[Mons Aventinus] Templum Veneris Verticordiae

  • Ehrfürchtig stand sie davor und sah hinauf. Der Tempel war so prachtvoll wie alle anderen. Und da sollte sie diesmal alleine hinein? Wenigstens bis zum Eingang kam Aretas mit, dann wartete er wie versprochen draussen.


    Chio trat ein und blieb erst einmal stehen. Heiligtümer waren immer etwas beeindruckendes, und doch furchteinflößend. Man fühlte sich so klein und unscheinbar in der Welt der Götter. Die Statue der Venus war nicht zu übersehen. Langsam ging sie darauf zu, noch immer bepackt mit den Gaben, die ihr Aretas in die Hand gedrückt hatte. Vorsichtig stellte sie den Wein ab und legte den Strauß Frühlingsblumen zu ihren Füßen. Und nun? Worum sollte sie bitten?


    Seufzend sah sie zur Venus hoch. "Große Göttin, ich weiß ja nicht, ob du überhaupt für mich zuständig bist, aber wenn doch... ich meine.. ich weiß ja noch nicht soviel von der Liebe, aber ich glaube, ich bin verliebt. Du bist eine Göttin, du weißt sicher, in wen." Chio drehte sich zum Eingang, um sicherzugehen, dass Aretas ihr nicht doch gefolgt war, aber er war nicht zu sehen. Dann sah sie wieder hoch zu der allmächtigen Venus. "Jedenfalls, eigentlich darf ich nicht in ihn verliebt sein. Aber kannst du da nicht irgendetwas tun? Ich meine, dass ich ihn doch lieben kann? " Chio dachte nach. Sie wußte ja nicht einmal, ob er sie auch ein bisschen gern hatte. Was, wenn Venus ihr alle Hindernisse aus dem Weg räumen würde und er wollte sie gar nicht? Nun kam sie sich noch kleiner und hilfloser vor. "Es tut mir leid.. große Göttin ... mein Wunsch war zu egoistisch, darum bitte ich dich nur, jemanden zu finden, den ich liebe und der auch mich so liebt, wie ich ihn." Ja, das war besser. Chio neigte ihr Haupt ehrfürchtig vor der großen Göttin und ging dann eilig zum Ausgang. Sie kam sich unheimlich dumm vor, wie ein kleines, bettelndes Kind. Aber jetzt war es zu spät.


    Draussen mußte sie sich erst einmal wieder an die Helligkeit gewöhnen. Sie holte tief Luft. Aretas war noch da. Sie gab ihm die letzten Rosen und deutete mit einem Nicken zum Eingang. "Jetzt du.. "

  • Venus, welche gerade sicherstellte, dass die etwas ältere Dame, die ihr kürzlich wundervoll klebrige süße Kuchen geopfert hatte, voll auf ihre Kosten kam, wurde vom Duft von Blumen auf ihren Tempel aufmerksam. Da die Römerin nun sicher allein zurechtkam (der Sklave jedenfalls schien ausgesprochen bemüht), entschied sie sich nachzusehen, wer diesmal ein Präsent für sie hatte.


    So richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die junge Sklavin, die nicht nur schöne Blumen, sondern auch noch Wein der Göttin überantwortete (natürlich war Venus zuständig, Venus scherte sich schließlich wenig um die Hüllen und Richtlinien, in die die Sterblichen sie packten). Ein guter Anfang, gut genug, dass die Göttin der Liebe gewillt war Chiomara zuzuhören. Mit aufgestütztem Arm spähte sie hinab auf die junge Frau und musste schmunzeln. Achja, es war immer wieder zu süß mitanzusehen, wie Liebende sich umtänzelten. Wie ein Mensch einen anderen nur so sehr begehren und doch in Nichtstun verharren konnte, es erschloss sich der Göttin nicht zur Gänze.
    Neugierig richtete sich Venus’ Blick auf das Objekt der Begierde. Na, wo war denn da das Problem? War doch ein ansehnliches Kerlchen. Ah, richtig, die Unsicherheit... ein Verbot? Pah, was scherte sich die Liebe um Verbote. Hatte sie nicht schon ganze Königreiche zu Fall gebracht? War sie nicht imstande alles und jeden zu überwinden? Was stand verglichen damit denn schon zwischen zwei Sklaven? Doch die Sterbliche entschied sich anders, was Venus kurz aufseufzen ließ. Warum nur verstand sie niemand? Sogar Mars hatte hier mitunter arge Probleme. Ob es am Ende an ihr lag?


    Nun gut, Venus war guter Laune und die Blumen rochen wirklich bezaubernd. So erfüllte die Göttin das Herz der Sterblichen mit einem guten Gefühl und einem Quäntchen Mut, um im entscheidenden Moment das Richtige zu tun. Den Wein würde sie vielleicht am Abend mit zu Mars nehmen, das gefiel ihm sicher...

  • "Ähm ich ? " zögernd nahm er die Rosen. " Ich...Ich..." kann nicht , hätte er ihr am liebsten gesagt. Was wenn die Göttin seine Gedanken errät? Er mochte Chio mehr nicht nur wie eine Schwester. Hatte es vermieden ihr zu zeigen. Sein Verstand hatte die Gefühle für sie in die Schranken gewiesen. Er wollte nicht, aber wie lange hielt er diesen Zustand noch aus. Jedes Mal, traf er sie in der Villa, kam sie in die Stallungen, war er mit ihr unterwegs, ging der Kampf von vorne los.
    " Na gut.... ich gehe zu ihr." Er ging bewaffnet mit den Rosen und dem Krug Wein zum Abbild der Venus.
    Den Krug Wein stellte er ab und sah sich die Statue in Ruhe an. Zeit schinden, fieberhaft überlegte er. " Venus, du schönste aller Göttinnen, auf dem Olymp strahlt deine Schönheit sicher noch mehr, als wir Sterblichen uns je vorstellen können. " Er räusperte sich. " Ich bin zerrissen, die eine hat man mir weggenommen, ich weiß nicht Mal , wann ich sie wiedersehen werde und ob überhaupt. Aus diesem Grund habe ich Chio bis heute vermieden zu zeigen, dass ich etwas für sie empfinde. Lange halte ich das nicht mehr aus. Ich bitte dich hilf mir. Du siehst die Dinge einfacher, du bist eine Göttin und ignorierst den Menschlichen Kleingeist, seinen beschränkten Horizont. " Er hatte das erste Mal offen zugegeben, dass er für Chio mehr empfand als nur Bruderliebe. Die Rosen legte er zu Füßen der Göttin. Dann dreht er sich entschlossen nach rechts. War es richtig ? Wem hätte er es sonst sagen können? Sie verstand ihn bestimmt am besten. Er sah noch einmal zur Statue der Venus und begab sich zum Ausgang, vor dem Chio wartete.

