[Esquilin] Casa Accia Ducciaque

  • Nachdem Caius den größten Stau, den er je zu Gesicht bekommen hatte, hinter sich gelassen hatte und in die Straßenschluchten Roms eingetaucht war, dauerte es geraume Zeit, bis er die Casa Accia Ducciaque erreichte.
    Caius und sein Begleiter Radbod folgten zunächst im Schneckentempo der Via Flaminia, die sie mit jedem Schritt tiefer auf das Herz der Urbs Aeterna, das Forum Romanum, zu führte. An einer der hunderten Kreuzungen verabschiedeten sie sich denn auch von Publius Vennonius Caldus, der eine Abzweigung nahm, um einen Freund zu besuchen (beziehungsweise als günstige Verkostungs- und Übernachtungsmöglichkeit zu missbrauchen). Von da an zogen sie zu zweit weiter. Sie brauchten zwar eine halbe Ewigkeit, weil das Gedränge mit jedem passus, den sie vorankamen, schlimmer wurde. Aber das war nun nicht mehr von Bedeutung. Caius kam nämlich aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Allein die Stockwerkzahl der Mietskasernen beeindruckte ihn dermaßen, dass er dreimal in Folge unschuldige Passanten beinahe mit seinem niedergeritten hätte, was durch deren lauthalsen Protest noch kurzfristig verhindert werden konnte. Und die Prachtbauten erst! Einen Blick auf das Mausuleum Augusti und den Ara Pacis hatte er ja bereits erhaschen können. Doch auch die großen Denkmäler und Tempel, die ihm später zu Gesicht kamen, beeindruckten Caius über alle Maßen. Er war zwar aus Mogontiacum, wo der Sitz des Statthalters lag und wo es auch Thermen, Tempelanlagen und ein Forum mit Basilika gab, schon prächtige römische Architektur gewöhnt. Aber hier in Rom schienen ja bereits die Insulae der Unterschicht gigantisch zu sein, wie mussten da erst die Stadtvillen der Nobilitas ausgestattet sein?


    Und dann erreichten Caius und Radbod das Forum Romanum. Da saßen sie auf ihren Pferden und hielten Maulaffen feil. Niemand beachtete sie sonderlich. Nur wenige Leute würdigten sie eines Blickes, während sie an ihnen vorbei hasteten oder in den Portiken und auf den Tempelstufen herumlungerten. Dies war der Mittelpunkt der Welt, erkannte Caius als sein Hirn wieder zu arbeiten begann. Verrückt. Und er stand mitten darin.
    "He, guter Mann", sprach er schließlich einen gemütlich daherschlendernden Bürger mittleren Alters an. "Wo finde ich das Haus des Senators Titus Duccius Vala?"
    "Du meinst den Consul Titus Duccius Vala?", antwortete der Mann mit einer Gegenfrage, deren Ton klar machte, was er von der Unwissenheit des jungen Burschen hielt - gar nichts. Caius riss die Augen weit auf. Hatte Alrik... Vala... es tatsächlich geschafft? Sollte es wahr sein? Das wäre wirklich eine frohe Botschaft.
    "Genau der", grinste er also und erhielt auch prompt eine halbwegs genaue Wegbeschreibung, anhand derer Caius und Radbod sich unter stetem Nachfragen entlang des Weges schließlich bis zur Casa des Consuls durchkämpfen konnten.


    "Das muss es sein", verkündete Caius dann endlich seinem Begleiter, als sie an ihrem Zielort angelangt waren.
    "Donar sei Dank. Ich sterbe vor Hunger!", ächzte Radbod nur und warf einen sehnsüchtigen Blick auf das Haus, in dem er sich eine gute Mahlzeit und ein weiches Bett erhoffte.
    "Dann wollen wir mal", raffte Caius sich ungeachtet des radbodschen Gejammers auf, stieg vom Pferd und betätigte den Türklopfer.

  • http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/82.jpg Und wieder öffnete Pustus Blumus die Porta der Casa. Langsam entwickelte sich seine Position zu echter Arbeit! Dadurch wuchs seine Begeisterung für eben jene natürlich beträchtlich, sie verdoppelte, verdreifachte sich beinahe. Zu dumm nur dass das mehrfache von nichts dem Anfangswert so gut wie gleich war. Dementsprechend hatte sich an dem Gleichmut nichts geändert, mit dem er seine Begrüsungsformel sprach:"Salve, dies ist die Casa Accia Ducciaque, was kann ich für dich tun?"

  • Der Empfang durch den Ianitor war nicht überwältigend freundlich, aber auch nicht abschreckend unfreundlich. Caius versuchte sich an einem unsicheren Lächeln und wollte sich vorstellen, als ihm erstmal die Stimme versagte. Er räusperte sich und begann dann nochmal von neuem:


    "Salve. Ich bin Caius Duccius Callistus, Sohn des Numerius Duccius Marsus. Ich komme mit meinem Begleiter" - kurzer Daumenzeig über die Schulter auf Radbod - "aus Germania Superior. Ich... äh... würde gern den Senator, na der ist ja jetzt Consul... also den Consul Duccius...Titus Duccius Vala sprechen. Wenn er da ist."

  • http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/82.jpg Pustus Blumus bewegte ob der ersten Unsicherheit des jungen Mannes keine Mine. Weder erwiderte er das Lächeln, noch gab er irgendwie zu erkennen, dass er den Fehlversuch bemerkte. Er machte das hier immerhin schon einige Jahre und wusste was sich gehörte. Der nächste Versuch des jungen Mannes zeigte, dass er richtig gelegen hatte. Der junge Herr war anscheinend ein – wie entfernt sei mal dahin gestellt – Verwandter des Dominus. Duccius war nun wirklich kein Name, den man in Rom häufig hatte. Ob er in Germania Superior gewöhnlicher war? „Der Dominus ist momentan leider außer Haus und wird wohl erst in ein paar Stunden zurückkehren.“, musste er Callistus leider mitteilen. „Aber die Domina ist zugegen, wenn du und dein Begleiter ihr vorstellig werden möchtet.“, schlug er dienstbeflissen vor und machte in der Annahme, dass die Jungs nicht auf der Straße warten wollten und deshalb seinem Vorschlag folgen würden, eine in das Haus einladende Geste.

