Antium | mare tranquillitatis ...

  • Während Lyciscus bereits innerlich genüsslich seinen Sieg feierte, sah er auch schon die Aurelia wieder auftauchen. Im ersten Moment war der Thraker erleichtert, denn wie er vermutet hatte, hielt seine Herrin das ganze gut aus. Zwar musste sie scheinbar ein wenig Wasser schlucken, da sie wohl doch vom Sklaven überrascht wurde, doch Lyciscus fand, das es eine kleine gerechte Strafe war, für ihren Schummelversuch. Ihr Lachen deutet der Thraker so, das sie ihm scheinbar auch nicht Böse war, das er sie einfach durch die Lagune trug, um sie letztendlich im Wasser zu versenken.


    Schon begann die Aurelia wieder zu schwimmen, wieder direkt auf Lyciscus zu, dieser grinste immer noch über das ganze Gesicht, und erwartete gleich, das seine Herrin ihre Niederlage verkündete. Doch scheinbar könnte er da lange warten, denn die Aurelia bewegte sich einfach bei ihm vorbei. Natürlich blickte Lyciscus ihr hinterher, und das Grinsen verschwand auch aus seinem Gesicht, da er nicht ganz verstand, was sie nun vor hatte. Oder war sie ihm vielleicht doch Böse, da er sich zuviel erlaubte, indem er sie einfach auf seine Schulter packte, nur um ihr eine kleine Lektion zu erteilen. Und plötzlich legte seine Herrin die Hand auf einen Felsen, der näher am Ufer gelegen hatte, und meinte zugleich, sie wäre die Erste in diesem Wettbewerb gewesen. Obwohl sie ihn scheinbar wieder ausgetrickst hatte, und Lyciscus im ersten Moment eher entgeistert zu ihr blickte, lächelte er ihr schlussendlich entgegen, denn er war ihr auch überhaupt nicht Böse. Doch das lag vielmehr daran, das die Aurelia wieder herzhaft zu lachen begann, und ihr Leibwächter, genoss einfach nur für diesen Augenblick, das Bild das sich ihm bot. Sie so zu sehen erwärmte ihm das Herz, allein das sich die Aurelia scheinbar köstlich amüsierte, reichte aus, das Lyciscus schon wieder vergessen hatte, in welchem Desaster er sich eigentlich zuvor noch befand.


    Jetzt sollte der Sklave seiner Herrin auch noch gratulieren, nachdem sie mit unfairen mitteln gewonnen hatte. Lyciscus hob erstmal eine Augenbraue, bevor er schon fast begann zu ihr zu eilen, um sie vielleicht ein weiteres mal auf die Schulter zu nehmen. Eigentlich wäre es nur gerecht, sie ein weiteres mal ins Wasser zu werfen, wäre da nicht das Problem, das er in seiner Euphorie das Tuch weg warf, das um seine Hüften gewickelt war. Während er dann doch an seiner Position verharrte, fingen auch seine Wangen an zu glühen, denn er wusste genau, das seine Herrin nun warten würde, bis er tatsächlich aus dem Wasser kam. Doch wenn Lyciscus genauer darüber nachdachte, hätte ihm die Aurelia jederzeit den Befehl erteilen können sich zu entkleiden, was er dann auch ohne gegenwehr, hätte tun müssen. Außerdem, zu verbergen hatte der Thraker auch nichts, außer vielleicht die paar Narben, die aber so oder so schon auf seinem Oberkörper ersichtlich waren. Auch wenn es ihm vielleicht ein wenig unangenehm war, so nahm er seinen Mut zusammen, und begann sich der Aurelia zu nähern. Ohne auch nur einmal zu zwinkern, fixierten seine Augen, die seiner Herrin. Lyciscus blickte sehr tief in die wundervollen Blauen Augen, dabei versuchte er sehr Selbstbewusst zu wirken, während seine Gesichtszüge eher Ernst blieben. Und da er ihre Augen so fixierte, konnte er ganz genau erkennen, wohin ihre Blicke wanderten, so war es durchaus interessant zu beobachten, ob die schöne Frau es schaffte, ihre Blicke stets in den Augen des Thrakers zu belassen.


    Natürlich hatte Lyciscus nicht vergessen, wie sich seine Herrin gleich zu beginn des Wettkampfes einen Vorteil erschummelte. Vermutlich hatte sie bewusst ihre reize eingesetzt, um den Thraker zu verwirren. Also warum sollte der Sklave es unversucht lassen, das selbe zu tun? Erst als Lyciscus sehr knapp vor ihr stand, machte er halt, dabei waren seine Blicke noch immer in die Augen der Aurelia gerichtet. Und so blieb er vorerst auch einfach stehen, ohne ein Wort zu sagen, gerade mal ein liebevolles Lächeln umspielte seine Lippen. Und so kurz dieser Moment auch dauerte, so fühlte sich dieser an wie eine Ewigkeit. Interessant war zu beobachten, das sein Herz zwar schneller Schlug, aber nicht in dem ausmaß, als seine Domina das selbe Spielchen zuvor noch mit ihm trieb. Über ihre Wange klebte noch eine Nasse Haarsträhne, die der Thraker langsam und sanft mit seiner Hand hinter ihr Ohr gleiten ließ. Gleich danach bewegte er seinen Kopf seitlich an ihrem vorbei, "Gratulation Domina... das nächste mal... mach ich es Dir nicht so einfach." flüsterte er ihr zu. Schon grinste er ihr wieder frech ins Gesicht, während er langsam an ihr vorbei Schritt, um das Ufer zu erreichen.


    Und so wanderte er das Ufer entlang, mit dem Rücken bereits zu seiner Herrin gerichtet, die nun wieder einen durchaus guten Blick auf sein Gesäß haben dürfte. Das Ziel war das Tuch, das er einfach weggeworfen hatte, als er dort ankam, wickelte er es sich gleich wieder um die Hüften. Der Tag war noch lange nicht vorüber, und es dauerte bestimmt noch eine Weile, bis die Matrosen gemeinsam mit Mara eintreffen würden. Also setzte sich der Thraker erstmal in den Sand, und vergrub zugleich seine Füße darin, dabei genoss er nochmal den schönen Anblick der Lagune, und atmete die gute Luft ein. Auch wenn er sich gerade entspannte, konnte es durchaus sein, das seine Herrin mit einer weiteren Idee vorbei kam, was Lyciscus keinesfalls störte, denn schließlich wusste er nicht, wann er jemals die Aurelia wieder in so einem zufriedenen Zustand zu Gesicht bekommen würde.

  • Im ersten Moment war es natürlich eine Genugtuung zu sehen, wie das freche Grinsen einem verwirrten Ausdruck wich und sogar seine Wangen leicht zu glühen begannen. Dabei wollte Prisca ihren Sklaven keineswegs damit demütigen. Nur war dieses gegenseitige Necken eben zu schön und deshalb hatte Prisca eigentlich erwartet, dass ihrem Sklaven bestimmt gleich etwas einfallen würde, um ihre Aufforderung irgendwie zu umgehen. Falsch gedacht! Statt einer weiteren frechen Antwort oder dergleichen, kam Lyciscus aufrecht - und so wie ihn die Natur geschaffen hatte - auf sie zu. Näher, immer näher, bis er schließlich direkt vor ihr stand.


    Prisca sah die ganze Zeit über gebannt in seine Augen und sein Blick hielt sie regelrecht gefangen während Lyciscus ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Ihr triumphierendes Lächeln war einer nachdenklich erscheinenden Miene gewichen, denn so recht freuen konnte sie sich über ihren erschummelten Sieg längst nicht mehr. Aber das war eben das Los all derer, die gewohnt waren immer zu gewinnen, die nicht verlieren konnten und denen jedes Mittel recht war um zu bekommen was sie wollten. Und wenn sie es dann hatten, dann war die Freue umso geringer. Dieses Gefühl kannte Prisca durchaus, da sie von Kindheit an daran gewohnt war immer zu gewinnen und alles zu bekommen. Sowie jetzt!


    Stumm und ohne ein weiteres neckende Wort nahm Prisca die Gratulation entgegen und sie bereute in diesem Augenblick, dass sie sich nicht einfach geschlagen gegeben und Lyciscus seinen Sieg gegönnt hatte. Dann sah sie ihm nach und wartete noch einen Moment, ehe sie ihm in einem gebührenden Abstand nach folgte um den Rückweg dazu zu benutzen, ihren eigenen Gedanken nach zu hängen.


    Als sie zurück am Stand vor dem Haus waren ließ Prisca ihrem Sklaven vorerst seine Ruhe, denn Lyciscus schien gerade sehr zufrieden zu sein mit sich und der Welt, wie er da so im Sand saß und die wärmenden Sonnenstrahlen genoss. Zu gern hätte Prisca es ihm gleich getan, doch zu viel Sonne würde ihrer aristokratischen Blässe auf Dauer nicht gut tun. Also zog sich Prisca auf die Terrasse des Hauses zurück, wo einige Klinen im Schatten zum verweilen einluden. Zuvor machte die Aurelia jedoch einen Abstecher zu den Büschen, die gleich neben der Terrasse wuchsen, um einige Lorbeerzweige zu pflücken.


