Triclinium | Ein flavisch-aelisches Mahl

  • Die Worte Pisos gefielen Quarto sichtlich.
    Er nickte und wenn man genau hinsah, dann konnte man sogar ein angedeutetes Lächeln über sein Gesicht huschen sehen.


    “Eine Lösung wie du sie skizzierst, Aulus Flavius Piso, eine solche Lösung des Nachfolgeproblems erscheint mir durchaus realisierbar und, wenn ich für mich sprechen darf, auch wünschenswert.
    Natürlich müsste sie juristisch noch geprüft werden.
    Selbstverständlich ist auch richtig was du gesagt hast, Senator Flavius Furianus. Es ist nicht festgelegt, dass der Sohn eines Kaisers sein Nachfolger werden muss. Der regierende Kaiser kann auch einen anderen bestimmen.
    Ich fürchte nur, dass genau dies zu einer Situation führen würde, die das Reich destabilisiert und dann erneut das Monster eines Bürgerkrieges am Horizont erscheint, so wie du es, Senator Flavius Gracchus, gesagt hast.
    Bliebe es dabei, dass der Imperator Caesar Augustus seine Nachfolge unbestimmt lässt, dann wird sie durch die Gesetze geregelt. Auch dann wäre, nach den Buchstaben dieser Gesetze, sein Sohn Maioranus der Nachfolger. Aber dann wäre unklar, wie zu verfahren ist, sollte dieser noch nicht volljährig sein und er hätte nicht den zusätzlichen Rückhalt eines Caesaren-Titels.
    Ein Mann wie der Praefectus Urbi könnte dann versucht sein, einen so jungen Kaiser unter seinen Einfluss zu bringen und weiterhin die Amtsgeschäfte zu führen, so wie er es schon jetzt tut, oder vielleicht sogar mit noch viel weiter reichenden Vollmachten.“


    Es war ungewohnt für Quarto, mit den alten und gewohnten Feinden derart offen über dieses Thema zu sprechen. Noch vor wenigen Wochen hätte er es vermutlich rundweg abgelehnt und sich gesagt, dass ginge diese gar nicht weiter an.
    Aber diese alten Feinde sollten vielleicht zu Freunden werden und er wusste auch, dass er so viele Mitstreiter wie nur irgend möglich gewinnen musste, um eine Kaisernachfolge in seinem Sinne zu gewährleisten. Solange Maioranus noch im Knabenalter war und Salinator Einfluss hatte stand das ganze Unterfangen auf wackeligen Füßen und konnte leicht scheitern.


    “Wir scheinen uns einig darin, dass wir einen Bürgerkrieg unter allen Umständen verhindern wollen.
    Der Praefectus Urbi verfügt hier in Rom über nur wenige Anhänger, soweit ich weiß. Mir gegenüber hat noch kein Senator offen seine Sympathien für ihn bekundet, aber viele haben sich über ihn beklagt.
    Allerdings glaube ich, einige werden insgeheim doch auf seiner Seite stehen und wenn nicht aus Überzeugung, so doch vielleicht weil er ihre Schulden bezahlt hat.
    Denn Geld hat der Mann zur Verfügung und er hat den Befehl über die Urbaner.
    Außerdem, sehr richtig, muss man vermuten, dass ihm auch die illyrischen Legionen sehr weit folgen würden, selbst wenn er einen Weg einschlagen sollte, der sich nicht mit der Verfassung deckt. Das wären meines Wissens vier: die Legio XXV Sarmata, die Legio XIII Gemina, die Legio VII Claudia und die Legio XIV... oh, welch Zufall, sie trägt den Beinamen 'Flavia'.
    Wer weiß, vielleicht erstreckt sich sein Einfluss sogar noch weiter und auch auf die weiter östlich, in Dacia und in Thracia stehenden Legionen. Das wären dann nochmals vier.“


    Quarto behauptete gerne, sich in militärischen Fragen nicht auszukennen. Aber wenn es so war, dann hatte er sich zumindest über diese Details kundig gemacht.


    “Ich gebe zu, dass ist nur eine sehr einfache Rechnung. Doch in der Summe ergäbe das bereits eine beachtliche Streitmacht. Und wer weiß, vielleicht ist da noch mehr. Es gibt das Gerücht, er würde freundschaftliche Briefe mit Publius Veturius Cicurinus austauschen. Veturius Cicurinus ist der Statthalter von Syria, wie ihr natürlich wisst. Andere Gerüchte besagen, er hege eine tiefe Abneigung gegen alle Patrizier und man munkelt sogar, er wolle ihre Steuerfreiheit beenden – also eure Steuerfreiheit.“


    Quarto warf einen Blick in die Runde. Er sah dabei ein bisschen wie ein altes, lauerndes Reptil aus.
    Gab es solche Gerüchte tatsächlich, oder hatte er sie sich nur ausgedacht?


    “Wer sind seine Freunde? Eine gute Frage.
    Woran bin ich mit euch? Wo stehen die Flavier?
    Steht ihr fest zum Regime der Ulpier? Er wurde oft beteuert und gerne will ich es glauben.
    Aber dennoch hat ein Sohn eures Hauses versucht den alten Kaiser Iulianus umzubringen. Marcus Flavius Sextus, ein Knabe eures Blutes!
    Vielleicht war er besessen, vielleicht hat ihn aber auch der Traum verleitet, einst könnte wieder ein Flavier auf dem Thron sitzen, so wie es einmal war.
    Wie steht es um eure Träume?“


    Diplomatisch und freundlich hatte Quarto angefangen. Jedem einzelnen seiner Gastgeber hatte er zugestimmt. Aber das Ende war eine unverblümte Attacke. Wollte er seine Gesprächspartner herausfordern?
    Als wäre nichts gewesen ergriff er in aller Ruhe seinen inzwischen leeren Becher und hielt ihm einem der Sklaven hin, damit der ihm nachschenken konnte.




    Sim-Off:

    Ich muss bei diesem Gespräch ein kleines Problem umschiffen.
    Chronologisch vor diesem Treffen, aber in Realzeit parallel dazu, sprechen Archias und Quarto in Misenum mit dem Kaiser. Quarto wird im Rahmen dieser Unterhaltung – so habe ich es zumindest vor – noch auf die Themen Nachfolgeregelung/Caesar und die Unbeliebtheit Salinators zu sprechen kommen.
    Aber das ist jetzt noch nicht geschehen und darum weiß ich zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht, wie der Kaiser darauf reagiert. Das ist nun ein bisschen unglücklich, aber darum muss ich bei Quartos Antworten momentan noch etwas wage bleiben.
    Ihr könnt Quartos Ausweichen bei diesen Themen SimOn natürlich trotzdem als gegeben nehmen. Versteht aber bitte, dass ich Quarto, selbst wenn ich es wollte, bei einigen Einzelheiten zurzeit einfach noch nicht konkreter werden lassen kann.