  • Der Brief war ein Wagnis. Ein eindeutig kürzeres Wagnis als die letzten ellenlangen Episteln, aber Lucia wusste auch nicht viel mehr hinzuzufügen. Sie gab recht viel von sich Preis und hatte deshalb lange gegrübelt, ob sie ihn so abschicken wollte, aber letztendlich hatte sie sich dafür entschieden. Wer nicht wagte der gewann auch nichts. Sie war gespannt, was Avianus ihr wohl antworten würde.


    Aber wegen dem Postsklaven musste sie noch was machen. Irgendwas… Sie hatte grade wenig Muse sich selbst etwas auszudenken… „Arsinoe, geh zum Postsklaven. Sieh ob er was braucht, wem er vertraut und… ja den Rest kannst du dir sicher denken, oder?“Lucia musterte ihre junge Sklavin kritisch, war sie schon so weit? Arsinoe nickte entschlossen. Das sah doch vielversprechend aus. Vielleicht erledigte sich diese Sache für Lucia fast von selbst. Sie übergab Arsinoe den Brief und schickte sie dann mit einer Handbewegung davon.

  • Die Miene des Ianitors blieb unbewegt. Caius wäre dadurch womöglich irritiert gewesen, aber glücklicherweise sprach Pustus Blumus gleich weiter. Dass Vala nicht da war, erwies sich zwar als lästig, war im Endeffekt aber nicht weiter schlimm.


    "Nun gut. Wenn die Domina... Tiberia, nicht wahr? Wenn sie uns empfangen möchte, so kehren wir gern ein", beantwortete Caius die Frage des Ianitors und wollte schon auf die einladende Geste hin eintreten, als ihm die Pferde wieder ins Gedächtnis kamen. "Achso, kannst du noch jemanden anweisen, unsere Pferde zu versorgen und das Gepäck entgegenzunehmen?" Caius hoffte, dass man die Pferde in der Casa Accia irgendwo würde unterstellen können. Ansonsten käme wohl ein Mietstall in Frage. Radbod schaute derweil mit großen Augen und trat noch einen Schritt näher um zu verdeutlichen, dass er ebenfalls ein Reittier inklusive Packpferd dabei hatte, das er versorgt wissen wollte.

  • http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/82.jpg „Ja, die Domina ist aus der Familia Tiberia.“, bestätigte Pustus Blumus nüchtern. Er schnippte mit den Fingern, was ohne Zögern in ein ungeduldiges Winken überging. Man konnte leises Klappern hören, dann war auch schon ein Junge herangeeilt. „Geh, frag die Domina, ob sie bereit wäre Duccius Callistus und seinen Begleiter zu empfangen.“ Der Junge wollte schon auf und davon, doch Pustus Blumus hielt ihn mit einem „Ah, ah, ah!“ zurück. „Schick Tertius er soll sich um die Pferde und das Gepäck kümmern!“ Der Junge nickte, zögerte und bekam dafür sofort einen ungeduldigen Wink. Anscheinend war jetzt doch entlassen und flitzte davon. „Ihr könnt im Atrium warten.“


    Es dauerte eine Weile, dann kam der Junge durch das Atrium geflitzt und flüsterte Pustus Blumus etwas zu. Dieser nickte, trat zu den jungen Herren und informierte sie: „Die Domina wird euch im Tablinium empfangen. Sie bittet euch es euch bequem zu machen, sie wird noch einen Moment benötigen.“ Der Junge zeigte den Weg ins Tablinium, wo kurz darauf schon Wein serviert wurde.

  • Der Ianitor wurde von Minute zu Minute hilfsbereiter und auskunftsfreudiger. Caius fiel das positiv auf. Höflich lächelnd wartete er ab, bis die Anweisungen des Pustus Blumus ins innere der Villa weitergetragen und wenig später ausgeführt wurden. Caius und Radbod ließen sich darob auch bereitwillig ihre Pferde von Tertius abnehmen und betraten sodann die Casa.


    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/50.jpg "Mannohmann", entfuhr es einem offensichtlich höchst beeindruckten Radbod, als sie im Atrium zum Stehen kamen. "Rom ist echt der Hammer!"
    Caius nickte seinem Begleiter nur beipflichtend zu, konnte jedoch wegen der neuerlichen Worte des Pustus Blumus nicht zu einer gleichsam bewundernden Antwort gegenüber Radbod ansetzen. Vielmehr entgegnete er dem Ianitor: "Sehr gern."
    Anschließend folgte er dem Fingerzeig des Jungen und ließ sich von Radbod gefolgt im Tablinium nieder. Den Wein - zur hälfte mit Wasser gemischt - nahmen die beiden Reisenden dabei zutiefst dankbar entgegen und tranken auch gleich einen großen erfrischenden Schluck des Rebsaftes. Daraufhin sahen sie sich während der Wartezeit ausgiebig im Tablinium um. Die Wandgemälde kündeten davon, dass der Hausherr sich einen kunstfertigen Maler hatte leisten können. Ebenso die kunstvoll geschnitzten Möbel. Und die Weinpokale erst, aus denen sie tranken! Caius wurde sich in diesem Moment endgültig bewusst, dass er in der Casa eines Consuls saß. Ein entrücktes Lächeln stahl sich bei diesem Gedanken auf sein Antlitz, das ihn einen Augenblick lang ziemlich verträumt aussehen ließ. Radbod dagegen starrte einfach nur mit offenem Mund die Gravurarbeiten auf einer silbernen Weinkanne an, die einige griechische Athleten bei ihren Leibesübungen zeigten.


