Ludus Matutinus - scholae bestiarum


  • Der Ludus Matutinus ist eine Gladiatorenschule, in welcher Gladiatoren der Gattung Bestiarius und Venatores trainiert werden, um gegen wilde und exotische Tiere zu kämpfen oder sie zu jagen. Die Schule befindet sich nahe des Theatrum Flavium und wurde auf Weisung des Kaisers Flavius Domitianus erbaut. Der Name matutinus ("des Morgens") leitet sich von der Tatsache ab, dass Tierkämpfe stets in den Morgenstunden ausgetragen werden. Neben den Gladiatoren sind auf dem Areal der Schule auch einige wilde Tiere untergebracht - Hundeartige und Großkatzen, Affen und Huftiere, diverse Reptilien und anderes Gezücht -, bei der Beschaffung weiterer Exemplare für anstehende Spiele ist der Lanista stets behilflich.

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  • Im festen Griffe vierer stämmiger, garamantischer Sklaven schaukelte eine flavische Sänfte, in sich Manius Flavius Gracchus und Manius Flavius Gracchus Minor verbergend, von der Villa Flavia her über das Forum Romanum kommend südlich am Theatrum Flavium vorbei in Richtung des Ludus Magnus, hielt jedoch nicht vor den Toren der großen Gladiatorenschule, sondern vis-à-vis vor dem ein wenig kleineren Ludus Matutinus, und entließ vor dessen gleichsam nicht weniger imposanten Porta Vater und Sohn. Der Sklave Sciurus trat heran, Einlass für seine Herren zu fordern, wiewohl deren Ankunft dem Lanista nicht mehr unerwartet kam, war doch vor ihnen bereits ein Sklave eiligen Schrittes von der Villa her geeilt, das baldige Erscheinen der Flavii Gracchi zu melden, sowie die Weisung seines Herrn weiter zu geben, die flavischen Löwen ein wenig aufzustacheln. Aus diesem Grunde war Marcus Tiburtius Ferox, der derzeitige Lanista des Ludus Matutinus, kurz darauf zur Stelle und begrüßte den Besuch überschwänglich. Tiburtius war ein stämmiger Mensch mit kurz geschorenem, graufarbenem Haar, dessen Haut von der Sonne gebräunt und dessen dunkle Augen von vielen kleinen Falten waren umrahmt, dessen Lippen indes stets ein zufriedenes Lächeln zu tragen schienen.
    "Salvete, salvete! Willkommen im Ludus Matutinus! Es ist mir wie stets eine große Freude, dich hier zu begrüßen, Flavius!"
    Es war eine rechte Seltenheit, dass Gracchus überhaupt persönlich in dem Ludus erschien - dem Anblick der flavischen Löwen in ihren Käfigen konnte er zumeist nur wenig abgewinnen, wiewohl für die Abstimmung bevorstehender Spiele mit animalischer Beteiligung sein Vilicus Sorge trug, so dass die Worte des Lanista mehr eine Floskel geschäftiger Höflichkeit darstellten, zweifelsohne nicht unbesonnen, waren es doch letztlich die Herren selbst, aus deren Truhen die Münzen flossen.
    "Und dies muss dein Sohn sein"
    , bedachte er Minor mit freundlichem Blicke, denn selbstredend war er auch über dessen Ankunft informiert worden, und seinem Tonfall heftete ein konspirativer Unterton sich an.
    "Willkommen in der Höhle des Löwen, Flavius!"
    "Salve, Lanista!"
    grüßte nun seinerseits Gracchus den Tiburtier, ohne die geringste Ahnung, wie dessen Name mochte lauten, war doch das Amt allein durchaus genügend für diese Art der Konversation.
    "Dies ist fürwahr mein Sohn, Manius Flavius Gracchus Minor. Er möchte das flavische Löwenrudel besichtigen."
    "Das flavische Löwenrudel, natürlich! Ich hoffe die Bestien sind gerade nicht allzu wild, so dass wir uns ihnen gefahrlos nähern können. Bitte folgt mir!"
    An die Worte schloss eine Mischung aus Verbeugung und flüchtigem Wink in das Innere des Ludus sich an, ehedem der Lanista in Richtung der Käfige hin sich begab. Seit jenen Tagen, da Flavius Domitianus die Schule hatte errichten lassen, war es ein Vorrecht der Flavier, dass auch die familieneigenen Löwen hier beherbergt wurden. Ein jedes Mitglied der Familie, welches die Bulla hatte abgelegt, besaß traditionell seinen eigenen Löwen - manche wurden von Vätern oder Müttern an ihre Söhne und Töchter vererbt, manche wurden aus der Ferne mitgebracht, manche gezüchtet und manche auf den Märkten erworben. Hinter Tiburtius Ferox spazierten die beiden Flavier durch die Collonaden der Gladiatorenschule, unter welchen die großen Tierkäfige waren untergebracht - zuerst ein solcher, hinter dessen eiserner Gitterung zwei graufarbene Elefanten harrten, welche mit ihren langen, furchigen Rüsseln in einem Haufen Geäst herumstocherten und ab und an ein grünes Blatt daraus hervorzogen, um dies in ihr Maul zu stecken, daran benachbart ein solcher, in dessen Grunde ein Tümpel war hinein gegraben worden, in dem träge ein Nilpferd im schmutzigen Wasser verharrte und desinteressiert die Menschen beobachtete. Im ersten Augenblicke entging dieses starr verharrende, beinah mit dem Wasser verschmelzende Tier Gracchus' Blick, so dass er bei der Entdeckung erfreut seine rechte Hand auf Minors Schulter legte, mit der linken ausgestreckt auf das kolossale Nilpferd wies und ein wenig ehrfürchtig seinem Sohn die Natur erläuterte.
    "Sieh nur, Minimus, ein Nashorn!"
    Zwar schien es Gracchus ein wenig sonderbar, dass entgegen der Titulierung dieses Tier kein Horn auf der Nase trug, doch in seiner graufarbenen Massigkeit passte es sonstig gänzlich zu seiner Vorstellung eines Nashornes, wiewohl es durchaus plausibel erschien, dass diesem Exemplar seine gefährliche Waffe war entfernt worden, um es gefahrlos in einem Umzug durch die Stadt führen zu können - allfällig hatte die Entfernung des Hornes gar ähnlichen Effekt wie die Kastration eines Bullen.