  • Wie gut, dass Gracchus nach Furianus' Worten nicht lange fackelte und gleich loslegte, sonst hätte Caius wohl erwiderte, dass Quarto und er deswegen hier waren, die Flavier aber, weil sie eben hier wohnten. Und das hätte dann wohl unweigerlich zum Rausschmiss des Abends geführt. Und zu lebenslangem Hausverbot für ihn. Vielleicht wäre er sogar irgendwann an einem Giftbecher Wein erstickt...


    So aber rettete ihn Gracchus unwissentlich vor einem trübseligen (oder gar keinem) Schicksal, wenn Caius auch nur die Hälfte von dem verstand, was der Flavier da so von sich gab. Es liegt im Ermessen der Flavier, die Stabilität des Imperium Romanum zu gewährleisten, und die Frage der Nachfolge des Imperators trägt unbezweifelt zu dieser Stabilität bei, wiewohl dies - so er umsichtig und vorausschauend agiert - keinesfalls nur Angelegenheit Valerianus' selbst ist, gleichsam ebenso wenig nur in Hinblick auf seinen Gesundheitszustand zu beurteilen, hat die Geschichte uns doch gelehrt, dass so mancher Imperator wenige Tage vor seinem Tode noch sich bester Gesundheit erfreute? Wuäh? Hätte man ihn niedergeschrieben, wäre das vermutlich ein Satz gewesen, der über vier Zeilen gegangen wäre. So aber versuchte sich Caius am Satzende krampfhaft an den Anfang zu erinnern. Caius sagte dazu erstmal nichts, sondern versuchte, für sich selbst zu übersetzen. Er hätte es nicht gedacht, aber jetzt in diesem Moment hiet er sich doch selbst für bescheuert, dass er damals lieber fischen gegangen war statt Rhetorik zu büffeln. Dann hätte er entsprechend klug und weise klingend antworten können, statt einfach nur »Aha« zu sagen. Deswegen sparte er sich das. Und Piso polterte gleich hinterher.


    Quarto schien davon recht angetan, wie ein Blick in dessen Richtung Caius verriet. Er sah auch noch mal zu Furianus, dessen Erbostheit er jetzt nur noch witzig fand, nicht mehr, hm, bedrohlich. Aber das behielt er schön für sich und schaute lieber ernst und gewichtig. Das hatte er sich bei Quarto abgeschaut, als sie beim Kaiser gewesen waren. Mit Quartos Erwiderung schwanden bei Caius so ziemlich alle Hoffnungen darauf, dass hier eine Versähnung stattfinden konnte. Es würde wohl maximal ein Bündnis geben, das aber per Fingerschnippen ebenso schnell wieder aufgelöst werden konnte, wie es geschlossen wurde. Das war es, was Piso hatte einfädeln wollen? Er sah seinen Jugendfreund ein wenig traurig an. Caius hätte ablehnen sollen, als Quarto ihn gebeten hatte, mit hierher zu kommen. Er überlegte, ob es wohl als unhöflich gelten würde, nach dem Löffel zu greifen, nichts mehr zu sagen und einfach weiterzuessen. Der Wein war auch ganz gut, vielleicht sollte er sich auch einfach einen hinter die Binde kippen? Caius rang mit sich selbst. Er wusste, dass dieses Treffen wichtig war. Aber dass er einfach nichts drauf hatte außer Spaß und Unsinn und vielleicht die Verwaltung von Briefen, das wurde ihm gerade so klar wie das Glas, aus dem die Becher der Flavier gemacht waren.

  • Langsam war er es leid, nachdem nun auch der jüngste Flavier, nach Gracchus, dem jüngsten Aelier in diesem Raum noch einmal die Bedeutung der Nachfolge nahe legte, und der älteste Aelier es noch einmal erwähnte, mit politischer Nachsicht vorzugehen. Seiner Meinung nach war Aelius Archias hier fehl am Platze und trug unweigerlich zu einer sich stetig nähernden Animosität bei. Solche Gespräche waren recht zäher Natur und eine fordernde Rhetorik, welche der Jüngling forcierte, trug unweigerlich dazu bei diese in eine reizvolle Umgebung zu verlagern. Und dies war schon für viele Momente in der römischen und durchaus griechischen Geschichte ein Todesstoß. Nur die Verpflichtung Quarto mit einem Schlussstrich nicht zu verstören hielt ihn an seinem Platze und er suchte nach einer gewissen Ablenkung, die er im Essen zu finden hoffte.


    Der Wortwechsel zog sich dahin und Flavius Furianus beteiligte sich offensichtlich keineswegs mehr damit, tat so, als wäre die Brisanz und der Wille gänzlich erloschen oder vielmehr ersetzt durch das Essen. Es war sehr nahrhaft, konnte er sich denken, die Speise delikat, ein wenig pikant, aber doch recht schmackhaft auch für einem lukullisch verwöhnten Magen wie dem eines Flavius.
    Als nun wieder Quarto das Wort ergriff, wurde der Flavier wieder hellhöriger. Durchaus hatte der Jungspund nun auch die Rhetorik des älteren Aelius nicht zu den Gunsten eines glücklichen Abschlusses beeinflusst, wie der Flavier nach den ersten Sätzen herauszuhören vermochte. Nun war auch Quarto forscher und fordernder, die rhetorischen Fragen flogen nur so umher und Flavius Furianus sah sich gezwungen eine andere Liegeposition zu wählen, sich jedoch zuvor von dem Essen zu verabschieden.
    So schluckte er ein letztes Mal und richtete sich ein wenig auf, um größer zu wirken, denn er würde dem die Stirn bieten müssen - solch eine Offerte zum Gegenschlag wurde einem selten geliefert. Und das in solch herausfordernder Polemik.


