officium TAU | Ungeklärte Fragen

  • Die Hochzeit war vorbei. Und so schön sie gewesen war, so war Ursus doch froh, daß dieser Streß ein Ende hatte. So viele Besucher, so viele zeremonielle Pflichten. Natürlich hatte sich auch einiges an Korrespondenz angesammelt. Auch waren die Berichte seiner Verwalter zu prüfen. Dann gab es noch das eine oder andere Anliegen eines Klienten. Und für die Factio gab es noch einiges zu tun. Für die Acta müßte er auch wieder etwas schreiben, aber die Hochzeit hatte ihn irgendwie ganz aus dem Zeitgeschehen herausgerissen. Ursus hatte tatsächlich etwas Mühe, in den Alltag zurück zu finden. Doch er hatte ja auch Hilfe. Seinen Scriba hatte er gerade losgeschickt, um einige Schreiben beim cursus publicus abzugeben, mit den dringendsten Angelegenheiten war er soweit durch. Kamen also nun die weniger dringenden dran.

  • Seit dem Morgen nach der Hochzeit wollte Cimon mit Ursus das Gespräch suchen. Doch es gelang ihm einfach nicht, den rechten Moment ab zu passen. An diesem Tag aber sorgte die Unruhe in ihm dafür, das er den Augenblick als gut empfand.
    Er hatte Saft und leichte Kost zu seinem Herren gebracht. Nicht weil er es sollte, sondern weil er sich Sorgen machte und es Ursus bringen wollte. So klopfte er kurz an, bevor er eintrat. Denn er erinnerte sich noch sehr gut daran, was für mahnende Worte sein Herr für ihn gehabt hatte, als er einfach so eingetreten war, ohne zu klopfen. Cimon hatte gedacht, es sei richtig gewesen, sich aber offensichtlich dabei in der Grenze verschetzt.


    Nun wollte er es richtig machen. Nach dem für ihn typischen leichten, kurzen, nicht zu aufdringlichem Klopfen, trat er ein. Denn warten sollte er nur beim Eintritt ins cubiculum. Und das war ihm inzwischen auch ganz recht.


    Mit einem Teller und einem Becher in Händen trat er ein und machte umgehend eine ergebene Kopfbewegung. Hinter ihm schloss er die Tür und ging zu seinem Herren. Fragend sah er diesen an. Ursus schien sehr beschäftigt und Cimon wollte ihn nicht aus den Gedanken reißen. Also blieb er stehen wo er war, bot an, was er in Händen hielt und wartete auf einen noch so kleinen Wink seines Herren um entsprechend reagieren zu können. Zuerst wollte er nicht sprechen, um Ursus nicht im Gedanken zu unterbrechen, doch er erinnerte sich daran, das sein herr die Stille nicht immer zu schätzen wusste. Also versuchte der Nubier die Grenze einzuschätzen und entschied sich für eine nicht zu aufdringliche Stimme und nur wenige Worte.


    "Herr? Du hast nicht viel gegessen heute, Dominus Ursus."


    Trinken war ebenso wichtig. Sein Prüfender Blick auf den krug und den Becher, den Cimon hier bereit gestellt hatte, als er erfuhr, das sein Herr heute hier zu arbeiten hatte, machte ihm deutlich, das es gut war, hergekommen zu sein. Fast hätte er tadelnd geschaut. Doch Cimon wusste das es sich nicht gehörte und sah nur kurz aber bedeutungsvoll zum noch vollen Krug und dem unbenutzten Becher.

  • Flink kratzte der Stylus über das Wachs. Ursus hatte die Aufstellung so gut wie vollendet. Hier noch eine Zahl übertragen, dann addieren. Es klopfte und die Tür öffnete sich. Ursus mußte nicht aufschauen um zu wissen, daß es Cimon war. Der Nubier hatte eine bestimmte Art, sich zu bewegen. Sein Schritt war unverwechselbar. Erst als er die Summe gezogen hatte, blickte Ursus auf. Und sogleich kam die Feststellung, daß er gar nichts zu sich genommen hatte. Ursus schaute zum unberührten Teller, dann zu Cimon, dessen Blick bedeutungsvoll auf den Krug gerichtet war. Da brauchte es keinen Vorwurf mehr, Ursus verstand auch so und schmunzelte. "Ich habe das glatt vergessen über der Arbeit. Aber jetzt wo Du es sagst, könnte ich etwas zu trinken gebrauchen. Aber nur verdünnen Saft bitte." Ja, er war durstig und hatte es gar nicht bemerkt.

