• Als das Mädchen seinen Namen nannte, wandte ich ihr wieder den Blick zu. Diesen Namen hatte ich bereits gehört, nur wo? Ich versuchte mich zu erinnern, doch gelang es mir nicht. Mit einer Kopfbewegung zitierte ich meinen nomenclator herbei. Der schon ältere Sklave reckte sich an mein Ohr und begann, leise flüsternd seine Aufgabe zu erledigen. "Tiberia Septima, Tochter des Tiberius Gracchus, seinerseits Bruder des consul Tiberius Durus. Sie ist unverheiratet und das Mündel des Durus, Herr, und dein Neffe Ursus gedenkt sie zu ehelichen." Meine Brauen ruckten nach oben ob dieser wertvollen Informationen. Ich nickte dem Sklaven zu, woraufhin er sich wieder zurückzog. Daher kannte ich sie also - Ursus hatte mit mir darüber gesprochen, jetzt erinnerte ich mich. Erneut musterte ich die Tiberierin, diesmal interessierter. Wie sie meinen Blick interpretieren würde, wusste ich nicht, ebenso wenig wie ich mich entscheiden konnte, ob ich es unhöglich von Celerina finden sollte, dass sie wohl sich, aber nicht mich vorstellte. Ich nickte knapp einem weiteren Sklaven zu. "Der Senator und pontifex Marcus Aurelius Corvinus!" sagte dieser, und ich fügte an: "Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen, Tiberia."


    Selbstverständlich hatte sie recht, die Unterhaltung auf später verschieben zu wollen. Es wäre schlecht für die Opferung, wenn wir sie mit Desinteresse und angeregter Unterhaltung störten. Deswegen war dies auch vorerst alles, was ich sagte, ehe ich mich wieder der Zeremonie zuwandte. Bisher lief alles glatt, und ich zweifelte nicht daran, dass auch der Rest des Opfers gut verlaufen würde. In Kürze war der Boden um die Opferstätte herum rot vom dunklen Lebenssaft der ausblutenden Tiere. Die vitalia wurden entnommen, und die Eingeweideschau begann. Stille hatte sich über den Tempelvorplatz gelegt.

  • Mein Erstaunen war mir anzusehen und ich unterstirch es mit einen leisen "Aha!" Wie schön, eine Tiberia! Zwar kannte ich die junge Dame noch nicht, doch dies ließ sich schnell ändern.
    "Wie schön, dich kennen zu lernen, Tiberia Septima." Auf meine Verwandten angesprochen runzelte ich erst die Stirn, denn offen gestanden hatte ich kein Auge auf bekannte Gesichter gehabt, hätte die junge Tiberia mich nicht aus meinem Tagtraum herausgerissen.
    "Aja? Wen hast du denn schon aus meiner Familie kennen lernen dürfen?"
    Beiläufig bemerkte ich, dass nun auch mein Gatte seine Aufmerksamkeit auf die Tibererin gelenkt hatte. Ebenso nicht entgangen war mir, wie er sie ansah! Dabei fiel mir ein, ich hatte ihn gar nicht vorgestellt, was man mir wohl kaum als Vorsatz unterstellen konnte. Doch einer unserer Sklaven holte mein Versäumnis schnell nach.
    "Oh ja, wie gedankenlos von mir, dies ist mein Gatte, Senator Aurelius Corvinus."
    Ich konnte der jungen Tibererin in allem zustimmen. Natürlich war es nun recht ungünstig, die Unterhaltung weiter zu führen und ebenso konnte ich ihre Abscheu vor dem nun beginnenden Opfer verstehen. Mir ging es nicht anders. Das viele Blut, welches nun gleich fließen sollte und die Entnahme der Eingeweide verursachte bei mir immer ein in höchstem Maße blümerantes Gefühl in der Magengegend.

  • Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso
    Der Aurelier erinnerte sich an ihn, was Piso sehr erfreute. Es war immer gut, einen bleibenden Eindruck zu machen (wobei es doch irgendwie vernachlässigbar, ob er gut oder schlecht war, wollte Piso doch fast glauben). Und Ursus schien durchaus ob jener Bekanntschaft ihm nciht an die Gurgel gehen zu wollen, also war alles soweit in Ordnung. „Oh, mir geht es sehr gut! Alles läuft bei mir bestens! Und bei dir, wie steht es...“ Er unterbrach sich widerwillig, als seine Worte durch den Schreihals, dem Liktor da vorne, und dem klimpernden und trötenden Lauten der Opferhelfer abgewürgt wurden. Er brach ab und blickte nach vorne. Er versuchte, der Musik zu folgend, ihr vielleicht ungebührlich viel Beachtung schenkend, doch Piso hatte erstens ein Faible für Musik und zweitens wollte er sich nciht nachsagen lassen, er hätte kein Auge fürs Detail.
    Die Consuln begannen, die Stiere einzuweihen. Jetzt würde das Blutspritzen beginnen. Na ja. Er fuhr sich gedankenlos durch seine lockigen Haare und konzentrierte sich auf das gar wundersame Spektakül vor ihm.