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  • Kaum war es dem Knaben möglich ruhig auf seinem Sitz zu verharren: Zu sehr erfasste ihn die Spannung, wie die flavischen Löwen sich wohl gerieren würden, wie sie leben mochten. Noch nie in seinem Leben war er derartigen Bestien nähergetreten, hatte sie lediglich aus sicherer Ferne von den Logenplätzen beobachtet! Und nun würde er ihnen Auge in Auge gegenüber treten! Gerade war es ihm noch möglich, seinen Vater nicht durch zahllose Fragen zu indignieren!


    Endlich erreichte die flavische Sänfte den Vorplatz des Amphitheatrum Flavium, um das sich eine große Variation von Gladiatorenschulen tummelte wie Ferkel um ihre Muttersau. Als der junge Flavius von der Kante der Sänfte sprang, wurde ihm plötzlich gewahr, dass er zu dieser Tageszeit, da Helios bereits mit seinem Sonnenwagen auf dem Horizont aufgesetzt hatte, sich noch niemals in der Öffentlichkeit, was heißt: außerhalb der Villa Flavia oder den Häusern befreundeter Adliger, bewegt hatte. Doch bei dieser Novität sollte es sich nicht bewenden lassen:


    Begrüßt wurden sein Vater und er von einem Mann, dessen Kutikularfarbe Manius Minor eher unrömisch erschien. Doch nicht nur dies, sondern auch seine natürlich Xenophobie ließen ihn näher an seinen Vater rücken, geradezu mit seiner Seite zu verschmelzen. Doch schien es Fortuna zumindest in jener Hinsicht gut mit ihm zu meinen, dass der mysteriöse Fremde es vermied ihn anzusprechen, sodass es dem Knaben erlassen wurde, Worte an den Lanista zu richten.


    Doch all jene Furcht wurde aufgewogen durch die Impressionen, die sich ihm nun boten: Zwei Wesen, deren Masse alles übertraf, was der Knabe jemals aus der Nähe gesehen hatte, die er sonst lediglich im hölzernen Abbild in wesentlich kleinerem Maßstabe durch seine Camera Ludi sandte. Mit weit geöffneten Augen beobachtete er die Flinkheit, mit der die Bestie ihre Nahrung lediglich mit Hilfe ihrer langen Nase zum Munde führte, die eine weitaus größere Similität zu einem Arm denn zu einem Riechorgan aufwies. Noch ganz von jener Sehenswürdigkeit erfasst und darüber sinnierend erschrak er beinahe ein wenig, als sein Vater ihn auf eine weitere Spezies aufmerksam machte, die ihm jedoch völlig unbekannt war.
    "Warum heißt das Nashorn? Es hat doch keine Hörner!"
    Wahrhaftig war es dem jungen Flavius nicht möglich, auch nur irgendetwas ceroides an dem Wesen erkennen konnte, dessen Schwerfälligkeit ihn das Tier ohnehin weniger unter die Bestien denn unter überaus triviale Tiere zählen ließ. Ein Nashorn hingegen erschien ihm als ein kuh- oder ziegenartiges Wesen, dessen Kopfzierde jedoch nicht auf der Stirn, sondern vielmehr auf der Nase zu finden war.