  • Nur zu trinken? Cimons Augenbraue bewegte sich nur kurz, dann sah er auf den Tisch vor seinem Herren und stellte Teller und Becher vor Ursus. Die Antwort seines Herren reichte ihm um einzuschätzen, das er dies nun tun konnte. Dabei achtete der Nubier darauf keine Unordnung auf dem Tisch zu machen. Wobei es in seinen Augen schon sehr an Unordnung grenzte, was er sah. Doch er wiederstand dem Drang, alles zu richten, denn sein herr wusste sicher was wo war und mochte es, mit Recht nicht dulden, wenn Cimon etwas verändern würde.


    "Dieser Saft ist bereits nach deinen Wünschen verdünnt, Herr."


    Die Kleinigkeiten zu essen sprach Cimon nicht an. In seinen Augen reichte es, das er es direkt vor Ursus gstellt hatte. Sein Herr würde schon entscheiden, ob er Hunger hatte. Doch Cimons Sorge zeigte sich durchaus in seinen Augen und seinem Handeln.


    Wollte er nicht etwas fragen? Unsicher machte er einen halben Schritt zurück, um seinen Herren nicht zu stören. Wartend arbeiteten seine Kiefer schwer aufeinander und der Sklave musste sich zusammenreißen, das es nicht aus ihm heraus platzte. Doch es gab Regeln, es gab Zeiten wo er sprechen durfte, Zeiten in denen er zu schweigen hatte, und Zeiten in denen er fragen musste...


    "Dominus Ursus? Ich hoffe ich habe dich nicht gestört."


    Fragend sah Cimon auf die viele Arbeit. Er würde nicht einfach so drauflos reden. Nein, ersteinmal musste er abschätzen, ob sein herr wirklich Zeit für seine kleinen, nichtigen Probleme hatte.

  • Den Becher nahm Ursus entgegen und leerte ihn in einem Zug. Er reichte ihn an Cimon zurück, damit er ihn gleich noch einmal füllte. Den Teller bemerkte er sehr wohl, auch den besorgten Blick und nahm sich ein Stückchen Brot, während sein Blick über seinen Schreibtisch schweifte. Ja, es sah ein wenig chaotisch aus. Aber es war ein System darin. Und wenn er heute mit der Arbeit hier fertig war, würde auch der Tisch wieder ordentlich aussehen.


    "Wie spät ist es eigentlich schon? Merkwürdig, wie viel sich ansammelt, wenn man mal ein paar Tage nichts macht." Er reckte sich, denn er fühlte sich schon ganz steif. "Ach, es ist ganz gut, daß Du mich unterbrichst. Man sollte immer mal eine Pause einlegen. Die Landgüter laufen gut, die Berichte sind sehr zufriedenstellend." Ursus konnte ja nicht ahnen, daß sein Sklave etwas auf dem Herzen hatte. Im Moment glaubte er, Cimon sei einfach aus Besorgnis hergekommen.

  • Allein das Ursus ihm den Becher reichte, war dem Nubier Zeichen genug. Rasch füllte er diesen erneut mit dem verdünnten Saft aus dem Krug. Um diesen dann mit einer ergebenen Haltung an seinen Herren zurück zu geben. Zufrieden sah Cimon, wie Ursus sich wenigstens ein wenig Brost nahm um dies zu sich zu nehmen. Kaum das sich Ursus reckte, stellte Cimon sich hinter ihn, um dessen Nacken und Schultern ein wenig zu lockern.


    "Es ist bereits früher Mittag, Herr. Es freut mich, das alles zu deiner Zufriedenheit verläuft, Dominus Ursus."


    Cimon hoffte, gute Worte gefunden zu haben und kümmerte sich um die wenn auch nur leichte Verspannung seines Herren. Dabei gewann er den Eindruck das er nun wirklich würde fragen können. Allein das Ursus die Unterbrechung als gut ansah, war ein positieves Zeichen.


    "Herr? Du sagtest ich solle zu dir kommen, wenn mich etwas bedrückt. Wann immer du Zeit hättest, Dominus Ursus, würde ich gerne etwas... fragen,...Herr."


    Langsam wurde er doch etwas unsicherer. Wie gut das er sich mit dem leichten Massieren der Schultern seines Herren ablenken konnte.

  • Den zweiten Becher leerte Ursus zur Hälfte und stellte ihn dann auf dem Tisch ab. Er nahm ein Stück Apfel und biß davon ab, während Cimon sich nun hinter ihn stellte, um ihm Nacken und Schultern zu massieren. "Ah, ja, das ist gut, Cimon. Diese stundenlange Schreiberei macht mich ganz steif. Schon Mittag? Da kannst Du mal sehen, wie die Zeit einem davonrennt, wenn man beschäftigt ist." Er seufzte, denn die Massage tat wirklich gut. Und die Anteilnahme des Sklaven an seiner Arbeit ebenso. "Ich kann wirklich nicht klagen, hoffen wir, daß es so bleibt."