    Ursus nickte, um anzuzeigen, daß es ihm im Grunde gut ging. Das Opfer nahm seinen Fortgang, es war wirklich nicht der richtige Moment für Gespräche. "Darf ich Dich später auf einen Becher Wein einladen? Dann können wir uns unterhalten." Er lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf das Opfer. Über Grausamkeit den Tieren gegenüber machte sich Ursus keine Gedanken. Immerhin waren sie ein Geschenk an die Götter. Wie könnten sie dies als schmerzvoll empfinden? Das Blut floß in kräftigen Strömen. Bisher schien das Opfer gut zu verlaufen. Doch es war die Frage, wie die Eingeweidenschau verlief. War alles in Ordnung? War das Opfer angenommen worden? Man konnte förmlich spüren, wie die Menschen den Atem anhielten vor Spannung.

  • „Das wäre sehr freundlich von dir.“, wisperte Piso zurück. HahaHA! Endlich einmal wurde ER eingeladen, und musste nicht, wie es sonst immer der Fall zu sein schien, die Runden spendieren. Er freute sich schon auf einen wohl verdienten Becher erfrischenden und erfrischend kostenlosen Wein. Frohen Mutes nickte er Ursus, der ihm nun um einiges sympathischer war, zu, um sich anschließend wieder der Zeremonie zuzuwenden.
    Zuerst wurde gebetet, bevor die Opfer dargebracht wurden. Durus sah man an, dass er weitaus mehr Erfahrung hatte als der Vitorier, der allerdings ebenfalls eine relativ respektable Arbeit lieferte. Und dann kam das Opfer.
    Das Blut spritzte aus den Hälsern der Tiere in alle Himmelsrichtungen. Der Flavier fuhr leicht mit seinem Kopf zurück, verkniff sein Gesicht und ließ ein leises „Urks...“ über seine Lippen kommen. Das war ja... saftig. Irgendwie faszinierend und gleichzeitig abstoßend. Die Götter mussten ja ziemlich deftige Gesellen sein, wenn ihnen so etwas gefiel. Es tat ihm irgendwie Leid um die drei wunderschönen Tiere, die geopfert wurden. Aber sie wären ohnehin bald alt und grausig geworden, dachte er sich. So würden sie erhalten bleiben, in seinem inneren Auge, das Leben lassend in einer würdevollen Zeremonie. Sein innerer Ekel entschied sich, von seiner Faszination (ma lese: Neugierde) verdrängt zu werden. Das verspannte Gesicht löste sich, Piso blickte wieder genau so attentiv nach vorne wie bisher, mit seinen Augen das Blut verflogend, wie es durch die Rillen der Steine am Tempelvorplatz sich ausbreitete, talabwärts strebend. Was würde nun kommen?
    Er blickte sich kurz um und erblickte Celerina mit, wie jetzt, etwas mit Raben... Corvinus, genau! Die Aurelier hatten es mit Tieren, wie es aussah. Dass sein eigener Name vom Altitalischen für „Erbse“ kam, übersah Piso schlichtweg in diesem Moment. Von irgendjemanden wurden sie über den Haufen gerannt. Irgendeine Frau. Genau konnte er das nicht sehen.

  • Der Senator an Celerinas Seite ließ sich durch einen Sklaven vorstellen. Aurelius Corvinius und Flavia Celerina... Da klingelte doch etwas in Septimas Hitnerstübchen. In dem Moment fiel endlich das As. Auf der Cena ,zu Durus Kandidatur, da waren die beiden ebenfalls eingeladen gewesen. Zwar wurde die junge Römerin dem Senator nicht vorgestellt, aber mit seiner Frau hatte sie sich kurz am Tisch unterhalten. Septima rügte sich selbst für ihr Abgelenktheit dass sie die Personen nicht gleich erkannt hatte. Und das diese Septima nicht erkannten, lag bestimmt daran, dass sie keine Trauerkleidung und keinen Schleier mehr trug.