    Anschließend legte Prisca eine einfache Tunika an und setzte sich auf eine der Klinen, wo sie leise summend begann die geernteten Zweige zu bearbeiten.

  • Der Ausblick war wundervoll, die Luft erfrischend und wohltuend, und die Aurelia schien sichtlich Spaß zu haben. Lyciscus erfreute es sehr, sie so zu sehen, und er selbst hatte bestimmt nicht viel weniger Spaß, als sie. Die Entspannung trat relativ schnell ein, und während er in der Sonne saß, wärmte diese seine Haut, und ließ zugleich die noch vorhandenen Wassertropfen, langsam aber doch, trocknen. So wie er es sich gedacht hatte, folgte ihm seine Herrin, er erwartete bereits die nächste Herausforderung, die er sehr gerne annahm, solange sie dadurch weiterhin ihr bezauberndes Lächeln nicht verlor. Doch scheinbar war dies bereits der Fall gewesen, wie der Thraker feststellen musste, nachdem er seine Augen wieder auf sie richtete.


    Mit einer nachdenklichen Miene zog sie an ihm vorbei, und bewegte sich in die Richtung des Anwesens. Der Blick des Sklaven wanderte wieder zur Lagune, wobei er jetzt selbst nachdenklich in die ferne sah. Hatte er sie etwa doch verärgert? Nun, sie ins Wasser zu werfen war vielleicht etwas zuviel, aber alles er ihr dann völlig Nackt entgegen lief, hatte sie doch quasi herausgefordert. Doch Lyciscus wollte vorerst noch den Strand genießen, danach könnte er sie immer noch danach fragen, und müsste sich vermutlich auch dafür entschuldigen.


    Und während der Thraker sich vollkommen entspannte, bemerkte er gar nicht, wie schnell die Zeit verging. Er rechnete bereits damit das die Matrosen gemeinsam mit Mara bald eintreffen müssten, also erhob er sich, und kleidete sich wieder an. Gemütlich machte er sich auf den Weg zum Anwesen, dort angekommen, sah er wieder die verbrannten stellen. Die Bilder zogen durch seinen Kopf, die zeigten, wie Azita in der Mitte noch gefesselt war, und drohte zu verbrennen. Jetzt wo der Ärger und die Wut in ihm schon längst abgeklungen war, konnte er auch ihre Reaktion verstehen, er hätte mit Sicherheit nicht anders reagiert. Nun, vielleicht sollte er sie um Verzeihung bitten, da er so Kühl zu ihr gewesen war, schließlich war sie ihm nur dankbar, das er sie aus dieser Lage befreit hatte.


    Lyciscus begann seine Domina zu suchen, wobei er sie ziemlich rasch entdeckt hatte, auf der Terrasse saß sie auf einer Kline, und war scheinbar ziemlich vertieft, mit dem was sie tat. Neugierig wie der Thraker war, wollte er wissen, mit was sie sich gerade beschäftigte, und so wanderte er äußerst leise vorwärts. Scheinbar hatte sie ihn bis jetzt gar nicht bemerkt, und als er dann nah genug heran kam, um in etwa zu sehen, was sie tat, war er etwas verwundert. Denn zwischen ihren Händen befanden sich scheinbar, Pflanzen oder ähnliches, vermutlich Kräuter, aber was genau machte sie damit? Umso länger Lyciscus darüber nachdachte, umso blasser wurde er, und plötzlich schien er zu wissen, was die Aurelia da trieb. Sie mixte mit den Kräutern ein Gift zusammen, und wollte ihren Leibwächter damit töten, weil dieser sie mit seinen Aktionen in der Lagune verärgert hatte. Lyciscus war äußerst schockiert, das seine Handlungen solch folgen nach sich ziehen würden, damit hatte er absolut nicht gerechnet. Was seine Befürchtung noch verschlimmerte, war das Summen, das die Aurelia von sich gab. Scheinbar war sie ebenfalls Verrückt geworden, so wie der Verwalter, dieser Ort schien Verflucht zu sein, würde man lange genug hier verweilen, würde es wohl allen so gehen.


    Doch was sollte Lyciscus nun tun? Das einzige das wohl sein Leben retten könnte, wäre eine Flucht, und während er seinen Plan bereits gedanklich durchging, wanderte er unbewusst langsam Rückwärts, fast schon schwebend, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Natürlich kam es wie es kommen musste, Lyciscus stolperte, gleich komplett über die Terrasse drüber, und fiel mit dem Rücken zu Boden, dabei überschlug er sich gleich einmal, und stieß mit seinem Kopf so hart an, das er zugleich bewusstlos liegen blieb.

  • Ganz in Gedanken versunken saß Prisca auf der Kline und ein versonnenes Lächeln um spielte ihre Lippen während sie die Zweige zu einem Kreis flocht und sorgfältig jedes einzelne Blatt zurecht zupfte. Noch war nicht genau zu erkennen, dass das Gebilde ein Lorbeerkranz werden solle, aber bald schon wäre Prisca mit ihrer Arbeit fertig. Sie gab sich alle Mühe, denn so ein Lorbeerkranz war durchaus eine bedeutsame Insignie und ein Zeichen des Sieger, dessen Haupt damit bekränzt wurde. Sklaven blieb eine solche Auszeichnung verwehrt, doch hier konnte sich niemand daran stören. Es war auch nur eine kleine Geste, die zeigen sollte, das Prisca ihrem Leibwächter den Sieg wirklich gönnte. Ob Lyciscus weiß, was uns Römern dieses Kranz bedeutet. Ob er sich freuen wird? …


    Diese Frage könnte man mit einem spontanen "Nein" beantworten, bei dem was nun folgen sollte.


    Ein Geräusch direkt hinter ihr riss Prisca urplötzlich aus ihren Gedanken. Erschrocken fuhr sie herum und erstarrte regelrecht bei dem Anblick ihres Sklaven. Nicht, weil sie sich fürchtete sondern, weil sie glaubte den Wahnsinn in seinen Augen zu erkennen: "Lyciscus …was ..ist denn?" Er reagierte überhaupt nicht sondern torkelte panisch rückwärts davon, als hätte er gerade in das Antlitz der Medusa geschaut.


    Fassungslos starrte Prisca ihren Sklaven an und erst als dieser über die Brüstung der Terrasse fiel und ein dumpfer Aufschlag zu hören war, löste sich ihre Starre.


    "Bei allen Göttern! Was ist nur in ihn gefahren" Prisca sprang auf und rannte die wenigen Stufen der Terrasse hinab bis zu der Stelle, an der Lyciscus lag. Die Terrasse war zum Glück nicht sehr hoch, um einen schnellen Zugang zum Strand zu haben, aber durch das rückwärts Fallen konnte man sich natürlich durchaus weh tun.


    "Du meine Güte!" Etwas hilflos und verwirrt kauerte sich Prisca neben ihren Sklaven und suchte mit den Augen nach Verletzungen an seinem Körper. Atmete er überhaupt noch? Ja, der Brustkorb bewegte sich zum Glück. "Lyciscus!!!, rief Prisca seinen Namen und tätschelte mit der flachen Hand seine Wange, ohne aber eine Reaktion zu bemerken. Das fehlte ihr noch, dass ihr Leibwächter sich ernsthaft verletzt hätte.


    Das muss die Sonne gewesen sein. Genau! Er hat einen Sonnenstich!, kam Prisca nach kurzer Bedenkzeit zu der Erkenntnis, dass seine panische Reaktion nur davon stammen konnte. Die Sonne musste ihm quasi das Gehirn "verbrannt" haben. Hilft dagegen nicht Kühlung? ...ja genau! Schnell rannte Prisca wider die Stufen hinauf zu der Kline, wo sie einen Krug mit Wasser bereit gestellt hatte. Diesen packte Prisca nun und kehrte damit zurück zu Lyciscus, um sich wieder neben ihm hin zu knien.


    "Lyciscus …wach auf!!, rief Prisca wider seinen Namen und träufelte dabei ein paar Wassertropfen auf seine Lippen. Half das? Es sah im ersten Moment nicht danach aus und langsam begann Prisca zu verzweifeln. Niemand war hier der ihr helfen konnte und ihr Beschützer lag hier und rührte sich nicht.


    "Lyciscus!!!! Wieder tröpfelte Prisca etwas Wasser auf seine Lippen und lauter: "LYCISCUS!!!!!!" In ihrer Verzweiflung packte Prisca den Krug und schüttete schließlich das gesamte Wasser, in einem Schwall, über seinen Kopf aus ….

