• Bisweilen bot sich dem Knaben auch Relaxation von jenen anspruchsvollen Studien, die inzwischen seinen Tageslauf zu dominieren begannen. Gern suchte er in diesen Phasen der Ruhe den Garten auf, wo er der stickigen Luft des Lehrraums zu entkommen vermochte und sich gänzlich dem Spiele hingab, häufig assistiert von einem der jüngeren Sklaven, die auf diese Weise ein plausibles und wohlakzeptiertes Motiv für die Unterlassung ihrer Aufträge vorweisen konnten. Auch an diesem Tage stand Manius Minor daher auf dem Rasen, der nun im Herbst dank der größeren Regelmäßigkeiten von Regengüssen noch einmal grünte, zusammen mit einem Jüngling von etwa achtzehn Jahren, der den Namen Antigonus trug. Gegenseitig warf man sich die Pila, einen kleinen, überaus festen Ball zu, wobei der junge Flavius stets bemüht war, das Wurfgeschoss so zu platzieren, dass ein Fangen seitens seines Gegners impossibel erschien. Unerfreulicherweise beherrschte Antigonus jenes Spiel aber überaus gut, sodass der Knabe begann sich zu langweilen.


    Sim-Off:

    Ein oder mehrere Spielpartner werden für eine veränderte Spielweise gesucht!

  • Es mochte wohl einer gewissen Geistesabwesenheit des jungen Mannes zuzuschreiben sein, dass er, in Gedanken eher in Athen denn in Rom verweilend, sich plötzlich im, trotz der herbstlichen Frische munter grünenden Garten der flavischen Villa wiederfand, nicht so recht wissend, wie oder vielmehr warum seine Schritte ihn eigentlich hierher geführt hatten. Etwas entfernt sah er den jungen Manius Minor, eines jener Mitglieder der Familie, das er – zu seinem eigenen Leidwesen - in der kurzen Anwesenheit in Rom noch nicht genau kennen gelernt hatte, wohl einfach deshalb, da sich noch keine passende Gelegenheit dafür ergeben hatte, mit einem Jüngling, bei dem es sich zweifellos um einen der zahllosen Sklaven handeln musste, einer seltsamen Tätigkeit nachgehen, die Flaccus selbst schlichtweg unbekannt war. Der Sinn des Spieles, denn um ein solches musste es sich offensichtlich handeln, war es anscheinend, den Partner durch möglichst schwierige Würfe jenes kleinen Balles aus der Fassung zu bringen. Selbst wenn man dem jungen Flavier den Namen dieses Spieles in jenem Moment zugeflüstert hätte, es hätte ihm wohl Mühe bereitet, den Konnex zwischen der Tätigkeit an sich und den exotischen Tieren auf der anderen Seite herzustellen. Wie dem auch sei, Manius Minor schlug sich gut, wenngleich ihm die, ihrem Wesen nach wohl als monoton zu bezeichnende Tätigkeit, allmählich etwas witzlos zu werden schien. Zum Einen, um dem Jungen eine etwas anregendere Beschäftigung zu bieten, zum anderen wohl auch, um endlich selbst Bekanntschaft mit Manius Minor schließen zu können, trat Flaccus auf die beiden Spielenden zu.

  • Soeben hatte Antigonus den Ball erneut erhascht, den der Knabe mit höchster Konzentration auf möglichst diffizile Weise auf seinen Weg gesandt hatte, als ein junger Mann der Szenerie beitrat, dessen Name Manius Minor gänzlich unbekannt war. Rasch ergriff ihn die ihm zueigene Insekurität, die bisweilen noch immer bis hin zu einer Xenophobie sich zu verstärken vermochte, sodass es ihm in seiner Aufwallung gänzlich entfiel, die Pila, die sein Gefährte ihm zurückwarf, aufzunehmen, sodass letztere in einer sorgsam gehegten Hecke verschwand.