  • Unbezweifelt war sein Sohn ein überaus wissbegieriger und intelligenter Junge, gleichsam bemerkte Gracchus erfreut die Kongruenz zwischen ihnen, dass jene Frage, welche ihm selbst bereits zu Sinnen war gekommen, auch Minor beim Anblick des graufarbenen Ungetümes beschäftigte, wiewohl diese Tatsache das schmale Boot seiner Gemütsruhe neuerlich zwischen Skylla und Charybdis trieb, denn wie konnte er seinem Sohne erklären, dass er selbst auf jene Frage keine Antwort wusste ohne diesen dabei gänzlich zu verunsichern? Gleichfalls indes konnte er unmöglich einer Unwahrheit sich bedienen, hatte er doch selbst noch an diesem Nachmittage bereits seinen Sohn vor der Unbill und Schändlichkeit der Lüge gewarnt, zur Wahrheit ihn nicht nur ermuntert, sondern geradezu angehalten - zwar mochte Minor noch viele Tage, allfällig Jahre nicht den Fehler in den Erklärungen seines Vaters entdecken, doch eines Augenblickes würde zweifelsohne es so weit kommen, und sollte dann das gesamte, zarte Geflecht seines Gedankengebäudes in sich zusammen stürzen eines Tieres wegen, welches entgegen seiner Titulierung kein Horn auf der Nase trug?
    "Es ist dies ... kein in unseren Gefilden heimisches Tier"
    , begann er darob ein wenig ausweichend, eine vage Aussage treffend, welche gleichsam nicht im Geringsten als Antwort auf Minors Frage taugte.
    "Oftmals übernehmen wir die Bezei'hnungen solcher Bestien von jenen Ethnizitäten, in deren Ländern sie beheimatet sind, und die Denkweisen dieser fremd..ländischen Ethnien entbehren oftmals der eingängigen Logik und des geradlinigen Verstandes, welche uns zueigen sind."
    Über den Umstand, dass das Tier allfällig sonstig womöglich ein oder mehrere Hörner, etwaig gar auf der Nase trug, sie nur zum Schutze der römischen Bürgerschaft waren partagiert worden, verlor Gracchus kein Wort, war er doch dessen sich zu unsicher - gewiss dagegen, dass er bei den nächsten Spielen mehr Acht auf die Bestien würde legen, wenn nicht bereits zuvor einmal in der Bibliothek nachschlagen lassen. Den Umstand indes, dass der Lanista bereits einige Käfige voraus schritt, griff er ein wenig erleichtert auf, denn obgleich er seinem Naturell folgend niemals sich dem Rhythmus eines Lanistas würde anpassen, so bot doch dies eine adäquate Gelegenheit, die Aufmerksamkeit seines Sohnes von dem seltsam fehlerhaften Nashorn abzulenken.
    "Lass uns weitergehen, Minimus, die Löwen harren deiner gewiss schon begierig."
    Bevor sie jedoch die Behausung der Löwen erreichten, mussten sie weitere exotische Tiere passieren - es folgte ein Käfig, in welchem vier Hyänen in einer Ecke dösten, so eng aneinandergedrängt, dass dies beinahe den Anschein erweckte, einige Felle wären dort gestapelt worden, hernach ein schmales Gehege, durch welches quer ein Baumstamm war gelegt worden, auf dem ein Leopard langgestreckt lag - auch jener eher desinteressiert an den Besuchern, schien es doch keine Fütterungszeit, so dass ohnehin für ihn nichts zu erwarten stand. Vor dem nächsten Gitter jedoch blieb der Lanista stehen, was ihm sogleich ein Fauchen von der anderen Seite her bescherte, und wies mit zufriedener Miene dort hin.
    "Das flavische Rudel und gleich daneben die weiteren männlichen Exemplare."
    Nicht alle Löwen waren in einem Gehege gemeinsam untergebracht, das Hauptrudel bestand aus dem Alphamännchen - jenes bereits recht betagte, in bleichem Ocker gefärbte Männchen, welches Felix gehörte, und das in freier Natur kaum mehr die Chance gehabt hätte, seinen Herrschaftsanspruch aufrecht zu erhalten, in Gefangenschaft jedoch keine Konkurrenten musste fürchten und darob mittig in seinem Harem thronte; die weibliche Rudelführerin war Leontias Löwin, deren Muskulatur stets unter Spannung zu stehen schien, deren Fell in senffarbenen Nuancen glänzte und deren Augen stets alles und jeden fixierten, als könne sie allein mit ihrem Blicke bereits jede Beute erlegen, und welche bei der Ankunft der Menschen vor ihrem Käfige gleichsam die Zähne bleckte und ein tiefes Grollen ausstieß. In der Hierarchie hernach folgten Celerinas und Arrecinas Löwinnen, welche wachsam am Gitter auf und ab streiften, sowie Lucullus' Löwin, deren Kehle das Fauchen entwich - allesamt Nachkommen des Alphamännchens. Das zweite männliche Tier im Rudel war Gracchus' Besitz - ein dürres, ausgemergeltes Geschöpf mit glanzlosem, sandfarbenen Fell, einer struppigen, kurzen Mähne, welche diese Bezeichnung nicht verdiente, und leerem Blick, das an der hinteren Wand vor sich hin vegetierte und weder an den Flaviern, noch an sonst etwas auch nur das geringste Interesse zeigte. Im Käfig nebenan wurden die weiteren männlichen Löwen gehalten, welche nicht Teil des Rudels waren - eine gemeinsame Haltung hätte nur zu beständigen Machtkämpfen und darob Beschädigung der edlen Tiere geführt -, sich in Gefangenschaft indes zu einem kleinen männlichen Verbund hatten zusammengerauft. Der Anführer war das prächtige Männchen Aristides', dessen Fell golden schimmerte, der kräftige Schädel von einer langen, dunklen Mähne umrahmt, gefolgt von Furianus' Tier, welches in seiner Pracht kaum nachstand, sich gleichsam beständig mit ersterem - wenn auch nur in spielerischer Art und Weise - um die Herrschaft balgte. Auch Aquilius' Löwe residierte in jenem Käfig, wie auch Leontius, jene kleine Großkatze, welche Aristides seinem Sohn hatte aus Parthia mitgebracht, welche jedoch nach einiger Zeit zu einem kräftigen Tier heran und dem Hause entwachsen war und darob ebenfalls - sehr zu Serenus' Missfallen - in das Bestiarum musste ausziehen. Im Käfig der Männchen herrschte bereits rege Aufregung, kurze Zeit zuvor noch hatte ein Sklave sie mit Stöcken, Seilen und Bällen gereizt, wie dies auch vor einer Löwung sonstig geschah, so dass sie nun rastlos umhertigerten, begierig auf Abwechslung und wütend auf alles, das auf zwei Beinen daher kam. Schützend - obgleich im Falle eines Falles gänzlich machtlos - legte Gracchus seine Hand erneut auf die Schulter seines Sohnes, diesem anzuzeigen, dass keinerlei Anlass zu Besorgnis bestand, welche der Vater vermutlich mehr in sich verspürte als Minor dies tat. Kleine Katzen genossen durchaus das Wohlwollen des Patriziers, große Katzen indes waren ihm stets suspekt, wie alle großen Tiere gleichwohl - Pferde ausgenommen -, insbesondere wenn sie sich derart ungestüm zeigten.
    "Sobald du deine Bulla ab..gelegt hast, wirst du deinen eigenen Löwen erhalten."

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  • Aufmerksam zog der Knabe, einem Schwamme gleich, die Ausführungen seines Vaters auf in der Annahme, sie wären per se über jedweden Zweifel erhaben. Sehr gut war all das gar zu systematisieren, sprach doch bereits die Titulatur jenes Wesens für einen Gräzismus, wie er in der Latinität so häufig anzutreffen war, was indessen wiederum die Frage aufwarf, ob dieses Wesen tatsächlich aus Hellas stammte oder ob weitere Länder mit griechischer Sprachlichkeit existieren, ja zuletzt, warum es impossibel erschien nachzuvollziehen, warum die Hellenen sich eines derartig obskuren Begriffes bedienten, lag die hellenische Kultur und Denkweise doch der römischen am nächsten!