  • Chio sah ihm verwundert nach. ER wollte doch zu den Göttern und ihnen opfern. Wieso nicht bei Venus, gerade bei ihr? Nun war er drinnen und sie musste warten. Geduldig nahm sie auf den Stufen Platz und nutzte die Gelegenheit, die Menschen, die hier überall ihrer Wege gingen, zu beobachten. Viele hasteten mürrisch dort unten an ihr vorbei, einige genossen sichtlich den Tag und an der Ecke stand ein Pärchen und flüsterte sich augenscheinlich Liebesschwüre ins Ohr. Ein bisschen beneidete Chio die beiden.


    Da hatte sicher auch die Venus ihre Finger im Spiel, sie war bestimmt sehr mächtig. Und wenn sie so mächtig war, dann konnte sie sicher auch etwas machen, dass Aretas und seine Freundin wieder zusammenkommen könnten, wenn er sie darum bat. Seufzend drehte sie sich zum Eingang, er war immer noch dort drinnen. Wieso mußte sie sich auch ausgerechnet in ihn verlieben? Rom war soooo groß, wenn sie anfangen würde, sie könnte die Männer, die hier lebten, niemals zählen. Na gut, die meisten fielen schon weg, weil sie eine Sklavin war, und Faustina ... ohje. Das Leben war viel zu kompliziert.


    Da, endlich kam er wieder. Chio stand auf und wartete, bis er bei ihr war. Sein Gesichtsausdruck war schwer zu deuten. Vielleicht würde ja doch irgendwann alles gut werden, irgendwie. Vielleicht fand Venus ihre erste Bitte doch gar nicht so egoistisch. Ein bisschen Hoffnung blieb. "Ist alles gut bei dir? Venus ist eine große Göttin, sie kann dir sicher helfen... bestimmt." Ihr Zuspruch bezog sich auf Caelyn, denn sie ging davon aus, dass er darum gebeten hatte. Was er wirklich vorbrachte, das konnte sie ja nicht ahnen. "Und jetzt? Zu Ceres? Ich hab aber nur noch die Kekse."

  • Er nahm ihr die Kekse aus der Hand und lehnte sich an eine der Säulen des Venus-Tempels. Nichts war gut. Die erste Erleichterung war verflogen, nachdem er auf Chio vor dem Tempel traf. Es bereitete ihm Unbehagen, dieses hin und hergerissen sein. Seine Gefühle verstecken zu müssen, nur weil es die Vernunft sagte. Sollte er sie ewig verleugnen? War nicht hier unter den Augen von Venus oder Aphrodite, so wie er sie kannte, die beste Gelegenheit um endlich Klarheit zu schaffen? Er war sich ja nicht mal sicher, ob sie seine Gefühle teilte. Das und der kleine Funke Hoffnung Caelyn wieder zu sehen, hatten bis jetzt verhindert, dass er ihr seine Gefühle zeigte . Der Funke der immer kleiner wurde, mit jedem Rennen, was nicht stattfand. Die Zeit lief ihm davon, die Aussicht bald frei zu sein. Was, wenn er es nie schaffte? Dann hatte er Beides verloren.


    Ein tiefer Seufzer. Er sah Chio an. „ Teilen wir uns einen Keks? Bis zum Tempel der Ceres gibt es noch einige Händler. Ein kleiner Beutel Getreide und Blumen lassen sich da auftreiben. Bevor du den Keks isst, will ich etwas wissen.“ Er griff behutsam ihr Kinn, wie er es in der Villa getan hatte und sah ihr in die Augen. Sie waren die Spiegel der Seele.

  • Die Kekse war sie los, eigentlich alles. Die Götter konnten sich glücklich schätzen, soviel Geld könnte sie niemals ausgeben. Nun hatten sie soviel geopfert, soviele Götter besucht, nur Aretas sah alles andere als glücklich und zuversichtlich aus. Im Gegenteil. Er tat ihr ehrlich leid, die Situation war für ihn sicher nicht leicht und wenn sie eine dieser Göttinnen wäre, sie hätte alles getan, um ihn glücklich zu machen.


    Nachdem er keine Anstalten machte, weiterzugehen, blieb auch sie geduldig und wartete. In Gedanken schien er gerade ganz weit weg. Chio nutzte den Moment, weiter die Menschen zu beobachten, die an ihnen vorbei in den Tempel gingen. Sein tiefer Seufzer beendete schließlich das Schweigen und den Vorschlag, einen Keks zu teilen, fand sie mehr als gut. Doch dann zog er ihn wieder zurück, berührte mit seinen Fingern sanft ihr Kinn und sah sie durchdringend an. "Bevor du den Keks isst, will ich etwas wissen.“
    Sie wollte sich wegdrehen, die Augen schließen, doch sie konnte sich seinem Blick nicht entziehen. Ihr Herz setzte für einen Moment aus, nur, um dann umso schneller zu schlagen. Damals in der Villa, da konnte sie in ihr Zimmer flüchten, aber hier..


    "Ja, was.. " Chio schluckte schwer. ".. was willst du denn wissen." Ihr war nicht wohl bei der Sache. Wenn er jetzt wissen wollte, um was sie bei der Venus gebeten hatte? Das konnte sie ihm niemals sagen. Oder doch? Und wenn er gar nicht reden wollte, wenn er... Ihr wurde ganz heiß. Bitte nicht... bitte, bitte...