    "Dich bedrückt etwas? Immer heraus damit." Aufmunternd nickte Ursus, denn er wollte sichergehen, daß Cimon keine Angst hatte, offen über bestehende Probleme zu sprechen. Auf keinen Fall durfte sich eine Tragödie wie mit Matho wiederholen. Und auch sonst hatte er ein Interesse daran, daß Cimon sich wohlfühlte. Nur dann konnte ein vollständiges Vertrauensverhältnis zwischen ihnen wachsen.

  • Das die Massage Ursus gut tat, nahm der Sklave als gutes Zeichen. Natürlich unterbrach er sich nicht, höchstens mal um die Kleidung seines Herren zu glätten, damit er die Muskeln besser würde lockern können. Cimon lächelte leicht, auch wenn sein Herr es nicht sehen würde, so mochte er es dennoch aus der Stimme hören, wenn er dies wollte. Allerdings hatte er eine kurze Pause eingelegt, nach den letzten Worten seines Herren, um sich über alles im klaren zu werden.


    "Ja, Herr. Ich kenne es gut, wenn die Zeit einem für die Arbeit nicht ausreichend erscheint. Soll ich ein Bad, für nach der Arbeit vorbereiten, Dominus Ursus?"


    Das würde ihn sicher noch besser entspannen. Dabei dachte Cimon selbstverständlich nicht im geringsten an jene Möglichkeit, die dem Herren am meisten Enspannung beschehrte. Das sein herr sich nicht beklagen konnte war sehr gut zu hören. Dabei waren die Erlebnisse der Vergangenheit, mit Atonis, jene, die ihn dazu brachten diese Aussage seines Herren entsprechend zu bewerten. denn gute Geschäfte hatten immer bedeutet, das es weniger Schmerzen gab.
    Natürlich war es mit Ursus ganz anders, doch gegen seine Gedanken konnte Cimon genausowenig unternehmen wie gegen seine Träume die ihm Nachts gerne mal den Schlaf raubten.


    "Wenn du dich nicht beklagen kannst, Herr. Bedeutet es dann, das du dich freuen kannst? Ich bin mir sicher das es so bleibt. denn guten Menschen wiederfahren gute Dinge, Dominus Ursus."


    Er redete viel zu viel. Viel zu vertraut. Er würde besser acht geben müssen. Dabei beobachtete er mit wachsender Neugier die Reaktiuon seines Herren. Die eigene Frage schien nur kurz vergessen, ob dem Versuch Ursus einzuschätzen und die Grenzen herauszufinden.


    So geschah es das er weiterredete, ohne darauf zu achten, ob sein Herr noch etwas sagen wollte. Dieser Fehler fiel ihm erst am Ende seiner Rede auf und sorgte für tiefe Betroffenheit und ehrliche Reuhe. Aber nun war es Zeit... es konnte nicht mehr warten...es kam einfach so über ihn.


    "Am Morgen nach deiner Hochzeit mit Domina Septima, Herr. Da hast du den Nebenraum erwähnt, der sich an das cubiculum der Herrin anschließt. Wieso...wieso hast du mich nicht in jenen Raum neben dem deinem schlafen lassen? Liegt es an mir, Herr? .... Dominus Ursus...ich... verstehe nicht, wieso du so entschieden hast... Habe ich einen Fehler gemacht?


    Verzeih, Herr. Ich sollte nicht so sprechen."


    War da etwa der Unterton von Vorwurf in seiner Stimme gewesen? Das stand ihm nicht zu. All dies stand ihm nicht zu. Nun glaubte er zu wissen, wieso er noch immer bei den anderen Sklaven zu schlafen hatte. Cimon bildete sich ein, das es ihm nicht zustand, das er .... oder lag es daran, das er ein Mann war? war der raum nur für Frauen da? Plötzlich wurde ihm bewusst, das er sich nun lächerlich gemacht haben musste.
    Wie dumm von ihm. Wieso hatte er nicht einfach Caelyn gefragt? Sie hätte ihm sicher alles erklären können.


    Mit niedergeschlagenen Augen stand er weiterhin hinter seinem Herren und versuchte die Muskeln zu entspannen. Wobei er nicht die ganze Zeit über ausschließlich massierte. Denn das würde zwangsläufig irgendwann, allein schon wegen der Kleidung, unangenehm werden. Doch dank Atonis war er recht geübt darin, den Rücken eines 'Schreibtischsitzers' zu entspannen.