  • Da lag er nun, Lyciscus der Thraker, völlig regungslos und nicht mehr bei Bewusstsein. Eigentlich hätte er doch ohne viel mühe, der Aurelia einfach das Genick brechen können, oder sie gar mit ihrem eigenen Dolch erstechen können. Doch der Sklave hat ihr die treue geschworen, und es wäre eine äußerst unehrenhaft tat gewesen, abgesehen davon, das er es vermutlich gar nicht über sein Herz gebracht hätte. Und so blieb ihn nicht anderes übrig, als in seinem geschockten Zustand eine Flucht in betracht zu ziehen, das es jedoch so kam, damit hatte er nicht gerechnet.


    Zum Glück fiel er nicht tief, dadurch schien er fürs erste nicht verletzt zu sein, auch von Blut war keine spur zu sehen. Doch der aufprall hatte ihn scheinbar gleich komplett außer Gefecht gesetzt, mit einer dicken Beule musste man also rechnen. Als der Thraker mit Wasser regelrecht überschüttet wurde, schüttelte dieser erstmal den Kopf, war aber völlig orientierungslos. Einen kurzen Augenblick später öffnete er die Augen, und blickte in den Himmel, erkennen konnte er aber vorerst nicht viel, da seine Sicht scheinbar eingeschränkt war. Seine Augen wanderten umher um irgendwas zu erkennen, doch der Sklave schien völlig verwirrt zu sein, und nicht mal zu wissen wo er sich gerade befand. Er begann leicht seinen Nacken aufzurichten, und da sah er eine Gestalt, oder besser gesagt, nur ein paar Umrisse. "Bin... Bin ich... tot?" fragte Lyciscus während er mit seinen Augen mehrmals zwinkerte, um zu erkennen wer oder was da eigentlich vor ihm kniete. "Bendis... meine Göttin... bist Du es?" fragte er weiter, vermutlich dachte er, das er bereits das Zeitliche gesegnet hatte.


    Ein stechender Schmerz im Kopf zwang Lyciscus unweigerlich seine Hand auf diesen zu legen, dabei kniff er schmerzverzerrt die Augen zusammen. Langsam aber doch richtete er sich auf um in eine sitzende Position zu kommen, und öffnete nochmal die Augen. Jetzt sah er schon etwas besser, etwas verschwommen, aber genügend, um zu erkennen wer tatsächlich vor ihm kniete. "Du!!!" mit dem Finger auf die Aurelia gerichtet, wanderte er mit seinem Gesäß etwas weiter nach hinten. Völlig schockiert starrte er seine Herrin an, während er immer noch mit dem Finger auf sie zeigte. "Du Verrückte, nur weil ich Dich ins Wasser geworfen haben, willst Du mich gleich deshalb umbringen!?!?" Scheinbar war der Thraker wieder zu Sinnen gekommen, und hatte auch bemerkt, das er doch nicht tot war. Wieder griff er sich an den Kopf, der scheinbar immer noch sehr schmerzte.

  • Erleichtert atmete Prisca auf als Lyciscus endlich die Augen wieder aufschlug. Doch schnell merkte sie, dass etwas mit ihm nicht stimmen konnte. Seine Augenlider flatterten leicht und er schien orientierungslos und immer nicht ganz bei Bewusstsein. Bendis … seine Göttin … "Nein ich bin nicht deine Göttin … Du bist gestürzt und warst bewusstlos … alles ist gut!", versuchte Prisca noch zu erklären, ehe seine folgenden Reaktionen sie völlig entgeistert drein blicken ließen. Von wegen, alles ist gut …


    Als Lyciscus drohend den Finger auf sie richtete, wich Prisca irritiert einen Schritt zurück. So langsam bekam sie es mit der Angst. Dieser irre Blick und seine Worte! Ich ihn umbringen? … Nur weil er mich ins Wasser geworfen hat? Prisca wusste beim besten Willen nicht was sie davon halten sollte und spätestens jetzt war sie absolut davon überzeugt, dass die Sonne Lyciscus den Verstand versengt hatte. Gleichzeitig wurde das mulmige Gefühl in ihrem Bauch immer stärker, denn wie sollte das jetzt weiter gehen? Schließlich war sie hier ganz allein, mit ihrem Leibwächter, der womöglich gerade dabei war verrückt zu werden … so wie … Varro, der Verwalter.


    "Lyciscus! … Bei allen Götter, wie kommst du nur auf diese völlig absurde und schwachsinnige Idee, dass ich dich umbringen will? Ausgerechnet ich?" Mit großen verständnislos wirkenden Augen starrte Prisca ihn an:"Was ist denn nur mit dir geschehen? Hast du gar etwas gegessen oder getrunken, dass deinen Verstand völlig vernebelt? … Du wirst jetzt sofort damit aufhören, dich wie ein Verrückter aufzuführen! … Hörst du mich?" Prisca versuchte so ruhig und beherrscht wie möglich zu sprechen, ohne dabei einen Zweifel daran zu lassen, dass einzig und allein sie hier das Sagen hätte. Mit ernster Miene sah Prisca ihrem Sklaven tief in die Augen und sie hoffte inständig, dass er schnell wieder zur Besinnung käme …

  • Lyciscus zitterte regelrecht, während er immer noch mit dem Finger auf die Aurelia zeigte. Natürlich kam es dem Thraker merkwürdig vor, das seine Herrin ihn plötzlich tot sehen wollte, und das wegen eines kleinen Streichs. Aber sie war nun mal auch launisch, warum also auch nicht den eigenen Leibwächter vergiften, aus einer Laune heraus.


    Als seine Domina dann äußerst ernst wurde, und dabei auch noch versuchte ihrem Sklaven ins Gewissen zu reden, wurde dieser etwas nachdenklich. Irgendwie kam es ihm selbst Absurd und Schwachsinnig vor, aber was meinte sie mit ausgerechnet sie? Außerdem hatte er sie doch beobachtet wie sie das Gift zusammen gemixt hatte, bestimmt wollte sie es in sein Essen mischen. "Ich habe Dich doch auf der Terrasse beobachtet, Du hast die giftigen Kräuter zusammen gemischt, um sie mir ins Essen zu geben!" entgegnete ihr Lyciscus, immer noch mit einem schockierten Blick.


    Ihre Worte und auch ihre Gestik waren jedoch wie immer, oder meistens, und so konnte sie scheinbar doch nicht die gewesen sein, die Verrückt geworden war. War es also doch Lyciscus, der scheinbar einfach nur einen anstrengenden Tag gehabt hatte, schließlich war die Ankunft beim Anwesen alles andere als erfreulich. Vielleicht lag es auch einfach daran, das der Tag schlecht begonnen hatte, und dann auf dem Strand mehr als erfreulich weitergeführt wurde, so das seine Gefühle einfach zu hohe Sprünge gemacht hatten. Er wusste in diesem Moment einfach selbst nicht, was er glauben sollte, dennoch hielt er sich noch auf Abstand, und hoffte nur, das die Aurelia ihm nicht gleich den Schädel einschlagen würde.

  • Geschah das gerade wirklich? Oder träume ich? Vor ihr am Boden saß zitternd ihr Leibwächter und behauptete allen Ernstes, dass sie ihm nach dem Leben trachten würde. Ich ihm??? … Das muss ein Traum sein, wahrscheinlich bin ich auf der Terrasse eingeschlafen und träume das hier nur Prisca konnte nicht glauben, was sie da hörte und das Gehörte wiederum machte sie langsam aber sicher wütend. Sehr wütend. Hatte sie ihn etwa nicht gut behandelt, ihm gezeigt wie sehr sie ihm vertraut? Und nun das! Wozu hatte sie sich eigentlich all die Mühe gemacht mit dem Lorbeerkranz? Ach ja, ich wollte ihn ja damit vergiften … Allein die Vorstellung war derart absurd, dass Prisca ihren Sklaven am liebsten erwürgt hätte!


    Jawohl, erwürgt hätte Prisca ihren Leibwächter am liebsten für diesen Schwachsinn, den er da von sich gab und sie begann ernsthaft zu zweifeln, ob sie ihm jemals wieder soviel Vertrauen würde schenken können, wie sie es bis vor wenigen Minuten noch getan hatte.


    "Ooooh, du hast mich also beobachtet, wie ich giftige Kräuter gemischt habe? Ja natürlich, … damit vergifte ich andauernd meine Sklaven", platze Prisca schließlich der Kragen. Kopfschüttelnd und die Hände in die Hüften gestemmt stand sie da und konnte immer noch nicht glauben, dass Lyciscus das allen ernstes von ihr angenommen hatte. Aber er hatte es gewagt und nun redete sich Prisca immer weiter in Rage um die langsam aufgestaute Wut wieder los zu werden: "Ich mache das auch nicht nur wegen Kleinigkeiten, wie ins Wasser werfen, oh nein, … ich vergifte alles und jeden einfach nur aus Spaß und weil mir den ganzen Tag so langweilig ist. Übrigens war schon das Wasser, das ich dir damals auf dem Sklavenmarkt reichen ließ vergiftet … So jetzt weißt du´s! … " Prisca schnaubte vor Wut. Würde Lyciscus ihre absichtlich frei erfundenen Aussagen für bare Münze nehmen? Oder würde er endlich erkennen, wie absurd sowohl ihre Worte als auch seine Anschuldigungen im Grunde waren?