    Die überschwängliche Begrüßung ließ die junge Tiberia in Anbetracht der Opferzeremonie lieber weg und nickte dem Sentor mit einem charmanten Lächeln zu. Ihre Augen blickten den Mann dabei sehr intensiv an. Dies konnte ein williger Mann schon fast als Einladung – für was auch immer – auslegen. So wie der Aurelier sie angesehen hatte, hatte er wieder wett gemacht, was er sich zuvor durch sein Desinteresse bei Septima verscherzt hatte. 'Männer sind doch alle gleich.' dachte die junge Frau bei sich und war sich sicher, dass sie sogar einem verheirateten Mann den Kopf verdrehen konnte, wenn sie es denn wollte. Aber gerade hier und jetzt wollte sie nicht.


    Flüsternd, und mit einem Auge noch bei Corvinius, erwiderte Septima. „Es freut mich ebenfalls, Flavia Celerina.“ Nun blickte Septima die Aurelia komplett an. „Allerdings hatten wir schon einmal das kurze Vergnügen uns kennen zu lernen. Es ist mir zunächst ebenfalls entfallen, aber du warst mit deinem Mann zur Cena im Hause meines Onkels. Er hatte seine Kandidatur zum Consul bekannt gegeben. Du erinnerst dich?“ Ein kurzes Augenzwinkern folgte und nun lag Septimas Aufmerksamkeit voll und ganz bei Celerina. Wenn sie die Patrizierin anschaute, mußte sie nicht zu sehen, wie die armen Tiere ihr Leben ließen und das rote Blut sich über den Opferplatz verteilte.


    Bei der eintretenden Stille konnten sie jedoch ihr Gespräch vorerst nicht weiter fortsetzten, so dass Septima ihren Blick überall hin lenkte, nur nach Möglichkeit nicht zu den Opfertieren. Wie konnte ihr Onkel dem ganzen so ruhig beiwohnen? Es schauderte die junge Frau.

  • Spurius Tamisius Glaber


    Bisher hatte Glaber den Fortgang des Opfers schweigend verfolgt - erst jetzt kam sein großer Auftritt. Bisher hatte er noch nie ein bedeutenderes Opfer als das Antrittsopfer zweier Consuln überprüft, daher war er ein bisschen stolz, als er nun hervortrat und mit ausladenden Gesten die Schüssel mit den Organen entgegennahm. Langsam hob er zuerst das Herz, das wichtigste der Organe heraus und begann, es zu drehen und zu wenden. Dass all dies reine Show war, wussten die Umstehenden natürlich nicht und so starrten alle gebannt auf die Gesten des Haruspex.


    Auch für den Tamisier war diese Angelegenheit sehr aufregend, denn obwohl er zugesichert hatte, dass er für einen günstigen Ausgang sorgen würde, fürchtete er doch den Zorn der Götter, wenn er ihr Zeichen bewusst missdeutete. Doch zumindest beim Herzen hatte er Glück: Kein Fehler war daran zu erkennen! Nun folgte jedoch die Leber, die häufig nicht völlig in Ordnung war. Hier beschloss Glaber plötzlich, es sich etwas einfacher machen: Mit nur flüchtigen Blicken musterte er das Organ, drehte es fast etwas rasch um und legte es schließlich zurück. Auch die übrigen Organe wurden rasch begutachtet, dann blickte er Vitorius Marcellus, der ihm den Beutel Gold gegeben hatte, an.


    "Litatio"


    sagte er schlicht.




  • Dieses kurze, schlichte Wort rief bei Durus ein unglaubliches Gefühl der Entspannung hervor. Alles hatte funktioniert: Die Auspizien am Morgen, die Salutatio, die Vota - im Grunde fehlte nun nur noch die Senatssitzung, aber damit kannte sich Durus ja inzwischen ziemlich gut aus! So verzog sich sein Mund zu einem gelösten Lächeln, das jedoch gefror, als er bemerkte, dass Vitorius Marcellus dem Haruspex kurz zuzwinkerte. Auffälliger hätte er wohl kaum darauf hinweisen können, dass er den Opferschauer bestochen hatte! Doch das nützte nun auch nichts mehr - so zwang sich der Tiberier erneut zum Lächeln und wandte sich direkt an seinen Kollegen. Dieser nickte Durus zu und gemeinsam wandten sie sich an das Volk.