  • Langsam entspannten sich die gequälten Muskeln. Ursus seufzte leise und genoß die kundigen Hände seines Sklaven. So ging es gleich viel besser. "Ein Bad? Eine ausgezeichnete Idee, Cimon. Ja, laß später ein Bad vorbereiten. Mit irgendeinem frischen Duft. Nicht sowas schweres, ja?" Wobei er noch nie erlebt hatte, daß Cimon einen Duft ausgesucht hätte, der ihm nicht gefiel.


    "Ja, eigentlich bedeutet das, daß ich mich freuen kann. Fortuna meint es gut mit mir und ich hoffe, daß das noch ein bißchen anhält. Schau allein, was für eine wunderbare Frau mir das Schicksal geschenkt hat." Ursus' Augen leuchteten, als er von ihr sprach. Zwar konnte man nicht von tiefer Liebe sprechen, wie er sie Cadhla gegenüber immer noch empfand. Aber Septima war schön und intelligent und er ahnte, daß sie eine gute Ehe führen konnten, wenn sie ein wenig aufeinander eingingen. "Gute Menschen? Ich weiß nicht, ob ich mich zu denen wirklich zählen kann. Aber ich fürchte auch, daß die Götter nicht immer nur nach Gut und Böse schauen."


    Doch dann kam Cimon auf das zu sprechen, was ihn bedrückte und Ursus konnte nicht umhin, seinen Sklaven verständnislos anzuschauen. "Du meinst diesen kleinen Raum, in den kaum mehr als eine Pritsche paßt? Du würdest gerne darin wohnen?" Ursus konnte es wirklich nicht fassen. "Aber... dort ist es entsetzlich eng drin. Du müßtest ständig ein Ohr auf uns haben, immer darauf achten, uns nicht zu stören und hättest noch weniger Kontakt zu den anderen."

  • Ergeben nickte er und ließ das notwendige; 'Ja, Herr' nicht vermissen. Natürlich würde er einen guten und entspannenden Duft, ganz nach Wünschen von Ursus auswählen. Cimon entglitten kurz die Gesichtszüge, als Ursus auf Septima zu sprechen kam. Die Bilder die er nun vor Augen hatte, waren nichts für seichte Gemüter.
    Ruhig atmete er weiter und versuchte sich nicht all zu sehr von den eigenen Gedanken ablenken zu lassen.


    "Ja, Dominus Ursus. Allerdings hatte das Schicksal keine andere Wahl, als dir diese wunderbare Frau an die Seite zu geben. Gutes zu Gutem. Denn...ja, Herr du bist ein guter Mensch."


    Davon war er fest überzeugt und auch diese Worte platzten mehr aus ihm heraus, als er es wollte und hatten seinen Wunsch kurz erneut in den Hintergrund gedrängt. Dann folgte eine Kurze Pause, in der Cimon über alles nachdenken musste. dabei verharte er in der Bewegung, als sein herr sich zu ihm umdrehte, damit er seinen Sklaven ansehen konnte. Leichter Druck mit den Händen begann nun die Frage zu ersetzen, ob Ursus sich wieder anders setzen wollte.
    Dabei sprach der Sklave ehrlich aus, was er dachte.


    "Ja, Herr, der Raum ist sehr klein. Aber nicht kleiner als den Raum den man in den Unterkünften sein Eigen nennen kann. Ich...ich mag die Ruhe und einsamkeit manchmal. ... Über Tag habe ich ausreichend Kontakt mit den anderen. Die Nacht ist zum Schlafen da.... Ich würde gerne mit allem was dazu gehört in diesem Raum schlafen...Dominus Ursus...nur... Marei ... dürfte sie mich dort besuchen, wenn sie nicht schlafen kann? Das Mädchen ist manchmal sehr einsam, Herr. Und ich erzähle ihr gerne Geschichten zum Einschlafen, Dominus Ursus. ...."


    Er wollte so viel mehr sagen, davon erzählen, wie sehr Marei ihm ans Herz gewachsen war. Oder von der Idealisierung des Raumes sprechen... dabei verdrängte er völlig, was er dort alles hören würde. Denn er versuchte das Bild des Morgens nach der Hochzeit aus seinem Gedächnis zu entfernen. was nur manchmal gelang.


    Nun aber verstummte er. Und musste feststellen, das er angefangen hatte, beim reden seinem Herren bittend direkt in die Augen zu schauen. Es geschah nun etwas, was er nicht von sich kannte. Cimon senkte nicht den Blick. Er sah Ursus weiterhin auf diese Art und recht ergeben an. Es war eine Granze und mit einem Schritt hatte er diese, nach seinem Empfinden überschritten. Nun würde sich zeigen, wie diese andere, diese fremde seite der Grenze aussah und sich anfühlte. Noch war es Leere die er merkte, die er von seinem Herren gefüllt sehen wollte.