    "Zuerst einmal möchte ich ganz offen sagen, dass für unsere Familie die Staatsräson unweigerlich den höchsten Vorrang hat. Damals, heute und auch in der Zukunft.", leitete er mit fester Stimme ein und fixierte Quarto. "Die Geschichte unserer Familie ist schon seit Generationen mit der des Reiches verflochten, ob dies nun zu unserem Vorteil oder Nachteil gereichen mag steht auch nicht zur Debatte."
    Die offene Anfeindung, welche sich nicht nur durch die geschickte Erwähnung einer Legio "Flavia" nieder schlug, sondern auch in der Geschichte um den Mordversuch mündete, konnte man nicht unbeantwortet lassen und so war es sicherlich auch dem Flavius Furianus nicht zu verübeln die Conenance für einige Augenblicke außer Acht zu lassen.
    "Die Vergangeheit sollte uns vieles lehren, da stimme ich mit dir überein, falls du, Senator Aelius, dies mit dem Knaben unseres Blutes andeuten wolltest - und gewiss wolltest du. Eigentlich gehört dieses Kapitel nicht zu denen, welche hier erzählt werden, sicherlich auch nicht zu den rühmlichsten Kapiteln, doch ich sehe es als meine Pflicht hier einige Anmerkungen beizufügen."
    Kurz entglitt der Blick zu seinem Vetter und dem jungen Piso, doch dies war keiner der Blicke, welche man seinen engsten Vertrauten zuwarf, um die nächste Aktion zu legitimieren, gar um Erlaubnis oder einer Einmischung zu bitten, es war vielmehr ein Blick, welcher bedeutete, dass man Worte sagen musste, die gegen gesellschaftliche Regeln würden verstoßen oder gar Gäste kompromittieren konnten. Eine Unmöglichkeit, die eine flavische Erziehung nicht vorsah. Und doch war es unumgänglich.
    "Dieser Knabe unseres Blutes war - nach meinem Informationsstand - quasi ein Ziehsohn des alten Iulianus.", und sein Blick fixierte wieder den älteren Aelier.
    "Dieser Knabe wurde unterrichtet, umsorgt und war wohnhaft im kaiserlichen Palast. Neben seiner Mutter hatte kein flavisches Mitglied Umgang mit dem Knaben. Diese, seine Mutter, war auch lange Zeit nicht in unserem Hause geduldet. Also ist folgerichtig, Senator Aelius, diese Tat einer Besessenheit entsprungen, die keineswegs ihren Ursprung in diesem Hause hätte finden können, sondern entweder bei der verstoßenen Mutter, welche damit ihren perfiden Wunsch nach einer Aussöhnung hätte befriedigen wollen, oder in dem Palast selbst zu suchen ist."
    Und mehr wollte er dazu auch nicht sagen. Es rankten sich ohnehin schon zu viele Geschichten um die von Gier Besessene oder ihrem Sohn, der vielleicht einmal hätte wahrliche Chancen sich erhoffen können Caesar zu werden. Und Flavius Furianus, das würde er niemals zugeben, hätte sicherlich Gefallen an einem auf dem Thron sitzenden Flavius gefunden.


    Die Richtung, die dieses Gespräch nun ging, war doch zu sehr geprägt vom Pathos der alten Feindschaft und, zu der größten Missbiligung des Flaviers, voller Mutmaßungen und Emotionen. Eine Art Gesprächsverlauf musste erstellt werden und dieser sollte schnell folgen, noch bevor Aelius Quarto würde genügend Zeit zur Antwort haben.
    "Ich finde den jetzigen Verlauf des Gespräches nicht gerade zielführend und, wenn ich ehrlich bin, ein wenig unglücklich. So würde ich gerne vorschlagen die politische Situation, insbesondere die Personalie des Praefectus Urbi, näher zu ergründen, bevor wir zu unseren Träumen und Wünschen kommen. Schließlich bin ich, und auch das muss gesagt werden, wohl nicht über alles informiert und auch du, Senator Aelius, könntest noch manch interessante Information dir anhören können."
    Es ging eindeutig zu schnell für den Flavier. Man wusste nicht einmal, ob man auf dem gleichen Informationsstand war und bevor man sich hier zu Gesprächen in die eine oder andere Richtung verleiten ließ, so sollte man doch größtmöglich alles in Erwägung ziehen.
    "Deine Ergründung der politischen Situation, Senator Aelius, ist durchaus interessant. Bislang wusste ich noch nichts über das Gerücht um einen Brief an Publius Veturius.", womöglich spielte der Aelier auch mit falschen Karten - es galt dies später zu prüfen.
    "Die Legionen im Osten genügten sicherlich, um die Macht von Vescularius zu festigen, aber alleine sie reichen meiner Meinung nach noch lange nicht aus. Was gerade in der heutigen Zeit noch als ebenso wichtig erscheint, wie wohl auch in der Vergangenheit," er lächelte ein wenig, "dies sind der Beamtenapparat und die Prätorianer. Gerade letztere sind für manche gescheiterten Träume einiger unserer Kaiser verantwortlich. Und der Beamtenapparat hat in letzter Zeit eine immense Stellung in der Politik erlangt. Man stelle sich nur einmal vor, dass ein Mann die Kontrolle über den ganzen Informationsweg an sich reisst. Dies würde die Arbeit der gegnerischen Partei um ein Vielfaches verlangsamen, wenn sichere Wege erst gefunden werden müssten, um zu kommunizieren. Die ganze offizielle Korrespondenz allgemein. Wie leicht ist es heutzutage schon einen Brief, ein Siegel zu fälschen? Man beachte auch, dass unsere höchsten Beamten mittlerweile nur auf Geld schielende Freigelassene sind - ein unmöglicher Zustand.", und dies sollte sogleich als Einleitung dienen.
    "Ob der Praefectus Urbi Freunde hat? Ich glaube man muss da nicht lange eruieren, um zu erfahren, welche Sympathisanten es in seiner Nähe durchaus gibt, wenn man nur seine Auftritte beobachtet. Er stellt seine Aversion unserem Stand gegenüber öffentlich zur Schau, er ist ein Mann ohne Namen, jemand aus dem einfachen Volk, er ist rabiat, süffisant und wohl auch skrupellos. Bei welcher Art von Senatoren könnte das Wohlwollen hervorrufen?
    Doch nur von solchen, welche sich auf die gleiche Polemik stützen. Und dabei spreche ich es deutlich aus - die Sippschaft der Germanici.
    Wie wir alle wissen, so führt Germanicus Avarus diese Politik schon seit Jahren und hätte nun einen Mitstreiter mehr, zudem verfügt er über Geld und die Aufsicht über unser Korrespondenznetz. Er ist also ein Mann, der seiner Natur nach dem Praefectus Urbi gleicht und zudem zwei eigenschaften besitzt, die ihn als Freund für Vescularius ganz nützlich machen - Geld und sein Amt.
    Der zweite Germanicus ist Curator operum publicorum und damit dem Praefectus Urbi direkt unterstellt. Er sorgt, soweit es derzeit durch die zahllosen neuen Bauten im Namen des Vescularius ersichtlich ist, für die Reputation des Praefectus Urbi beim Volk. Und von einigen meiner Klienten, welche dort tätig sind, habe ich auch erfahren, dass ein gar freundschaftliches Verhältnis zwischen den Germanici, insbesondere dem Curator, und dem Praefectus Urbi vorherrscht. Sie sollen ihn sogar zu einer privaten cena eingeladen haben.
    Ich finde das höchst interessant für dich, Aelius."
    , und der größte Teil war nicht einmal erlogen, eigentlich gar nichts, bis auf die guten Klienten, welche vom kollegialen Arbeitsklima erzählten. Die cena war jedoch eine Tatsache.
    "Die militärische Grundproblematik sehe ich jedoch nicht so stark. Soweit ich weiß, kann sich der Kaiser durchaus auf die Vinicier stützen - vor allem führt Vinicius Hungaricus, mein Nachfolger in Hispania, nun die Legionen im Norden quasi alle an. Und an seiner Loyalität kann man wohl nicht zweifeln.
    Und der neu ernannte Terentier wird in Aegyptus für die sichere Belieferung mit Getreide sorgen können.
    Oder irre ich in meinen Annahmen?"
    , was eine durchaus begründete Frage war. Wer wusste schon um die Intentionen des Hungaricus - und den Terentius kannte Furianus ohnehin nicht persönlich.