    Erfreulicherweise vermochte jedoch der Sklave mit dem Ball den Jüngling rasch und bar jeglicher Komplexität zu integrieren, indem er seinem jüngsten Herrn offenbarte
    "Das ist Quintus Flavius Flaccus, dein...ähm...entfernter Verwandter! Willst du ihn nicht fragen, ob er mitspielen möchte?"
    Ob jener Erklärung, die zwar dem jungen Flavius das Potenzial schuf, den Fremden zu benennen, wie gar eine verwandtschaftliche Nähe einzuräumen, blieb jener weiterhin wie erstarrt, ehe er sich nach endlosen Augenschlägen der Worte seiner Mutter besann, die ihn stets zu größerer Amiabilität und Offenheit ermahnte, und sich zu einigen Worten zwang.
    "Ave! Möchtest du mitspielen? Zu dritt könnten wir Trigon spielen...oder Ballfangen!"
    Beiderlei Spiele erfreuten sich größter Beliebtheit in den Thermen Roms, die Manius Minor zwar niemals aufgesucht hatte, barg doch die Villa Flavia eine eigene, private Therme, doch war dies der Umstand, warum seine Ammen und Sklaven ihn in diesen Spielen bereits in früher Jugend gelehrt hatten, aufdass er in späteren Zeiten mit seinen Gefährten diese zu spielen vermochte.

  • Die offensichtliche Insekurität des kleinen Manius beim Auftreten seines, wohl um ein paar Jahre älteren Verwandten, manifestierte sich in einer temporären Ablenkung vom Spiel, sodass die geworfene Pila ihren Weg in eine accurat gepflegte Hecke anstelle der Hände des Knaben fand. Immer noch entgeistert blickte Manius Minor den freundlich lächelnden Flaccus an, den er ob der Worte des Sklaven wohl seiner eigenen Familie zuornden, wenngleich auch nicht direkt in jene integrieren konnte, was Flaccus selbst dem Knaben auch nicht weiter verübeln wollte, eingedenk der selbst für ihn schier unüberblickbaren Komplexität der interfamiliären Bande. Einen gedehnten Augenblick später schien sich der Knabe jedoch, seine anfängliche Aufwallung überwindend, die ihm zweifellos zuteil gewordene gute Erziehung ins Gedächtnis zu rufen und rang sich, sichtlich unter enormer Überwindung des ihm eigenen Wesens, zu einigen einladenden Worten durch, Flaccus eine Partizipation am Spiel anbietend.
    "Ave! Ja, warum eigentlich nicht ... man kann ohnehin nicht den ganzen Tag nur lesen!"
    Wenngleich das, genau genommen, tatsächlich die einzig nennenswerte Tätigkeit war, der der junge Flavier in den letzten Tagen intensiv nachgegangen war. Aber war da nicht so etwas in Richtung: Mirum est ut animus agitatione motuque corporis excitetur...? Wie auch immer, ein bisschen Bewegung hatte noch keinem geschadet, außerdem schien der klaren Herbstluft ohnehin eine erfrischende Wirkung auf Körper und Geist zu eigen zu sein.

  • Wie nun ersichtlich, betätigte der Unbekannte sich vornehmlich an Lektüre, wie es auch bei dem Knaben der Fall war, dessen Lehrer und Paedagogus Artaxias ihm bisweilen das sanfte Hinübergleiten in Morpheus' Reich durch adventuröse Erzählungen, oftmals entnommen aus dem Reich der römischen oder hellenischen Mythologie, versüßte. Doch selbstredend beherrschte auch der junge Flavius selbst die Majuskeln des Lateinischen, sowie, wenn auch in einer augenfällig weitaus größeren Humilität des Niveaus, des Griechischen. Dennoch verlangte es ihm zu postmeridialen Tageszeiten mit größter Regelhaftigkeit nach stärkerer korporaler Betätigung.
    In Anbetracht der bereits seit einigen Augenschlägen initiierenden Ermüdung von den Anstrengungen, stets aufs Neue diffizile Wurfbahnen zu produzieren um die Fangkapazitäten des Gegners zu erschöpfen, erwählte Manius Minor nun eine alterniederende Spielart.
    "Dann spielen wir Ballfangen. Du musst in die Mitte!"
    Selbstredend kalkulierte der Knabe bei jener überaus knappen Ankündigung ein, dass der neue Mitspieler mit den Regularien dieses Ballspieles vertraut war, erfreute es sich doch in infantilen und juvenilen Kreisen größter Beliebtheit!

