könne seine Meinung ändern oder gar seine Mutter in die Szenerie platzen um die Entscheidung seines Vaters zu revidieren.
    "Gut. Wo sind sie?"
    fragte er somit und blickte mit erwartungsschwangerer Miene zu seinem Vater auf.

  • War noch eine marginale Spur von Zweifel ob seines Entschlusses in ihm geblieben, so spülte spätestens die freudige Reaktion inklusive der Umarmung seines Sohnes jene gänzlich aus Gracchus' Sinnen hinfort, wiewohl auch ihn der zarte Hauch des Abenteuers umfasste, welchen das Vorhaben aufwirbelte - gleichwohl in seinem Falle nicht der Reiz des Verbotenen ihm Elan bescherte, sondern die Aussicht, seinen Sohn in übermäßiger Freude zu sehen, für deren Emporkommen er selbst hatte Sorge getragen. Liebevoll strich der Vater dem Sohne über den Schopf - ab und an schien die Erziehung eines Kindes sich doch als überaus simples Unterfangen zu zeigen, zumindest solange Minors Fragen sich durch simple Tatsachen ließen beantworten wie jene nach dem Quartier der Löwen.
    "Sie sind im Ludus Matutinus untergebra'ht, wir werden die Sänfte dorthin nehmen."
    Ein Spaziergang bis zum Theatrum Flavium war unbezweifelt zu weit, zumindest für träge, patrizische Füße, welche dem Vater definitiv und dem Sohne vermutlich ebenfalls zu eigen waren. Ohne, dass Gracchus dies noch einmal musste gesondert erwähnen, sorgte Sciurus bereits dafür, dass die Sänfte wurde bereitet, indem er die Weisung an einen Sklaven vor der Türe weiter gab, von wo aus sie sich verselbstständigte wie es unter dem strengen Regiment im Hause der Flavier üblich war. An der Pforte noch würden die beiden Gracchen ihre Mäntel erhalten, ehedem sie auf den Weg zum Ludus Matutinus sich würden begeben - umhüllt von den schlichten, doch edlen Stoffbahnen einer flavischen Sänfte, getragen von den starken Muskeln der Sklaven.

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  • "Gut, gehen wir!"
    Natürlicherweise reichte der Knabe seinem Vater die Hand, aufdass dieser ihn durch die Villa zur Sänfte zu geleiten vermochte. Jene nahezu mechanischen Strukturen, die sich indessen in Bewegung setzten, dass ein Sklave durch die Gänge eilte um die Sänftenträger zu aktivieren, die sich wiederum zum Sänftenlager aufmachen würden um die Sänfte an der Porta bereitzustellen, entgingen ihm völlig. Lediglich von dem Produkt all jener Anstrengungen, der bereitstehenden Tragsitze, würde er am Rande Notiz nehmen, dienten sie ihm doch als Vehikel zu jenem ersehnten Abenteuer, das sein Vater ihm in Aussicht stellte!

  • Wie so häufig nach dem täglichen Unterricht, so ergötzte sich der junge Flavius auch heute an seinem Spiel, mit dem er den Tag abzurunden pflegte. An diesem Tage nun beliebte es ihm mit einer Novität in seiner Kollektion, einem berittenen Soldaten zu spielen, der in der Phantasie des Knaben zweifelsohne die Rolle eines Kommandeurs seiner bisherigen Truppen zu übernehmen angedacht war. Zuvor indessen war er bemüht, die Formen jenes Gegenstandes zu erkunden, was ihm durch eine visuelle Inspektion zu große Mühen bereitete oder mithin gar impossibel erschien, da sämtliche Realien vor seinem Auge gleichsam zu verschwimmen schienen, weshalb er sich seiner haptischen Fähigkeiten bediente und jenen Reiter durch seine Finger gleiten ließ, die fein ziselierten Schnitzarbeiten im Bereich der Pferdemähne, aber auch das kantige Antlitz des Soldaten sorgsam betastete und so ein Ganzes jenes Spielzeuges imaginierte, das ihm durchaus gefällig erschien.
    "Ein schönes Geschenk, durchaus!"
    lobte er die Arbeit schlussendlich gegenüber jenem Sklaven, der ihm zu attendieren eingeteilt war und dank der längeren Experienzien mit seinem jungen Herrn, den die Hypermetropie seit geraumer Zeit plagte, keine Verwirrung evozierte, wobei er sich dennoch schmerzlich bewusst wurde, dass es geradezu impossibel war, dass jener Makel vor den Eltern zu verbergen war, selbst wenn der Knabe wiederholt und eindringlich gemahnt hatte, diese unter keinen Umständen darüber zu informieren.

  • Aus dem Arbeitszimmer seines Herrn kommend trat Sciurus vor das Spielzimmer seines Herrn Sohnes, klopfte kurz an, trat jedoch sogleich ein ohne Antwort abzuwarten. Minor saß inmitten des Raumes und bewegte einen kleinen Triumphwagen über den Boden, in welchem ein hölzerner Triumphator mit rotgefärbtem Gesicht den imaginären Jubel einer bunten Zuschauermenge aus menschlichen und tierischen Figuren empfing.
    "Herr, dein Vater möchte dich sprechen. Er erwartet dich in seinem Arbeitszimmer."

  • Obschon dem Knaben auch beim Spielen unterdessen die Freude versagt blieb, seine Figuren in genaueren Augenschein zu nehmen, so inspirierte jener Mangel ihn doch in weitaus stärkerem Maße, als es ohnehin einem Infanten seiner Altergruppe vergönnt war, seinen phantastischen Imaginationen freien Lauf zu lassen. Exemplarisch erleichterte es durchaus die Präsumption, bei einer höchst inhomogenen, massierten Kollektion von Tieren, hölzernen Legionären und gar kleinen Tonfigürchen, deren Proportionen mitunter in keinster Weise zu den übrigen passten, eine gleichartige Masse römischer Bürger zu vermuten, die jubelnd einen siegreichen Triumphator, möglicherweise ursprünglich jenen berühmten Scipio Africanus Maior, in den Spielen des jungen Flavius indessen selbstredend stets den strahlenden, wenn auch laut der Familientradition durchaus kautzigen Divus Vespasianus repräsentierend, ihre Referenz erwiesen.


    Inmitten jenes Geschehens nun trat Sciurius mit durchaus gravitätischer Miene, die Manius Minor Unheil erahnen ließ. In der Tat vermochte der Knabe noch immer nicht Vertrauen zu jener blassen Gestalt zu gewinnen, die seinen Vater stets umgab und gegen den er bisweilen einen stummen, unbewussten Neid hegte, da Manius Maior mit diesem weitaus mehr Zeit zu verbringen flegte als mit seiner Familie oder gar mit Manius Minor allein.
    "Ich komme sofort!"
    erwiderte er dennoch bar jeglicher Feindseligkeit, stieß einen unerfreuten Seufzer aus und ließ die Quadriga stehen, um sich aufzurichten, ein wenig Staub, der, sollte seine Mutter dessen ansichtig werden, durchaus Qualen für die zuständigen Reinigungssklaven evozieren würde, von seinen Knien zu klopfen und dem Vilicus zu folgen.

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