  • Das wurde ja immer interessanter hier. Jetzt sprach dieser trockene Furz auch noch schlecht über seinen ehemaligen Arbeitgeber. Caius hörte ganz genau zu. Er hatte eigentlich nicht den Eindruck gehabt, dass Avarus sich irgenwie gegen den Kaiser stellte... Andererseits war der Vescularius der Vertreter des Kaisers, konnte man da von fiesen Machenschaften sprechen, wenn er den zum Essen einlud?


    Eine weitere fragwürdige Tatsache war die Angelegenheit mit dem Terentier. Caius sah zu Quarto hin. Am Tag nach Axillas Übernachtung hatte er ihm davon berichtet, dass eine gewisse Iunia Urgulania ermordet worden war. Und dass Axilla den Terentier dahinter vermutete, weil er der Urgulania öffentlich gedroht hatte und beide alles andere als Freunde gewesen sein sollten. Er hatte ihm aber auch gesagt, dass er sich eigentlich nicht vorstellen konnte, dass der neu ernannte Ägyptenpräfekt so offen gegen seine Widersacher vorging. Immerhin hatte man der Iunia auch in den Bauch geritzt, dass sie eine Hure Ägyptens gewesen sein sollte...

  • Belobigungen hörte man immer gerne, besonders, wenn man Aulus Flavius Piso hieß und sich gerne den Bauch pinseln ließ. So lächelte er nur fein, als Quarto seinen Vorschlag für gut erachtete. Er hörte Quarto aufmerksam zu und nickte dann und wann.
    Was Quarto sagte, war richtig, auch wenn die subtile Nennung des Namens der Legion ihn dann doch dazu veranlasste, ein ganz klein wenig seine linke Augenbraue hochzuziehen. Diese Augenbraue wanderte noch etwas empor, als Quarto den Namen derer erwähnte, die damals so viel Schande gebracht hatten über die Familie. Hispanier. Man konnte ihnen nicht so weit trauen, wie man sie werfen konnte, dachte sich Piso und schüttelte leicht den Kopf. Wieso erwähnte Quarto dies auch? Es war sehr unsensibel gewesen.
    Er suchte den Blickkontakt mit Archias, der irgendwie daneben zu stehen schien. Archi schien nicht gerade glücklich, und Piso wusste auch, wieso. Es war keine Versöhnung, was angestrebt war, sondern nur eine Vorstufe zur Versöhnung. Er würde mit Archi darüber reden, wenn die cena vorbei war. Natürlich wollte er eine Versöhnung, genauso wie sein aelischer Freund. Doch diese konnte nicht von heute auf morgen gehen. Und beinhaltete Elemente, die nur öffentlich zu verlautbaren waren – die Aufhebung der Damnatio Memoriae und die Eingestehung der Nichtigkeit von Domitians und Longinas Ehe. Viel zu viel für jetzt, was auch Piso eingesehen hatte, als er mit Furianus und Gracchus darüber geredet hatte.
    Natürlich gab auch Furianus seinen Senf dazu, und Piso entgegnete ein wenig erstaunt den undeutbaren Blick des Furianus. Was hatte jener vor? Was würde er sagen? Ah, bei den lieben Göttern, ein Gegenschlag, als ob ein solcher nötig wäre.
    Er legte den Kopf auf sein Kissen nieder und hörte den Wortschwall an, den Furianus da zu mitteilen hatte. Manches würde dem Aelier nicht gefallen. Doch er hatte sicherlich recht. Wie lange Furianus sein Mundwerk bewegen konnte, er musste seine Krankheit schon hinter sich gebracht haben, wie es Piso erschien.
    Zu den letzten Worten von Furianus brachte er auch noch etwas ein.
    „Ich habe nie in der Kanzlei etwas gehört über eine derartige Verständigung zwischen Veturius und Vescularius.“, brachte er seine Meinung ein. „Doch perfide genug halte ich Vescularius. Ich habe ihn schon ein paar Male in der Kanzlei gesehen. Ein unsympathischer Mann von vorne bis hinten. Es kam durchaus vor, dass er durch die Flure polterte und ohne zu Klopfen in ein Officium eindrang.“ Er hüstelte kurz. „Er hat weder Manieren noch ein Gespür für Diplomatie.
    „Was die Legionen angeht – sie mögen nicht viele sein, doch Caesar eroberte Rom mit nur einer Legion. Was hält Vescularius davon ab, Rom mit 8 davon zu erobern? Besonders, wenn die Veteranen der Cohotes Urbanae zu ihm stehen. Langfristig mag er verlieren, doch nicht, bevor er schreckliche Verwüstung ausgelöst hat.“ Er seufzte. Ein zerstörtes Italien, welch unästhetischer Gedanke!
    „Ich würde aber der Verwaltung in der Kanzlei vertrauen. Ich kenne Annaeus Varus, er ist ein vertrauenswürdiger, guter Beamter. Iunius Silanus kenne ich zwar nicht gut, doch ist er als gnadenlos korrekt und gewissenhaft bekannt. So einer lässt sich nicht bestechen. Zudem ist da noch sein Primicerius Pompeius Imperiosus, den ich als meinen Freund sehe. Plennius Flamininus schließlich ist einer von der ganz alten Garde. Grantig und verbittert zwar, aber alles andere als ein Freund von Salinator, denke ich.“
    Und schlussendlich machte er noch einen Kommentar zu den Germanicern. „Die Germanici. Kennt ihr den Namen Octavius Macer? Er ist Klient des Germanicus Sedulus, und ist kürzlich von Salinator selbst ausgezeichnet worden. Sedulus ist ihm auf jeden Fall noch einen großen Gefallen schuldig. Dies mag nichts heißen, aber verdächtig ist es schon. Doch gelichzeitig, ich habe noch nie einen Germanicer in die gleiche Kerbe schlagen sehen wie Salinator.“ Die Sache war ziemlich undurchsichtig.
    „Vinicius Hungaricus ist, so denke ich, sehr kaisertreu, und er ist auch sicherlich nicht glücklich darüber, dass er einst als Praefectus Urbi abgelehnt worden ist. Terentius hingegen ist ein Klient meines Patrons, Senator Purgitius, und ich denke, jenem kann ich sehr wohl vertrauen.“, warf er noch ein, bevor er seine Hände hob und klatschte.
    Wieder erschienen 5 Sklaven, die den nächsten Gang aufdeckten. „Zweite Vorspeise: Fasanspieße an pikanter Pfeffersoße!“, verkündete einer der Sklaven. Sie waren noch nicht einmal zum Hors-d’Oeuvre gekommen, lustig.