    Dessenungeachtet enthielt er sich weiterer Interrogationen, sondern fasste den Beschluss das Wort seines Vaters schlichtweg zu akzeptieren, zumal sie bereits weiterzogen an einer großen Varietät von Feloidea und Käfigen, die ihm bisweilen gänzlich verwaist erschienen, wobei zunehmend auch ein scharfer Geruch von Urin in die Nase des jungen Flavius zog.


    Als endlich der Fremde vor einem der Käfige innehielt, erscholl aus diesem ein Fauchen, das Manius Minor wieder stärker an die Seite seines Vaters drängte, sank ihm doch nun angesichts der bedrohlichen Geräuschkulisse der Mut! Manius Maior schob ihn jedoch ohne Gnade voran, sodass sich ihm das Bild des flavischen Rudels bot. Selbstredend vermochte er keines der Tiere zu identifizieren, doch fühlte er sich intuitiv stärker von dem eigentlichen Rudel attrahiert, welches weitaus pazifistischer erschien, während die wild umherstreifenden, obschon zweifelsohne prächtigeren, maskulinen Löwen, deren Aggressivität nahezu physisch zu spüren war, ihn vielmehr ängstigten und dazu veranlassten, einen Schritt hinter den schützenden Leib seines Vaters zu tun.


    Als Manius Maior endlich offenbarte, dass auch er selbst eines Tages ein derartiges Haustier zu besitzen hatte, mochte ihm schier der Mut gänzlich sinken angesichts der Imagination verpflichtet zu sein, einem derartig wilden Tier Speise und Trank reichen zu müssen.
    "Dann will ich so einen. Die sind viel netter!"
    Mit seiner zarten Hand deutete er in Richtung des Käfigs des Kernrudels, nicht eingedenk der Tatsache, dass dort vermutlich lediglich weibliche Exemplare hinzuzufügen waren, deren fehlende Mähne letztendlich wohl dennoch zu Enttäuschungen geführt hätte.

  • Das durch seinen Sohn nach außen hin deutlich präsentierte Sentiment der Scheu, welches bereits über zweckmäßige Vorsicht hinaus ging, beinahe schon zur Furcht hin tendierte, stellte Gracchus durchaus zufrieden, war es doch nicht nur selbst für einen Römer akzeptabel, der Bestialität der Natur mit dem gebotenen Respekt zu begegnen, sondern war gleichsam Anzeichen des Erfolges seines zuvor in der Villa elaborierten Kalküls, den Wunsch nach einem löwenartigen Haustier in Minor von Beginn an im Keime zu ersticken. Der Wunsch des Jungen nach einer Löwin hinwieder irritierte den Vater, ließ Besorgnis in ihm erwachsen, dass Minor - welcher all die Perfektion seiner Mutter ererbt zu haben schien - aus seinem eigenen Blute ausgerechnet diesen einen Makel hatte erhalten, diese ihn prägende Feigheit, deren Facetten sich allzu signifikant durch das Fundament seines Gedankengebäude zogen, Grundstein boten für zahllose weitere Makel - denn schlussendlich schien ihm gänzlich unverständlich, weshalb Minor in den Käfigen des Ludus Matutinus gehalten nicht lieber einen prächtigen Löwen wollte besitzen. Unerbittlich schob Gracchus seinen Sohn nach vorn, jenem Käfig zu, in welchem Aristides' Löwe gerade seinen Kopf schüttelte, dass die Mähne dynamisch durch die Luft schwang, in welchem Leontius fauchend mit seiner krallenbewährten Pranke durch die Gitterstäbe nach dem Lanista schlug - welcher indes wohlweislich genügend Abstand hielt -, und Furianus' Löwe ein markerschütterndes Brüllen vernehmen ließ, das den Druck, mit welchem der Vater den Sohn voran drängte ein wenig abklingen, Gracchus in väterlichem Instinkt wieder schützend etwas näher an Minor herantreten ließ.
    "Dies sind nur die Weibchen"
    , erklärte der Vater dem Sohne mit einem Fingerzeig auf den Rudelkäfig, dabei wohlweislich das greisenhafte und das apathische Tier außer Acht lassend.
    "Dein Löwe wird ein kraftvolles, starkes Männchen sein, Minimus, so wie diese hier, mit einer vollen Mähne und unbestechli'hem, klugen Blicke, und wenn es alt genug ist das Rudel anführen."
    Mochte auch Gracchus von einem Löwen sprechen, in Gedanken adaptierte er seine Vorstellung auf Minor.

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  • Mit aszendierender Bestürzung fühlte der Knabe den wachsenden Druck, der ihn in Richtung des Käfigs schob, dessen Insassen ihn geradezu kleinmütig werden ließen. Seine Augen weiteten sich voller Furcht, als er der majestätischen Raubkatze, deren Besitzer Flavius Aristides war, nun von Angesicht zu Angesicht gegenüber stand. Der Bann wurde freilich rasch gebrochen, als die Pranke des Löwen des Leontius geräuschvoll gegen das Gitter prallte, das unterdessen nur noch in geringer Distanz von dem jungen Flavius stand. Ob dieser erschreckenden Geräuschkulisse entfuhr auch diesem ein kurzer, wenn auch erstickter Schrei, der Manius Maior dazu veranlasste, seinem Sohn weiteren Spielraum zu genehmigen, den dieser rasch zu nutzen wusste.


    In all jener Konfusion vermochte Manius Minor daher nicht sofort die Ausführungen seines Vaters zu verstehen, sondern blickte ihn für einen Augenblick fragend an, während sich die Informationen in seinem Geiste ergänzten. Ein furchterregendes Wesen, das er sein Eigen nennen sollte? Und warum waren ausgerechnet die maskulinen Tiere von so hoher Gefährlichkeit, die femininen hingegen von solcher Tranquillität?
    "Muss ich ihn dann auch füttern?"
    fragte er schließlich voller Angst, die in ihrer Emotionalität geeignet war ihm Tränen in die Augen zu treiben.