  • Angst? Da war Angst in ihren Augen, ihrem Verhalten. Er ließ ihr Kinn los, biss die Zähne zusammen, presste die Lippen aufeinander. Gut, dann war es eben so. Vor dem Tempel der Venus, das war deutlich und er brauchte sich den Kopf nicht mehr zu zerbrechen. “ Nichts….. “ Ein wenig Enttäuschung schwang in seiner Antwort mit. “ Wir gehen Blumen für Ceres kaufen. Du suchst sie aus.” Das sollte der letzte Tempel für diesen Tag sein, es war weit über Mittag.

  • .. bitte, tu es ... flüsterte ihr Herz. Nichts, er ließ sie einfach wieder los. Sie war eben doch nur eine kleine Schwester für ihn. Es war wohl der Tempel, die Venus, das unwirkliche hier, das sie in den Glauben hatte verfallen lassen, ihr Wunsch könnte Wirklichkeit werden. Vielleicht war es besser so. Trotzdem war sie enttäuscht, mehr, als sie jemals zugeben würde. Schritt für Schritt folgte sie ihm in einigem Abstand die Stufen hinunter. Noch eine Göttin. Sie hatte keine Lust mehr, außerdem hatte sie Hunger und ihre Füße taten weh.

  • Es war früh Nachmittag, eine sanfte Brise verwandelte die ansonsten beinahe drückende Hitze über der ewigen Stadt zu einer angenehmen Wärme und reinigte die Luft vom unerträglichen Gestank, der für gewöhnlich in den kleinen Gassen Roms sich einzunisten pflegte, wie das klare Wasser eines Gebirgsbaches den Geist gleichsam erquickt und rein macht. Ein munterer Opferzug aus einer bunten Schar an Freien und Sklaven, die Gaben trugen oder mit verschiedenen Arten von Flöten zarte Melodien durch die Straßen schweben ließen, dem allgemeinen Lärm des geschäftigen Treibens zum Trotz. In der Mitte der Gruppe sprang munter ein kleines, strahlend weißes Zicklein herum, mit bunten Bändern geschmückt, und ahnte wohl kaum von den Dingen, die ihm in nächster Zeit widerfahren würden. Zunächst den Quirinal hinab, überquerte der Zug das Forum Romanum, um schließlich, am Palatin vorbei, die Senke vor dem Aventin zu erreichen, in der sich der prächtige Circus Maximus ausstreckte, welcher, wenngleich nicht Ziel der Prozession, so doch das beherrschende Gebäude der Umgebung war. Vergleichsweise jung im Gegensatz zu der Bahn, auf der schon hunderte und aberhunderte Jahre Pferderennen ausgetragen wurden, aber dennoch alt genug, um jenes Gefühl des ehrfürchtigen Staunens vor allem Alten hervorzurufen, war ein kleinerer aber überaus prächtiger Tempel, der Venus, die die Herzen wandelt, geweiht, der unweit des Circus Maximus am Aventin errichtet worden war. Endlich vor dem bunt bemalten Heiligtum angekommen, kam der muntere Zug schließlich zum Stehen und lediglich Flaccus selbst sowie die Diener mit den Gaben für das Voropfer erklommen die Stufen bis zur Säulenhalle, wo der Eingang zum Tempelgebäude lag. Eine freundliche Absprache verbunden mit einem kaum nennenswerten Geldfluss im Vorfeld hatten dafür gesorgt, dass der Tempel nun gänzlich frei von Besuchern für die Dauer des Opfers dem jungen Flavier allein zur Verfügung stand.Jener durchschritt langsam den Tempeleingang und wurde unvermittelt von jenem heiligen Schauer gepackt, den die gewaltige Atmosphäre der Tempel in gewohnter Weise in ihm erglimmen ließ. Der Geruch verbrannter Harze, die flackernden Flammen zahlloser Öllämpchen in der heiligen Halle der geweihten Stätte tauchten den Ort in ein dämmerndes Licht, an das sich die Augen des Flaviers jedoch schnell gewöhnten. Zunächst trat er an das mit Marmor ausgekleidete Becken mit kühlem Wasser, in welches er seine Hände langsam sinken ließ, die beim Eintauchen ob der unerwarteten Kälte ein wenig zurückzuckten. Zu einer flachen Schale geformt, drückte er sie jedoch bestimmt gänzlich unter die klare Oberfläche, um dann sein Antlitz mit dem kalten Nass benetzend zu murmeln: "Dieses Wasser möge alle Unreinheiten von meinem Körper fortspülen, den Geist und das Fleisch reinigen. So sei es." Während die kristallklaren Perlen des Wasser langsam die Züge seines Gesichts entlang rollten, trocknete Flaccus seine Hände in den Falten seiner Toga, um anschließend eben jene in einer langsamen Bewegung über sein Haupt zu ziehen und gänzlich in das Innere des Heiligtums einzutreten. Er durchschritt die menschenleere Halle des Tempels gemessenen Schrittes und gelangte schließlich in die Cella mit dem Kultbild der Göttin, den Kern des Tempels. Zu der wunderschönen, entblößten Venus aufblickend verharrte er einige Augenblicke in ehrfürchtiger Bewunderung, ehe er sich schließlich zu den ihn begleitenden Sklaven umwandte, um zunächst ein ledernes Säckchen mit Weihrauch entgegenzunehmen, einer überaus seltenen Sorte, aus dem fernen Orient jenseits der östlichsten Grenzen des Imperiums stammend und von exquisitem Wohlgeruch, und ergriff eine Handvoll der kostbaren Körner. Aus flacher Hand ließ er jene schließlich auf die glühenden Kohlen einer Feuerschale zu Füßen der Göttin rieseln, während sein Blick sich empor richtete, wo die duftenden Rauschwaden nun in spielerisch anmutender Weise die Rundungen des göttlichen Körpers gleichsam zu erforschen und zu umspielen begannen. Das Haupt der jungen Frau wurde schließlich gänzlich verhüllt und erschien in geheimnisvollerweise verklärt. Die Handflächen seiner nunmehr leeren Hände zur Decke des Tempels gerichtet, begann der schlanke junge Mann zu sprechen. "Aphrodite Basilís, königliche Venus, Xenía, du Freundin deiner Gäste sei' auch mir, Quintus Flavius Flaccus, der ich dein Haus als Gast besuche freundlich gesonnen. Eile herbei aus Kythera, von Paphos komm heran und nimm' die Gaben an, die ich dir in Demut reiche, erhöre meine Bitten und Gebete, Eleémon, du Gnädige!" Wieder wandte der junge Mann sich um und nahm nun die patera mit Wein entgegen. Einige Tropfen ließ er zunächst auf den Boden des Tempels fallen, wo sie den kalten Stein benetzten und zerronnen, dunkle Flecken hinterlassend, Vorboten des schon bald fließenden Blutes. Den Rest des Weines goss er in die am Altar bereitstehenden Schalen, ehe Flaccus die nunmehr leere patera wieder den Sklaven überreichte und stattdessen die Früchte und das Gebäck entgegennahm und auch sie auf dem Altar niederlegte, bevor er erneut seine Stimme erhob. "Aphrodite Urania kai Pandemos, die du im Himmel waltest wie auch den Menschen Liebe schenkst, nimm diese Gaben an, die ich dir allein darbringe: wohlschmeckenden Wein, frische, köstliche Früchte und zarte Kuchen zur Ehre deines Namens." Eine finale Rechtsdrehung bildete den Abschluss des Gebetes und ein letzer Blick ins Antlitz des Bildnisses unterstrich die flehentliche Bitte des Flaviers, ehe er sich umwandte und aus der göttlichen Atmosphäre des Tempels hinaus in die freundliche Wärme des frühen Nachmittags trat.