  • Ein guter Mensch? War er das wirklich? Ursus bezweifelte es. Er bezweifelte sogar, daß er ein tatsächlich guter Mensch sein wollte. Manchmal mußte man eben Entscheidungen treffen, die ein guter Mensch niemals treffen würde, - natürlich nur für das Große und Ganze, um das zu schützen. Wenn man an den Schaltstellen der Macht saß, war es halt so. Dabei hatte Ursus bisher nur an den eher kleineren Schaltstellen der Macht gesessen. Nein, ein durch und durch guter Mensch, das paßte nicht in die römische Politik.


    "Hab Dank für Deine guten Worte, Cimon. Ich hoffe, ich enttäusche Dich nicht eines Tages." Er lächelte und setzte sich wieder so zurecht, daß Cimon weitermassieren konnte. Der Sklave würde verstehen, das wußte er.

    "Du magst es einsam und ruhig? Ruhig ist es in meinen Cubiculum des Nachts nicht, Cimon. Nicht mehr." Hier mußte Ursus tatsächlich schmunzeln. Nein, von Ruhe konnte man da wirklich nicht sprechen. "Außerdem ist es auch nicht der richtige Aufenthaltsort für ein kleines Mädchen, es sollte nicht Zeuge sein, wenn ein Paar sich vereinigt." Nachdenklich schaute Ursus Cimon an. Was ging nur in dem Nubier vor? Immer wenn Ursus dachte, ihm etwas Gutes zu tun, dann stellte es sich nachher als schlecht heraus. "Du hast nichts falsch gemacht, ganz und gar nicht. Ich wollte Dich nicht damit bestrafen, daß ich Dich in die Sklavenunterkünfte schickte. Im Gegenteil wollte ich Dir damit klarmachen, daß die Nächte Dir gehören und ich Dich nicht da auch noch beanspruche."

  • Seine Worte und die Ruhe dabei, zeigten Cimon, das es diese Grenze die er sich gedacht hatte nicht gab, oder nun verschwunden war. Sie würde natürlich existieren, sobald sie nicht mehr unter sich sein würden. Doch allein diese Begebenheit erfüllte die Leere in Cimon und ließ ihn ergeben nicken.


    "Ich bin mir sicher das wirst du nicht, Herr."


    Enttäuschen? Wie konnte jemals ein Herr seinen Sklaven enttäuschen? Und wen interessierte dies. Der Nubier musste an das Zeichen denken und ja, Ursus würde es durchaus als von Interesse bezeichnen. Dessen war sich der Sklave durchaus sicher.
    Mit geschickten Händen lockerte er weiter die Muskeln des Herren und hörte nachdenklich zu. Dies schien ein Augenblick der offenen Worte zu sein. Zumal das Vertrauen in seinen Herren heute um einiges verstärkt worden war. Er wollte das Ursus ihn verstand, wollte sich erklären. Denn wie sonst würde der Sklave Vertrauen in Ursus wecken können?


    "Ja, wie recht du hast Herr. Es ist nur so... gäbe es einen Raum, der eine Mischung aus beidem wäre, so würde dies einen unbendigen Wunsch in mir wecken, diesen bewohnen zu dürfen, Dominus Ursus. Gleich wie klein er wäre. ... Meine Nächte Herr...gehören nicht mir ... sie gehören...einem anderen Menschen, der trotz seines Todes Macht über mich hat.


    Verzeih Herr. Am Ende war mein Wunsch nach diesem Nebenraum dumm und unüberlegt."


    Dann bemerkte Cimon etwas an der rechten Schulter. Er war kein wirklicher Fachmann, doch er kannte es von Atonis. Besorgt drückte er nur leicht um sich sicher zu gehen. Nur eben so, um zu sehen ob sein Herr leicht zucken würde. Umgehend machte er mit der leichten Lockerung eines anderen Bereiches weiter.


    "Dominus? Sollen dich später im Bad fachkundigere Hände lockern, Herr?"


    Es war eine Frage, eine Bitte... aber eigendlich war es ein Vorschlag, den er als solchen nicht zu Formulieren wagte. Sein Herr war es der entschied und dem es oblag Wünsche zu äußern. Niemals würde Cimon ihm etwas aufdrängen...dabei sah er weder das Essen noch das Trinken oder gar die Massage als solches an. Nein, er hatte Wünsche interpretiert und erahnt. Es war ihm, als hätte Ursus sie selber ausgesprochen.

  • Das Vertrauen, das Cimon in Ursus' Moral hatte, war geradezu rührend. Ursus kannte sich sehr wohl, wenn er natürlich auch, wie jeder Mensch, nicht jeden seiner Fehler selbst erkannte. Doch er vermutete auch, daß Cimons Ansicht über ihn nicht gar so naiv war, wie sie klang. Der Sklave zog eben Vergleiche zu seinem früheren Herrn und zu dem, was er sonst miterleben konnte. Und da schnitt Ursus ohne Zweifel gut ab.