  • Auch dem Vater trieb das zügellose Treiben der Felidae durchaus ein wenig Furcht in seine Knochen, indes war er der Stabilität der Gitterstäbe sich gänzlich gewiss, so dass in ausreichendem Abstand er seinen Sohn nicht weiter ließ zurückweichen. Erst als jener mit kleinmütiger Stimme und bereits glasig werdenden Augen sich an Gracchus wandte, realisierte jener das tatsächliche Ausmaß des Angstgefühles Minors, ob dessen augenblicklich ein schlechtes Gewissen in ihm empor stieg.
    "Aber nein, Minimus"
    , eilte er sich, jenen zu kalmieren.
    "Du fütterst doch auch deine Sklaven nicht."
    Der Vergleich war nicht gänzlich konsistent, waren die meisten Sklaven doch weniger Wert als ein Löwe, dennoch gab es - vor allem im flavischen Haushalt - durchaus einige Exemplare, welche ähnlich kostbar waren.
    "Hier im Ludus kümmert man sich um alles notwendige, dass die Löwen ausrei'hend versorgt und bei Bedarf einsatzbereit sind. Möchtest du noch einige andere Tiere visitieren? Allfällig ein paar Affenartige? "
    Durch entsprechende Ablenkung hoffte Gracchus seinen Sohn baldigst von seiner Furcht hinweg zu führen, wollte er doch nicht, dass Minor vor Löwen generell eine Furcht entwickelte, denn schlussendlich war der Löwe eines Flaviers ein Statussymbol, welches es zu ästimieren galt.

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  • Die Furcht, die indessen beinahe horrible Ausmaße angenommen hatte, konnten die väterlichen Worte merklich senken, gestaltete sich jenes Gleichnis von den Sklaven für den Knaben doch als recht einleuchtend, da jene doch eher diesen zu füttern pflegten denn umgekehrt (auch wenn die Assoziation eines derartigen Falles für den jungen Flavius ebenso inopportun wie inkonvenierlich erschien). Darüber hinaus gestattete Manius Maior nun auch endlich ein weiteres Zurückweichen von jenen Stangen, die nach der Ansicht Manius Minors die Diskrepanz zwischen dem eigenen Leben und einem grausamen Tode sicherstellten.


    Angesichts dieser noch immer latenten Bedrohung wurde die Offerte seines Vaters geradezu zu einer rettenden Holzplanke inmitten des tosenden Meeres der Furcht, das der Knabe nur allzu gern ergriff. Diese veritable Perspektive barg dessenungeachtet gar weitere Labsal, da sie Remineszenzen an Berichte seiner Erzieher erweckte, die voller Wonne die bisweilen recht komischen Aktivitäten affenartiger Geschöpfe gepriesen hatten.
    "Ja, gehen wir zu den Affen!"
    Der junge Flavius würdigte die erschrecklichen Bestien eines letzten, kleinmütigen Blickes, dann ergriff er rasch die Hand seines Vaters und achtete darauf dessen Körper zwischen dem eigenen und den Raubtiere zu halten.

  • Die kleine Hand des kleinen Gracchus erinnerte den großen Gracchus im Vergleich mit seiner eigenen, großen Hand daran, wie jung Minor tatsächlich noch war, wie fern der alltäglichen Welt er noch sich befand, gleichwohl er dessen sich entsann, wie winzig Minors Hand noch vor wenigen Jahren war gewesen und wie schnell der Junge heranzuwachsen schien, während sein eigenes Leben bisweilen sich dahinzog wie frisches, klebriges Harz, ehedem er bemerkte, dass auch an ihm mit einem Male Jahre vorüber waren gezogen.
    "Zu den Affen"
    , wies er den Lanista an, nicht zuletzt um sich selbst von aufkeimenden philosophischen Reflexionen abzulenken, welche letztlich nur in Melancholie konnten enden, schien ihm dieser Ausflug mit seinem Sohne doch mittlerweile ein rechter Höhepunkt im Ablauf seiner sonstigen Tage, ob dessen er sich dazu gemahnte, viel mehr Zeit mit Minor zu verbringen. Der Leiter des Ludus nickte und wies entlang der Käfige weiter - dass Gracchus ihn herumkommandierte wie einen Sklaven störte Tiburtius Ferox nicht weiter, verstand er sich doch bestens darauf jenen die Füße zu küssen, deren Taschen gefüllt waren mit Aurei, dass am Ende des Tages auch für ihn ein Splitter davon mochte abfallen.
    "Hier entlang bitte, die Herren!"
    Aufmunternd drückte Gracchus Maior die Hand Gracchus Minors, ehedem sie dem Lanista folgten, vorbei an einem Käfig, in welchem ein schwarzer Panther aufgeregt auf und ab lief - vermutlich aufgestachelt von den Löwen nebenan -, in welchem Gracchus einen Augenblick lang das Tier seiner Schwester Minervina zu erkennen glaubte, welches diese in unmöglicher Weise im Hause um sich hatte gehalten, und welches durchaus nach ihrem Tode zu den Löwen in den Ludus mochte gebracht worden sein. Allfällig war es nur irgendein schwarzer Panther, doch mochte Gracchus nicht weiter ihn blicken, keimten doch mit seinem Anblicke die Vorwürfe in ihm auf, dass er nicht nur den Freitod seiner Schwester nicht hatte verhindert, sondern gegenteilig sie zu dieser Tat hatte gedrängt, so dass er Minor eilig weiter zog. Es folgten nebenan ein träger, braunfarbener Bär, der zu einer Kugel zusammengerollt döste, ein schwarzfarbenes Rind mit dicken Hornplatten über den Augen, aus welchen sich gewaltige Hörner zu den Seiten erhoben - ein formidables Opfer für die Untergründigen - und mehrere Antilopen, welche genüsslich einige Grashalme vertilgten, ehedem die kleine Gruppe einen Käfig erreichte, von dessen Decke mehrere Seile und einige Netze herabhingen, in welchen schwarzfarbene Affenartige von der Größe eines Kleinkindes in allen möglichen - und unmöglichen - Posen herumschaukelten.
    "Sie sind nach Pan, dem griechischen Gott der Hirten benannt"
    , warf der Lanista ein, als sie den Käfig erreichten und nahm aus einem Eimer davor ein paar Äpfel, was eindeutig das Interesse der Schimpansen erregte, welche nun beinahe alle freudig zwischen den Seilen herumsprangen und auf die Leckerbissen warteten, während Gracchus noch den Grund der Namensgebung zu eruieren suchte, hatten die Tiere doch keine Hufe an ihren Füßen.
    "Möchtest du sie füttern?"
    wandte Tiburtius sich an Minor und hielt ihm einen Apfel entgegen.
    "Wirf ihn einfach in den Käfig, dann machst du dir Freunde für’s Leben."