    So würde die Hausherrin zwei beeindruckte junge Burschen zu Gesicht bekommen. Der eine, Caius, in typisch römischer Gewandung - er hatte bewusst auf römisches Auftreten geachtet - und der andere, Radbod, in nicht ganz so römischer Aufmachung. Beide wiesen allerdings keine allzu großen Spuren der Reisestrapazen auf, denn am Abend zuvor hatten sie im Gasthaus vor der Stadt die Möglichkeit gehabt sich zu waschen und noch einmal frische Kleidung von den Packpferden überzuwerfen, um einen besseren Eindruck bei der Tiberia und ihrem Mann zu machen. Eine gewisse Erschöpfung von der langen Reise war beiden Wartenden abseites der offensichtlichen Bewunderung für Rom und alles was damit einherging dennoch anzusehen.

  • Da Dives selbst die Wichtig- oder Unwichtigkeit seiner Entdeckung iuristisch nicht ganz abschätzen konnte und ganz ehrlich so ganz ohne Rücksprache auch allein nicht abschätzen wollte, schickte er einen Cursor zum Wohnsitz des duccischen Consuls. Dort gab jener sodann eine Tabula ab, bevor er sich auch schon auf den Rückweg begab.


    Roma, A.D. XIII KAL IAN DCCCLXV A.U.C.

    Ad
    Consul
    Titus Duccius Vala
    Casa Accia
    Roma, Italia



    Iulius Dives Quaestor Urb. ab actis senatus Duccio Valae Consuli s.d.


    Ich danke dir sehr für deinen letzten Brief und die darin enthaltene Gratulation zu meiner Wahl und möchte dir hiermit berichten, dass ich mich bereits erfolgreich in meine quaestorischen Aufgaben von der Chronikpflege bis zur Reiseverkehrsüberwachung einzuarbeiten vermochte. Und auch in den Archiven habe ich mir bereits einen ganz guten Überblick verschafft. Leider ist genau dies auch der Grund, aus dem ich dir schreibe.


    Im Rahmen meiner Einarbeitung stieß ich unerwartet auf das Fehlen einiger Senatsbeschlüsse, begründet aller Wahrscheinlichkeit nach dadurch, dass diese Beschlüsse bisher nie durch den Senat gefasst worden sind. Nur als ein Beispiel möchte ich hier exemplarisch den fehlenden Senatsbeschluss zur Außerkraftsetzung der Lex Scholae Atheniensis anführen, wie jedoch leider mehr noch als nur dies sich aufgetan hat.
    Wohlbemerkt betone ich dabei, dass meine zusammengestellte Liste keinerlei Änderungsempfehlungen für den Senat umfasst, die nicht ohnehin schon längst dem Usus im Imperium entsprächen. Allzu große Diskussionen folglich sollten wohl im Senat nicht dazu zu erwarten sein.


    Da schlussendlich bekanntlich ein dem Senat beisitzender Quaestor selbst keine eigenen Anträge sondern jene nur über den Princeps Senatus einbringen kann, möchte ich hiermit dich als selbigen bitten, mich in meinem bescheidenen Officium im Tabularium aufzusuchen respektive mir einen Termin für ein gemeinsames Treffen in deinem Haus oder an einem anderen Ort zukommen zu lassen, auf dass ich dir meine komplette Liste an Empfehlungen darlegen und erklären kann und du zu entscheiden vermagst, inwiefern jene Punkte der Tagesordnung des Senats würdig genug sind oder nicht.


    Ich hoffe auf deine Antwort. Sei der beste und größte Iuppiter mit dir!
    Vale bene!


    /images/signet/Siegel_gens_Iulia_Tabula.png



    MARCUS IULIUS DIVES
    QUAESTOR URBANUS AB ACTIS SENATUS

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Duccius Callistus, Duccius Callistus, wiederholte Lucia den Namen des unerwarteten Gastes in ihrem Kopf. Nein, Vala hatte ihr gegenüber diesen Namen noch nicht erwähnt. Hatte er überhaupt schon mal über andere Mitglieder seiner Familie gesprochen? Lucia konnte sich an keine Gelegenheit entsinnen. Je länger sie darüber nachdachte, umso neugieriger wurde sie auf den Besuch. Leider hatte sie die Gelegenheit den Sklaven über Einzelheiten wie Alter und Aussehen ihres Gastes auszufragen verstreichen lassen und musste sich nun gedulden, bis Arsinoe die letzte Locke ihrer Frisur festgesteckt hatte. Sie wagte es nicht ihre Phantasie spielen zu lassen, denn sie befürchtete sich einen bärtigen ungepflegten Barbaren vorzustellen, ob er lange Haare haben würde, fettige, lange Haare? Uuuuund sie war schon mitten drin sich ein Bild zu malen.


    Inzwischen wollte Lucia ihren Gästen kaum mehr gegenüber treten. Sie befürchtete in ihrem Tablinium zwei ungehobelte Riesen wüten zu haben, halbnackt und mit schartigen Messern in ihren Händen. Natürlich wusste der logische Teil von Lucia, dass ihre Sklaven solche Leute wohl kaum hereingelassen hätten, aber welches Vorurteil hatte sich schon je von Logik stoppen lassen?
    Nun konnte Lucia aber wohl kaum mehr zurück, also wollte sie zumindest selbst einen Auftritt hinlegen, an den sich die Barbaren noch lange erinnern würden. Sie hatte ihren pompösen Rubinschmuck angelegt. Zwar mochte sie persönlich ihre Bernsteine noch immer am liebsten, aber dann hatte sie sich daran erinnert, dass diese ja aus dem Norden kamen und sie wollte den Wilden ja etwas präsentieren, was sie nicht kannten. Ihre Haare waren hochgesteckt. Ihr kunstvoll geschminktes Gesicht von Locken eingerahmt.
    Lucia erinnerte sich selbst nochmal an ihre Haltung, obwohl das kaum nötig war. Sie war immerhin eine Patricia, wenn jemand wusste wie er einen Auftritt hinlegte, dann die Frauen ihres Standes!