    "Ein Raum? Eine Mischung aus beidem?" Ursus blickte grübelnd drein und rieb sich das Kinn. Schon die Tatsache, daß Cimon offenbar schlimme Albträume hatte, beunruhigte ihn ein wenig. Das bedeutete, daß Cimon noch weniger Schlaf bekam. Wie hielt er das nur aus? Wie konnte er trotzdem so stark und aufmerksam sein? Das war sehr bewundernswert. Aber auch traurig. Wie lange würde es wohl dauern, bis die Albträume, aus schlimmen Erinnerungen geboren, von den guten Erinnerungen, die Cimon jetzt hoffentlich ansammelte, vertrieben wurden?


    "Wie wäre es mit dem Raum, in dem meine Ausrüstung lagert? Ist da noch Platz genug? Du könntest Dinge, die nicht laufend gepflegt werden müssen, woandershin auslagern um Platz zu schaffen. Und Du würdest es hören, wenn ich rufen würde. Was meinst Du? Wäre das nicht - eine Mischung aus beidem? Vielleicht müssen wir eines Tages umdisponieren. Wenn wir erst Kinder haben. Aber bis die ein eigenes Zimmer brauchen, ist noch viel Zeit."


    Als Cimon an diese eine Stelle an seiner Schulter drückte, zuckte Ursus sichtlich zusammen und verzog auch das Gesicht, - was Cimon natürlich nicht sehen konnte. "Au, was war das?"


    Im Bad? Eine richtige Massage? "Ja, da ist eine sehr gute Idee. Nach der Anspannung der letzten Tage wird mir das sicher sehr gut tun. Vielleicht leiht mir Celerina ja mal ihren Masseur, der soll sehr gut sein."

  • Nachdem er sich einen besseren Punkt zum Massieren gesucht hatte zuckte er nur kurz...so sehr hatte er nicht drücken wollen. Kurz hielt Cimon inne und sah seinen Herren überlegend an. Vorallem was den Raum anging, galt es ehlich zu sein...nein, es galt generell und hier im Speziellen ehrlich zu sein.


    "Verzeih Herr. Ich habe geahnt das es unangenehm ist, doch jetzt bin ich sicher, das jemand mit besseren Kenntnissen, dir heute noch helfen...sollte, Dominus Ursus."


    Hatte er grade etwas von 'sollen' gesprochen? Das war nicht ehrlich, das war dumm. Cimons Hände wurden sanfter, eben so wie er es bei Atonis gelernt hatte, wie man vorzugehen hatte, um sich beim Herren wieder etwas beliebter zu machen und eine eventuelle Strafe zu mildern.
    Wenn er nun rasch das Thema wechselte und auf die Frage mit dem Raum eine Antwort wüsste, dann wäre das sicher besser. ... ja, das wäre es...


    "Ja, Herr. Der Raum wäre ...perfekt, Dominus Ursus. Um...ehrlich zu sein... ich bin oft dort, um nachzudenken und allein zu sein, wenn es der Moment zuläßt."


    Die letzten Worte seines Herren nahm Cimon mit einem Nicken an. Der Nubier würde sich um das Bad kümmern und zumindest alles so vorbereiten, das sich eine Massage anschließen würde können. Aber nun galt es, von den eigenen Fehlern der unvorsichtigen Sätze abzulenken und sanft Schultern wie Nacken des Herren zu behandeln. Wenn es dem Herren gut ging, so fielen Strafen leichter aus. Das hatte Cimon gelernt.


    Obwohl Ursus nie soetwas wie Grausamkeit oder auch nur unüberlegtes Handeln gezeigt hatte, hatte Cimon Angst, ehliche Angst, vor dem was geschehen mochte, wenn die Grenzen überschritten waren. Denn Strafen von denen er nicht wusste, wie sie waren, wurden im Gedanken grausamer als jene, die er einzuschätzen wusste.

  • Ursus seufzte. "Die wirklich gemeinen Verspannungen haben die unangenehme Angewohnheit erst elend weh zu tun, bevor sie sich lockern." Er nahm es Cimon nicht übel, daß er ihm kurz Schmerz zugefügt hatte. Und die Wortwahl fiel ihm nicht mal auf. "Versuch mir diesen kretischen Masseur zu organisieren, ja? Kannst ihm ja gleich sagen, wo er besonders viel Aufmerksamkeit drauf verwenden soll." Cimon kannte seinen Körper fast besser als er selbst. Ob ihm das zu denken geben sollte?