    "Iuppiter hat das Opfer angenommen, die Vota sind erfüllt."


    verkündete Durus laut, woraufhin ein Jubel erscholl, der natürlich kräftig von den Klienten der beiden Consuln angeheizt wurde. Doch jetzt war keine Zeit für ein Bad in der Menge - Durus wollte zur Sicherheit noch einmal seine Rede durchgehen und dabei einen Bissen zu Essen nehmen - er hatte heute vor Nervosität sogar das Ientaculum ausfallen gelassen und wollte zumindest zum Prandium ein wenig Brot mit Käse zu sich nehmen. Es galt also, den Rückzug anzutreten.


    "Vitorius, wir sehen uns im Senat!"


    erklärte er daher und wandte sich dann an Claudius Lepidus, seinen neuen Schatten.


    "Wir gehen nach Hause!"

  • Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus
    "Siehst du die Stiere? Sie werden der kapito..linischen Trias und der salus publica geopfert, da diese im letzten Jahr für das Wohl des Staates und des ... Imperators haben Sorge getragen. Glei'hsam werden ihnen erneut Bitten angetragen, ihr Wohl auch für die Amts..zeit der neu gewählten Consulen uns zu gewähren, und dafür weitere Opfer verspro'hen zum Beginn des darauf folgenden ... Amtsjahres. So ist dies ein ewig währender Kreislauf, ein Geben und Nehmen zwischen ... den Göttern und dem römischen Imperium, ein ewig währendes do ut des."


    Nach der Salutatio, die bereits einen gewaltigen, adventurösen Charakter für den Knaben besessen hatte, folgten die beiden Flavii nun auch dem Processus Consularis hinauf zum Capitolium, was für den Knaben mit seinen eher kurzen Beinen einen Marsch von größter Länge darstellte. Dieser Anstrengung entsprechend atmete er, als die beiden jenen uralten Hügel, auf dem an diesem Tage auch die Amtszeit begonnen hatte, erklommen hatten. So erwies es sich geradezu als opportuner Fall der Launen von Fortuna, dass die Gesellschaft das Eintreffen des anderen Consul zu erwarten hatten, in der der Knabe die Muße hatte, weitere Teilnehmer an jener uralten Zeremonie zu beobachten.


    All diese Gesten und archaischen Worte wirkten auf den jungen Flavius geradezu magisch, ebenso wie der Tempel des Iuppiter Optimus Maximus, dessen Dach auf unerklärliche Weise das Licht der Sol in goldener Farbe widerspiegelte. Dann jedoch betraten jener Tiberius, der ihn vor kurzer Zeit in die Wange gekniffen hatte, gemeinsam mit einem Mann größeren Leibesumfangs dieses Gebäude und sein Vater gab gewisse Annotationen zum Geschehen.
    "Und Iuppiter ist da drin? Und was macht er mit den Ochsen?"
    Obschon es dem Knaben familiar war, dass die Götter stets der Opfer bedurften, kam diese Frage in diesem Moment an die Oberfläche, obgleich er sie bereits seit geraumer Zeit im Herzen trug.

  • Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso
    „Das wäre sehr freundlich von dir.“, wisperte Piso zurück. HahaHA! Endlich einmal wurde ER eingeladen, und musste nicht, wie es sonst immer der Fall zu sein schien, die Runden spendieren. Er freute sich schon auf einen wohl verdienten Becher erfrischenden und erfrischend kostenlosen Wein. Frohen Mutes nickte er Ursus, der ihm nun um einiges sympathischer war, zu, um sich anschließend wieder der Zeremonie zuzuwenden.
    Zuerst wurde gebetet, bevor die Opfer dargebracht wurden. Durus sah man an, dass er weitaus mehr Erfahrung hatte als der Vitorier, der allerdings ebenfalls eine relativ respektable Arbeit lieferte. Und dann kam das Opfer.
    Das Blut spritzte aus den Hälsern der Tiere in alle Himmelsrichtungen. Der Flavier fuhr leicht mit seinem Kopf zurück, verkniff sein Gesicht und ließ ein leises „Urks...“ über seine Lippen kommen. Das war ja... saftig. Irgendwie faszinierend und gleichzeitig abstoßend. Die Götter mussten ja ziemlich deftige Gesellen sein, wenn ihnen so etwas gefiel. Es tat ihm irgendwie Leid um die drei wunderschönen Tiere, die geopfert wurden. Aber sie wären ohnehin bald alt und grausig geworden, dachte er sich. So würden sie erhalten bleiben, in seinem inneren Auge, das Leben lassend in einer würdevollen Zeremonie. Sein innerer Ekel entschied sich, von seiner Faszination (ma lese: Neugierde) verdrängt zu werden. Das verspannte Gesicht löste sich, Piso blickte wieder genau so attentiv nach vorne wie bisher, mit seinen Augen das Blut verflogend, wie es durch die Rillen der Steine am Tempelvorplatz sich ausbreitete, talabwärts strebend. Was würde nun kommen?
    Er blickte sich kurz um und erblickte Celerina mit, wie jetzt, etwas mit Raben... Corvinus, genau! Die Aurelier hatten es mit Tieren, wie es aussah. Dass sein eigener Name vom Altitalischen für „Erbse“ kam, übersah Piso schlichtweg in diesem Moment. Von irgendjemanden wurden sie über den Haufen gerannt. Irgendeine Frau. Genau konnte er das nicht sehen.