    Glaub doch was du willst, dachte Prisca nur und machte auf der Stelle kehrt und marschierte die Stufen zur Terrasse hinauf. Oben angekommen schnappte sie den fast fertigen Lorbeerkranz, kehrte damit zur Brüstung zurück und schleuderte ihn von oben herab, direkt vor die Füße ihres Leibwächters.


    "Hier! Vergiss nicht deine Giftration zu essen, schließlich habe ich mir so viel Mühe damit gegeben und extra einen Lorbeerkranz für dich daraus geflochten! Das waren die letzten Worte, die Prisca im Moment für ihren Sklaven übrig hatte. Enttäuscht und verletzt blickte Prisca noch einmal von er Terrasse herab, dann begab sie sich ins Haus, wo sie zunächst ziellos durch die Gänge lief, ehe sie sich erschöpft auf einer Kline im tablinum nieder ließ. So blieb sie erst einmal mit geschlossenen Augen liegen, während sie gedanklich versuchte zu begreifen, was nur in ihren Sklaven gefahren sein mochte.

  • Es war schon merkwürdig, das Lyciscus scheinbar solch eine Angst vor dem Tod hatte, schließlich hatte er niemanden für den sich die Freiheit lohnte, also warum eigentlich dann für das Leben? Oder hatte er tief in seinem inneren doch etwas gefunden, das ihm eigentlich nicht ganz bewusst war, und er einfach nur Leben wollte, um sich weiterhin daran zu erfreuen? Weiterhin mit schockierten Blick, sah der Sklave seine Domina an, in der sich scheinbar eine große Wut zu stauen begann.


    Die Augen des Thrakers wurden größer, denn die Aurelia sagte ihm mitten ins Gesicht, das sie ständig ihre Sklaven vergiften würde. Der Schock des Sklaven wurde enorm, denn damit hatte er nicht gerechnet, das seine Herrin zu solch taten fähig war. Sie fügte auch noch hinzu das sie es aus Spaß tat, weil ihr so langweilig war. Lyciscus konnte es nicht fassen, was die Aurelia so eben offenbarte, sein Herz schlug bereits so schnell, das er es nicht mehr richtig fühlen konnte. Erst als die Aurelia erwähnte, das sie dem Leibwächter bereits am Podest, wo sie ihn damals den Becher Wasser zukommen ließ, Gift in das Wasser mischte, wurde der Thraker stutzig. Wenn das der Wahrheit entsprach, würde er doch vermutlich schon lang nicht mehr leben. Sein Herzschlag wurde langsamer, und sogar eine Augenbraue zog er nach oben, plötzlich verschwand seine Herrin auch schon, wieder zurück auf die Terrasse.


    Völlig verwirrt blickte er ihr nach, und verstand nicht, was gerade passiert war. Schon kam Lyciscus etwas entgegen geflogen, und landete vor ihm auf dem Boden. Die wütenden Worte der Aurelia verstand er ebenfalls nicht, noch immer war der Thraker völlig verwirrt. Doch die Blicke seiner Herrin, die sie ihm zuwarf, kurz bevor sie verschwand, durchdrangen seine Brust. Ein schmerzhafter Stich durchzog ihn, und völlig irritiert sah er sich den Gegenstand an, den die Aurelia herunter geworfen hatte. Vorsichtig nahm der Thraker das Stück in seine Hand, und betrachtete es etwas genauer. So wie seine Herrin gesagt hatte, es war ein einfacher Lorbeerkranz, und dieser war für den Thraker gedacht.


    Der Schmerz in seiner Brust wollte nicht verschwinden, den Blick den seine Herrin ihn zuwarf, hatte er so noch nicht gesehen. Lyciscus bemerkte schon, das er wohl einen großen Fehler gemacht hatte, und das nur, weil er immer Angst davor hatte, seine Domina zu enttäuschen. Diesmal ging es soweit, das er dachte, sie würde ihm umbringen wollen, für das was er am Strand verbrochen hatte. Doch was hatte er eigentlich verbrochen? Hatte er nicht die Aurelia vor Freude lachen gesehen, wie es nie zuvor gesehen hatte? Also wie kam er bloß auf die Dumme Idee, das seine Herrin ihn dafür umbringen wollte? Lyciscus musste einsehen, das er völlig Falsch gehandelt hatte, sie einfach zu Fragen, was sie den eigentlich auf der Terrasse getan hatte, als er sie beobachtete, wäre wohl der bessere Weg gewesen.


    Völlig enttäuscht, über sich selbst, erhob er sich, und hielt sich zugleich am Kopf, der immer noch schmerzte. Nun, scheinbar eine sehr milde Strafe für ihn, für das was er sich gerade hier leistete. Langsam wanderte er zur Terrasse, und setzte sich auf eine Kline, dabei legte er auf diese den Lorbeerkranz ab. Dabei überlegte er, was ihn dazu veranlasste, seiner Herrin so zu misstrauen. Schließlich ging es ihm doch immer gut bei ihr, wobei gut noch untertrieben war, der Thraker wollte sich gerade selbst den Kopf abreißen. Seine Stirn in die Hände gelegt, versuchte Lyciscus zu überlegen, wie er dieses Desaster wieder gut machen könnte. Doch er befürchtete, das er sich selbst gerade in sein Verderben gestürzt hatte.


    Nach einer Weile, die er hier auf der Kline verbrachte, stand er schlussendlich auf, denn es fiel ihm keine andere Möglichkeit ein, als sich seiner Herrin zu stellen. Doch wo war sie eigentlich hin gelaufen? So begann er das Anwesen ein wenig abzusuchen, und ging von einem Raum zum anderen, doch er fand seine Domina nicht. War sie etwa gleich zur Nordwind zurückgekehrt? Und während er noch durch das Atrium schritt, entdeckte er sie letztendlich doch, gleich in einem Nebenraum, wo sie auf einer Kline lag. Langsam bewegte er sich auf den Raum zu, und er war sichtlich Nervös, als er vor diesem zu stehen kam. Noch immer wusste er eigentlich nicht was er sagen sollte, die Situation schien mehr als Hoffnungslos, und das hatte er sich selbst zuzuschreiben. Trotzdem ging er letztendlich in den Raum hinein, und da die Kline groß genug war, setzte er sich an das Fußende, wo noch genügen Abstand zu seiner Herrin bestand.


    "Ich... also..." genau so beginnt man ein Gespräch, nicht! Lyciscus fummelte nervös an seinen Fingern herum. "Domina... es tut mir leid... Verzeih mir bitte... Ich... Ich weiß nicht was plötzlich in mich gefahren ist." fügte der Thraker hinzu, wobei er doch mehr stotterte, als das er flüssig sprach. Außerdem würde so eine einfache Entschuldigung für so ein Missgeschick nicht ausreichen. "Ich... Ich danke Dir für den Lorbeerkranz... es wäre toll... wenn Du ihn fertig machen könntest, er ist wirklich sehr Schön geworden." Nun, scheinbar fiel dem Sklaven ja wirklich nicht viel ein, aber zumindest wollte er ihre Geste würdigen, auch wenn es wohl der falsche Zeitpunkt gewesen war, um dies zu tun. "Ich habe mich absolut Falsch verhalten, und Dich mit Sicherheit schwer enttäuscht, ich kann Dir versprechen, das ich es nicht mit Absicht gemacht habe." versuchte der Sklave sich weiter zu entschuldigen. Sein Blick war ständig auf seine Hände gerichtet, wo er weiterhin Nervös mit seinen Fingern spielte. "Falls ich irgendwas für Dich tun kann, um mich gebührend bei Dir zu entschuldigen, und damit Du mir verzeihen kannst, dann lass es mich wissen... falls nicht, kannst Du mich natürlich auch gerne für mein Verhalten bestrafen, wenn Dir danach ist." Nun stützte er sich mit seinen Händen auf der Kline ab, und erhob sich langsam aus seiner sitzenden Position. "Ich lass Dir jetzt Deine Ruhe... Du findest mich auf der Terrasse, falls Du mich suchst... und es... also ich..." mit einem seufzen beendete er das Gespräch, und bewegte sich wieder aus dem Raum.


    Auf der Terrasse angekommen, setzte er sich wieder auf die Kline, dabei nahm er den Lorbeerkranz wieder in seine Hände, und starrte diesen an. Lyciscus hoffte nur, das er mit seinen wenigen Worten, irgendetwas bei der Aurelia erreichen konnte, aber so richtig glauben wollte er nicht daran. Sein Blick wanderte in den Himmel, während er den Kranz durch seine Finger gleiten ließ, dabei beobachtete er die Vögel, die ständig in alle Richtungen flogen. Der Wind streifte über seine Wangen, und er schloss die Augen, nur um sich wieder zurück zu erinnern, wie er noch kurz zuvor seine Domina hatte lachen sehen, denn vermutlich, würde er dieses Lachen nie wieder sehen.