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  • Der Knabe verspürte den Druck, mochte ihn indessen nicht einzuordnen, hatte dieselbe Hand vor wenigen Augenblicken ihn doch in Richtung jener horriblen Bestien geschoben, ein Zustand, dessen bloße Erinnerung ihn schaudern ließ.


    Nun verließ man jenen Ort des Grauens und zog weiter, freilich nicht ohne erneut auf Raubkatzen zu stoßen. Die Geschmeidigkeit und Eleganz jenes tiefschwarzen Tieres, dessen Kongruenz zu einer Katze weitaus schwieriger zu leugnen war als bei den soeben gesehenen Wesen, erzeugte in dem jungen Flavius jedoch vielmehr Staunen denn Furcht, was wohl auch dem Umstand geschuldet war, dass man den Panther weitaus weniger auf jenen hohen Besuch vorbereitet hatte, der nun geradezu achtlos an ihm vorbeischlenderte. Auch das nächste Wesen brachte positive Emotionen hervor, da seine offenbar überaus flauschige, wenn auch nur imaginable Haptik Manius Minor sofort zu Assoziationen mit einigen seiner Spielwaren in der Camera Ludi brachte. Aufgrund seiner völlig fehlenden Erfahrung uneingedenk der Tatsache, dass Bären wohl zu den gefährlichsten Wesen des Erdenkreis gehörten, verspürte er gar den Wunsch den Käfig zu betreten und das sanft schlummernde Tier zu liebkosen. Da er jedoch nicht wagte auch nur einen dahingehenden Laut zu produzieren, zog man weiter vorbei an einem überaus sympaathsiches Wesen, dessen träger Blick ebenfalls sanftmütig auf den Knaben wirkte.


    Doch auch hier kam er nicht zu Fragen, sondern erreichte endlich die ersehnten Affen. Mit weit geöffneten Augen versuchte Manius Minor die zahlreichen Tiere zu verfolgen, die in einer überaus anthropomorphen Art, wenn auch gewiss sich in einer völlig differenten Art und Weise bewegend, ihren Tätigkeiten nachgingen, sich stritten, soziale Kontakte pflegten oder schlichtweg ruhten.
    "Weiß ich."
    kommentierte er abwesend die Erklärungen des Lanista, der offenbar der Meinung war, dass ein Name wie der des Pan einem Knaben seines Alters nichts zu sagen vermochte, womit er durchaus irrte, hatte man diesen doch bereits seit frühester Kindheit mit Mären von all jenen Gottheiten, Heroen und berühmten Männern ergötzt! Dass jedoch nicht die geringste Similität zwischen dem Hirtengott und den Wesen im Käfig vorhanden war, ging in der großen Bandbreite an dargebotenen Spektakeln völlig unter, die noch durch die Fütterung weiter entflammt wurden.


    Als der Lanista dann plötzlich dem jungen Flavius einen Apfel präsentierte, benötigte jener einen Augenblick, ehe dieser zu reagieren vermochte. Niemals hatte er ein Wesen gefüttert, lediglich innerhalb des Universums seiner Spiele, in denen er von frühester Kindheit an seinem Krokodil Caius Speisen von seinen eigenen verabreicht hatte! In der Tat stellte es sogar eine Überraschung dar, dass diese Affen offenbar ähnliches zu sich nahmen wie ein Mensch!
    Ohne ein Wort ergriff er endlich die Frucht und warf sie zaghaft von sich, sodass sie zwar etwa einen Schritt durch die Luft eilte, dann jedoch noch vor den Gitterstäben zu Boden fuhr und damit einen Kampf hinter selbigen evozierte: Gierig griffen die behaarten Hände durch die Leerräume, bis endlich eine von ihnen den in ihre Richtung weiterrollenden Apfel ergriff und sich rasch zurückzog. Der wohl von Fortuna selbst, oder zumindest von deren Pendant für die Fauna Begünstigte sprang mit kräftigen Sätzen davon, verfolgt von einer Horde seiner Artgenossen, sodass gar eine Art Fangspiel entstand. Manius Minor selbst verfolgte das Treiben mit leuchtenden Augen. Wohl niemals in seinem gesamten privilegierten Leben hatte er derart possierliches erblickt!

