Es war vermutlich kein Zufall, sondern von Venus selbst so gewollt, dass einige wenige Tage nach meinem ersten Bade in den Thermen des Titus und dem Gespräch über die Damenwelt der Stadt, auch gleich das Fest der Veneralia abgehalten wurde. An diesem Tage feierten die Frauen die Venus Verticordia. Die Herzenswandlerin solle die Herzen der angebeteten Männer so wandeln, dass diese keine Gebrechen an den Körpern der Frauen sehen würden oder ihre Liebe erwidern würden.
Da Venus sowohl eine Familiengöttin, als auch meine persönliche Schutzgöttin war, machte auch ich mich an diesem speziellen Tag zum Tempel der Venus Verticordia auf. Ich war mir voll bewusst, dass ich den Damen heute keine Konkurrenz machen durfte und wollte mich auch überhaupt nicht in ihre Feiern einmischen, doch ein stilles Gebet beim Tempel musste einfach sein.
Ich war also zu Fuss unterwegs, denn die Sänfte würde heute nur stören und hatte als Schutz einige kräftige Freigelassene mit Stöcken dabei. Wenige Schritte vom Tempel entfernt hiess ich diese mich alleine zu lassen und ich ging alleine das letzte Stück.
Vor dem Tempel knieten und standen ganze Horden von Damen jeder Herkunft und jedes Standes, von der leichten Dirne bis zur älteren Matrone und baten um die Gunst der Venus. Auch vor dem Altar standen die Damen Schlange um ihre Opfergaben verbrennen zu lassen.
Ich begnügte mich damit, im hintersten Teil der Menge einen Platz zu finden, an welchem ich in Ruhe in mich gehen und beten konnte. Dort stellte ich das kleine Opferbecken hin, in welchem ich einige kleine glühende Kohlestücke transportiert hatte und legte daneben den speziellen Weihrauch aus dem fernen Land des Freundes meines Vaters. Tylus oder so soll es heissen. Mein Vater hatte immer darauf beharrt, diesen Weihrauch nur für spezielle, persönliche Momente zu nutzen. Heute war so einer.
Ich zog einen Zipfel meiner Toga über das Haupt und nach einer kurzen Phase der Sammlung betete ich: Grosse Venus, ich weiss du hast an diesem Tage viele Gebete zu hören doch bitte auch ich dich um deine Aufmerksamkeit. Ich, Lucius Annaeus Florus Minor, dein Geschöpf von Geburt an, bitte dich, erhöre mein Gebet. Lass die Dame deiner Wahl in ihrem Herzen für mich Liebe empfinden und begleite ihren Weg zu mir, wie lange dies auch immer dauern möge.
Ich wusste nicht, wie ich sonst beten sollte, schliesslich war mein Anliegen noch so unbestimmt, noch so wenig auf eine einzelne Person bezogen, dass ich wirklich ganz und gar der Gunst der Göttin ausgeliefert war. Doch ich war mir sicher, dass ich heiraten wollte und dass Venus für die Wahl einer Partnerin hilfreich sein würde.
Dann nahm ich einige Körner des speziellen Weihrauches und liess sie vorsichtig in die glühenden Kohlen des kleinen Beckens fallen. Sogleich begann dieser leicht zu knistern und knacken und wenig später stieg der süssliche Duft aus der Schale empor.
Ich wartete einige Zeit still und tief bewegt, bevor ich dann langsam den Zipfel meiner Toga wieder vom Kopf nahm.