  • Immer und immer wieder ging Prisca im Gedanken die Szene auf der Terrasse durch, ohne jedoch ergründen zu können, weshalb sich Lyciscus derart aufgeführt hatte. Diese panische Angst vor ihr und die absurde Anschuldigung ich wolle ihn vergiften. Was sollte das? War es wirklich nur ein einfacher Sonnenstich? War er gar plötzlich verrückt geworden so wie Varro? Dann läge womöglich ein Fluch auf diesem Haus. Die einzige Erklärung dafür, dass an einem einzigen Tag gleich zwei Männer in den Wahnsinn getrieben wurden. Oder lag der Grund für sein unerklärbares Handeln in Wahrheit ganz wo anders? Lag es am Ende gar daran, dass Lyciscus (in seinem tiefsten Inneren) noch lange nicht den Verrat jener Römer überwunden hatte, der ihn in die Sklaverei gebracht hatte und er deshalb seiner domina böse Absichten unterstellte?


    Keiner dieser Erklärungsversuche mochte Prisca so recht gefallen und die Tatsache wie sehr es Prisca innerlich beschäftige machte deutlich, dass Lyciscus ihr sehr viel mehr bedeutete als andere Sklaven. Als ihr Leibwächter hatte er schließlich eine ganz besondere Funktion und in dieser war letztendlich gegenseitiges Vertrauen das Allerwichtigste. Und dieses Vertrauen war nunmehr erschüttert worden und auch wenn es nicht völlig verloren war, so wusste Prisca auch, dass sie dieses Verhalten nicht einfach dulden oder ignorieren durfte. Nur was sollte sie jetzt tun?


    Nur in einem Punkt war Prisca sich sicher, dass sie eine einfache Entschuldigung keinesfalls akzeptieren durfte. Sklaven entschuldigten sich andauernd für alle möglichen Fehler, egal ob nichtig oder gravierend. Sie taten das wohl meist aus Angst vor Strafen oder aber sie gewöhnten sich daran sobald sie merkten, dass sie damit ihre Herrschaften besänftigen konnten. Keines von beiden wollte Prisca. Sie wollte nicht, dass Lyciscus Angst vor ihr hatte aber sie durfte auch nicht riskieren, dass er ihr irgendwann "auf der Nase herum tanzen" würde.


    Als Lyciscus schließlich den Raum betrat und sich zu ihr setzte, ließ Prisca ihn stumm gewähren. Auch seine Entschuldigung und seine Erklärungsversuche, die er kleinlaut vorbrachte, nahm sie stumm und regungslos zur Kenntnis. Nein, sie durfte jetzt nicht schwach werden und seine Entschuldigung direkt annehmen - nicht so schnell, auch wenn seine Worte aufrichtig und ehrlich klangen und seine Verzweiflung dahinter deutlich zu spüren war. Warum …warum nur?, fragte sich Prisca zum wiederholten Male, als sie ihm hinterher sah. Hatte sie ihm nicht die Chance gegeben zu fliehen? Warum hatte er diese nicht genutzt? Reichte dieser eine Vertrauensbeweis womöglich nicht aus und bedurfte es eines weiteren?


    Prisca blieb noch einige Zeit liegen und überlegt hin und her, was sie nun tun sollte. Wieder galt es eine Entscheidung zu treffen, die es zwischen Verstand, Bauchgefühl und dem abzuwägen galt, was ihr Herz ihr sagte. Schlussendlich fiel ihr nur ein einziger Weg ein um das verloren geglaubte Vertrauen wieder zu gewinnen, auch wenn es kein leichter Weg werden würde.


    Langsamen Schrittes betrat Prisca die Terrasse und sie hatte keinen Blick mehr übrig für die zauberhafte Kulisse vor der sie sich bewegten. Ihre Augen ruhten auf Lyciscus und sie vermied es bewusst, sich ihm von hinten zu nähern um nicht zu riskieren, dass er erneut vor ihr zurück schrecken würde. Erst als sie sicher war, dass er ihre Anwesenheit zur Kenntnis genommen hatte, begann sie ruhig und mit leiser Stimme ihre Entscheidung kund zu tun:


    "Ich … " Prisca war in dem Moment mindestens ebenso nervös wie Lyciscus vorhin und es war unschwer zu erkennen, dass diese Worte ihr nicht leicht fielen: "ich habe entschieden, dass es das Beste sein wird, wenn vorerst ein anderer Sklave deine Aufgaben übernehmen wird, sobald wir in Rom sind.", leise seufzend rang Prisca damit, nicht in letzter Sekunde einzuknicken, denn immer noch sah sie in Lyciscus den Leibwächter, den sie sich immer gewünscht hatte: "Du wirst bis auf weiteres normale Arbeiten erledigen. Davon gibt es in der villa genügend und in ein paar Wochen sprechen wir uns wieder."So der Plan, sofern es je dazu kommen würde, denn nun stieß Prisca - bildlich gesehen - ein zweites Mal die Käfigtüre für Lyciscus auf:


    "In dieser Zeit darfst du gehen wohin du willst. Niemand wird dich daran hindern und ich werde dich auch nicht suchen lassen. … Ich … "nun folgten die Worte die Prisca wohl am schwersten fielen und ihre Lippen regelrecht zum beben brachten: "Ich möchte dich nicht verlieren, aber … ich kann auch keinen Leibwächter gebrauchen der mir nicht vertraut, so wie ich ihm … und wenn der Grund dafür jener sein sollte, dass die Römer dir einst so viel Leid angetan haben, dass du nun kein Vertrauen mehr zu mir fassen kannst, dann soll es so sein …" und ich werde dich frei lassen.


    Mit einem leisen Seufzer drehte sich Prisca sogleich zum Gehen. Sie wollte nicht, dass Lyciscus sah wie ihre Augen verräterisch glitzerten. Zum Glück trafen - wie bestellt - in diesem Moment Mara und die Matrosen ein, denn man konnte deutlich das Trampeln von Hufen und Schritten von der anderen Seite des Hauses her hören. Und schon tauchte Mara in der Türe auf und noch ehe die Sklavin zur Begrüßung ansetzen konnte, erhielt sie von ihrer Herrin auch schon den nächsten Befehl: "Sag den Matrosen, dass wir sofort aufbrechen. Wir bleiben nicht länger hier. Und kümmere dich um Lyciscus, seine Hände müssen verbunden werden. Na los!", sprachs und ließ Mara damit einfach stehen, die verwundert und fragend zuerst ihrer Herrin nachblickte und dann schulterzuckend zu Lyciscus gewandt:


    "Was …ist denn los mit ihr? … Ist was? Hat sie geweint oder warum glänzen ihre Augen so? … Und was ist mit dir, Lycsicus, was ist mit deinen Händen? Lass mich mal sehen." Mara war natürlich völlig ahnungslos und so wunderte sie sich nur, während sie sich um die Wunden des Thrakers kümmern wollte.

  • Eine ganze Weile saß Lyciscus auf der Kline, und spielte mit dem unfertigen Lorbeerkranz zwischen seinen Fingern. Er konnte sich selbst sein Handeln nicht erklären, und dennoch, konnte er es nicht rückgängig machen, so gern er es auch gewollt hätte. Die Enttäuschung über sich selbst war im regelrecht ins Gesicht geschrieben, denn seine Absicht lag eigentlich immer darin, seine Domina in jeder Hinsicht zufrieden zu stellen. Aber mit dieser Aktion, hatte er sehr viel zerstört, um nicht zu sagen, alles.


    Als die Aurelia langsam auf ihren Leibwächter zukam, blickte er ihr in die Augen, sein Gesichtsausdruck war voller Reue, während der seiner Herrin, immer noch durchaus verletzt aussah. Natürlich bemerkte der Thraker, das die Aurelia kein bisschen entspannt war, und ihr auch das sprechen nicht gerade leicht fiel. Als er die ersten Worte vernahm, durchzog sein Herz einen Schmerz, den er bisher in seinen ganzen Leben noch nicht gefühlt hatte. Seine Hände waren verbrannt, auf seinem Schädel wuchs eine Beule, beides schmerzte, aber im vergleich was gerade sein Herz durchmachte, ähnelten die anderen Schmerzen eher einem Mückenstich. Am liebsten hätte Lyciscus sofort rebelliert, verschiedene Einwände gebracht, geschrien, seinen Emotionen freien lauf gelassen, einfach nur, um seine Herrin daran zu hindern, diese Entscheidung in die tat umzusetzen. Doch er tat es nicht, er musste sich zwar krampfhaft dagegen wehren, doch er konnte jetzt unmöglich der Aurelia widersprechen.