    "Also gut, dann ist das abgemacht. Richte Dir den Raum nach Deinen Bedürfnissen ein. Wenn Du Möbel brauchst, dann kauf sie auf meine Kosten ein." Er wußte sehr wohl, daß Cimon diese Freiheit nicht ungebührlich ausnutzen würde. Eher würde der Nubier versuchen, gar nichts einzukaufen. Manchmal mußte man ihn geradezu zu seinem Glück zwingen. Oder vielmehr ihn lehren, was ihn glücklicher machen könnte.


    "Wie war das mit der kleinen Marei? Kommt sie oft zu Dir, wenn sie Angst hat? Ich hatte noch keine Gelegenheit, mit Celerina über das Kind zu sprechen. Ich hoffe, sie nimmt es mir nicht übel, daß ich Dir erlaube, Dich um sie zu kümmern. Dem Kind tut das aber gewiß gut." Und Cimon auch, davon war Ursus genauso überzeugt. Das war auch der eigentliche Grund, warum er seinem Sklaven dies alles erlaubte. Aber das mußte Cimon ja nicht wissen.

  • Wie gut das sein Herr die Worte überhörte oder gar als nicht unangemessen ansah. Cimon wurde wesendlich entspannter nun und konnte sich beruhigt an die weitere Lockerung machen, wobei er bereits merkte, das er bald aufhören sollte, da der Stoff es doch behinderte und Cimon nicht so recht einschätzen konnte, wann es ausreichend oder zu viel sein würde.
    Den Wunsch von Ursus würde er versuchen umzusetzen.


    "Ja, Dominus Ursus. Wie du wünschst."


    Als es um den 'Umzug' ging war Cimon derartig verwirrt, das er eine Antwort vermissen ließ und anschließend hörte, was Ursus über Marei sprach. Der Sklave unterbrach die Behandlung, wobei seine Hände nun ruhig auf den Schultern des Herren ruhten. Seine Augen waren fest auf Ursus gerichtet. Wie gut das dieser ihn grade nicht ansah...noch nicht.


    "Ich werde mich noch heute um den Raum kümmern Herr. Ich danke dir sehr, Dominus Ursus. Ich... werde es mir ...entsprechend einrichten.


    Marei? Nun seit ich ihr geholfen habe, als sie ein wenig krank war, ist sie oft bei mir, wenn sie nicht schlafen kann. Ich erzähle ihr Geschichten. Sie lernt gerne und schnell. Und...sie hört auf mich, Herr."


    Letztes sagte er nicht ohne Stolz in der Stimme. Hätte er jemals das Glück eines eigenen Kindes gehabt, so hätte er sich gewünscht, dies sei wie Marei. Jedenfalls dachte er dies von seiner eher unerfahrenen und einfachen Seite aus.
    Das er zuvor mit 'entsprechend einrichten' gemeint hatte, das er als Sklave nichts brauchte und alles in den Sklavenunterkünften finden würde sagte er nicht. Denn er sah es als selbstverständlich und normal an. Das sein Herr so großzügig war, dafür dankte er ihm, doch niemals würde Cimon dies ungebürlich ausnutzen.

  • "Ah, danke, es ist schon viel besser, Cimon", sagte Ursus, als Cimon die Massage beendete. Später würde er richtig bearbeitet werden, das würde dann auch die letzten problematischen Stellen lockern. Ursus konnte sich mit einem so vielseitig begabten Sklaven wirklich glücklich schätzen.


    "Richte Dich gemütlich ein. Du weißt, daß ich es mir leisten kann und ein Sklave ist doch auch immer ein Aushängeschild seines Herrn." Immerhin kannte er Cimon nun auch schon eine ganze Weile. Und wußte sehr wohl, daß der Sklave für sich selbst nie etwas forderte oder auch nur in Betracht zog, sich selbst etwas Gutes zu tun. "In ein paar Tagen sehe ich es mir an. Und wenn ich es unzureichend finde, dann werde ich eigenmächtig Verbesserungen vornehmen", drohte er schmunzelnd. Natürlich wollte er Cimon nichts aufzwingen, was dieser nicht leiden konnte. Aber zu spartanisch sollte sein Leibsklave und Leibwächter nicht leben müssen.


    "Sie ist ein liebes Kind und ich finde es gut, wenn sie bei Dir Halt und Geborgenheit findet. Aber es wäre mir auch recht, wenn Du sie lehren könntest, ein bißchen weniger vorlaut zu sein. Sie neigt leider dazu. Auch in Gesellschaft, in de das alles andere als gut ist."