  • Das Regularium des von dem jungen Manius mehr bestimmten denn vorgeschlagenen Spieles war Flaccus selbst zwar nicht im Detail bekannt, vermutete er jedoch aus dem Namen des Spieles das Ziel ohne größere Mühen extrahieren zu können. Welche Bewandtnis es allerdings mit der ebenfalls angeorneten lokalen Position des Flaviers zwischen Manius Minor und dem bisher noch namenlosen Sklaven auf sich hatte, vermochte Flaccus zwar noch nicht vollständig zu begreifen, schob jedoch die rationelle Erfassung des Phänomens auf einen späteren Zeitpunkt hinaus - der wohl ohnehin schon in wenigen Momenten, nämlich mit Spielbeginn, sich einstellen würde. Den Aufforderungen des Knaben kam er also nach, die Verwunderung über dessen plötzlichen Sinneswandel, von xenophobisch anmutender Schüchternheit zu extrovertierter Leitung der Situation, erfolgreich verbergend.


    "Ineamus!", meinte er also mit einem Grinsen auf den Lippen, als er die angeordnete Position eingenommen hatte, leicht in die Knie ging und sich in Vorfreude auf das, was nun wohl kommen würde, die Hände rieb.


    Sim-Off:

    "Beginnen wir!"

  • In der Tat suggerierte der Habitus Flavius Flaccus', dass dieser in dem Spiel auf satisfizierende Weise bewandert war, womit sich jedwede Explikation erübrigte und der Knabe hinforteilte, die Pila aus dem Gewächs zu befreien. Obschon dies ob des dichten Laubes, das sich in diesem Quartal noch an den Ästen zu halten vermochten, einige Augenschläge benötigte, war er rasch und voll überbordernder Motivation zurück. Auch der Sklave Antigonus zeigte seine Präparation für die erste Runde und so schleuderte der junge Flavius, untermalt von einem lauten Ruf
    "Looos!",
    den Ball mit nach seinen infantilen Maßstäben größter Kraft in die Höhe, woraufhin jener einen Hechtsprung in Richtung des ästimierten Aufschlagortes unternahm, stets der Gefahr gewahr, die von dem im Zentrum des Spielfeldes befindlichen anderen Flavier ausging.
    In höchster Anspannung betrachtete der nun freie Manius Minor seinerseits die Situation, die es seinem neuesten Mitspieler durchaus beschwerlich werden ließ, den Sieg dieser Runde zu erringen.


    Sim-Off:

    Bei Bedarf besteht durchaus die Possibilität zu einem dritten Kombattanten!

  • Eben noch tapfer das dichte Laub durchkämpfend, mit der Intention, die versenkte Pila wieder ans Tageslicht zu befördern, kehrte der junge Manius schon wenige Augenblicke später erfolgreich zum Spielfeld zurück, um mit einem, zumindest für Flavius Flaccus überraschenden Schrei das Spiel zu eröffnen. Einem Kometen gleich sauste der kleine Ball empor und durschnitt mit einem schneidenden Geräusch die Luft. In Erwägung des sprechenden Namens jenes Spieles und seiner eigenen lokalen Position im Zentrum des Feldes, musste Flaccus nicht lange überlegen, was wohl seine Aufgabe in diesem Moment sein mochte. Unter Anspannung nahezu aller Sehnen seines drahtigen Körpers, präpariertre er sich für das Unvermeidliche, ging leicht in die Knie, intensivierte die Spannung bis ins schier Unerträgliche und löste im letzten Moment seine Füße vom Boden. Die langen Arme zielgerichtet ausgestreckt segelte er durch die Luft, ein Gefühl höchster Vitalität seinen jungen Körper durchströmen fühlend ... um einen Augenblick später reichlich unsanft seinen Weg zurück zum Erdboden zu finden. Einen Moment japste er lediglich nach Luft und versuchte sich zu orientieren. Weshalb war er eigentlich losgesprungen? Unendlich langsam öffnete Flaccus seine Hände, doch beim Anblick des Inhalts breitete sich ein triumphierendes Lächeln auf seinen Lippen aus. Stolz reckte er seinen Arm empor und präsentierte, immer noch am Erdboden liegend, die erhaschte Pila.


    "Cepi!", keuchte er und blieb noch einige Augenblicke still liegen, dem wonnigen Glücksgefühl nachspürend, dessen Empfindung seit seiner Kindheit nur mehr sehr selten ihm zuteil geworden war.