    Noch immer standen die bei dem Zicklein verbliebenen Sklaven und Klienten, wie auch die Musiker im Tempelhof und harrten des Fortgangs der Opferhandlungen. Der junge Flavier selbst, der noch einen kurzen Moment zwischen den Säulen an der Vorderseite des Tempelgebäudes verweilt war, schickte sich nun an, ohne übermäßige Eile die Stufen des Tempels hinabzusteigen, um das Opfer zu vollenden. Ein bestimmendes "Favete linguis!" erscholl und hallte im Hof des Tempels wieder, als Flaccus an den Altar und das davor munter herumblickende weiße Zicklein herantrat. Nur die sanften Klänge der tibicines und fidicines erfüllten nun noch die frühlingshafte Luft, und erlaubten dem schlanken jungen Aristokraten seine volle Aufmerksamkeit auf die notwendigen Opferhandlungen zu richten. Zunächst nahm jener die mola salsa und bestreute damit, ganz wie es Sitte war, das Opfertier und den culter. Auch ein Kännchen mit Wein nahm er zur Hand und goss den blutroten Inhalt über das strahlend weiße Fell des Zickleins, dessen Opferschmuck nun von dienenden Sklaven rasch entfernt wurde. Im Anschluss ergriffen die schlanken Hände des Flaviers das Opfermesser und er beugte sich über das Haupt des Tieres, um einen Strich von der Stirn entlang über den Rücken zu ziehen. War dies geschehen, breitete Flaccus seine Arme aus und richtete Hände und Haupt gen Himmel, eine mächtige, ehrfurchtgebietende Erscheinung. "Venus Despina, die du die Herzen der Menschen wendest! Stammmutter Roms! Venus Felix, Venus des Himmels, Venus des Meeres! Du Göttin der reinen, himmlischen, edlen Liebe! Ich, Quintus Flavius Flaccus rufe dich voll Demut an! Zahlreich sind die Geschichten deiner gewaltigen Macht. Du wandelst die Herzen und schenkst Liebe. Ich will dir dieses Zicklein opfern, weiß und weiblich wie es sich geziemt. Lass' auch mich neue Liebe finden auf dass ich die alte Liebe, die mir die Götter zu grausam verwehrt hatten, überwinden kann. Gewähre mir diese Gunst und ich will dir Opfer darbringen in Fülle!" Eine Wendung nach rechts schloss auch dieses Gebet ab und Flaccus ergriff erneut das Messer. Wie erst wenige Male zuvor, gedachte der junge Flavier auch an diesem Tag etwas Besonderes zu tun. Er wollte, ganz den Sitten der Alten folgend, das Opfer eigenhändig vollbringen. Nahe an das Tier herantretend ergriff er es am Haupt, legte die kalte Klinge des Messers an den strahlend weißen Hals und zögerte einen kurzen Augenblick, ehe er mit einem schnellen Schnitt die blutführende Ader durchtrennte. Stoßweise spritzte das Blut aus der Wunde, über die schlanken Finger des Flaviers, auf den hellen Stoff der Toga, wo es rostige Flecken hinterließ. Eine schnell herbei gereichte Schale fing einen Teil des austretenden Blutes auf und Flaccus hielt den nunmehr nur noch schwach zuckenden und Augenblicke darauf gänzlich erschlafften, leblosen Körper des Zickleins noch einige Momente am Haupt, ehe er ihn zu Boden sinken ließ, nur um schon kurz darauf selbst neben dem Tier auf die Knie zu sinken und die Innereien zu begutachten. Über alle Maßen sorgfältig und mit der, dem jungen Flavier in so außergewöhnlichem Maße eigenen akribischen Genauigkeit, prüfte Flaccus jedes einzelne Organ, drehte und wandte es in seinen nunmehr bluttriefenden Händen - die strahlende Toga war schon längst von den rostfarbenen Malen des Opfers übersät – auf dass ihm auch nicht die kleinste Unförmigkeit, der unscheinbarste Defekt entging.