  • Während Flavius Furianus sprach nippte Aelius Quarto an seinem neu eingeschenkten Wein. Geduldig hörte er ihm zu, unterbrach ihn nicht ein einziges mal, und er nippte und schwieg noch immer, als Flavius Piso die Worte seines Verwandten mit einer eigenen Einschätzung ergänzte.


    Kurz traf sich sein Blick mit dem seines Vetters zweiten Grades.
    Die zweite Vorspeise wurde gebracht. Es gab aufgespießten Fasan.


    “Oh, dass hört sich ganz wundervoll an!“, kommentierte er die Ankündigung des Sklaven.


    “Was die Kaiserliche Kanzlei angeht“, meinte er, während ihm ein anderer Sklave einen Spieß auftrug: “vertraue ich ganz deinen Worten, Aulus Flavius Piso. Du kennst die Männer, die heute dort arbeiten, sehr viel besser als ich. Wenn du sagst, sie sind allesamt unbestechlich und dem Kaiser treu ergeben, dann ist das eine gute Nachricht.“


    Es war nicht so, dass er diese Männer überhaupt nicht kannte. Der Procurator a libellis Decimus Annaeus Varus hatte ihn kurz nach seiner Amtseinführung besucht und der Procurator ab epistulis Lucius Iunius Silanus war früher einmal sein Klient gewesen.
    Er kannte sie also, aber vermutlich wirklich nicht so gut wie Piso und nicht so gut wie jene Männer, die damals in der Kanzlei Verantwortung trugen, als er selbst, Quarto, Magister Domus Augusti gewesen war.


    Davon aber redete er nicht, sondern eröffnete: “In Zukunft wird außerdem mein Vetter in der Kanzlei tätig sein.“
    Er nickte Aelius Archias lächelnd zu.
    “Der Imperator Caesar Augustus hat es bereits so entschieden.“
    Nun sah er wieder in die Runde.
    “Die kaiserliche Verwaltung hat enorm an Einfluss gewonnen, dass stimmt. Aber ich habe jeden Grund, ihr voll und ganz zu vertrauen.“


    Er besah sich den Spieß, als ob er überlegte, mit welchem Ende er am besten anfangen sollte.


    “Die Prätorianer stehen unter dem Kommando von Tiberius Prudentius Balbus. Er kennt die Garde durch und durch. Er ist der Sohn meines leider verstorbenen Freundes und Klienten Gaius Prudentius Commodus, ist selbst mein Klient und hat außerdem meine Nichte zur Frau genommen. Ich würde meine Hand für ihn ins Feuer legen, so wie es Mucius Scaevola einst für Rom getan hat.“


    Nun ließ er doch von dem Spieß ab. Stattdessen sah er Flavius Furianus sehr direkt und ernst an.


    “Ist es möglich, Senator, dass aus deinen Worten über die Germanii auch deine ganz eigene Gegnerschaft zu Senator Germanicus Avarus spricht?
    Er ist der Onkel meiner Frau und was du über Senator Quintus Germanicus sagst, dass sagst du über ihren Bruder, der mein Klient ist.“


    Allerdings war Adria keine geborene Germanica, sondern eine Cornelia. Aber dieses kleine Detail überging er, ebenso wie die Tatsache, dass er bis eben nichts von Salinators Besuch in der Casa Germanica gewusst hatte.
    Quarto war bislang immer ganz selbstverständlich davon ausgegangen, die unverbrüchliche Unterstützung der beiden Germanii-Senatoren zu besitzen. Auch hatte er auf Avarus' Reichtum spekuliert, für den Fall, dass er für seine Pläne eines Tages sehr viel Geld benötigen sollte.
    Doch Furianus hatte diese Gewissheit soeben erschüttert, auch wenn sich Quarto nichts davon anmerken ließ. Insgeheim beschloss er, die beiden Männer bei nächster Gelegenheit selbst aufzusuchen.


    “Aegyptus..“, fuhr er scheinbar ungerührt fort: “...dort war bisher ebenfalls ein Germanicus Statthalter; Decius Germanicus Corvus. Auch er ist mein Klient.
    Jetzt wurde er abgelöst. Den neuen Mann, diesen Terentius Cyprianus, ich kenne ihn nicht. Er war schon vorher dort, als Befehlshaber einer Legion, soweit ich weiß.
    Nein, ich weiß nicht viel über ihn, aber es gibt Gerüchte. Von einem Streit mit Germanicus Corvus habe ich gehört und man erzählt sich finstere Geschichten über einen Mord. Das alles muss nicht wahr sein und nichts davon muss mit dem Praefectus Urbi zu tun haben.
    Doch eines weiß ich sicher: Germanicus Corvus wurde auf Geheiß von Potitus Vescularius Salinator durch diesen Terentius Cyprianus ersetzt.
    Weshalb sollte er das tun, wenn er doch mit den Germanii im Bunde ist?“

  • Marcus Flavius Sextus' Namen innerhalb der Villa Flavia zu nennen war in etwa wie den Namen Titus Flavius Domitianus außerhalb der Villa zu nennen, denn gegenteilig zu dem einstigen Kaiser, ob dessen kaum ein Flavier in seinem Herzen Reue oder Scham empfand, hatte man den jungen Kaiser-Attentäter samt seiner verderbten Mutter und Geschwistern aus dem Gedächtnis der Familie gestrichen. Dass Aelius Quarto nun in so unverschämter Weise diesen Namen mit den Träumen der anwesenden Flavier in Verbindung brachte, ließ Gracchus kurz die Kiefer aufeinander pressen. So war es diesmalig Furianus, welcher in besonnener Art konterte, wiewohl jener dazu gleichsam viel eher war prädestiniert, die tatsächlich bedeutsamen Fragen des Senators nach Freunden und Feinden des Imperators zu beantworten, hatte Gracchus selbst über dies doch keinerlei Überblick. Ob dessen folgte er den gesprochenen Worte, suchte die neu gewonnenen Informationen in ein Gesamtbild zu ordnen und widmete sich dabei dem Spieß auf seinem Teller, welchen er großzügig in der Pfeffersoße versenkte, ehedem er mit den Zähnen ein Stück Fleisch davon abzog.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • In der Pause, die nach seinen Worten entstand, kümmerte sich Aelius Quarto dann doch noch um den Fleischspieß auf seinem Teller.


    “Sehr delikat.“, stellte er fest. “Wohl noch nie habe ich einen so vorzüglich zubereiteten Fasan genossen.“

  • Mit einer gewissen Brise Missbilligung nahm der Flavier die Parteinahme des jungen Piso für die Integrität der Verwaltung zur Kenntnis. Eigentlich war er bemüht gewesen die eigene Position dadurch zu stärken, indem er mögliche Gefahrenfelder für den Kaiser, und damit Quarto selbst, ein wenig dramatischer zeichnete als sie tatsächlich waren. Vielleicht hatte er damit aber auch nicht ganz unrecht.