    Sie schwebte also in den Raum, die Arme ausgebreitet und flötete „Willkommen, willkommen!“ Auf das Schlimmste gefasst, brachte sie die schlichte Wahrheit über ihre Besucher aber ein wenig aus dem Konzept. Das waren zwei ganz normale Adolescentes, wie man sie überall in Rom antreffen konnte! Lucia stockte kurz und musterte die Jungen in ihrer Überraschung unverhohlen. Nach einem Herzschlag fing sie sich wieder und lächelte befreit. „Ich freue mich euch in unserer Casa und in Rom willkommen heißen zu dürfen! Mein Name ist Lucia aus der noblen Familia Tiberia, mit wem habe ich das Vergnügen?“ Ob der Dicke oder der andere sich wohl als Callistus vorstellen würde?

  • Die Fremde aus dem Norden hatten Zeit genug, die Einrichtung der Casa auf sich wirken zu lassen. Dieses Haus war eines Consuls wahrhaft würdig. Erst recht seiner patrizischen Gattin! Stumm saßen sie da, unfähig ihre Eindrücke in Worte zu fassen, und harrten der Ankunft ihrer Gastgeberin. Als diese schlussendlich den Raum betrat, hatte Caius Mühe, seine Kinnlade unter Kontrolle zu behalten. Diese Frau erfüllte wahrhaftig alle Erwartungen, die er an eine römische Dame aus noblem Hause stellte: Mit graziösem Auftreten, einzigartiger Sprachgewandtheit und einer wundersam Aura der Selbstverständlichkeit ihres Daseins zog sie die den unbedarften jugendlichen Provinzler augenblicklich in ihren Bann. Und dann war sie auch noch so unfassbar attraktiv, dass es Caius zunächst die Sprache verschlug.


    Gut, dass es der Tiberia nicht anders erging, wenn auch aus anderen Beweggründen. Ihr Stocken registrierte Caius nicht, noch weniger realisierte Radbod mit seinem schlichten Gemüt die Irritation der Hausherrin. Als Caius den ersten Schock abgeschüttelt hatte, erhob er sich hastig, was Radbod ihm gleichtat.
    "Caius Callistus aus dem Hause Duccia, Sohn des Eques Imperii Numerius Marsus", spulte der soeben Begrüßte die fein säuberlich auswendig gelernten Worte eilig ab, sodann fortzufahren: "Ich... dies ist mein treuer Begleiter Rad... äh, Crassus. Danke, dass wir deine Gastfreundschaft, äh... genießen dürfen."
    "Salve", krächzte Radbod ungeschickt und verstummte sogleich wieder vor lauter Angst etwas Dummes zu sagen.
    "Äh", stolperte Caius daraufhin weiter durch diese Begrüßung, "Du bist die ehrenwerte Ehegattin meines Verwandten - nunja, entfernten Verwandten - Titus Vala? Ich freue mich sehr, dich kennen zu lernen."
    Was nun? Gab man sich die Hand? Oder war es in Rom im Kreise der Nobilitas Usus, sich mit Wangenküsschen zu begrüßen? Umarmte man sich, wenn man schon einen Verwandten - wenn er auch nur angeheiratet war - in seinem Hause willkommen hieß? Caius' Hände wurden feucht vor Nervosität und aufgrund der reichlich tölpelhaften Vorstellung, die er gerade abgeliefert hatte. Angesichts dieser Frau, die ihn schlichtweg aus dem Konzept gebracht hatte, war jede Vorbereitung beim Rhetor hinfällig gewesen, denn wie konnte der männliche Verstand - in so jungen Jahren wenigstens - einen klaren Gedanken fassen und hernach äußern, wenn in einem solchen Moment alles Blut in gänzlich andere Körperregionen floss?
    Dass die Tiberia, die ihn so souverän willkommen geheißen hatte, nur unwesentlich älter war als Caius selbst, und dass sie innerlich ebenso besorgt ob dieses Zusammentreffens gewesen war wie er, konnte der junge Duccier freilich nicht erahnen. Vielmehr fürchtete er bloß noch, sich vor der Hausherrin nunmehr völlig zu blamieren, indem er beim nächsten Wort in albernes Gestammel geraten könnte.

  • Der Consul hatte geantwortet. Und Dives blieb hartnäckig...


    Roma, A.D. IX KAL IAN DCCCLXV A.U.C.

    Ad
    Consul
    Titus Duccius Vala
    Casa Accia
    Roma, Italia



    Iulius Dives Quaestor Urb. ab actis senatus Duccio Valae Consuli s.d.


    Ich danke dir sehr für dein Antwortschreiben und deinen weisen Rat als Consul von Roma, dass ich ganz im Sinne meiner Laufbahn und Karriere meine kleine Liste an Empfehlungen bis zu einer etwaigen Berufung in den Senat zurückhalten sollte. Jedoch möchte ich dir versichern, dass es mir in dieser Sache weniger um meine eigene Person geht. Es geht mir im Gegenteil vor allem um Roma sowie darum, dass eigentlich abgeschlossene Projekte in der Tat auch final abgeschlossen werden, auf dass der Blick des großen Ianus sich im kommenden Ianuarius vor allem nach vorn und weniger nur zurück zu richten vermag.


    In diesem Sinne wäre ich folglich nach wie vor mehr als froh, wenn du mir Gelegenheit geben würdest, dir meine kleine Liste vorstellen zu dürfen. Hinsichtlich meiner Karriere indes denkst du ja unter Umständen bei einer etwaigen Vorstellung einer meiner Punkte vor dem Senat an meinen Namen. Oder aber, denn auch diese Gangart sollte der Codex Universalis wohl bieten, du erlaubst mir gar die eine oder andere Wortmeldung zur Sache. Denn als Beisitzer bekanntlich besitze ich zwar weder Stimm- noch Antragsrecht, vermag jedoch den Sitzungen beiwohnen und mit deiner Erlaubnis zu jedweder Sache auch sprechen zu dürfen.


    Sei der beste und größte Iuppiter mit dir!
    Vale bene!