  • Als sein Sohn nach der Frucht griff, legte ein sublimes Lächeln sich um Gracchus' Lippen, welches spätestens als Minor warf auch seine Augen erreichte, gänzlich ungeachtet des missglückten Wurfes - betrachtete er doch seinen Sohn als noch zu jung, dass jener die Koordination seines Leibes gänzlich konnte beherrschen, war dies doch eher Disziplin der Jugend denn der Kindheit. Auch dem Vater gefielen die possierlichen Tiere weitaus besser als das Löwenrudel und im Stillen sann er darob, ob nicht jeder Flavier vielmehr einen Affen sollte besitzen, verwarf indes diesen Gedanken sogleich, würden seine Vettern doch unbezweifelt einer wilden Horde Löwen gleich über ihn herfallen, würde er über solcherlei Erwägungen auch nur laut reflektieren. Darob genoss er die kurze Zeit, welche sie vor dem Käfig verharrten, folgte mit seiner Aufmerksamkeit dem amüsanten Reigen, welcher um den Apfel herum entstand, dann um jene Früchte, welche der Lanista dem ersten Leckerbissen ließ folgen.
    "Sie sind unersättlich", warf Tiburtius ein. "Fast wie kleine Kinder."
    Er lachte kehlig und Gracchus sann einen Augenblick lang darüber nach, ob dies als Invektive gegenüber seinem Sohne mochte gelten, determinierte indes, dass ein Lanista ohnehin nicht war fähig, einen Flavius zu insultieren, versickerten seine Worte doch im Sumpfe zwischen den Hügeln, unfähig die flavische Würde oben auf dem Quirinal auch nur peripher zu tangieren.
    "Können sie auch für Kämpfe abgeri'htet werden?"
    Das Volk Roms war gleichsam unersättlich, wiewohl es stets nach neuen Darbietungen gierte, und eines Tages würde Minor seine ersten Spiele ausrichten müssen, so dass es vorteilhaft war, beizeiten über neue Möglichkeiten nachzudenken. Eine Armee aus Tieren, wie sein Sohn sie im Kleinen gegen seine hölzernen Soldaten ließ antreten, mochte - als perfekt ausgebildete Einheit - eine solche Möglichkeit darstellen, an welcher das Volk zweifellos sich würde divertieren.
    "Nein, Herr, sie sind sehr eigenwillig. Sie lassen sich zwar dressieren, aber sonderlich kämpferisch sind sie nicht."
    "Wie deplorabel"
    , kommentierte Gracchus trocken, hernach mit zuversichtlichem Lächeln seinem Sohne sich zuwendend, ohne zu bedenken, dass jener dem unausgesprochenen Gang seiner Gedanken nicht würde folgen können.
    "Wir werden etwas anderes finden."

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  • Gänzlich gefangen von der Darbietung jenseits der Stäbe, die die Grenze darstellten zwischen human und hominid, erreichte der Kommentar des Lanista nicht ansatzweise das Ohr des Knaben, vielmehr schenkte dieser erst der Frage seines Vaters erneute Aufmerksamkeit, entsprach es doch der Gewohnheit, dass derartige Äußerungen von größter Bedeutung war, selbst wenn jene nicht der Kreativität eines Manius Minor hätte entspringen können.


    Die Replik erschien indessen einleuchtend für den jungen Flavius, dem es nicht gelingen mochte, derartige Geschöpfe mit Waffen fechtend zu immaginieren. Gleichwohl war es jedoch durchaus deplorabel, denn die Unfähigkeit zur Imagination weckte gerade erst die Unrast Derartiges zu erblicken.


    Nun, da der Bann der Affen, die unterdessen die Frucht verspeist hatten, gebrochen war, verlangte es dem Knaben sogleich nach neuen adventurösen Ereignissen, weshalb er sich an seinen Vater wandte.
    "Was machen wir jetzt?"

  • Als lägen stets alle Antworten in der Ferne, unerreichbar am Horizont, ließ Gracchus Maior seinen Blick zum Himmel empor schweifen, und tatsächlich schien in diesem Augenblicke sich dort eine Antwort abzuzeichnen.
    "Wir werden nach Hause zurück..kehren. Es ist bald Zeit für die Cena und wir sollten zurück sein, ehedem deine Mutter uns vermisst."
    Ein verschwörerischer Tonfall unterlag diesen Worten, wiewohl der Vater gar noch ein Zwinkern similärer Art seinem Sohn schenkte, sich dabei selbst einem Konspiranten gleich fühlte, dies Geheimnis vor Antonia um so mehr goutierte, da sonstig so wenig mit seinem Sohn ihn zu verbinden schien. Er dankte dem Lanista mit knappen Worten für die kleine Führung und fügte hernach an, dass sie den Weg hinaus allein würden finden. Während Sciurus noch einige Münzen aus dem flavischen Vermögen in die Tasche des Marcus Tiburtius Ferox gleiten ließ, legte Manius Maior seine Hand auf die Schulter des Manius Minor und trat - stets in gebührendem Abstand zu den Käfigen - den Rückweg aus dem Ludus an.
    "Hat dir dieser kleine Ausflug gefallen?"
    fragte er seinen Sohn doch mit ein wenig Sorge, dass Minor enttäuscht würde sein können - aus welchem Grunde auch immer.

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  • Erschien der Inhalt der Replik dem Knaben mehr verdrieslich denn ergötzlich, so vermochte ihn doch das konspirative Timbre in der Stimme des Vaters zumindest dahingehend zu saturieren, dass er nicht einen von Trotz und Passion geprägte Disput begann, sondern sich, in dunkler Vorahnung, welch eine Reaktion seine Mutter bei Detektion jenes Ausflugs hervorkehren würde, dass es selbst das Haupt der Familia, Manius Maior, nicht wagte, diese zu evozieren, von diesem durch die Gänge, vorbei an den Käfigen mit sonst eher schläfrigen Tieren, geleiten ließ.


    Indessen begann sein infantiler Geist bereits mit der Retrovision der Impressionen, die sich nun gänzlich unerwartet in ihm gesammelt hatten. In der Retrospektive erschien gar die Näherung an den Löwenkäfig überaus konvenierlich, sodass er die Frage seines Vaters ohne Zögern und mit größter Inbrunst beantwortete.
    "Es war toll, Papa! Wann gehen wir wieder hier her?"
    Fraglos erschien dieser Hort adventuröser Erlebnisse auch für die Zukunft überaus attraktiv und selbstredend erwartete der junge Flavius eine Antwort mit einer naheliegenden Zeitangabe!