  • Ein exquisiter Geruch stieg Venus in die Nase. Er war ihr vertraut, wenngleich sie ihn häufiger in anderen Gefilden als dem römischen Reich roch (die Göttin der Liebe war schließlich nicht an Namen und Hüllen gebunden - sie beglückte alle). Der junge Mann schien ein wichtiges Anliegen zu haben, wenn schon der Weihrauch so kostspielig gewesen sein musste. Neugierig spähte sie also zum Sterblichen, der mit der Opferhandlung begann und wedelte zugleich die Rauchschwaden beiseite, um besser sehen zu können.


    Das war doch bestimmt einmal etwas anderes, als das Übliche “Oh Venus, mach das Livia mich in ihr Bett lässt.” Gewiss, ein überaus nachvollziehbares Anliegen, doch auf Dauer auch etwas eintönig. Nein, bei einem solchen Aufwand musste der junge Mann ein anderes Anliegen haben. So leckte die Göttin freudig über ihre vollen Lippen, als der Wein zu fließen begann. Ohja, ohja, das war ein guter Anfang. Wein, Früchte... Kuchen! Oh wie sehr liebte Venus Kuchen, das leckere, süße, dickmachende Gebäck der Römer. Sie schnalzte mit der Zunge, brauchte sie sich ja ohnehin keine Sorgen darüber zu machen, dass sie zu füllig wurde.
    Ein gütiges und göttliches Lächeln begleitete den Flavier, als er sich nach draußen aufmachte. Für ihn mochten es die strahlende Sonne sein, Venus jedoch wusste es war ihr Tun, das ihn die Wärme auf seiner Haut spüren ließ und so bereits ein wenig ruhiger stimmen sollte.


    Mittlerweile bäuchlings auf einer Wolke liegend verfolgte die Göttin die Opferung des Zickleins und seufzte leise. Ach, der Ärmste, abgewiesen von seiner Angebeteten? Bedauerlich, bedauerlich, schien der junge Flavier doch sehr nett zu sein - allerdings war Venus so eingelullt vom Klang der Musik und den Opfergaben, dass sie wohl kaum ein objektives Urteil zu fällen imstande war. Musste sie auch nicht, schließlich war dies der Sinn der ganzen Zeremonie. Und so würde der Sterbliche, egal wie lange und gründlich er die Innereien begutachtete, nicht den allergeringsten Makel finden. Venus hatte von nun an ein Auge auf ihn, dessen konnte er sich sicher sein.

  • Ein wohliger Schauer ergriff den jungen Flavier, als er, nachdem das letzte Stück gedreht und gewendet und aus allen möglichen und unmöglichen Blickwinkeln begutachtet worden war, sich zu seiner vollen Größe aufrichtete und mit fester Stimme verkündete: "Litatio." Nun brachte er Stück für Stück die wichtigsten Organe, unter ihnen Leber, Lunge und Herz zum Altar, um sie zu verbrennen und sie somit in göttliche Sphären zu transferieren. Der größte Teil des genießbaren Fleisches würde später in der Tempelküche zubereitet und anschließend verkauft werden, doch darum sollten sich die Tempeldiener kümmern. Flaccus selbst hingegen harrte konzentriert aus, bis auch das letzte Stück vollständig von den Flammen verzehrt worden war, ehe er in einer Schüssel mit klarem Wasser, die einer der Sklaven ihm demütig entgegenstreckte, seine blutigen Hände säuberte. Als auch dieses geschehen war, machte der junge Mann sich mit dem erfreulichen Gefühl, das eine geglückte Opferzeremonie nach sich zog, und einem strahlenden Lächeln auf den Lippen wieder auf den Heimweg zur Villa. Während er durch die Straßen Roms spazierte hielt er die Augen besonders offen, ob nicht unter den vielen hübschen Frauen, die sich an jenem angenehmen Nachmittag im Freien tummelten, bereits seine zukünftige Geliebte zu entdecken sein mochte. Ein Mädchen, das er an einer der unzähligen Straßenecken entdeckte, machte tatsächlich einen überaus anziehenden Eindruck auf ihn, schien sie doch wiewohl von überaus reizender und anmutiger Erscheinung, dennoch keinem ihm gefährlich werdenden Stand zu entstammen. Lediglich ein letzter prüfender Blick an sich hinunter, bevor er auf das junge Ding zutreten und sie ansprechen wollte, hielt ihn im letzten Moment davon ab. Zwar war er dem verwegenen Ausdruck, den seine blutbefleckte Toga zweifellos bewirkte, durchaus nicht abgeneigt, doch widersprach der Umstand, nicht in Ordnung und strahlender Reinheit gekleidet zu sein, seinem gleichsam perfektionistischen wie auch idealistischen Gemüt. Bevor er sich auf die Jagd machen und in Kontakt mit der holden Weiblichkeit treten würde, musste zweifellos eine frische Toga her - falls sich das überhaupt noch auszahlen würde, denn der Mittag war mittlerweile weit überschritten, komplexe Opferhandlungen forderten einfach ihre Zeit, und die cena würde er in wenigen Stunden auch in einer schlichteren synthesis einnehmen können.

  • „Tauben für Venus! Kauft Tauben für Venus! Die schönsten Tauben für die Göttin der Liebe!“ Unterhalb des Tempels hatten sich mehrere Händler aufgebaut. Alle boten sie Opfergaben feil: Blumen, süße Kuchen, Wein und auch Opfertiere. Auch jener Händler der seine Tauben so laut anpries. Weiße Tauben in kleinen hölzernen Käfigen.
    Zwei Mädchen beugten sich über die ausgewählten Tauben. Die eine hielt mit ihren kleinen Händen sanft die Tiere fest und die andere bemalte mit einem feinen Pinsel geschickt Schnabel und Füße mit goldener oder silberner Farbe.
    Immer wieder blieben Besucher der Tempel an den Ständen stehen und wählten eine Taube aus. Wonach sie die Tauben auswählten, konnte Flora nicht bestimmen. Die Tiere sahen völlig gleich aus. Weißes makelloses Gefieder, gelbe Füße und Schnäbel und schwarze glänzende Augen. Neugierig geworden betrachtete sie die kleinen gefangenen Tiere und zog unwillkürlich einen Vergleich mit sich selbst. Sie kam sich vor wie eine dieser Tauben. Gefangen in einem goldenen Käfig aus Verpflichtungen.
    Als ein turtelndes und offensichtlich verliebtes Pärchen eine dieser Tauben erstand, fühlte sie sich nicht wirklich besser. Sondern empfand es als ungerecht, dass alle Welt anscheinend überglücklich war und verliebt und sie hatte aus Verpflichtung geheiratet. Zu allem Überfluss war von Leidenschaft oder Feuer rein gar nichts zu spüren. Das war auch der Grund warum sie den Tempel der Venus aufsuchte.
    Bisher war so rein gar nichts passiert. Der Vollzug der Ehe ließ auf sich warten, nach der desaströsen Hochzeitsnacht hatte es keine weitere Annäherung gegeben. Da Flora sich nicht sicher war, ob es nun an ihr lag, weil ihrem Gemahl vielleicht ihre Reize nicht genügten, oder an ihm, hatte sie sich vor genommen um göttlichen Beistand zu bitten.