    /images/signet/Siegel_gens_Iulia_Tabula.png



    MARCUS IULIUS DIVES
    QUAESTOR URBANUS AB ACTIS SENATUS

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus


  • Ad Tiberia Lucia
    Casa Accia Ducciaque
    Roma


    A. Iunius Avianus Tiberiae Luciae s.p.d


    Lucia, geschätzte Tiberia, wie ist es dir in der Zwischenzeit ergangen?
    Zuallererst ist es aber an mir, mich für meine verspätete Antwort zu entschuldigen. Doch mit Sicherheit verzeihst du mir ebenso wie ich dir letztens verziehen habe. Manchmal wünschte ich, ich könnte meine gesamte Zeit mit dem Lesen und Verfassen unserer Briefe verbringen, dann würdest du allerdings nicht in den Geschmack des fragwürdigen Vergnügens kommen, das ich dir dieses Mal zuteilwerden lasse:
    Bisher hatte ich gedacht, feine Damen, wie du mit Sicherheit eine bist, würden sich davor scheuen, Geschichten über den rauen Soldatenalltag zu lesen und darüber, was sich täglich in düsteren Seitengassen und zwielichtigen Tabernae abspielt. Da du mich nun aber ausdrücklich darum gebeten hast, kann ich dir ein paar Geschichten über meine Arbeit wohl kaum verwehren.


    Hast du etwa schon von diesem wuchernden Geschwür einer Christianersekte in Trans Tiberim gehört? Vor einer Weile hatte ich den Befehl, mit einer kleinen Truppe mehr darüber in Erfahrung zu bringen. Ich und meine Männer versuchten, die Ermittlungen friedlich durchzuführen und vorerst keine Gefangenen zu machen, dennoch ließ es sich eines dieser verrückten Sektenmitglieder nicht nehmen, mit einem seiner Freunde unsere Ermittlungen zu behindern und einen meiner Soldaten mit einem Messer zu bedrohen. Belohnt wurde seine Dummheit im Anschluss mit einer Gehirnerschütterung, denn selbstverständlich sind die Soldaten der Cohortes Urbanae allemal dazu fähig, einen dürren Wicht mit einem Küchenmesser zu überwältigen.
    Dennoch ist es immer wieder überraschend, mit welcher Selbstsicherheit sich aufmüpfige Zivilisten voll ausgerüsteten und ausgebildeten Soldaten der Stadtwache in den Weg stellen. Erst letztens musste ich gemeinsam mit einer Handvoll Männer in einer Taverne eine Schlägerei mit einem Kerl über mich ergehen lassen, der sich in meinen Augen vollkommen grundlos gegen uns gestellt hat. Der Mann war ein Riese, zweifellos dazu in der Lage einen in einem Moment der Unachtsamkeit quer durch den Raum zu werfen, und zäh wie ein Ochse noch dazu. Die Zahl an Schlägen, die wir aufbringen mussten, um ihn auf die Knie zu zwingen, hätten so manchen anderen bestimmt in die Bewusstlosigkeit oder gleich ins Jenseits befördert.
    Und dann wäre da noch der Mord, der sich damals am helllichten Tag auf offener Straße ereignet hat. Irgendein armer Hund hat einfach einen syrischen Händler direkt an seinem Marktstand abgestochen und kurz darauf sich selbst. Als ich mit einer kleinen Truppe dort ankam, hatten sie bereits die halbe Straße in ihr Blut getränkt und ihr Anblick ein ganzes Viertel an Schaulustigen angezogen. Zwischen all den Leuten war es unsere Aufgabe, die Sauerei wieder aufzuräumen und im Anschluss noch zu versuchen, irgendetwas über den Vorfall in Erfahrung zu bringen. Alles, was wir jedoch über die beiden herausfinden konnten, war, dass der Händler Gerüchte über eine Iulia verbreitet hat. Was der Mörder damit zu tun haben könnte, erschließt sich mit allerdings noch nicht. und zu allem Überfluss war noch ein lästiger Dieb schneller als wir und hat dem Mörder die Taschen geleert, bevor wir dort waren.


    Liebend gerne erzähle ich dir natürlich auch von dem Tratsch der einfachen Leute, der für gewöhnlich mit Sicherheit nicht bis zu dir durchdringt, wenn sich für mich auch nichts davon nach der Wahrheit anhört.
    Ein paar hoffnungslose Romantiker meinten, ihr hättet euch Hals über Kopf in einander verliebt, und trotz eures unterschiedlichen Standes und der Erwartungen, die deine Familie sicherlich an dich stellt, geheiratet, andere wiederum meinen, du hättest den Verstand verloren. Und dann wäre da noch die Handvoll Leute, die glaubt, entweder dein germanischer Ehemann hätte etwas eingefädelt oder dein Bruder führe etwas im Schilde.
    Nicht zu vergessen, ich habe von einem Quacksalber gehört, der auf den Märkten einen Liebestrank verscherbeln soll, der selbst die schönste Patrizierin dazu bringen soll, sich in mich zu verlieben. Vielleicht hast du vor deiner Hochzeit ja von seltsam schmeckendem Wein gekostet?


    Gut, das Papyrus wird knapp, wenn es auch noch für ein paar abschließende Worte reichen wird. Ich hoffe, mit diesem Brief ist deine Neugier ein wenig gestillt, und dass mir bald wieder eine Nachricht von dir überbracht wird. Denn nachwievor ist kein Briefwechsel unterhaltsamer als der diese.


    Fac valeas.
    Avianus

  • Es war spätabends als der aktuelle Hausherr und Konsul Roms Feierabend machte. Feierabend bedeutete im Konsulat schlimmer denn je: er arbeitete zuhause weiter. Oft genug kam der Feierabend recht früh, immerhin hatte er die Casa Accia mit seinem Wahlerfolg zu einem politischen Zentrum der Stadt Rom befördert... aber heute war er wieder einmal den ganzen Tag unterwegs gewesen.