    Nun erklärte seine Herrin auch noch, das er quasi für die Zeit die sie ihm zur Verfügung stellte, in der er nachdenken durfte, mehr oder weniger "Frei" war. Man mochte es vielleicht kaum glauben, aber die Aurelia bestrafte Lyciscus gerade härter, als jede Peitsche es wohl vermochte. Und wäre dies nicht schon genug Schmerz der durch seine Brust wanderte, sprach seine Herrin noch weiter. ...Ich möchte dich nicht verlieren... Durch das krampfhafte zurückhalten aller Emotionen, stauten sich diese innerlich, Reue, Selbsthass, Trauer, Enttäuschung, Liebe... Lyciscus musste nun endlich einsehen, das die grenze der Aurelia nicht komplett zu verfallen, längst überschritten war, denn anders ließ sich dieser enorme Schmerz in seiner Brust nicht erklären. Und ihm selbst war es zu verdanken, alles in nur einem Augenblick, völlig vernichtet zu haben.


    Für einen kurzen Moment versuchte sich der Thraker zusammen zu reißen, erhob sich von der Kline, und verbeugte sich Respektvoll vor seiner Herrin. "Wie Du wünscht, Domina..." sprach er zu ihr, während er damit kämpfte, eine Flut voller Tränen nicht aus seinen Augen heraus strömen zu lassen. Plötzlich waren auch schon die Matrosen mit Mara eingetroffen, sogleich Befahl die Aurelia die Rückreise, was Lyciscus nur zeigte, das von Vergebung wohl keine rede mehr sein würde. Er setzt sich wieder auf die Kline und sah seiner Herrin hinterher, während Mara sich bereits zu dem Thraker bewegte.


    Ohne auch nur die Augen von seiner Herrin zu lassen, sprach er leise zu Mara. "Ich habe sie mir verbrannt... Eine gute Salbe und ein Verband sollte reichen... Und mach mir einen gefallen... stell mir bitte... keine Fragen... ja?" Arme Mara, Lyciscus kam schon länger nicht mehr in den Genuss mit ihr zu sprechen, natürlich hatte er sich auch vorgenommen, weniger mit ihr zu verkehren, denn damals kam es im Atrium in der Villa Flavia, zu der Situation wo er sie hätte auspeitschen sollen. Er wollte sowas nicht nochmal riskieren, und von daher, wollte er auch nur das nötigste mit ihr besprechen. "Sobald Du fertig bist, folgen wir ihnen gleich, ich befürchte, die Reise wird länger dauern als sonst..." fügte er schlussendlich hinzu, denn er wusste bereits jetzt schon, das er kein Auge zumachen würde, und die sonst so schöne fahrt auf der Nordwind, nicht genießen würde.

  • Energischen Schrittes verschwand die Aurelia in dem Haus, um es - kurze Zeit später - auf der anderen Seite wieder zu verlassen. Vorbei an den verdutzten Seeleuten (die eigentlich dachten sie könnten bereits ihr Nachlager aufschlagen) und hinein in den mitgebrachten Reisewagen, dessen Türe sie mit donnernder Wucht hinter sich zu schlug. Der Befehl lautete zum sofortigen Aufbruch und schulterzuckend machten sich die Matrosen daran, die Pferde wieder anzuspannen. Auf dem Schiff fühlten sie sich ohnehin wohler als in der Nähe dieses Anwesens, das ihnen nicht ganz geheuer war. Ja, die Geschichte von dem verrückten Verwalter, der das Feuer gelegt hatte (um eine Sklavin zu verbrennen) machte gerade die Runde unter der Besatzung und keiner von den Seeleuten war sehr erpicht darauf, länger als unbedingt nötig hier zu bleiben.


    Ganz anders Mara. Sie hatte sich durchaus gefreut, ein paar Tage hier bei ihrer Herrin zu verbringen zu dürfen, doch daraus wurde nun leider nichts. Wenn sie nur wüsste, was genau vorgefallen war, doch Fragen stellen durfte sie auch nicht.


    "Ja, ja, … ich halte ja schon meinen Mund", entsprach Mara leise seufzend Lyciscus´ Wunsch und drängte ihn nicht weiter mit ihren Fragen. Sie war Lyciscus nicht böse, dass er nicht reden wollte obwohl sie schon sehr neugierig war, was denn nun hier vorgefallen war. Von dem Brand hatten ihr die drei Seeleute (die dabei gewesen waren) erzählt und den verrückten Verwalter und diese Azita hatte sie ja bereits gesehen - wenn auch nur flüchtig. So ganz geheuer war Mara die Geschichte aber nicht. Da sie aber gelernt hatte ihren Mund zu halten, tat sie das auch und kümmerte sich stattdessen um die Wunden des Thrakers. Beide Handflächen bestrich Mara sorgfältig mit einer Kräutersalbe und verband diese anschließend jeweils mit einem sauberen Tuch. Über die Tücher wickelte Mara wiederum dünne Lederstreifen, sodass die Hände geschützt wären, falls Lyciscus mit ihnen zupacken müsste.


    "So das war´s. … Morgen früh werde ich deine Verbände nochmal wechseln und in zwei Tagen sollte eigentlich alles verheilt sein." Seufzend erhob sich Mara und mit einem wehmütig wirkendem Lächeln kommentierte sie die Worte des Thrakers: " Na eigentlich hatte ich schon gehofft, dass die Reise etwas länger dauern wird und wir uns hier ein paar schöne Tage machen können. Aber gut, wenn die Herrin unbedingt heute noch zurück will, dann müssen wir ihr wohl oder übel folgen, nicht wahr …?" Mit einem resignierten Schulterzucken drehte sich Mara anschließend zum Gehen, da nichts und niemand sie mehr aufhalten würde....


    Das war also das Ende einer schicksalhaften Reise, … doch - so es das Schicksal wollte - war es noch lange nicht das Ende von allem …

  • Auch wenn sich Mara nicht über des Wunsch des Thrakers freute, so war er ihr sehr dankbar, das sie nicht weiter nachgehakt hatte. Lyciscus wären wahrscheinlich so oder so keine passenden Worte eingefallen, die all das erklären könnten, er selbst wusste ja nicht mal, was eigentlich passiert war. Und so ließ sich der Sklave von Mara behandeln, die sehr geschickt seine Hände bearbeitete. Als die Griechin dann fertig war, überprüfte der Thraker kurz seine Beweglichkeit seiner Finger, schließlich waren sie noch nicht in Rom, und noch musste er seiner Aufgabe nachkommen.


    "Danke, Mara..." gerne hätte er ihr ein Lächeln geschenkt, doch seine Mundwinkel ließen sich momentan nicht steuern, zumindest nicht nach oben hin. "Tut mir leid, das es nicht so gekommen ist wie Du es Dir erhofft hast. Und Du hast recht, wir müssen tun was die Herrin verlangt..." entgegnete Lyciscus noch leise der Griechin, bevor er selbst aufstand, und ihr folgte.


    Lyciscus wanderte aus dem Haus raus, blickte jedoch nochmal zurück, es sah immer noch Schlimm aus, den Tag hier würde er bestimmt nicht vergessen, nur an diesem einzigen Tag, hatte der Sklave einiges erlebt, viel Schreckliches, und auch Wundervolles. Doch letztendlich war es nur eine fehlerhafte Handlung, die alles zur nichte gemacht hatte, und diese würde sein Gewissen für ewig belasten. Seufzend bewegte sich der Thraker weiter zum Reisewagen, setzte sich jedoch in den Außenbereich, da er es für das beste hielt, die Aurelia alleine zu lassen, was sie wohl selbst auch nur begrüßen würde.


    Und so endete der Aufenthalt in Antium, nach nur einen halben Tag, wo eigentlich Entspannung enstehen sollte, war zwar für einen Augenblick Freude vorhanden, doch der Großteil der Zeit, war geprägt von Chaos und Enttäuschung.

  • ~~~ I. Auf der Nordwind (um die Mittagszeit - etwa 15 Seemeilen vor Antium) ~~~


    Viele Tage und Wochen waren vergangen seit Prisca auf ihrer ersten Reise den Orakelspruch der Sibylle erhalten hatte. Danach war vieles passiert, unter anderem der Brand auf ihrem Landsitz in Antium, weswegen sie nun diese zweite Reise dortin unternahm, um die Renovierungsarbeiten vor Ort persönlich zu beaufsichtigen. Die Organisation der Baumaßnahmen hatte viel Zeit beansprucht und so war es gekommen, dass der Spruch der Sibylle - weswegen Prisca damals extra nach Cumae gereist war - bis heute ungelöst war.


    Der große Hase sitzt vor dem Haus und die Möhren lagern im Keller.
    Das Huhn darf nicht auf dem Zaun sitzen, aber der Bär in der Schaufel.
    Nicht nur die Buchstaben sind bunt und der mittlere Finger ist die Acht.
    Der blaue Teller ist besser als der gelbe, aber vergiss nie den zweiten Saft.
    Beide kuscheln!