    "Nun, wenn ihr beide, oder besser gesagt ihr drei.", damit sah er den jungen Aelius an und nickte lächelnd. "Nebenbei meinen herzlichen Glückwunsch zu der honorablen Position, Aelius.", und fuhr fort: "Wenn ihr euch also sicher seid, dass der Kaiser auf die volle Unterstützung der Kanzleien hoffen kann, dann umso besser. Dennoch sollte man nicht außer Acht lassen, dass außergewöhnliche Situationen auch außergewöhnliche Entscheidungen hervorheben. Und in solchen Fällen weiß ein Mann oft selbst nicht, wohin er tendieren soll und was das Richtige für ihn in der jetzigen Lage wäre."


    Ein recht nichtssagender Satz, aber was konnte er schon sagen? Der Wind wurde nun sprichwörtlich aus den Segeln genommen und seine Argumentation bezüglich der Germanici hatte nun Vorrang, auch wenn Quarto sich persönlich angegriffen fühlte.
    Eigentlich wollte er nun das Beispiel des Pompeius aufzeigen, dessen Gemahlin die einzige Tochter des Caesar war, gegen welchen er schlussendlich vorgegangen ist. Auf verwandschaftliche Bündnisse könnte man somit nicht spekulieren. Aber da er schon die außergewöhnlichen Umstände so weit umrissen hatte, legte er diesen Ratschlag lieber ab und lächelte.
    "Ich gebe zu, dass meine Aversionen gegenüber gewissen Familien hierbei ein gewisses Zutun mit sich bringen, doch ist meine Aussage auch auf die letztgenannten Geschehnisse bezüglich der Anbandelung zwischen Vescularius und den beiden Vertretern dieser Sippschaft gestützt.
    Natürlich wollte ich deine Beziehung zu den Genannten nicht in Misskredit bringen, doch eine Warnung schien mir hier äußerst angebracht, zumal auch der junge Flavius gerade eine gewisse Abhängigkeit des Germanicus Sedulus von Vescularius mit seiner Aussage stützte.
    Und außerdem bin ich der Meinung, dass es unser aller Anliegen sein sollte Männer kritisch zu beurteilen, die keine Skrupel haben die Götter, unsere Ahnen und unsere Geschichte in den Schmutz zu ziehen und damit Aufstände auszulösen. Ich bin sicher, dass auch dir dieser Tag noch gut in Erinnerung geblieben ist, Senator Aelius"


    Nun wurde der Fasan gereicht und der Senator wollte sich einem guten Essen, auch wenn die Situation angespannt war, nicht verwehren. So langte er zu. Es war durchaus köstlich, auch wenn eine gewisse Würze fehlte. Nachdem er sich nach dem ersten Bissen ein wenig gen die Liegenlehne stützte, fuhr er fort.


    "Wenn man der Acta Glauben schenken darf, so war genannter Germanicus Corvus aufgrund seiner Inkompetenz als Statthalter aus Aegyptus gebannt worden. Ich kenne diesen Mann nicht, aber als ich letztes Jahr noch in Aegyptus weilte, benahm er sich unverfroren.", zumindest verstand es der Flavier so, welcher damals von der Krankheit gezeichnet beinahe genötigt worden wäre vor dem Germanicus vorstellig zu werden. Das hatte er zu vermeiden gewusst, schließlich ist ein Flavius Furianus niemals einem Germanicus hörig gewesen und wollte dies auch für die Zukunft beibehalten.
    "Und Terentius Cyprianus folgte ihm, weil Caecilius Crassus, ursprünglich damit betraut, irgendwie verschollen ist. Auch eine recht obskure Begebenheit, nicht wahr? Ein solch versierter Mann auf militärischem Gebiete kann nicht einfach so verschwinden. Eigenartig ist das doch schon."
    Und damit schürrte er wohl, recht bewusst, eine unsichere Situation. Was konnte er auch anderes tun? Je prekärer es für die Aelier war, desto stärker war die flavische Verhandlungsbasis. Diese Taktik behielt er auch bei.
    "Die Vakanz des Legionslegaten der Prima ist auch sehr beunruhigend. Schließlich ist dies die Legion, welche Rom am nächsten steht. So denn Vescularius nicht dumm ist, wird er diese Situation auszunutzen wissen."




    edit: kurz was eingefügt

  • Als der flavische Senator seinen Klienten der Inkompetenz bezichtigte, runzelte Aelius Quarto die Stirn.
    Etwas zu barsch schob er den inzwischen leeren Teller von sich weg, sagte aber nichts dazu.


    Als Flavius Furianus allerdings anmerkte, er wäre im vergangenen Jahr selbst in Aegyptus gewesen und Germanicus Corvus hätte sich damals 'unverfroren' benommen, wie der Senator sich ausdrückte, da schwieg er nicht länger.


    “Du warst also dort? In Alexandria? Du hast also meinen Klienten dort getroffen, und vielleicht auch diesen Terentius Cyprianus, der dort jetzt den Kaiser vertritt?“

  • Die Bezichtigung der Inkompetenz nahm der Flavier aus der Acta heraus und war sich auch bewusst dies erwähnt zu haben, so dass er die überaus übertriebene Geste des Aeliers nicht ganz nachvollziehen konnte. Oder er hatte irgend einen Makel an der Speise gefunden, wer wusste dies denn schon so genau.


    "Weder noch.", entgegnete der Flavier und nahm noch einen Bissen. Ehe er weiter auszuführen gedachte, musste er nun aber wirklich ein wenig essen.
    "Just nach meiner Ankunft ließ man mich von einer Schar Miles, ein Centurio war wohl dabei, abholen. Sie sagten der Statthalter wünsche es. Eine Unverfrorenheit, bin ich es doch nicht gewohnt wie ein Verbrecher behandelt zu werden. Als mein Leibsklave ihnen ausdrücklich zu verstehen gab, dass ich nicht in der Verfassung sei zu dem Statthalter zitiert zu werden - ich laborierte ja an einer schweren Krankheit und die Reise galt der Gesundung und wenn nicht, so doch der letzten Auskost irdischen Lebens und aegyptischer Wunder - ließen sie ab und verschwanden.
    Ich hatte zwar vor gehabt eine kleine Cena zu veranstalten, um die hiesigen Honoratioren kennen zu lernen, aber dafür fehlte mir stets die Zeit und auch die Gesundheit.
    Also traf ich weder den Statthalter noch den Kommandanten der Legio."


    Was der Umstand eines Treffens denn an irgend welchen Tatsachen zu ändern vermochte verstand der Flavier jedoch nicht. Statt dessen nahm er wieder einen Bissen.