    Sim-Off:

    "Ich hab' sie gefangen!"

  • Mitnichten vermochte Antigonus dem neuen Kombattanten das Wurfgeschoss zu entreißen, sodass er unverrichteter Dinge ebenfalls auf den weichen Rasen fiel. All dies betrachtete der junge Flavius mit größter Bewunderung, zumal all jene Kämpfe sich in Höhen vollzogen hatten, die expressis verbis die Kapazitäten des Knaben überstiegen. Der Sklave hingegen war, wie der geneigte Beobachter unschwer in seinem Mienenspiel zu interpretieren vermochte, angefüllt mit Frustration, der er mit einem dumpfen Faustschlag auf die innocente Bodenbegrünung Ausdruck verlieh. Dessenungeachtet erhob er sich jedoch im Anschluss von der Erde, klopfte den Staub von seiner Tunica und begab sich an die vormalige Position des Siegers.
    Indessen hatte Flaccus Manöver durchaus seine Reputation bei Manius Minor erhöht, sodass jener mit einem geradezu affirmativem Wort seine Reverenz erwies.
    "Hui, das war ganz schön gut! Spielst du das öfter?"
    Zweifelsohne bedurfte es größter Routine, einen Ball im ersten Durchgang bereits sicher in Händen zu halten! Und obschon der Knabe selbstredend weder den stärksten, vielweniger noch den besten Werfern auch nur seiner Alterskohorte angehörte, erschien der Sprung dem Knaben doch durchaus hochachtungswürdig.

  • Langsam rappelte sich der hagere Flavier hoch, klopfte den Staub vonn sich ab und strich sorgfältig die Falten seiner Tunica zurecht. Immer noch zierte ein, durchaus triumphierender Ausdruck seine Züge, als er die ehemalige Position des Sklaven einnahm, während dieser seinerseits in der Mitte des Spielfelds Aufstellung nahm. Auch der durchaus bewundernde Gesichtsausdruck seines jungen Verwandten entging Flaccus nicht, seine Worte erwiderte er bescheiden: "Glaub mir, es ist eine halbe Ewigkeit her, seit ich das letzte Mal sowas gespielt habe!"


    Natürlich hatte Flaccus in seiner Kindheit auch oft mit den Sklaven der Familie herumgetollt, wenngleich es ihm schon damals stets spannender erschien, den abenteuerlichen Geschichten zu lauschen, die Nikodemos, der alte griechische Sklave zu erzählen wusste, als sich mit den anderen Burschen durchs Gestrüpp zu schlagen. Nichtsdestotrotz mochte er durch seinen dynamischen Einsatz den Eindruck erweckt haben, gewisse Fähigkeiten in diesem Spiel aufzuweisen - eine Illusion, die Flaccus selbst nicht unbedingt zerstören wollte. Tatsächlich war die Tatsache, dass sein tatkräftige Einsatz auch mit Erfolg gekrönt worden war, wohl eher Fortuna, als der Geschicklichkeit des jungen Mannes im Umgang mit der pila zuzuschreiben.

  • Anhaltend den achtungsvollen Blick auf seinen Verwandten richtend, akzeptierte der Knabe dessen Beschwichtigungsformeln. Durchaus war es ihm bekannt, dass gewisse Personen ihre Bescheidenheit ostentativ zur Schau stellten, wie etwa auch Cicero stets von sich im Pluralis Minoritatis zu sprechen pflegte. Dies mochte auch als Indiz für eine gute Erziehung geeignet sein, was die Handlungen des jungen Flavius indessen eher intuitiv denn bewusst beeinflusste.
    "Du bist!"
    wies er dann mit einem knappen Ausruf den anderen Flavier an, den von ihm eroberten Ball erneut ins Spiel zu geben.