    Dass kein Zweifel daran bestehen konnte, dass das Amt des Consuls ein Fulltime-Job ohne Raucherpausen, wurde klar als er in das Triclinium rauschte in welchem sich der Sage nach sein junger Verwandter Callistus und dessen Begleiter befanden.


    "Callistus." , grüßte der ältere den jungeren Duccius knapp und machte sich garnicht erst die Mühe die Begrüßung herzlich wirken zu lassen, schließlich gab es Arbeit zu bewältigen: "Gut, dass du hier bist... wir haben viel zu tun. Also: verdammt viel. Zuallererst: ich nehme dich als meinen Tiro an. Das scheint für's erste das richtige zu sein, danach wirst du dich entscheiden ob du noch bei einem anderen Senator in die Lehre willst. Ich habe bereits den jungen Helvetius Commodus seit fast drei Jahren als Tiro, schließ dich mit ihm kurz wenn dir nach Gesellschaft ist." , verpasste der Consul seinem Neu-Zuarbeiter einen absoluten Crashkurs, immerhin galt es seiner Meinung nach keine Zeit zu verlieren, "Es gibt insgesamt drei oder vier Projekte, bei denen deine Arbeit zwingend vonnöten ist. Vergiss den Schreibkram, dafür hab ich andere.. folgendes: erstens visiere ich eine Aufarbeitung der Leistungen der Magistrate der letzten dreißig bis vierzig Jahre an. Das wird viel Lesearbeit sein. Zweitens: die Lex Provincialum... oder eine Lex Provincialis Germanicae Superioris. Drittens: die Einweihung des verdammten Ulpianums. Und weiter: wie steht es um deine Kenntnisse des römischen Rechts?" , bombardierte Vala den jungen Germanen weiter mit Informationen und machte dabei einen vollkommen unbekümmerten Eindruck, schließlich verlangte der germanische Arbeitsethos genau das: Arbeit um des Arbeiten willens.
    Dass es allerdings doch etwas schroff und kalt rüberkam ging dann auch ihm auf, wenngleich einen längeren Moment später in beharrlicher Stille, weshalb er sich dann doch zu einem milden Lächeln herabließ und dem Jungen die Hand auf die Schulter legte: "Willkommen in Rom. Hast du noch Fragen?"

  • Nichts war von den Schreckensbildern der nackten, marodierenden Wilden geblieben. Lucia hatte hier zwei junge Burschen vor sich. Einen etwas gesprächigeren mit markanten Zügen und ein… Lucias Erziehung verbat ihr die direkteste Bezeichnung… etwas Beleibteren, der grade mal ein Wort herausbrachte. Beide schienen mehr als gebührend beeindruck von ihrem Auftritt und hatten keine Ahnung davon wie sehr sie Lucias Ego damit schmeichelten. Sie mochte es einfach so angesehen zu werden, Barbaren oder Adolescentes – egal, solange Männer ihretwegen so aus dem Konzept kamen musste sie ja was richtig machen.


    Callistus sprach etwas hastig und mit zu vielen Lückenfüllenden äh-Lauten, aber immerhin schaffte er es sich einigermaßen ordentlich vorzustellen. „Die Freude ist ganz meinerseits.“, überging Lucia jedoch seine Frage, ob sie die Ehefrau war. Das war doch offensichtlich!


    „Aber bitte, setzt euch doch wieder! Duccius,, sie lächelte erst den einen, dann den anderen an. „Crassus.“ Lucia machte eine geübte einladende Geste zu den Plätzen, die die Jungs eben schon eingenommen hatten. Sie selbst ließ sich ihnen gegenüber nieder und fragte interessiert: „Hattet ihr eine einigermaßen erträgliche Reise? Ihr müsst ja Ewigkeiten unterwegs gewesen sein!“ Beiläufig winkte sie einen Sklaven heran, der ihr auch sogleich Wein und Wasser mischte. Sie war tatsächlich einigermaßen interessiert zu hören, wie weit das ursprüngliche Zuhause ihres Mannes entfernt war. Nicht, dass man einen Unterschied gemerkt hätte, wenn sie das Thema nicht mal peripher tangiert hätte.

  • Nach der Begrüßung durch die Hausherrin hatten Caius und Crassus ein kleines Cubiculum zugewiesen bekommen, das mit einem Bett, einem Hocker und einem schmalen Kleiderschrank pro Person ausreichend Annehmlichkeiten bot. Ein winziger Tisch eröffnete zudem die Möglichkeit, persönliche Gegenstände offen und falls notwendig griffbereit zu lagern, sei es Schreibzeug oder das Abbild einer Gottheit. Kurz nach der Ankunft der beiden jungen Männer fand sich jedoch noch keinerlei Krimskrams außerhalb der Schränke, in die sie einfach alle mitgebrachten Dinge hineingepackt hatten. Neben Caius' Bett hatte dieser zudem eine Tasche gelegt, in der er sich bereits einige Gegenstände zurechtgelegt hatte, die er erwartungsgemäß in nächster Zeit benötigen würde: Tabula, Griffel, Abacus, etwas Kleingeld. Nachdem die beiden sich schließlich einige Zeit im Cubiculum eingerichtet hatten, wurde ihnen von einem Sklaven mitgeteilt, dass in absehbarer Zeit die Ankunft des Consuls zu erwarten sei. Caius entschied, dass er im Triclinium warten wollte. Zu diesem Zweck zog er sich eine frische Tunika über und forderte auf Crassus dazu auf, ihm dies gleich zu tun.