  • Die Freude seines Spross spiegelte sich auch auf Gracchus' Antlitz wider, der ob des Enthusiasmus' seines Sohnes kaum die in Aussichtstellung eines weiteren Besuches jenem konnte abschlagen.
    "Es findet sich sicherli'h bald wieder einmal die Gelegenheit für einen Besuch"
    , beantwortete er die Frage nach einem genauen Zeitpunkt dennoch recht vage, während sie die Porta des Ludus Matutinus nach draußen hin durschritten, wo noch immer die Sänfte wartete, um sie zurück zur Villa Flavia zu bringen. Irgendwann würden sie allfällig tatsächlich wieder einmal die flavischen Löwen besuchen - spätestens dann, wenn Minor seine Bulla ablegte.


    ~~~ finis ~~~

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  • Tiberius Helvetius Varus betrat das Ludus Matutinus. Varus hatte in seiner Heimat Hunde gezüchtet und hielt diese Gladiatorenschule für den Ort in Rom wo er am ehesten bei solchen Dingen wenigstens zuschauen konnte. Zunächste wollte er sich aber einmal umschauen und sehen wie es hier so zuging.
    Mit einem lauten
    "Salve" betrat es also den Eingangsbereich.



    Sim-Off:

    Jemand Lust?

  • Varus war nun schon einige Monate in Roma. Er hatte sich an die Arbeit für Senator Sedulus gewöhnt und herausgefunden wieviel Freizeit ihm dies lies. Bei seinem Patron herrschte momentan größere Anstrengungen weshalb seine Verpflichtungen dort sich in Grenzen hielten. Doch Varus war jemand der es gewohnt war, durch seine Lehre als Winzer, früh aufzustehen und den ganzen Tag zu arbeiten.
    Aus diesem Grund hatte er sich mehrere Aktivitäten gesucht. Am Anfang hatte er die Weinstöcke im Hortus der Casa Helvetia aufgepäppelt. Doch das waren nur ein paar gewesen und nach einer Woche Arbeit konnte er an den Stöcken nichts mehr finden was er noch machen konnte.
    Da es in Rom direkt unmöglich war Wein anzubauen und der Weg zum Stammsitz seiner Familie in der Nähe zu weit war musste er sich etwas anderes suchen.
    Ein Teil seiner "Freizeit" verbrachte er bei den Germanitas Quadraviri und die körperliche Arbeit dort gefiel ihm gut.
    In seiner Heimat hatte er allerdings stehts Hunde gezüchtet und vermisste diese "Arbeit" deutlich. Deshalb war er immer öfter im Ludus Matutinus anwesend und hatte sogar vor ein paar Wochen einen Wurf aus 7 Hundewelpen übernommen. Er wollte die Tiere je nach Eignung ausbilden. Der Director Ludi hatte ihn diesen ersten Auftrag übergeben damit er mindestens 4 besser 5 oder 6 der Hunde zu "Arenakämpfern" ausbilden sollte. Demnächst würden Spiele statt finden und da brauchten sie Nachschub.
    Varus nutzte die Gelegenheit und sprach auch mit den anderen Tiertrainern und den Ausbildern für die Gladiatoren. Langsam nahm sein Wissen über diese speziellen Gladiatoren und die Ausbildung von Tieren für die Arena zu.

  • In Rom ereignete sich ein Umbruch, welcher größer für das Imperium Romanum nicht konnte sein, da durch einen Bürgerkrieg ein Kaiser gewaltsam dazu wurde gedrängt, einem anderen Platz zu machen - und während dieses Unterfangen in vollem Gange war, beinahe bereits ]in den letzten Zügen lag, wurde es aller Orten geleitet von größeren und kleineren Katastrophen, von Ende und Neubeginn - manch einer verlor sein Leben, manch anderer seine Würde oder Freiheit, manch einer wiederum gewann ein kleines Vermögen, ein anderer neues Ansehen oder einen Posten. Es gab kaum nurmehr einen Ort in der ewigen Stadt, bisweilen gar darüber hinaus, an welchem Stillstand vorherrschte, an welchem das Leben noch beschaulich und geregelt seine Bahnen zog. Einer jener wenigen Orte war die scholae bestiarum des Ludus Matutinus, denn während die Menschen sich gepflegt gegenseitig aufrieben, der ein oder andere bisweilen einen Sinn in seinem Handeln suchte oder von Reue und Gewissensbissen geplagt wurde, besannen die Tiere sich stets nur auf ihre Triebe - fraßen und schliefen, pflanzten sich fort und balgten sich um die Rangfolge ihres Rudels. Und doch, selbst an diesem so friedlichen Ort der Natur tat sich dieser Tage ein Ende auf, ganz unbeeinflusst und unbeeindruckt von den politischen Machenschaften menschlicher Umwälzung. Seit Tagen herrschte Unruhe im Rudel der flavischen Löwen, denn seit Tagen fraß das ohnehin zumeist apathische Männchen am Ende der Rangordnung nicht mehr, verströmte einen ungustiösen Odeur nach Fäulnis und Verderben. Glasig blickten die Augen durch alles Geschehen hindurch als würde es längst in einer anderen Welt weilen voller saftiger Wiesen auf welchen die Beutetiere derart zahlreich weideten, dass die Jagd ein leichtes war. Ein Mensch allfällig hätte ihm Gedanken an diese wundervolle Jagd angedichtet, Erinnerungen womöglich an freudigere Tage - obgleich dieser Löwe die Freiheit niemals hatte gesehen -, oder Sehnsüchte nach der fernen Heimat Africas, doch tatsächlich dachte das Tier nichts, nicht einmal an Fressen, dämmerte nur schläfrig in den Tod hinein. Während also Rom erobert wurde durch die Getreuen des Cornelius Palma, während die Jagd nach den Anhängern des Vescularius Salinator ihren Lauf nahm, während sein Besitzer sich in den Wirren des Bürgerkrieges verlor, hauchte völlig unbeeindruckt vom Weltgeschehen im Ludus Matutinus der Löwe des Manius Flavius Gracchus seinen letzten Atemzug aus, und nur die Unruhe der anderen Tiere des Rudels über den modrigen Kadaver in ihrem Gehege zeugte von diesem Geschehen.

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