    Das Opfer war angenommen worden, die Menge jubelte den Consuln zu. Unter ihnen auch Ursus. Dann war die Opferzeremonie beendet. Eigentlich hatte Ursus damit gerechnet, daß die Consuln nun langsam durch die Menge schritten, Hände schüttelten und hier und da mit den Menschen sprachen. Aber das blieb aus. Offenbar hatten die beide alle Hände voll zu tun. Übel schien es ihnen niemand zu nehmen, die Leute waren zufrieden damit, daß das Opfer gut verlaufen war. Die Menge verlief sich nun nach und nach.


    "Jetzt ist es wieder erlaubt, normal zu reden", grinste Ursus den Flavier an. "Um Deine Frage zu beantworten: Mir geht es gut. Das Jahr in Mantua habe ich gut verkraftet. Kennst Du eine gute Taberna in der Nähe?" Er hatte nicht vergessen, daß Piso in der Kanzlei arbeitete. Sicher war er über alles informiert. Dazu war er ein netter Kerl und gehörte zu einer mit den Aureliern eng befreundeten Familie. Viele Gründe, etwas engeren Kontakt zu ihm zu suchen.

  • Piso blickte von dem unglücklichen Zusammenstoß wieder nach vorne, wo der Haruspex sein Litatio röhrte - war das nicht etwas schnell? Nun, der Haruspex würde sicher wissen, was zu tun war.
    Das Ritual war nun an seinem Ende angelangt. Die Menge schäumte vor Glück, auch Piso ließ sich zu „Hurra“-Rufen hinreißen. Diese waren natürlich zu allererst an Tiberius Durus gerichtet.
    Er fühlte sich nun aber plötzlich von hinten angesprochen. Er fuhr, eine Sekunde lang ehrlich erschreckt, herum, und blickte Ursus an. „Hast du mir einen Schrecken eingejagt!“, gestand er und schaffte es zu grinsen.
    „Sehr gut, dass dir das Tribunat gefallen hat.“ Piso, durch dessen Hände jeglicher Verwaltungskram floss, wusste, was Ursus im letzten Jahr getrieben hatte. Dessen Frage verriet ihm nun, dass der Aurelier noch nicht vergessen hatte, was er versprochen hatte.
    Eine gute Taberna? Dero kannte er viele, und so musste er eine Sekunde lang nachdenken, bevor er eine aus dem Gedächtnis hervorkramte. „Das Forum Pacis, am Forum Romanum. Eine sehr angenehme Taverne. Ein echter Geheimtipp.“, meinte er. Dort war er ja mit Verus einst gewesen. Wie sie dort über ihre Zukunft philosophiert hatten... wie das glückliche Zeiten gewesen waren... er versuchte, den Gedanken, der omnipräsent schien, zu verdrängen.
    „Ähm, ja. Nun, ich kann dich dorthin führen, wenn du willst. Dir wird es sicherlich gefallen.“, schlug er vor.

  • Ursus lachte leise. "Es freut mich immer wieder wenn es mir gelingt, jemanden so zu überraschen", scherzte er. Daß er den Flavier so erschrecken würde, hatte er tatsächlich nicht erwartet. Denn immerhin war das Opfer beendet und sie hatten ihre Unterhaltung vorhin sehr abrupt abbrechen müssen. "Das Forum Pacis? Eine Taberna in der Nähe des Forums, die ich noch nicht kenne! Das ist eine Bildungslücke, die ich schnellstens schließen muß. Hatte sie früher einen anderen Namen, kann das sein? Eigentlich kenne ich mich in der Gegend recht gut aus." Nur mußte er zugeben, daß er in den letzten Jahren wenig Zeit gehabt hatte, durch die Straßen zu stromern. Und es war sehr fraglich, daß sich das in den nächstne Jahren ändern würde. Er seufzte innerlich. Diese Zeiten waren wohl endgültig vorbei.