  • “Achso.“, meinte Quarto nur.
    “Dann hoffe ich, dass der neue Mann... wie heißt er? Terentius Cyprianus? Na, ich hoffe doch, er ist ein treuer Anhänger des Kaisers und wird dafür sorgen, dass Rom immer genug aegyptisches Getreide bekommt und die Steuern dieses reichen Landes in der Kaiserlichen Kasse landen.“

  • "Über diese Personalie kann ich mir kein Urteil erlauben, dafür kenne ich ihn zu wenig.", entgegnete der Flavier trocken.
    Cyprianus konnte durchaus einen Gegenpol mit Vescularius bilden. Diese Sorge dem Quarto zu implementieren war durchaus zu begrüßen. Dafür konnte er aber nicht alleine solche Kommentare von sich lassen, denn langsam schien die Skepsis zu überwiegen. Und wenn das geschah, wurde seine Glaubwürdigkeit zu recht angezweifelt. Ein wenig Unterstützung hinsichtlich der desolaten Position des Kaiserhauses hätte er doch gerne gehabt.


    Also schmeckte er ab und an die Speisen ab und verhielt sich dezent.

  • Caius schwieg und widmete sich den Fasanenbeinen. Piso und vor allem Gracchus schienen es ebenfalls so zu halten wie er. Bei den Glückwünschen seitens Furianus lächelte und nickte Caius nur kurz einmal, dann widmete er sich wieder dem Essen, freilich ohne dabei weniger aufmerksam zu sein als vorher. Er nahm jedes Wort in sich auf und lauschte gut. Einmischen tat er sich nicht mehr, aber er hatte schon das Gefühl, dass das Gespräch langsam vom eigentlichen Thema abdriftete. Vermutlich aber ging das nur ihm so.

  • Quarto sagte nach Furianus' Antwort zunächst einmal nichts mehr.


    “Nun ja!“, meinte er schließlich: “Wir haben jetzt viel über die aktuelle politische Lage im Reich gesprochen und sicherlich alle erkannt, dass sie schwierig ist und Gefahren lauern, die uns alle betreffen.
    Umso wichtiger finde ich es deshalb, dass sich ein jeder entscheidet, wo er steht und auch weiß, auf wen er sich verlassen kann.
    Wir, Caius Aelius und ich, wir sind heute zu euch gekommen, haben eure freundliche Einladung angenommen, nicht nur um eure Gastfreundschaft zu genießen und euer Essen zu essen, auch wenn beides nicht hoch genug gelobt werden kann. Nein, wir kamen auch, um den Bau einer Brücke zwischen unseren Geschlechtern zu versuchen, oder besser vielleicht, um zu erfahren, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen eine solche Annäherung möglich sein könnte.“

  • Es war Quarto, der schließlich das Gespräch auf alte Bahnen wieder lenkte. Piso war die Diskussion über Cyprinaus schon auf die Nerven gegangen, und er wollte eigentlich nichts sagen, was den Klienten seines Patrons anging. Er kannte ihn ja nicht einmal. Und so erlaubte er sich kein Urteil über ihn, er konnte das nicht einmal tun.
    Jetzt aber redete Quarto wieder Tacheles, und Zeit war es gewesen. Piso nahm dies einigermaßer befriedigt zur Kenntnis, und nagte die allerletzten Reste von seinem letzten Spieß, bevor er begann, zu reden.
    „Das ist eine sehr berechtigte Frage, und tatsächlich haben wir sie damals in der Kanzlei angestreift. Damals haben wir ja gesagt, es läge in den Händen der Aelier, eine Aufhebung der Damnatio des letzten flavischen Kaisers zu erwirken, während wir Flavier unser Einverständnis dazu geben könnten, dass die Ehe des Kaisers und der Domitia Longina ungültig war. Allerdings...“ Er entsann sich wieder der Worte, die er mit seinen Vettern gewechselt hatte. „...ist es schon so, dass es damit vielleicht zu früh wäre. Nicht, weil ich will, dass die Erinnerung an meinen Ahn weiterhin verboten wird. Auch nicht, weil ich will, das begangene Unrechte an den Aeliern weiterhin bestehen. Sondern, weil diese Akte öffentlich wären. Würde so etwas geschehen, sähen Vescularius und seine Schergen sofort, dass da etwas im Busch läge. Nachdem diese... Angelegenheit vom Tisch ist, und Vescularius nicht mehr einer ist, um den wir uns Gedanken machen müssten, können öffentliche Schritte der Versöhnung unternommen werden. Doch solche Schritte voreilig getroffen werden, ergeht es uns so wie meinem unglückseligen Namensvetter, Gaius Calpurnius Piso.“ Er hatte also doch gelernt von seinen Vettern – nicht nur dies, er reproduzierte artig deren Argumente!
    „Also muss die Art und Weise, in der wir uns annähern, vorerst im privaten Raum geschehen. Wir können Versprechen austauschen, was die Zukunft angeht, aber so etwas ist ein wenig fragil. Vor allem, da solche Versprechen vor niemandem einklagbar sind.“ Er sackte auf seiner Kline zurück und dachte kurz nach. Normalerweise wurden ja Familienbündnisse durch eine Heirat besiegelt. Doch er selber würde sich da nicht reinpressen lassen. Und seine Schwester würde er da nicht mit hineinziehen. Und gab es überhaupt unverheiratete beziehungsweise unversprochene Aelier, zumindest in Rom? Nicht, dass er wüsste.
    Was also tun? Das Naheliegendste. Er erhob die Hände und klatschte zweimal flink. Sklaven wuselten hinein in das Triclinium, servierten die Teller ab und kamen mit einer neuen Speise angedampft. „Das Hors d’Oeuvre: Taubenschenkel mit Erbsenpüree!“, rief einer der Sklaven aus. Es war klar, sonder Zweifel, dass das Mahl wohl nicht mehr vom Thema Geflügel abkommen würde.
    Piso richtete sich den Teller hin, als ihm eine Idee kam. Er scho die Fragestellung von sich fort. „Vescularius soll nicht wittern, was geplant wird. Er soll sich in Sicherheit wiegen. Wie können wir es bewerkstelligen, dass wir unsere Beziehungen ausbauen können, ohne dass Vescularius‘ Schergen davon erfahren?“ Er blickte gespannt zu den Senatoren Furianus und Gracchus, die sicher mehr Erfahrung damit hatten.

  • Pisos Worte hatten beinahe schon einen drängenden Beigeschmack, ganz so als hätte Vescularius Salinator bereits das Schwert gegen Rom und den Imperator erhoben, als stünde Rom kurz vor einem Bürgerkrieg, in dessen Verlauf die Flavier nun sich für eine Seite sollten und mussten entscheiden. Ein wenig hatte Gracchus nach dem Gespräch mit seinen Vettern und vor diesem Mahl sich durch seinen Sklaven über die politischen Gegebenheiten informieren lassen, indes konnte er diese Gefahr noch immer nicht dräuen sehen, so dass ihm wenig daran lag solch weitreichende Entscheidungen zu überstürzen - die in seinem Falle gänzlich unbegründete Abneigung gegen die aelische Familie war einfach zu tief in ihm verankert, als dass er seinem Vetter gleich voller Elan konnte darüber hinweg sehen.
    "Unter welchen Voraus..setzungen und Bedingungen eine solche Annäherung möglich ist, hängt primär von dem anvisierten Verwendungszwecke dieser Brücke ab, welche über den reißenden Strom zwischen unseren Gentes hinweg führen soll. Ein Bauwerk von Art der Pons Neronianus, über welche reger Verkehr geleitet wird und die im Bedarfsfalle eine ganz Legion trägt, bedingt zwei..felsohne ein anderes Fundament als einige Seile, die ein paar Bretter zusammenhalten, über wel'he ab und an ein verirrter Reisender sich hangelt."

