Alles wuselt nur so in meinem Kopf. Ich bin heilfroh, als ich endlich aus dem officium raus kann. Das viele reden, das ewig lange still sitzen müssen ist nicht meine Welt. Aber nicht nur das. Auch was ich heute so alles beiläufig über mich und meine Herkunft erfahren habe, macht mir ganz schön zu schaffen. Was soll man auch tun, wenn man plötzlich erfährt, dass man gar nicht der ist, der man zu sein geglaubt hat.
Als Mama mir heute Morgen erzählt hat, ich würde heute meinen Vater kennenlernen, da war ich voller Tatendrang. Aber jetzt herrscht Ernüchterung, weil... mein Vater ist nicht da... meine Mutter hat mir all die Jahre alles verheimlicht, über sich, über mich.
Ich hätte damit leben können, hätte ich gewusst, dass sie mal Sklavin gewesen war. Ich hätte sogar damit leben können, hätte ich gewusst, wer oder was mein Vater war. Und jetzt? Jetzt bin ich hier, in diesem riesen Haus, mit meiner Familie, die aber gar nicht meine Familie ist, jedenfalls nicht offiziell. Ich soll jetzt Griechisch lernen, obwohl das man eigentlich für nichts braucht. Minimus ist jetzt so was wie mein Vetter, also gar nicht mein Freund. Oder geht denn auch beides? Und dann erst mein Name! Diarmuíd ist Schnee von gestern. Jetzt heiße ich Caius Flavianus Aquilius, obwohl ich das gar nicht will. Viel zu lang, der Name! Aber mich fragt ja keiner. Nicht mal Mama.
Hadernd mit mir selbst gehe ich laufe ich durch die Villa, ohne dabei ein genaues Ziel zu haben. Eigentlich wollte ich ja mit Minimus spielen. Aber auf dem Weg zu ihm, hat mich wohl der Mut verlassen. Jetzt bin ich nicht mehr auf der Suche nach ihm, jetzt versuche ich, nicht mehr gefunden zu werden. Ich hab Bammel davor, ihm zu sagen, wer ich bin und dass ich von nun an auch hier wohne, dass ich von nun an mit ihm gemeinsam Unterricht habe und dass ich noch gar kein Griechisch kann.
In einer Nische finde ich Schutz, vor was auch immer. Auf einem Podest steht die Büste von einem Mann, der nicht besonders freundlich guckt. Von allen Seiten schaue ich ihn mir an und überlege mir dann, warum er so schaut. Vielleicht, weil er auch Griechisch lernen musste...