    "Dann schlage ich vor, wir nehmen diese Taberna. Du bist noch immer in der Kanzlei beschäftigt, oder? Hast Du immer noch keinen Drang zu einer höheren Berufung?" Das würde Ursus verwundern, denn Piso war intelligent und besaß Tatkraft. Da durfte Ehrgeiz doch eigentlich nicht fehlen.

  • Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus Minor
    "Und Iuppiter ist da drin? Und was macht er mit den Ochsen?"


    Der Frage Minors folgend blickte Gracchus zum Eingang der Cella des Iuppiters hin, und er musste sich eingestehen, dass das Wesen der religio ein derart komplexes Konstrukt war, dass es würde schwer sein, dies seinem Sohn auf einfache Art und Weise verständlich zu machen.
    "Iuppiter ist in seinem Tempel besonders präsent, wiewohl er ni'ht nur in seinen Tempeln zu finden ist. Es ist Teil des göttli'hen Wesens, dass es nicht auf eine einzige materiali..sierte Erscheinung sich reduzieren lässt, do'h dort, wo der Mensch es adoriert, ist es außerordentli'h gegenwärtig."
    Gleichsam wie das göttliche Wesen an Macht verlor, so es in Vergessenheit geriet, wenn auch das dahinter stehende metaphysische Prinzip weiterhin Bestand hatte, was Gracchus seinem Sohn jedoch derzeit noch nicht wollte an Wissen aufbürden, um jenem nicht den Glaube an die ewige Macht der römischen Götter zu nehmen.
    "Die Ochsen werden geschla'htet und nur die vitalia werden den Göttern über..eignet. Dies sind die kostbarsten Stücke bezügli'h der Vitalität, jene Teile des Tieres, die unabdingbar zum Leben notwendig sind - das Herz, die Leber, die Galle, die Lunge und das Bau'hfell."
    Dass es darüber hinaus jene Teile eines Tieres waren, welche der Mensch nicht verzehrte und nicht weiter konnte verwerten - für den Menschen also vollkommen wertlos -, sparte Gracchus ebenfalls vorerst aus.
    "In ihnen su'ht der Opferherr oder ein Haruspex nach Anzei'hen des göttlichen Willens, denn so Iuppiter nicht gewillt ist, das Opfer anzu..nehmen, so wird er in jenen vitalia dies zum Ausdruck bringen, dur'h Verknotungen oder Verfärbungen im Gewebe oder ähnlichem."
    Wiederum verschwieg Gracchus, dass die Consulen solcherlei Zeichen an diesem Tage würden ignorieren, da für dieses Opfer nicht der Wille der Götter von Belang war, sondern einzig das positive Ergebnis für das Volk.
    "Herna'h werden sie dem Feuer übergeben und somit in die göttlichen Sphären überführt, wo die Götter si'h daran laben, einem Mahl gleich. Der Rest des Tieres ist für die Götter uninte..ressant und wird darob an die Menschen verteilt."
    Letztlich war es neben der Manipulation auch dies, was das Gelingen eines großen, öffentlichen Opfers ausmachte, die inhärente Bestechung - denn obgleich die Opferherren selten überhaupt dies sich konnten vorstellen, so war ein voller Bauch doch weit weniger geneigt, an dem vorher verkündeten Willen der Götter zu zweifeln als ein leerer Bauch, welcher einen unzufriedenen Geist nährte. Doch auch dies waren Zusammenhänge, welche der kultischen Erziehung eines Kindes nicht sonderlich dienlich waren, ob dessen von Gracchus nicht erwähnt. Ohnehin waren die beiden Consulen bereits aus dem aedes auf den Vorplatz des Tempels zurück gekehrt und die Opferung nahm weiter ihren Lauf, so dass die Menge wieder schweigen musste. Wie zu erwarten gab es keinerlei unerwartetes Ergebnis, das Opfer ward angenommen, die Zeremonie beendet.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Piso musste ebenfalls lachen, als Ursus seinen Witz zum Besten gab. „Das hast du wirklich können! Mein armes Herz!“ An seiner amüsierten Miene konnte man aber ohne Zweifel sehen, dass er dies nicht ernst meinte. Er war wohl wirklich ein wenig schreckhaft, vielleicht hatte der Anblick vom ganzen Blut seine Beine eingeweicht. Er musste ein wenig standhafter werden, sonst würde er, wenn er dereinst Tribun werden würde – was er vorhatte – kläglich versagen.
    „Hmm. Ob die Taverne den Namen geändert hat, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich vor einiger Zeit schon dort gewesen war, und damals hatte sie schon den Namen. Sie ist halt eher klein. Aber sehr geschmackvoll.“, versicherte er Ursus. „Ich denke, sie wird dir gefallen.“
    Ursus‘ Seufzen entging Piso nicht, jedoch deutete er es als nicht wichtig. Er konnte halt nicht Gedanken lesen, auch wenn dies hie und da schön wäre.
    „Ja, genau, die Kanzlei, die lässt mich wohl überhaupt nicht mehr los.“ Er zuckte mit den Schultern. „Meine Karriere ist ziemlich verbockt, denke ich... na ja. Gehen wir erst einmal zur Taverne. Dort können wir uns dann weiter unterhalten.“, schlug er vor, und setzte sich dann in Bewegung, den Capitol hinunter gehend, zur Taverne hin.