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • “Ich glaube“, antwortete Aelius Quarto, die angekündigten Taubenschenkel vorerst ignorierend: “es gibt eine übereinstimmende Interessenlage, die unsere Geschlechter zusammenführen kann und helfen wird, die Vergangenheit zu bewältigen.
    Stabile Verhältnisse im Reich und keine gewaltsamen Umwälzungen. Wir, Flavier wie Aelier, bilden die Spitze des Staates, die Elite Roms. Wir hätten viel zu verlieren und wenig zu gewinnen. Davon abgesehen wäre es für das Land und sein Volk schädlich. Schließlich haben wir gerade erst einen teuren und verlustreichen Feldzug hinter uns und einen Krieg, der noch immer schwehlt und keinesfalls beendet ist. Und wir erinnern uns noch viel zu gut an den Aufstand des Verräters Laeca, der auch erst wenige Jahre zurück liegt.“


    Nun bemerkte er die Taubenschenkel mit Erbsenmus und nickte einem der Sklaven zu, der ihm auffüllen wollte.


    Doch statt zu essen sprach er weiter:
    “Gemeinsame Interessen – ja, ich denke, die haben wir. Ich will das Ulpische Regime erhalten wissen und das Erbe des jetzigen Kaisers schützen. Und ihr wollt euren Wohlstand erhalten, euren Einfluss bewahren, vielleicht sogar mehren, und die politische Teilhabe nicht verlieren.
    Ich denke, auch diesem Fundament ließe sich sehr wohl eine stabile Brücke bauen, um dein schönes Bild zu gebrauchen, Senator Flavius Gracchus.“


    Schon schien er sich jetzt endlich dem Schenkel widmen zu wollen, als ihm doch noch etwas einfiel:
    “Konkret, quasi ein erster Pfeiler dieser Brücke, wäre eure Unterstützung bei der Ernennung von Publius Ulpius Maioranus zum Caesar. Das würde mir viel bedeuten, und nur mir, sondern auch dem Augustus.“


    Jetzt griff er zu, behielt seine Gesprächspartner und ihre Reaktion aber doch im Auge.

  • Seine Schergen sähen sofort, dass da etwas im Busch läge. Caius unterdrückte ein Husten, als er die Worte seines Freundes hörte. War es denn möglich, dass zwei Seelen in seiner Brust schlummerten? Oder hatten die Parzen von ihm Besitz ergriffen und brachen sich Bahn, sobald er sich in hochtrabender Gesellschaft befand? Warum redete er mit ihm frei Schnauze und mit Gracchus, Furianus und Quarto so geschwollen? Caius fühlte sich einfach nur absolut fehl am Platz. Er erwartete die Taubenschenkel also nicht nur wegen dem Geschmack sehnsüchtig, sondern auch deswegen. Eigentlich hatte er zu Beginn des Abends noch gehofft, dass alles gut werden würde. Jetzt hoffte er, dass das auch schnell gehen würde. Ganz offensichtlich stimmte mit Piso irgendwas nicht. Entweder waren das die Parzen oder jemand hatte sein Hirn ordentlich gewaschen.


    Gracchus allerdings, von dem Quarto gesagt hatte, dass er der wichtigste der Flavier sei, wählte seine Worte zwar umständlich, aber so, dass sogar Caius genau verstand, was er meinte. Eine Brücke bauen! Jaa, er wollte mitbauen. Trotzdem hielt er lieber die Klappe. Er hatte nämlich das Gefühl, dass sein Mörtel einfach nicht gut genug für die anderen war. Hinterher knackste der ganze Mist noch wegen ihm zusammen!

  • Metaphern, die von seinem Vetter Gracchus eingeleitet, schienen nun den weiteren Verlauf zu bestimmen. Dem wollte sich der Flavier nicht entziehen und dachte an den Mörtel, den die Aelier zu dem ersten Pfeiler würden beisteuern müssen.
    Die ulpische Herrschaft zu sichern war ein großes Zugeständnis, schließlich bedachte der verstorbene Kaiser einst ein Kind flavischen Schoßes damit seine Nachfolge anzutreten. Die Sicherung des aelischen Thrones, als nichts weiteres sah es der Flavier an, wäre den Aeliern also was wert gewesen? Es war ihm, wie auch seinem Vetter Gracchus, fern solch ein Zugeständnis an irgend eine vergangene Fehde zu knüpfen, geschweige denn diese als Bezahlung dafür zu halten. Nein, es musste etwas sein, von dem die künftigen Generationen, wenn nicht schon diese, zehren konnten. Wenn sie um ihre Ambitionen den Thron betreffend beseitigt wurden, mussten die Aelier dafür etwas Gewichtiges in die Waagschale werfen. Was es sein sollte, konnte sich der Flavier konkret nicht vorstellen.
    Sein erster Gedanke war ein flavischer Rex Sacrorum, doch sah sich Gracchus selbst aus dem Vorgespräch nicht in der Lage dergleichen auszufüllen. Und dem Furianus selbst fehlte der religiöse Eifer dazu - Piso hingegen war zu jung und stand noch vor seiner Karriere.
    Er selbst visierte nur das Consulat an, was jedoch kaum die Interessen der gesamten Gens abdecken konnte. Zudem war dies recht persönliche Ziel auch ohne die Hilfe der Aelier möglich.


    "Dieser erste Pfeiler der flavischen Vertreter erfordert meiner Meinung nach einen starken aelischen Mörtel.", entgegnete er sodann recht vage.
    Die Frage war nun, was die Aelier imstande waren zu geben, damit die Flavier sich öffentlich für die Sicherung des Kaiserthrones aussprachen und damit auch andere alte Geschlechter mit sich in diese Richtung zogen.
    Langsam glitt sein Blick zu seinem Vetter, ob denn dieser seinen Satz würde fortführen können. Piso hatte er dahingehend noch nicht bedacht, war er doch zu jung, um solch Evidentes zu entscheiden.
    Auf der Zunge lag ihm noch seit geraumer Zeit ein Vorschlag, der jedoch kaum nur der Gens ein Anliegen war. Eine öffentliche Abkehr der Aelier von den Frevlern der Germanicii kitzelte seine Zunge, doch auszusprechen dies traute er sich indess noch nicht. Es war auch ein Ansinnen der Tiberier und somit würde er diesen Mörtel nicht so leicht verbrauchen wollen - vielleicht war es auch ein wenig zu viel des Guten, war Quarto schließlich mit einer aus dieser Sippschaft verheiratet, auch wenn nicht blutsverwandt.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!