    Prisca stand an der Reling, nahe des Buges der Nordwind, die Tafel mit dem Orakelspruch in ihren Händen haltend und den Blick gedankenverloren auf die Gischt gerichtet, welche die Nordwind in das türkisblaue Wasser pflügte. Unzählige Male hatte sie die Tafel in die Hand genommen, doch so oft sie den Vers auch las, sie konnte sich einfach kein Reim darauf machen. Der Text erinnerte sie am ehesten an eine Kurzgeschichte, die man einem Kind vorlas. Einem Kind! War das womöglich die versteckte Botschaft? Verbarg sich hinter diesem simplen gar unsinnig erscheinenden Worten nichts weiter als eine Kindergeschichte? Eine Geschichte, die Prisca irgendwann einmal ihren Kindern vorlesen würde?


    Oder war Prisca langsam so verzweifelt, dass sie hinter alles und jedem einen Wink des Schicksals sehen wollte?


    "Eine Kindergeschichte, pah! …So ein Unsinn! … Was soll das Ganze auch, wenn mein Mann sowieso nie bei mir liegen wird? … So langsam bin ich es jedenfalls leid, mir ständig Gedanken und vergebliche Hoffnungen zu machen. … Es ist mir einfach nicht vergönnt, jemals ein Kind zur Welt zu bringen", murmelte Prisca mit verbitterter Stimme, ehe sie die Lippen aufeinander presste. Ihr Blick glitt hinab zu der Tafel und die Versuchung lag nahe, es für immer und ewig in den unergründlichen Tiefen des Meeres zu versenken. Doch damit würde Prisca wohl auch ihren sehnlichsten Wunsch für immer begraben …


    "Für immer … und ewig!", sprach Prisca ganz im Gedanken vor sich hin ohne zu bemerken, wie jemand sich leise und langsam in ihrem Rücken näherte …

  • Der wundervolle Wind, der angenehme Duft des Meeres, das rauschen des Wasser das bei jedem wippen des Schiffes zu hören war, ja, diese Dinge hatte Lyciscus tatsächlich vermisst. Es war wieder ein schönes Erlebnis auf der Nordwind zu sein, und so war es nicht verwunderlich das die Laune des Thraker's sehr gut am heutigen Tage war. Der Leibwächter bekam nicht ganz mit, wer eigentlich alles an Bord gegangen war, da er in Ostia noch mit anderen Dingen beschäftigt war, bevor er sich selbst auf das Schiff begeben hatte. Doch vermutlich war Mara definitiv mitgekommen, doch ob die Aurelia Azita mitgenommen hatte, wusste er wirklich nicht.


    Und während Lyciscus ein wenig am Schiff herum spazierte, hier und da die Augen schloss um den Wind über seine Haut gleiten zu lassen, die Luft tief ein und auszuatmen, sah er auch schon seine Herrin. Sie selbst dürfte ihn nicht bemerkt haben, ihr Blick schien auf das Wasser oder den Horizont gerichtet zu sein, und vermutlich war sie in ihren Gedanken versunken, was Lyciscus nur zu gut kannte. Diesmal trug sie ein Kleid, das ihren Rücken etwas freizügiger erschienen ließ, woraufhin der Thraker natürlich sofort über das ganze Gesicht grinsen musste. Langsam bewegte er sich also auf die Aurelia zu, die mit dem Rücken zu ihm stand. Und um so näher er ihr kam, um so mehr Bilder flatterten durch seinen Kopf, die ihn wieder an das Training hinter dem Schuppen erinnerten. Wie er sie umarmt hatte, sein Körper so nah an ihrem geschmiegt, und sie selbst wehrte sich nicht, ganz im gegenteil, scheinbar genoss sie es nicht weniger als er. Wie gerne würde er sie hier und jetzt ein weiteres mal umarmen, seine Hände um ihren Bauch schlingen, und einfach nur seine Wangen auf ihren Kopf legen, ohne auch nur ein Wort zu sagen, und diesen Moment ein weiteres mal genießen...


    ..."Für immer ... und ewig!"... Nun, was meinte die Aurelia damit, kurz zog Lyciscus eine Augenbraue hoch, ehe er sich langsam neben seine Herrin stelle, und sie sanft anlächelte... "Möchtest Du für immer und ewig auf der Nordwind bleiben? Oder was meintest Du damit?" fragte der Leibwächter ganz ungeniert, denn ein absichtliches belauschen seinerseits, war es ja nicht. "Du siehst heute übrigens wieder bezaubernd aus." entgegnete der Thraker ganz plötzlich, während der Wind sanft durch die Haare der Aurelia flatterte. Natürlich grinste Lyciscus sie dabei frech an, jedoch schluckte er auch, denn so eine Aussage hatte er, soweit er sich zurück erinnern kann, noch nie an die Aurelia gerichtet. Scheinbar sprach sein Herz etwas schneller in diesem Moment, als das sein Verstand ihn hätte stoppen können...

  • Antium - keine allzu lange Reise von Rom entfernt, zu Pferd oder mit dem Wagen. Dass Prisca auf einem Pferd die Reise würde zurücklegen hatte Gracchus selbstredend nicht erwartet, doch niemand hatte ihn auf eine Schiffsreise vorbereitet. Es gab wenig, was dem Flavier unliebsamer war als eine Reise, doch eine Reise mit dem Schiffe gehörte ohne Zweifel zu diesen Dingen, was vorwiegend an der elenden Verfassung lag, in welche eine Schiffsfahrt ihn stets versetzte. Schon bald nach der Ankunft am Hafen in Ostia hatte Gracchus sich zurückgezogen, um das Schwanken der Nordwind, welches im Anblick an ihm trunken vorübertorkelnder Hafengebäude besonders unangenehm war, nicht allzu offensichtlich zu ertragen, und allen Mitreisenden den Anblick seines Mageninhaltes zu ersparen. Nordwind, wer nannte sein Schiff nur nach dem stürmischen und unwirtlichen Wind aus dem kalten Norden? Erst einige Zeit hernach, als das Schiff halbwegs ruhige Fahrt hatte aufgenommen, getraute der Flavier sich wieder hervor, blass um die Nase und leicht verkrampft am ganzen Leibe. Prisca war im Gespräch mit einem Manne, der dem Flavier vertraut schien, dessen Name ihm jedoch nicht wollte in die Sinne gelangen - was auf einen Sklaven aus dem Inventar des Haushaltes schließen ließ. Gracchus atmete tief durch die Nase und suchte einen Punkt am Horizont zu fixieren als er zu seiner Gemahlin trat, noch um Worte verlegen und darum bemüht, seine Kontenance zu wahren. Die Worte des Thraker vernahm er dabei nicht, wunderte sich nur einen kurzen Augenblick lang, wie ein Mensch auf einem Schiff ein derart heiteres Antlitz konnte offenbaren.

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  • Während Lyciscus sein breites grinsen langsam verlor, das er der Aurelia entgegen warf, da er selbst über seine Worte schockiert war, und nur hoffte, das seine Herrin dies positiv aufnehmen würde, bemerkte er wie sich jemand langsam näherte. Kurz drehte er natürlich den Kopf in diese Richtung, und schon erblickte er den Ehemann seiner Herrin. Das komplette Grinsen, die ganze Freude die ihm direkt ins Gesicht geschrieben war, da er diese Schiffsreisen liebte, vor allem mit der Aurelia, waren verflogen. Das ganze wurde einfach davon hervorgerufen, da der Thraker keine Ahnung hatte, das der Flavier ebenfalls die Reise nach Antium antreten würde, denn davon hatte ihm seine Herrin kein Wort gesagt. Zusätzlich war er viel zu beschäftigt, als das er es hätte mitbekommen können, und so wusste er auch nicht, wer sich eigentlich noch auf dem Schiff befand.


    Äußerst rasch stand der Leibwächter stramm da, klopfte seine rechte Faust auf seine linke Schulter, verbeugte sich sehr großzügig, und begrüßte seinen Herrn. "Dominus!" Während er sich wieder langsam aufrichtete, sah er jedoch zugleich das es dem Ehemann der Aurelia wohl nicht sonderlich gut ging, zumindest machte er einen recht kranken eindruck. Vorerst kümmerte sich Lyciscus nicht darum, doch hoffte er sehr, das der Flavier nicht gleich umkippen würde, denn ein leichtes wanken war ebenfalls zu vernehmen.