  • Ursus lachte. Den richtigen Humor hatte der Flavier auf jeden Fall. Von weichen Knien bei Piso bemerkte Ursus nichts. Er fand den Anblick des vielen Blutes zwar auch nicht schön, aber es machte ihm auch nichts aus. Er hatte schon so vielen Opfern beigewohnt, einige auch selbst gebracht, dazu war er auch ein paar mal auf der Jagd gewesen. Nein, das war wirklich nicht weiter schlimm. Blut und Tod, beides gehörte zum Leben.


    "Klein, aber geschmackvoll klingt wirklich sehr danach, daß es mir gefällt", bestätigte Ursus lachend und folgte Piso den Hügel hinunter. Auf das Thema Karriere ging er jetzt und hier nicht ein. Über so etwas sprach es sich besser bei einem Becher Wein.


  • Aufmerksam lauschte der Knabe den Ausführungen seines Vaters, die, obschon dieser darauf Acht gegeben hatte, sie nicht in ihrer vollständigen Komplexität wiederzugeben, zu erneuter Konfusion des jungen Flavius führten. So schien Iuppiter einerseits durchaus innerhalb jenes Marmorbaus präsent, zumindest offenbar für die Dauer der Zeremonien, andererseits jedoch auch an anderen Orten zu finden zu sein, sodass es Manius Minor unerklärlich erschien, warum jener honorable Zug die Mühen auf sich genommen hatte, diesen Hügel zu besteigen, wo es doch offenbar ebenso legitim erschien, jeden beliebigen Ort für eine derartige Opferung heranzuziehen. In besonderem Maße war dieser Umstand jedoch unbegreiflich, da das Opfer ja gewissermaßen ein Präsent an die Gottheit darstellte, sodass es in den Augen des Knaben gebührlicher gewesen wäre, wenn diese dem Opferherrn ein gewisses Maß an Entgegenkommen gezeigt hätte und die Gabe im Hause des Consuls abgeholt hätte. In ebensolcher Weise war es ihm jedoch kaum apprehendabel, warum Iuppiter darüber hinaus nicht gemäß einem alten Proverbium verfuhr, das da lautete: 'Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul!'.


    All jene Zweifel vermochte der Knabe jedoch nicht zu äußern, denn schon schritten die Consuln zur Tat, kaum hatten sie das Tempelgebäude verlassen. Der Ruf des Herolds war nämlich auch dem Knaben durchaus verständlich und angesichts des Faktums, dass sämtliche Anwesende ihre Gespräche einstellten, schwieg auch er, wenn auch widerwillig. Jener Widerwillen wurde noch durch den Umstand verstärkt, dass er ob seiner geringen Körpergröße wegen wenig von dem Geschehen auf dem Tempelvorplatz zu sehen vermochte, weshalb er letzten Endes beschloss, sich seinem Kuchen, den er während des erhitzenden Marsches vernachlässigt hatte, zuzuwenden.
    Mit größter Vorsicht entledigte er diesen seines Bandes, dann brach er sogleich ein Stück heraus, was den deliziösen Duft süßen Honigs in seine Nase strömen ließ. Als die Beile auf die Schädel der Tiere niederflogen, stießen so auch seine Zähne zusammen, während sie das Gebäckstück zermalmten und so für die Digestion bereiteten. Als schließlich der Haruspex die Litatio verkündete, deuteten lediglich die Rückstände, die im Umfeld um den Mund im Angesicht des jungen Flavius klebten, darauf hin, dass dieser im Besitz jenes Sportulums gewesen war.