    Nachdem sie einige Zeitlang die Tauben betrachtetet hatte, wählte sie schließlich eine aus. Der Händler drückte sie ihr in die Hände, damit sie sich davon überzeugen konnte, dass das gewählte Tier ohne Makel war. Das Gefieder war schneeweiß und weich. Flora konnte spüren wie das Herz der Taube aufgeregt in der kleinen Brust schlug. Vorsichtig strich sie mit dem Daumen über die angelegten Flügel. Sie könnte die Taube nun einfach fliegen lassen. Dann wäre sie frei. Nach einem Moment des Zögerns nickte sie schließlich. Der Händler reichte das Tier an seine Töchter weiter, diese machten sie umgehend daran die Taube mit goldener Farbe zu bemalen. Nur wenig später hatte sie den Käfig mit der Taube an Veleda weiter gereicht. Diese trug bereits den Korb mit den anderen Opfergaben. Dann endlich erklomm sie die Stufen hinauf zum Tempel. Im Schatten der mächtigen Säulen blieb sie stehen, schlüpfte aus den Sandalen, bedeckte ihren Kopf mit der pala und wusch sich dann die Hände. Erst dann trat sie tiefer in den Tempel.

  • Voll bepackt mit tollen Sachen die das Opfer schöner machen, hinein in… Ne Taube? Nun auch noch ne Taube? War sie ein Packesel oder was? Velada schaute reichlich dumm aus der Wäsche, als ob dieser riesen Korb mit dem Grünzeugs nicht reichte nein nun bekam sie auch noch einen Käfig mit einer Taube. Nun ja was tat man nicht alles, damit die Herrschaften Ruhe gaben. Und Flora war in letzter Zeit eh gereizt, das lang wohl im Besonderen daran, dass sie sexuell unbefriedigt war. Veleda hatte schon ernsthaft überlegt, ob sie nicht eine Hure holen sollte, die Flora wenigstens beibringen konnte sich selbst Vergnügen zubereiten. Diese Unausgeglichenheit war ja kaum zu ertragen, man musste schon aufpassen nicht falsch zu atmen in Gegenwart von Flora.
    Veleda trabte in ihrer gewohnten, etwas trampelig daherkommende Art, hinter Flora her. Viel Hoffnung machte die sich eh nicht. Als ob ein bisschen Grünzeugs und die Taube es bringen würde. Damit sich bei dem alten Stück Fleisch, welches Floras Mann war, wieder was regte, musste bestimmt ne Wagenladung Ochsen her oder wenigstens ein paar stattliche Pferde.
    Nun wusch sich Flora auch noch in der lauwarmen Brühe die Hände, wenn das mal nicht ein Keimpool ist. Veleda machte lieber einen großen Bogen um das Becken.
    Neugierig beguckte sie sich alles. Sie würde wohl nie verstehen, warum man seine Götter in Gebäuden einsperrte. Sie konnte überall zu ihren Göttern beten und musste nicht erst meilenweit zu irgendeinem doofen Haus latschen um ihre Götter anzurufen. Aber nun ja jeder nach seiner Fasson.
    Veleda machte gute Miene und folgte brav ihrer Domina.

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    Pedania Iunor



    Es war einer dieser Tage, an denen eine seltsame Ruhe über den Tempeln lag. Natürlich waren auch heute Gläubige gekommen, um der Göttin der Liebe und Schönheit huldigen und sie um ihre Hilfe zu bitten, doch während es so manches Mal zuging wie im Taubenschlag und das Heiligtum von unglücklich oder aber auch glücklich Verliebten nahezu überschwemmt wurde, waren heute nur ein paar gekommen. Ein Grund vermutlich, warum Pedania Iunor direkt auf die Frau aufmerksam wurde, die, begleitet von einer vollbepackten Sklavin, den Tempel gerade betreten hatte. Sie war offensichtlich noch sehr jung, ein nicht ungewohnter Anblick im Tempel der Venus, und ebenso offensichtlich sehr wohlhabend, so dass die alte Priesterin beschloss sich persönlich um ihr Anliegen zu kümmern. Liebeskummer vermutlich, denn trotz der über den Kopf gezogenen Palla war nicht zu übersehen wie hübsch die junge Frau war. Im Grunde war ihr das auch einerlei, die alte Priesterin stellte ihr Leben auch nach alll den Jahrzehnten treuer Dienste mit Inbrunst in den Dienst der Götter, und gutbetuchte Gönner waren jedem Tempel jederzeit willkommen.


    "Salve, bist du hergekommen, um der Göttin ein Opfer darzubringen?" fragte sie daher freundlich, von der gestrengen Art, mit der Pedania Iunor normalerweise ihre Discipuli unterrichtete, war nichts zu hören.