  • Dass Manius Minor die Bescheidenheit, die aus den Worten des älteren Flavius sprach, durchaus akzeptierte, nahm Flaccus zur Kenntnis wenngleich jene Bescheidenheit wohl zum größeren Teil als Folge der strengen Erziehung anzusehen sein mochte, von der die Kindheit des jungen Mannes geprägt gewesen war, als mittlerweile auch - allerdings in kleinerem Maße - einen Zug seiner Persönlichkeit bildete. Ein gewisses Maß an höflicher Bescheidenheit stand einem jungen Mann im gesellschaftlichen Geplänkel patrizischer Kreise sicherlich ohnehin nicht schlecht zu Gesicht. Nachdem Flaccus also den vormaligen Platz des Sklaven eingenommen hatte, wurde er von Manius Minor auch schon aufgefordert, doch endlich einen Fortgang des Spieles zu initiieren. Er konzentrierte sich also einen kurzen Augenblick lang, bevor er mit einem kraftvollen Stoß die pila in möglichst unvorhersehbarer Weise losschleuderte, eine komplexe Wurfbahn beschreibend, in Richtung des Jüngeren.

  • Selbstredend war eine dergestalte Attacke, wie Flavius Flaccus sie nun präsentierte, den Kapazitäten eines Knaben von neun Jahren, dessen spielerische Qualitäten stark unter der Nachgiebigkeit, mit der die Sklaven das Spiel mit ihrem jungen Dominus zu praktizieren pflegten, sodass nichts ferner lag denn die Possibilität einer erfolgreichen Parade. Obschon der junge Flavius desorientiert gen Himmel griff, flog die Pila mit höchster Velozität an diesem vorbei und prallte auf die Erde.
    Indessen hatte auch Antigonus ein Abfangmanöver initiiert, ebenso das finale Streben verfehlt und somit wie sein Ziel die Erde mit größter Heftigkeit tangiert. Doch ehe Manius Minor aus der Starre seiner Überraschung sich zu lösen vermochte, hatte er sich bereits aufgerappelt und war dem Ball entgegengehechtet und ihn in der Tat ergriffen.
    "Ach Mist!"
    kommentierte der Knabe in einem Ausruf sein Versagen, verstärkt durch einen entsprechenden Gestus, fügte sich dann jedoch seinem Schicksal und schlurfte mit hängenden Schultern in die Mitte, um seinerseits den 'Affen' zu spielen, eingedenk der Tatsache, dass ihm ob seiner infantilen Statur besondere Kalamitäten beim Fangen des Balles drohten.

  • Die offensichtliche Verärgerung des jungen Verwandten, derer er sich durch Wort und Gestus erleichterte, traf bei Flaccus selbst auf Verständnislosigkeit. Der Kämpfergeist schien dem jungen Manius in eben solchem Maße zu fehlen, wie er Flaccus selbst glücklicherweise zueigen war. Einerseits die harte Schule seines Vaters aber auch die Konfrontation mit der harten Tatsache, lediglich auf sich selbst gestellt zu sein, hatten bei dem jungen Flavier schon früh zu einer außerordentlichen Prägung eben dieser Fähigkeit beigetragen. "Lass dich nicht unterkriegen!", rief er also dem jungen Verwandten aufmunternd zu, als jener sich mit hängenden Schultern in die Mitte begab. Zweifellos hatte Flaccus Gefallen an Manius Minor gefunden, und wenn er ihm hier im Spiel gute Ratschläge für sein Leben geben konnte, schien ihm das ganze umso besser. Unweigerlich musste er an Nikodemos, seinen eigenen Mentor denken, dessen Rat ihm stets der wichtigste und dessen Meinung ihm stets die teuerste gewesen war. Den jungen Manius mit einem freundlichen Blick streifend, blickte er sodann Antigonus an, um ihn aufzufordern, den Ball erneut ins Spiel zu geben.

  • Jene beschwichtigenden Worte, die der Knabe nur allzu oft vernommen hatte, vermochten seine Indigniertheit kaum zu bremsen, regte doch das geringste Auftreten von Versagen in ihm ein Gefühl des Ungenügens, ja der Furcht den hohen parentalen Erwartungen, die die Direktiven eines patrizischen Lebens darstellten, nicht zu genügen. Dennoch suggerierte er seinem Verwandten, der Indoktrination durch seinen Paedagogus folgend, neuerlichen Kampfesmut und blickte nun in einem geringen Maße feindseliger hinüber zu Antigonus, der erneut den Ball ergriff und in einer nicht über alle Maßen komplizierten Weise hoch in die Luft, jedoch mit relativ großer Präzision in Richtung des jugendlichen Flavius warf.