    So präpariert vertrieben sie sich alsdann die Wartezeit im Triclinium, bis der Hausherr tatsächlich eintraf - und Caius komplett überfuhr. Der junge Duccier öffnete den Mund, sah Vala konsterniert an und schloss den Mund wieder. Es dauerte einige Sekunden, bis sein Hirn schnallte, dass gerade sein Tirocinium Fori begonnen hatte. Caius nickte also, nickte nochmal, nickte, nickte. Er nahm selbstredend alles, was Vala ihm vor die Füße warf, für bare Münze. Und sobald sein Hirn richtig geschaltet hatte, ließ Caius sich von Crassus eine Wachstafel geben und schrieb auf:


    Tirocincium


    Helv. Commodus - III Jahre


    Projekte
    - Leistungen Magistr. letzte XXX - XL Jahre
    - Lex Prov. o. L. P. Ger. Sup.
    - verdammtes Ulp
    - römisches


    Caius blickte irritiert von der Wachstafel auf. Der letzte Stichpunkt war ja eine Frage, die an ihn gerichtet war! "Äh", machte er so einfallsreich und sprachgewandt wie er es bereits bei der Begrüßung durch Tiberia Lucia gewesen war und fand für einen Moment schlichtweg keine passenden Worte, weil sein Hirn noch zu sehr damit beschäftigt war, diese Aufgabenattacke zu verarbeiten. Glücklicherweise zeigte sein Großvetter (oder wie auch immer dieses Verwandtschaftsverhältnis zu bezeichnen war) doch noch einen Anflug von verwandtschaftlicher Herzlichkeit, die Caius zurück ins Reich der Denkenden holte.


    "Danke", sagte er artig als Erwiderung auf den Willkommensgruß und fuhr fort mit der Antwort auf die Frage, die Vala ihm zuvor gestellt hatte: "Ich habe im Unterricht eines Rhetors die Grundlagen unseres Rechtssystems gelernt und interessiere mich besonders für das Strafrecht." Dazu ergänzte er noch hastig: "Aber Provinzgesetzen werde ich auch klarkommen!" Man sah des Consuls Tiro an, dass er zu seinem Verwandten aufblickte und absolut darum bemüht war, ja keine Fehler oder einen anderweitig schlechten Eindruck zu machen.
    "Und ja, äh, eine Frage hätte ich noch", gab er schließlich noch zu. "Soll ich dich ab sofort begleiten. Also... überall hin?" Denn was Vala ihm da gerade aufgebürdet hatte, klang eher als solle Caius bloß sich weit vom Consul entfernt inmitten von Aktenstapeln aufhalten.

  • "Schön zu hören... ich gehe davon aus, der Familie geht es gut? Wie lebt es sich in der neuen Villa?" , fragte Vala höflich ohne allzu interessiert an einer ehrlichen Antwort zu sein, immerhin galt immernoch das unangefochtene Primat der Arbeit. Allerdings entlockte ihm die unsichere Frage seines Schützlings dann doch ein leichtes Grinsen: "Überall hin. Außer in mein Bett oder das meiner Frau. Was die Latrinen angeht... du wirst nicht glauben, wieviel Politik auf den Aborten der Urbs gemacht wird." , flaxte Vala bevor er sich wieder der Arbeit zuwandte.


    "Hmhmhmh..." , brummte Vala vernehmlich auf die Bekanntgabe seines jungen Verwandten, sich halbwegs im römischen Recht auszukennen, "..das ist ja schonmal was. Mit einer Sache im Strafrecht kann ich noch nicht dienen, allerdings habe ich etwas für dich. Ich würde das eigentlich selbst machen, allerdings hindert mich meine Stellung als Consul daran, als Kläger vor Gericht zu erscheinen.


    Folgendes: man hat Bäckern vor einigen Monden zugebilligt, das von ihnen gekaufte Korn selbst zu mahlen und nicht auf die Dienste der Müller selbst angewiesen zu sein. Das klingt belanglos, hat aber potentiell weitreichende Konsequenzen: vor Jahren gab es einmal einen großen Prozess, in welchem festgestellt wurde, dass Senatoren und Patrizier keine Bäckereien unterhalten dürften, da diese eben keine direkten landwirtschaftlichen Erzeugnisse weiterverarbeiteten... sondern eben nur weiterverarbeitete. Was ihnen laut der Lex Mercatus untersagt ist.


    Durch diese Neuerung wird der damals durchaus richtigen Argumentation der Boden entzogen, da Bäckereien nun tatsächlich direkte landwirtschaftliche Erzeugnisse weiterverarbeiten.
    Damit das Usus wird, ist es nötig das per Feststellungsklage zu festigen... und das genau ist deine Aufgabe.


    Sprich: lies dich in die Lex Mercatus und den damaligen Fall ein, bereite deine Argumentation vor und reiche Klage beim Prätor Urbanus ein. Es ist eine Feststellungsklage gegen den Rechtsusus, es gibt also keinen Beklagten... du wirst damit also niemandem auf die Füße treten und möglicherweise wird dir der eine oder andere Senator dankbar sein. Selbst wenn du verlieren solltest, was ich nicht glaube, hast du dich zumindest darum bemüht.
    Kurzum: trete vor Gericht und mach dich so bekannt. Die Tatsache, dass es nicht einmal einen Angeklagten gibt, befreit dich von etwaigen Konsequenzen für dein politisches Fortkommen. Ich wünschte ich wäre vor Jahren schon so schlau gewesen... aber so kann ich wenigstens sicherstellen, dass du nicht die gleichen Fehler machst wie ich."
    , dozierte Vala aus dem Nähkästchen und zeigte dabei deutlich, wieviel ihm gerade im Kopf herumschwirrte.
    Dass es da noch viel mehr gibt galt es auch zu erörtern: "Wie steht es um deine bereits bestehenden Verbindungen? Hast du bereits einen Patron?"

  • Gern kamen Lucias Gäste ihrer Aufforderung Platz zu nehmen nach. Crassus ließ sich plump auf seinen Stuhl zurückfallen, ihn hatte die Reise wirklich geschafft. Caius schaffte es dagegen sich etwas eleganter zu setzen, was angesichts von Crassus' Vorlage nicht so schwer war.