  • Dass Flora so schlechter Laune war, lag nicht daran, dass ihr ein Mann im Bett fehlte, der sie ein wenig ablenkte, so wie es Veleda vermutete. Sie könnte sich jederzeit einen Sklaven ins Bett holen oder aber anderweitig Vergnügung in den Armen eines Mannes finden. Es lag vielmehr daran, dass ihre körperlichen Reize bei dem einzigen Mann, auf den es im Grunde ankam, anscheinend keine Auswirkung hatte. Alles was sie hatte war ihre Schönheit, denn klug zu sein war nicht schicklich. Im Grunde war es nicht einmal wichtig das sie hübsch war, das machte zwar vieles einfacher, aber sie hätte auch eine krumme Nase, schiefe Zähne und Pockennarben haben können, das wichtigste war doch, dass sie Spross einer einflussreichen Gens war und gebärfreudige Hüften besaß. Kinder bekommen und eine vorbildliche Hausherrin sein, das erwartete man von ihr. Doch wie konnte sie Erwartungen erfüllen, wenn ihr Gemahl ein alter Tattergreis war und nicht in der Lage seine Pflicht zu erfüllen. Bisher hatte er ihr auch keinen weiteren nächtlichen Besuch abgestattet.
    In der Hoffnung dass Venus eingreifen würde und ihrem Gemahl einmal ein wenig Feuer machte, betrat sie den Tempel. Wenn das Fleisch nicht wollte, dann musste eben göttlicher Beistand her. Das Veleda wenig glücklich darüber war den Packesel für die großzügigen Gaben an die Göttin zu mimen, entging ihr völlig. Sie hatte nun mal ganz andere Sorgen.


    Eine ältere Priesterin trat an sie heran. Respektvoll neigte Flora das Haupt vor ihr. „Salve Aeditua! So ist es. Ich will Venus ein kleines blutiges Opfer darbringen“, mit einem leichten Wink deutete sie auf die Opfergaben die sie mitgebracht hatte. Die weiße Taube in ihrem Käfig wirkte gelassen. Ein wenig senkte die Aurelia ihre Stimme. „Ich will um etwas… Leidenschaft bitten…“, fügte sie vertraulich hinzu.

  • Veleda rollte mit den Augen. Als ob diese mickrige Taube es bringen würde. Aber nun ja vielleicht waren die römischen Götter ja bescheidener als die germanischen. Aber es würde sich ja zeigen Veleda war zwar skeptisch aber noch mehr Schaden konnte es ja auch nicht anrichten. Bei dem alten Sack regte sich ja so wie so nichts und weniger als nichts ging ja nicht.
    Flora wollte krampfhaft den Alten ins Bett bekommen und die Ehe vollziehen. Nun ja es war verständlich schließlich würde man ihr die Schuld zuweisen, wenn sie keinen Erben hervorbrachte. Sie konnte ihm ein Kukukskind unter jubeln, aber dafür musste der Alten sie wenigstens einmal besteigen, danach konnte sie sich ja was Jungens potentes suchen und sich ein Balg machen lassen. Veleda erinnerte sich an einen Trank, den ihre Mutter in solchen Situationen gebraut hatte. Sie würde sich wohl mal auf dem Markt nach Kräutern umsehen. Vielleicht gab es hier ja alles nötige. Göttlicher Beistand und etwas Nachhilfe in Form eines Trankes, dass sollte sich doch dann positiv ausgehen.
    Ein Lächeln legte sich auf das Gesicht von Veleda. Ja der Plan war geschmiedet Sie würde schon dafür sorgen, dass ihre Domina bekam was sie wollte.

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    Pedania Iunor



    Ein wenig Leidenschaft also...In den Augen der jungen Frau war bei näherem Hinsehen nichts zu erkennen, das auf unerwiderte Liebe schließen ließ, also war ihr Problem offensichtlich etwas "handfesterer" Natur und Pedania hatte wie schon so häufig zuvor eine der Leidtragenden der in der römischen Oberschicht üblichen Heiratspolitik vor sich. Ob sie nun selbst für den für sie Auserwählten keine körperliche Leidenschaft aufbringen konnte, oder dieser an den praktischen Anforderungen des Ehelebens scheiterte, war der alten Priesterin im Grunde allerlei, in beiden Fällen würde Venus zweifellos Abhilfe schaffen können, falls ihr das Opfer der jungen Frau zusagte.


    "Die Göttin wird dir sicher helfen, falls ihr dein Opfer wohlgefällig ist." nickte sie ihrem Gegenüber aufmunternd zu. "Hast du die für ein Opfer notwendigen Reinigungsrituale bereits durchgeführt? Falls ja, dann folge mir zum Altar der Göttin, ich werde dir während des Opfers zur Seite stehen, falls du irgendwelche Fragen haben oder Hilfe benötigen solltest." Pedania machte eine einladende Handbewegung und führte die Besucherin dann weiter in den Tempel hinein. Irgendwas an dem jungen Mädchen kam ihr bekannt vor, dabei war sie sicher, dieses niemals zuvor hier im Heiligtum gesehen zu haben.

  • Hoffentlich würde die Göttin ihr helfen und ihrem Gemahl ein wenig Feuer machen. Ansonsten würde sie ganz schön dumm dastehen. Verdammte Verpflichtungen. Die Aeditua wirkte zuversichtlich. Flora hoffte, dass diese Recht behalten möge und Venus das Opfer annehmen. Ganz leicht nickte sie. „Ich danke dir für deine Unterstützung“, dann folgte sie der Priesterin schweigend tiefer in das Heiligtum. Nun konnte sie noch einen Moment ihre Gedanken sammeln und die rechten Worte bereit legen.
    Vor dem Altar angekommen betrachtete sie erst einmal das Abbild der Göttin. Von Meisterhand gefertigt. Der Künstler hatte die Venus nur äußert spärlich bekleidet gestaltet. Wer ein wenig prüde war, errötete sicher bei diesem Anblick. Floras Blick ruhte aber nicht auf den üppigen Runden sondern auf den fein geschnittenen Zügen der Statue. Sie war gekommen in der Hoffnung, dass Venus ihr helfen würde. Mit einem Opfer würde sie hoffentlich Venus sich gewogen machen.
    Die Aurelia ließ sich den Weihrauch reichen. Die milchigweißen Brocken legte sie in die bereits stehende Feuerschale. Es knisterte, als dass Weihrauch verbrannte und sein weißer Rauch sich träge erhob. „Große Venus! Schönste unter den Göttern! Ich Deine bescheidene Dienerin bringe Dir Blumen und süßen Kuchen! Ich bringe Dir Wein und frisches Obst!“ rief sie die Göttin mit erhobenen Händen an. Als erstes legte die Aurelia die Blumen auf den Altar. Blaue Kornblumen, rote Rosen und andere zarte Pflanzen deren Duft sich mit dem des Weihrauches vermischte. Dann stellte sie den süßen Honigkuchen dazu. Klebrig und gülden glänzend im Licht der zahlreichen Öllampen. Es folge der Wein, tiefrot, beinahe schwarz wirkend. Einige Tropfen ließ sie auf den Boden Tropfen, danach füllte sie den Wein in die bereitstehenden Schalen. Es folgte das Obst, Trauben und runde Äpfel.
    „Nimm diese bescheidenen Gaben, denn allein Dir sollen sie gehören!“ mit diesen Worten und einer leichten Rechtsdrehung beendete sie den ersten Teil des Opfers. Nun würde sie Venus die reine weiße Taube opfern.