  • Nocheinmal drückte er kurz die Schultern, bis ihm plötzlich die haltung auffiel und er einen Schritt weg ging. Umgehend kümmerte er sich um Saftnachschub, damit er seine kurze Unsicherheit nicht zeigte. Das Zimmer... er sah, nun vor seinem Herren stehend, diesen erneut direkt und fast etwas erschrocken an.


    "Ich werde alles zum heutigen Abend bereitet haben Herr. ich...ich brauche wirklich nichts, Dominus Ursus."


    Was Marei anging nickte Cimon. Ja, das hatte er auch bereits gemerkt. Er überlegte und stellte seinem Herren den erneut gefüllten Becher hin. Es war seine Art zu zeigen, das sein Herr. nach seiner Meinung noch nicht genügend getrunken hatte. Selbstverständlich sah er seine eigene Überzeugung als unwichtig an und hoffte das sein Herr es einfach nur ähnlich sehen würde.


    "Ja, Dominus Ursus. Dies ist mir auch schon aufgefallen. ich bemühe mich und versuche sie auch weiterhin darauf aufmerksam zu machen, Herr."


    Ergeben neigte er den Kopf und wartete ab. Früher wäre er nun auf die Knie gesunken, doch er wusste das sein Herr es nicht wollte. Dabei würde es Cimon nichts ausmachen und es wäre auch bequemer. Doch der Sklave verhielt sich meist eben so, wie sein Herr es von ihm erwartete. Kleinere Ausnahmen wurden durch unerwartete Ereignisse erzeugt.


    Allerdings deutete hier grade nichts darauf, das ein solches Ereingniss eintreffen würde. Fragend sah er abermals auf. Der Teller war noch nicht geleert. Was aber kein eindeutiges Zeichen war.


    "Was kann ich noch tun, Herr?"


    Irgendetwas...Cimon wollte irgendetwas tun. Wollte bleiben, wollte seinem Herren zu diensten stehen und ihn dadurch besser kennenlernen. Nein...wenn er ehrlich war wollte er reden. Es war seltsam angenehm, mit Ursus zu sprechen und ehrlich seine Gedanken äußern zu können. Damit musste er ersteinmal lernen umzugehen. Dabei dachte er durchaus an die mahnenden Worte von Phaeneas, was das Vertrauen anging. Aber Ursus hatte sein Vertrauen doch mehr als nur verdient. Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen, eines was er bei dem Bithynier gelernt hatte.

  • Auf die Versicherung seines Sklaven, daß er nichts brauchte, mußte Ursus direkt etwas lachen. "Ich kenne Dich, Cimon. Du gibst Dich stets mit weit weniger zufrieden, als Du müßtest. Aber gut, ich will Dir nichts aufzwingen. Du sollst nur wissen, daß Du die Möglichkeit hast und sie nur ergreifen brauchst." Cimon sollte ja lernen, für sich zu entscheiden. Wenn er entschied, spartanisch zu leben, dann war es eben so.


    Ursus nahm den Becher und trank daraus. "Was Du noch tun kannst? Wo wir hier gerade so miteinander reden, sag mir doch bitte, wie Du Dein Leben hier empfindest. Hast Du Dich eingelebt? Verstehst Du Dich mit den anderen?" Er wußte, Cimon würde damit nicht von selbst kommen. Nur wenn etwas extrem nicht in Ordnung wäre. Ansosten würde er für alles die Schuld bei sich suchen und es sonst einfach hinnehmen.

  • Ursus'Lachen wirkte ehrlich und ...nett. Sodass Cimon kurz grinsend nicken Musste. Ja, er hatte seinen Sklaven ganz gut durchschaut. Er hatte ja auch recht, doch Cimon konnte einfach nichts nur für sich tun. Das widerstrebte ihm noch immer so sehr, das er nur um so schlechter würde schlafen können.


    "Ja, du kennst mich gut, Dominus Ursus."


    Die Frage die dann folgte verwirrte den Sklaven. Er musste nachdenken. Dabei sah er sehr ernst aus. Und die wenigen Momente in denen es weniger nett war, rückten in den Hintergrund. Aber dafür all die guten Dinge nach vorn. Cimon lächelte etwas gelöster als er es jemals zuvor bei seinem Herren war.


    "Ich fühle mich sehr wohl hier, Herr. Natürlich gibt es auch weniger gute Momente, doch nichts, was zur Sorge führen würde. Ich...nun ich habe mich recht gut eingelebt, möchte ich behaupten, Dominus Ursus."


    Dankbar deutete Cimon eine Verneigung an und merkte, wie er spürte, das sein er seinem Herren nicht egal war. Sicher auch zuvor wusste er es bereits. Doch er hatte es nicht gespürt. Jetzt zeigte seine Haltung, das er sich dessen wirklich sicher war.

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