    "Also die Reise, nun, sie war so erträglich, wie man das von einer Reise bei Herbst- und Winterwetter eben erwarten kann. Wir sind gut sechs Wochen unterwegs gewesen, hatten aber das Glück uns dem ehrenwerten Publius Vennonius Caldus anschließen zu dürfen. Der hatte einige Leibwächter und einen Reisewagen dabei, was einige Komfort mit sich bringt."
    Er lächelte verschmitzt. "Und wie du siehst, sind wir, äh, gesund und munter in Rom angekommen."
    Crassus nickte eifrig. Er brachte immer noch kein weiteres Wort heraus. Caius dagegen musste nun endlich auch gegenüber seiner Gastgeberin seine Bewunderung für Rom ausdrücken: "Und, äh, wenn ich das mal so sagen darf: Rom. Das ist... also ich bin überwältigt von, äh... allem. Was die Leute über die Urbs Aeterna erzählen, ach, das ist alles Kinderkram. Diese Stadt übertrifft alle meine Erwartungen!"
    "Ja, alles ist so GROß!", platzte es da aus Crassus hervor, der daraufhin ganz erschrocken schaute als wäre ihm das Sprechen verboten, und den Mund schnell wieder schloss.

  • "Oh ja", beantwortete Caius wahrheitsgemäß Vala Frage über die Familie, ohne zu ausschweifend erzählen zu wollen. "Vater geht es gut, ebenso seiner Frau und der neugeborenen Camelia. Weißt du davon eigentlich schon? Ja und Dagmar und den Kindern geht es ebenfalls ganz gut und Rodrik und meine ganzen anderen Vettern und Basen wuseln wie immer so vor sich hin. Nur dem ollen Albin merkt man langsam sein Alter an."


    Über Valas Scherz musste Caius unweigerlich schmunzeln. "In Ordnung, nicht ins Bett, aber auf die Latrinen", wiederholte er zum Zwecke der Verinnerlichung Valas Anweisungen.


    Und dann kam die Arbeit. Caius wusste gar nicht wie ihm geschah, da wurde ihm schon sein erster Fall aufgehalst. Er sollte eine Klage einreichen und diese vor Gericht durchdrücken. Wieder musste Caius die ersten Schrecksekunden überwinden, bis er begann eifrig Notizen auf seiner Tabula zu fertigen. Vala hatte offensichtlich schon an das Wichtigste Gedacht, nämlich dass Caius sich mit diesem Projekt erstmal keine Feinde machen konnte. Abgesehen vom Praetor vielleicht, aber solange er den nicht gleich beleidigte oder mit Straßendreck bewarf, würde Caius den wohl nicht verärgern können.
    "Äh, bis wann meinst du, soll ich die Klage denn einreichen?", fragte Caius letztlich, um abschätzen zu können wie weit der zeitliche Rahmen für dieses Projekt gesteckt war.


    Schlussendlich warf der Consul dann auch noch eine Frage in den Raum, über die Caius sich auf seiner Reise nach Rom auch schon erfolglos Gedanken gemacht hatte.
    "Tja, nein. Einen Patron habe ich noch nicht. Kannst du mir da jemanden empfehlen? Und sonstige Verbindungen... also wir sind als Begleitung von Publius Vennonius Caldus hergekommen, der kennt ein paar Senatoren und Ritter hier in Rom. Ansonsten... sieht das eher mau aus." Dabei machte Caius ein leicht missgelauntes Gesicht.

  • "Ganz einfach: sobald du dich bereit dazu fühlst.", fuhr Vala fort ohne noch länger auf den Klatsch von Familie und Heimat einzugehen. Nicht weil es ihn nicht interessierte, er wollte einfach dem immer wieder aufkommenden Gefühl von Heimweh vorbeugen, dass ihn selbst in diesen Tagen seit mehr als zehn Jahren fern der Heimat immer wieder überkam.


    "Nein?", gab Vala sich verwundert und zog eine Augenbraue nach oben, hatte er doch etwas anderes erwartet. Andererseits war die Herangehensweise seines jungen Verwandten doch eine gänzlich andere als er: hatte er sich damals dem Vinicius angedient, weil dieser Legat in Germania gewesen, suchte Callistus möglicherweise eher nach einer Bindung in Rom. Das machte die Frage allerdings nicht gerade unkompliziert: "Wenn ich ehrlich bin, dürfte das echt schwierig werden...", ging Vala das Thema an und unterschlug dabei nicht, dass er da schon den einen missglückten Schritt angegangen war, "..ich habe im Wahlkampf zum Konsulat den Praetorius Flavius Gracchus angesprochen, allerdings ist der in gewisser Weise unversöhnlich weil ich einen der Sprösslinge seiner Sippe bei dessen Kandidatur zum Vigintivirat recht kritisch eingestuft habe... achja, und weil ich vor Jahrhunderten einen anderen seiner Sippe wegen einer dummen Nichtigkeit verklagte. Also die Flavier können wir vergessen. Allerdings ist seine politische Aktivität und damit seine Relevanz auch schonmal höher gewesen.. an wirklich potenten Patrones gäbe es da noch Decimus Livianus, der offensichtlich ein ungebrochenes öffentliches Prestige genießt, sich seit seiner auch dank meiner etwas wilden Amtszeit als Konsul allerdings ziemlich rar gemacht hat.", dozierte Vala weiter über die möglichen Patrones, "Dann wäre da noch Purgitius Macer, der wahrscheinlich noch größeres öffentliches Prestige genießt.. aber ebenso im Moment vor allem durch Unauffälligkeit und Stasis glänzt... was wohl einer der Gründe für ersteres sein dürfte. Summa summarum ist die Auswahl sinnvoller und nützlicher Patrones in Rom nicht gerade groß. Alle anderen sind entweder noch in der Mache, inaktiv oder bedeutungslos.", schloss Vala den Vortrag und zog die Lippen schmal, da schon deutlich geworden ist wie wenig sinngebend eine Wahl in dieser Sache sein konnte.
    "Es gibt zur Zeit allerdings einen Trend zurück zur Familienpatronage, nach dem was man sich erzählt. Ich habe darüber noch keine größeren Gedanken angestellt, aber vielleicht wäre das bedenkenswert.. höher als mein Patron steht wahrscheinlich nur der Kaiser.."

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