    Die Aurelia ließ sich nun das Täubchen reichen. Sie mochte klein wirken, doch das Gefieder war wie frisch gefallener Schnee, weiß und rein. Der Schnabel und Füße hatte man vergoldet. Ganz still hielt das Tier, als Floras Finger sich um das Tier schlossen. Sie konnte spüren wie das Herz des Tieres schlug. So warm und weich und zu Ehren von Venus würde es sein Leben aushauchen.
    „Venus, Wandlerin des Herzen du schenkst uns Menschen die Liebe! Die Liebe, das größte Geschenk dass Du uns machen konntest! Diese Taube opfere ich Dir! Gewähre mir eine Gunst und Wandel das Herz meines Gatten! Möge er doch für mich in Leidenschaft entflammen! Göttin der Liebe! Stammesmutter Roms gewähre mir meinen bescheidenen Wunsch und ich werde Dir noch ein sehr viel größeres Opfer darbringen!“ Das Opfermesser blitzte in ihrer Hand auf und dann tropfte das Blut der Taube über ihre Hand und wurde dann geschickt von einem Opferhelfer in einer kleinen Schale aufgefangen.
    Die Priesterin schnitt der Taube dann den Bauch auf, holte die Vitalia heraus, welche anschließend eingehend betrachtet wurden. Hatten sie einen Makel? Waren sie dunkel verfärbt oder aber gänzlich makellos? Allein Venus musste entscheiden ob sie dieses Opfer annahm.

  • Der von der Sterblichen gewählte Weihrauch war exquisit, sein Duft kitzelte in der Nase der Göttin und ihre Aufmerksamkeit war somit vorerst gesichert. Mit einem unwirrschen Handwink bedeutete sie ihrem göttlichen Liebhaber - ausnahmsweise einmal nicht Mars, der war mit mobil machen beschäftigt - sich zu gedulden. Ein wenig war sie ja schon beleidigt, dass die junge Frau so gar kein Auge für ihre göttliche Figur übrig hatte, sondern sich allein auf das Antlitz ihrer kalten Statue konzentrierte. Tse. Da gab man sich solche Mühe... aber gut, sie war dennoch neugierig und wollte sehen, was noch folgen würde.
    Blumen, Kuchen, Wein, Obst. Hm. Hmhmhm. Interessiert reckte die Göttin den Hals und schürzte die Lippen, glaubte bereits den Geschmack des klebrigen Honigs auf ihrer Zunge zu spüren. Hach, sie liebte Süßigkeiten. Die gierig ausgestreckte Hand des auf später vertrösteten Liebhabers schlug sie besitzergreifend davon. So weit käme es noch, ha!


    Ach, eine Taube gab es auch noch? Sehr schön, sehr schön. Ein bisschen mickrig vielleicht...
    Die Liebe, die Leidenschaft ihres Gatten wollte sie. Achja, wäre es doch nur so einfach. Andererseits versprach das Menschenmädchen ein noch größeres Opfer, was Venus, noch immer benebelt vom Duft der schönen Blüten, mit der Zunge schnalzen ließ.
    “Ich kenne den Mann... und das Problem ist eher mein Ressort als das Deine.”, beschwerte sich der gut bestückte Herr, dessen heißer Atem nun über die nackte Schulter der Göttin strich. “Mir sollten sie opfern.”
    “Ach, Priapus, nun sei nicht so... woher soll sie denn wissen, dass er durchaus möchte, aber nicht kann.”, säuselte die Göttin der Liebe und kraulte den störrischen Bart an seinem Kinn. “Lass uns ein gemeinschaftliches Projekt daraus machen. So wie jenes, das wir gleich fortsetzen werden.”
    Das verheißungsvolle Lächeln, das die vollen Lippen der Venus zierte, schien den Gott versöhnlich zu stimmen.
    “Die Leidenschaft von dir und die Manneskraft von mir, meinst du?”
    “Wenn du so gut wärst...”
    “Wie könnte ich nein sagen.”
    Nichts anderes hatte Venus erwartet. Und so war das Täubchen kerngesund - zu Lebzeiten - und kein Makel war an den Eingeweiden zu finden.

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    Pedania Iunor


    Während sie die Vitalia der Taube genauestens inspizierte und untersuchte, war der alten Priesterin keinerlei Regung anzusehen. Erst nachdem auch die letzte Kleinigkeit überprüft worden war, sah Pedania Iunor wieder die Opferherrin an und nickte zufrieden.


    "Dieses Opfertier ist makellos, ich kann keinen Fehler daran finden. Ich denke, die Göttin steht deinem Wunsch wohlwollend gegenüber, du solltest also guten Mutes sein, dass die von dir ersehnte Leidenschaft dich finden wird." Oder besser gesagt, den Ort, an dem sie der jungen Frau von größtmöglichem Nutzen würde sein können.

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