    Aus diesem Grunde konnte Manius Minor keinerlei Anlass erkennen, weiterhin auf ermüdende Weise auf einem Hügel zu stehen, weshalb er sich nun endlich wieder an Manius Maior wandte:
    "Papa, gehen wir? Mir tun die Füße weh!"
    Zur Untermauerung seiner Beschwerde beugte er sich leicht nach vorn und knickte seine Knie leicht ein, sodass sich sein Schwerpunkt stärker auf die Fußballen verlagerte, um die Belastung und damit den Schmerz im hinteren Teil seiner Füße zu lindern.

  • Als Gracchus seinem Sohn sich wieder zuwandte, war der Kuchen, das Sportulum des Tiberius, fort und nur mehr einige Krümel um den Mund Minors herum zeugten davon, dass er je hatte existiert. Mit einem leichten Schmunzeln hob er die Linke, um mit dem Daumen die Brösel aus dem Gesicht seines Sohnes zu wischen, und war gleichsam froh, ihn bei sich zu haben. Zwar spürte er nicht allzu sehr seine Füße, dahingegen jedoch die Anstrengung des Gehen und Stehens ganz allgemein in seinem gesamten Leibe, doch während er selbst kaum sich diese Schwäche hätte zugestanden, so gereichte eine Bitte aus dem Munde Minors dazu, den Rückweg auf direktem Wege anzutreten.
    "Ja, gehen wir. Deine Mutter wartet sicherli'h schon."
    Er wandte sich um und winkte Sciurus heran, dass dieser dafür würde Sorge tragen, dass die Sänfte - mit welcher sie zur Villa Tiberia waren gelangt, und die zum Fuße des Capitols war voraus geschickt worden - ein wenig die Hügelstraße hinauf ihnen würde entgegen kommen. Sodann legte der Vater dem Sohn seine Hand auf die Schulter, dass er ihm nicht würde verloren gehen in dem noch immer reichlichen Gedränge, und Gracchus Maior und Minor traten den Weg nach Hause an.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Leider erhielt Septima keine Antwort mehr von Corvinus und Celerina, da die Beschauung der Vitalis folgte und die Zuschauer alle gebannt auf den Haruspex schauten und schwiegen.


    Das schlichte Wort ‚Litatio’ ließ die Gemeinde erleichtert aufatmen und kaum hatte Durus seine Worte gesprochen, schon erhob sich wieder das Gemurmel der Menge. Septima beobachtete ihren Onkel und sah, wie er sich kurz mit Vitorius und anschließend Claudius Lepidus unterhielt und anschließend den Weg nach Hause einschlug.


    „Ihr entschuldigt mich bitte.“ verabschiedete sich die junge Tiberia von dem Paar Corvinus und Celerina. „Es hat mich sehr gefreut eure Bekanntschaft zu machen, aber ich fürchte ich muß meinem Onkel folgen.“ Ein entschuldigendes Lächeln begleitete die Worte der jungen Frau ehe sie sich von den beiden abwand um ebenfalls die heimatliche Villa anzustreben. Der Tag hatte sehr aufregend begonnen.

  • Statt mich in die begonnene Unterhaltung der beiden Damen einzumischen - ohnehin hätte ich nicht viel mehr als ein "Freut mich, dich kennenzulernen" beisteuern können und das hatte ich bereits getan - zog ich es vor, dem Geschehen auf dem Tempelvorplatz zu folgen. Doch kaum dass jenes seinen gelungenen Abschluss gefunden hatte, zog es die junge Tiberia auch schon fort, ihrem Onkel hinterher. Ich verabschiedete mich höflich - nicht ohne verwundert gehobene Braue, hatte sich doch bis zuletzt keine Gelegenheit für weitere Unterredung geboten, da das Opfer in vollem Gange gewesen war.


    Als Septima uns verlassen hatte, wandte ich mich an Celerina. "Lass uns auch gehen." Ehe die Straßen überfüllt und der Heimweg beschwerlicher sein würden. Nach einem letzten Blick auf die Tempelbediensteten, die bereits wieder fleißig aufräumten, setzte ich mich in Bewegung.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!