    Immer wieder blinzelte der Thraker zur Aurelia, denn so recht wusste er nicht was er jetzt tun sollte, weil er einfach nicht damit gerechnet hatte. Zusätzlich kamen auch noch Gedanken auf, die Antium schon in der Zukunft betrafen, denn ihm war schon bewusst das die Reparaturarbeiten beaufsichtigt werden mussten, und somit ein wenig Arbeit auf seine Herrin zukam. Jedoch hatte sich Lyciscus auch schon auf den Strand gefreut, wo die Aurelia tatsächlich ohne zwänge, und viel Freude, einfach das tat, was ihr gefiel. Unter diesen Umständen konnte es natürlich sein, das seine Herrin wohl nicht so locker sein würde, wie sie es bei ihrem ersten Besuch in Antium war. Doch andererseits, verbrachten sie doch einige Zeit an dem schönen Ort, und so konnte sich vielleicht auch der Ehemann etwas entspannen, und die Beiden würden vielleicht eine schöne Zeit miteinander verbringen. Was wiederum bedeuten konnte, das die Aurelia vielleicht doch bald ein Kind erwarten durfte... Der Gedanke rief ein leichtes brennen in der Brust des Sklaven hervor, ungewohnt, irgendwie schmerzhaft, und ein hauch von Wut war zu vernehmen. Da Lyciscus noch nie mit Eifersucht oder gar Neid in Kontakt getreten war, konnte er sich diesen plötzlichen Zustand nicht erklären, doch er blieb ruhig an seiner Position stehen, und wartete nur darauf, was wohl als nächstes folgen würde...

  • Den Blick noch immer auf das endlos erscheinende Meer gerichtet, vernahm Prisca plötzlich eine vertraute Stimme hinter sich. Überrascht von der direkten Frage was sie gemeint habe, drehte sich Prisca um und prompt huschte ein leicht verlegenes Lächeln über ihre Lippen. Augenscheinlich hatte Lyciscus sie belauscht, die Frage war nur, wie lange und wie viel, von dem zuvor Gesagten, er mitbekommen hatte? Zeit für eine Antwort oder eine Gegenfrage blieb Prisca jedoch nicht, da Lyciscus sogleich ein Kompliment folgen ließ, welches nicht nur ihre Wangen sondern auch ihr Innerstes erwärmte. Wie kam er nur dazu, ihr so etwas zu sagen? Dazu das freche Grinsen. Durfte ein Sklave seiner Herrin ein solches Kompliment überhaupt machen und sie dabei so ansehen? Bei jedem anderen Sklaven hätte Prisca wohl anders reagierte als sie es nun bei Lyciscus tat.


    "Danke … und ja, ich würde gerne für immer und ewig so dahin segeln. Auf dem Meer, … auf zu neuen Ufern und das Leben genießen, … fern von allen Zwängen, … zusammen mit Dir! Bei allen Göttern, hab ich das gerade wirklich gesagt? Prisca´s Augen weiteten sich vor Schreck, da sie sich womöglich dazu hatte hin reißen lassen, etwas von ihren innersten Gedanken und Wünschen preis zu geben, welche sie niemals und mit niemandem teilen durfte. Der erschrockene Gesichtsausdruck wich allerdings ein- zwei Wimpernschläge später bereits wieder und das war auch gut so, da Prisca in diesem Moment ihrem Gemahl gewahr wurde.


    Es war unschwer zu erkennen, dass Gracchus die Reise auf dem Schiff weitaus weniger genoss und der Wellengang ihm wohl arg auf den Magen schlug. Hätte Prisca gewusst, dass ihr Mann sie ganz spontan auf dieser Reise begleiten würde, hätte sie (ihm zuliebe) vielleicht den Landweg gewählt. Aber nur vielleicht. Zum einen waren die Vorbereitungen auf der Nordwind schon zu weit fortgeschritten gewesen und abgesehen davon schwankten auch Reisewägen auf den holprigen Straßen manchmal so abenteuerlich, dass einem schlecht dabei werden konnte. Da war Prisca das Schwanken eines Schiffes tausendmal lieber und da musste Gracchus nun durch, auch wenn ihm schlecht dabei wurde.


    Prisca´s Mitleid für ihren Mann hielt sich zudem in Grenzen, da sie gefühlsmäßig gerade ein wenig hin- und hergerissen war. Natürlich freute sie sich darüber, dass ihr Mann bei ihr sein wollte, denn sie liebte ihn - nach wie vor - über alles. Dennoch wäre sie lieber alleine auf diese Reise gegangen, um endlich abschließen zu können mit ihrem sehnlichsten Wunsch nach einem Kind. Und stattdessen? Tja, genau wegen diesen Gedanken - was sie stattdessen tun und genießen würde - hatte sie wohl eben Lyciscus so erschrocken angesehen, in Erinnerung an die schöne Zeit die sie gemeinsam in Antium verbracht hatten und verbunden mit der Hoffnung, daran anknüpfen zu können.


    Und nun? Nun würde es wohl darauf hinauslaufen, dass sie gemeinsam den Fortschritt der Bauarbeiten verfolgen würden, anstatt das Leben und die Liebe zu genießen. Letzte zumindest nicht in jener Form, an die Prisca gerade gedacht hatte, denn sie ging nicht wirklich davon aus, dass Gracchus ausgerechnet in Antium die Liebe für seine ehelichen Pflichten (wenn man es so nennen wollte) entdecken würde.


    "Gracchus! Was machst du hier oben auf Deck? Ich dachte du fühlst dich nicht wohl. Oder geht es dir schon besser?" Mit diesen Worten begrüßte Prisca ihren Mann und ihr herzliches Lächeln wirkte wie immer, nachdem sie sämtliche Gedanken von eben wieder gut und sicher in ihrem Innersten verschlossen hatte.


    Weniger sicher hielt Prisca in jenem Augenblick das kleine Täfelchen mit dem Spruch der Sibylle umklammert, als die Nordwind just durch eine hohe Welle pflügte. Ein Ruck erfasste das Schiff und brachte alles und jeden kurzzeitig ins Wanken. Nach Halt suchend griff Prisca schnell um sich, worauf das Täfelchen ihren Fingern entglitt und es direkt vor die Füsse von Gracchus schlitterte, wo es deutlich sichtbar lieben blieb ….

  • "Ich ... wollte nur sicher gehen, ... dass es dir gut geht"
    , erklärte Gracchus seine Anwesenheit auf Deck, nicht ohne Verwunderung, wie es irgendwem überhaupt auf solch einer Reise gut gehen konnte. Dass Sciurus nichts und niemand tangierte, daran war er gewohnt, und zweifelsohne galt diese emotionale Abnegation auch für andere Sklaven, wie jenen der bei seiner Gemahlin stand. Doch wie ein feinfühliger, empfindsamer Mensch nicht von den Wellen und Stürmen, den Winden und Salzen, dem Beugen und Schaukeln um ihn her in seinem Innersten konnte aufgewühlt werden - dies war ihm gänzlich unverständlich. Allfällig indes war es auch nur die Ungerechtigkeit, dass ihn dies alles so sehr aus seinen Bahnen warf - seit Kindestagen schon - während andere scherzend und lachend ihre Nase in den Wind streckten.
    "Zudem ..."
    setzte er an, um zu erläutern, dass ein wenig frische Luft ihm zweifelsohne würde gut tun, als das Schiff in die Fänge des Wellenspieles geriet und jegliche frische Luft um den Flavier her mit einem Male ein festes Brett zu sein schien, welches ihm hart in den Magen schlug. Mit einem Bruchteil seiner Aufmerksamkeit suchte Gracchus' Leib sich auf den schwankenden Planken zu stabilisieren - zumindest seine Balance konnte er noch bewahren -, während der Rest große Mühe hatte, sein Innerstes nicht nach Außen zu kehren. Die Augen des Flaviers weiteten sich und er krümmte sich ein wenig, hielt mit der Rechten seinen Bauch, als könne dies äußere Gebaren die inneren Vorgänge stoppen, während er die linke vor den Mund hielt um jegliche inneren Vorgänge im Inneren zu halten. Da längst nichts mehr in seinem Magen verblieben war, blieb es indes bei einem trockenen Würgen und nur ein wenig Säure schwappte seine Speiseröhre empor, was durchaus ein unangenehmes Kratzen hinterließ, sich jedoch mit einiger Anstrengung wieder hinunterschlucken ließ. Als das Schiff wieder in ruhige Bahnen zurück verfiel als hätte nichts es jemals daraus verworfen, ebbte auch der Drang zu vomieren in Gracchus ab und er ließ seine Hände sinken, um tief einzuatmen. Dem grauenvollen Ende auf See gerade noch einmal entkommen, wurde er der Tabula gewahr, welche augenscheinlich Priscas Händen entglitten und vor ihm zu liegen gekommen war. Er nahm sie empor und kam nicht umhin, die ersten Worte zu erblicken, was ihn dazu anregte, den ersten Satz bis zu seinem Ende zu lesen.
    "Hast du ... begonnen, zu di'hten?"
    fragte er Prisca, die Tabula weiterhin in seiner Hand haltend - eher unbewusst, um an irgendetwas sich festhalten zu können, als sie bewusst ihr vorzuenthalten.

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