Nachdem Caius den größten Stau, den er je zu Gesicht bekommen hatte, hinter sich gelassen hatte und in die Straßenschluchten Roms eingetaucht war, dauerte es geraume Zeit, bis er die Casa Accia Ducciaque erreichte.
Caius und sein Begleiter Radbod folgten zunächst im Schneckentempo der Via Flaminia, die sie mit jedem Schritt tiefer auf das Herz der Urbs Aeterna, das Forum Romanum, zu führte. An einer der hunderten Kreuzungen verabschiedeten sie sich denn auch von Publius Vennonius Caldus, der eine Abzweigung nahm, um einen Freund zu besuchen (beziehungsweise als günstige Verkostungs- und Übernachtungsmöglichkeit zu missbrauchen). Von da an zogen sie zu zweit weiter. Sie brauchten zwar eine halbe Ewigkeit, weil das Gedränge mit jedem passus, den sie vorankamen, schlimmer wurde. Aber das war nun nicht mehr von Bedeutung. Caius kam nämlich aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Allein die Stockwerkzahl der Mietskasernen beeindruckte ihn dermaßen, dass er dreimal in Folge unschuldige Passanten beinahe mit seinem niedergeritten hätte, was durch deren lauthalsen Protest noch kurzfristig verhindert werden konnte. Und die Prachtbauten erst! Einen Blick auf das Mausuleum Augusti und den Ara Pacis hatte er ja bereits erhaschen können. Doch auch die großen Denkmäler und Tempel, die ihm später zu Gesicht kamen, beeindruckten Caius über alle Maßen. Er war zwar aus Mogontiacum, wo der Sitz des Statthalters lag und wo es auch Thermen, Tempelanlagen und ein Forum mit Basilika gab, schon prächtige römische Architektur gewöhnt. Aber hier in Rom schienen ja bereits die Insulae der Unterschicht gigantisch zu sein, wie mussten da erst die Stadtvillen der Nobilitas ausgestattet sein?
Und dann erreichten Caius und Radbod das Forum Romanum. Da saßen sie auf ihren Pferden und hielten Maulaffen feil. Niemand beachtete sie sonderlich. Nur wenige Leute würdigten sie eines Blickes, während sie an ihnen vorbei hasteten oder in den Portiken und auf den Tempelstufen herumlungerten. Dies war der Mittelpunkt der Welt, erkannte Caius als sein Hirn wieder zu arbeiten begann. Verrückt. Und er stand mitten darin.
"He, guter Mann", sprach er schließlich einen gemütlich daherschlendernden Bürger mittleren Alters an. "Wo finde ich das Haus des Senators Titus Duccius Vala?"
"Du meinst den Consul Titus Duccius Vala?", antwortete der Mann mit einer Gegenfrage, deren Ton klar machte, was er von der Unwissenheit des jungen Burschen hielt - gar nichts. Caius riss die Augen weit auf. Hatte Alrik... Vala... es tatsächlich geschafft? Sollte es wahr sein? Das wäre wirklich eine frohe Botschaft.
"Genau der", grinste er also und erhielt auch prompt eine halbwegs genaue Wegbeschreibung, anhand derer Caius und Radbod sich unter stetem Nachfragen entlang des Weges schließlich bis zur Casa des Consuls durchkämpfen konnten.
"Das muss es sein", verkündete Caius dann endlich seinem Begleiter, als sie an ihrem Zielort angelangt waren.
"Donar sei Dank. Ich sterbe vor Hunger!", ächzte Radbod nur und warf einen sehnsüchtigen Blick auf das Haus, in dem er sich eine gute Mahlzeit und ein weiches Bett erhoffte.
"Dann wollen wir mal", raffte Caius sich ungeachtet des radbodschen Gejammers auf, stieg vom Pferd und betätigte den Türklopfer.