    Manius Minor hingegen sprang erneut in die Höhe, die Hände wie zu einer absonderlich übertriebenen Beifallsbekundung ins Leere zusammenschlagend. Kaum hatten seine Füße wieder den Kontakt zu Gaia gefunden, setzte er zu einem weiteren Sprung nach der indessen für die infantile Länge seiner Gliedmaßen in unerreichbarer Ferne forteilenden Pila an, der erwartungsgemäß nicht von Erfolg bekrönt war.

  • Die erneut entfachte Kampfbegeisterung, sich in einer kaum wahrnehmbaren Nuance des nunmehr etwas feindseligeren Blickes Manius Minors manifestierend, blieb Flaccus selbst nicht verborgen, suchte er darin doch bereits die ersten zarten Früchte seiner aufmunternden Worte. Der Wurf des Sklaven, der darauf folgte, mochte wohl nicht als über alle Maßen hinterlistig bezeichnet werden, überstieg jedoch anscheinend dennoch die rein körperlichen Grenzen des Neunjährigen, ein Umstand, den er allerdings - der geneigte Beobachter mochte die Flinkheit in seiner Reaktion wohlwollend zur Kenntnis genommen haben – durch einen unmittelbar anschließenden Hechtsprung in Richtung der verfehlten Pila wettmachte.


    So sehr er das nun scheinbar erwachte Engagement des jüngeren Flavius auch schätzte, schrieb er es doch zum Teil seinen eigenen Worten zu, zu einer übergroßen Nachgiebigkeit, mit der die Sklaven möglicherweise das Spiel mit dem jungen Dominus zu praktizieren pflegten, ließ sich Flaccus selbst nicht herab. Zum einen mochte das wohl daran liegen, dass er selbst als Knabe eine ähnliche Schule durchlaufen hatte müssen – war es ihm doch auch nie gelungen, die gleich der Pila forteilende Aufmerksamkeit der Eltern zu erhaschen – zum anderen wohl auch daran, dass in der Brust des jungen Mannes stets das Verlangen pochte, sich durch außerordentliche Taten seiner Umgebung zu beweisen. Zwar mochte es dem objektiven Beobachter nicht als außerordentlich bewundernswerte Tat erscheinen, einem um annähernd ein Jahrzehnt jüngeren Knaben die Pila vor der Nase wegzuschnappen, für Flaccus selbst jedoch, war es schlicht und einfach ein Spiel – und Spiele waren da, um sie zu gewinnen.


    Als er also die Pila vom Boden aufgesammelt hatte wandte er sich erneut zu Manius Minor und dem für ihn immer noch namenlos gebliebenen Sklaven der Familie um. Lächelnd holte er aus und sandte den Ball in einer Weise, die die rein körperlichen Möglichkeiten des Jungen nicht übersteigen würde, auf seine anmutige Reise durch die herbstlichen Lüfte.

  • Die folgenden Geschehnisse offenbarten zweifelsohne, dass der Knabe jedweden Talentes für jenes Spiel entbehrte. Erneut sprang er der Pila entgegen, wobei allerdings beide Arme die Flugbahn zur Linken passierten und zu allem Überfluss nicht einmal an dem gleichen Punkt kollidierten, sondern ins Leere griffen. Zumindest gelang es dem jungen Flavius, lediglich mit seinen Füßen auf der Erde aufzukommen, ohne dass sein übriger Körper diesen tangierte. Indessen fing Antigonus mit größter Leichtigkeit das Wurfgeschoss auf und lächelte, mehr voll Anteilnahme denn voll Hohn. Als Manius Minor sich hingegen zu ihm umwandte, verschwand dieses jedoch in selbigem Augenblick, sodass es jenem dank Fortunas Gunst entging.


    Dennoch erfüllte die erneute Niederlage den Knaben mit neuerlicher Scham, die von gewissem Zorn ob seiner defizitären Fähigkeiten okkludiert wurde. Geradezu akkusativ betrachtete er seine glücklosen Hände, um erneut in Frustration umzuschwingen und diese zu verbalisieren.
    "Ich fange ja gar nichts!"
    In seiner Stimme schwang diese Betrüblichkeit deutlich mit.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!