Die Antwort auf seine Frage war wahrscheinlich so offensichtlich gewesen das sie gar nicht ausgesprochen wurden.
"Nun ich denke ich werde dann 250 Sesterzen einzahlen. Gleich hier oder woanders?"
Die Antwort auf seine Frage war wahrscheinlich so offensichtlich gewesen das sie gar nicht ausgesprochen wurden.
"Nun ich denke ich werde dann 250 Sesterzen einzahlen. Gleich hier oder woanders?"
Entschuldige bitte. Du hast natürlich recht. Der Rabatt beträgt dann 10%.
Und wenn du so freundlich wärest 230 Sesterzen sofort zu bezahlen. Der Mann holte eine Tabula aus der Lade und begann einige Zeilen einzuritzen.
auf das Konto 1225 überweisen
Varus nickte noch einmal zur Bestätigung und zählte dann die Münzen ab. Anschließend überreichte er sie und wartete noch ob es noch etwas zu unterschreiben oder dergleichen gab.
ist überwiesen
Wie vereinbart war ich überpünktlich eine halbe Stunde vor der dritten Stunde in einem einfarbig dunkelblauen, schmal, aber nicht hauteng geschnittenen Kleid im Officium der Stationarii angekommen. Der Stoff, den ich trug, war dabei etwas rauer als ich es gewohnt war und kratzte etwas. Dafür hatte mir der Händler aber doppelt versichert, dass aus dem fast alle Arten von Flecken heraus gewaschen werden könnten. Naja, und wenn nicht, dann hatte ich jetzt auch noch fünf ähnliche Modelle in meiner Kleidertruhe liegen, allesamt dunkel, einfach geschnitten und nicht teuer. Aber ich fand, dass man das aus der Ferne gar nicht so sah, sodass ich mit meiner Auswahl trotzdem noch zufrieden war. Definitiv hatte ich ja auch nicht vor auf ewig hier als Stationaria zu arbeiten und mich vollzuklecksen. Aber ein Schritt nach dem anderen.
/images/misc/ava_galerie/Junger%20Caesar.jpg
Als er mein Abgucken bemerkte, unterbrach der Nonier seine Arbeit für mich. "Verstehst du etwas nicht? Brauchst du Hilfe?", bot er mir an und lehnte sich etwas zu mir rüber. "Oder hat Brutus nur wieder so geschrieben, dass man nichts lesen kann?" Ich schaute ihn fragend an. Wer war jetzt Brutus? "Alles. Ja. Und ja.", waren meine knappen Antworten zu denen ich ein schiefes Lächeln aufsetzte. "Okay, also fangen wir mal ganz oben an. Da steht, dass Publius Matinius Avianus einen Brief an Titus M.... M.... wahrscheinlich auch Matinius Pacatus geschrieben hat. Die trägst du dann hier bei Absender und Empfänger entsprechend ein. Siehst du?" Ich nickte. "Dann siehst du anhand der zehn, dass der Brief bar bezahlt wurde. Zehn Sesterzen.... und die trägst du hier ein. Siehst du, das ist ganz leicht." Ich zog eine Schnute. "Hmhm." Wahrscheinlich kam jetzt der große Kniff, denn schwer war das ja wirklich bis hierher noch nicht. "Die Sechs danach steht dann für den Posteingang, den Monat musst du selbst wissen - wir hatten Juni; das LC übernimmst du einfach so - das ist das Kürzel für den Boten, der die Post ausgetragen hat; und die Zwölf ist der Tag, an dem diese Zustellung erfolgte - den Monat musst du wieder eigenständig hinzufügen. Kein Q und kein W, das heißt, dass weder eine Quittung ausgestellt wurde, noch ein Warentransport mit der Sendung mitgegangen ist und ganz rechts auf der Liste steht dann ein AEG.... nein halt.... Da steht GER. Da musst du immer aufpassen, dass du nicht aus Versehen in der Zeile verrutschst. GER heißt, dass diese Nachricht nach Germania Superior verschickt wurde. Alles ganz leicht. Hast du gesehen?" Ich lächelte etwas verstrahlt. Der letzte Teil war mir doch ein bisschen zu schnell gegangen. Andererseits aber wollte ich natürlich nicht das dumme Mädchen aus Abteilung T, wie Taugenichts sein! "Ehm.... Na klar. Das war ja gar nicht schwer! Danke dir, Nonius." "Turbo. Wir sitzen hier alle im selben Boot.", grinste er mich noch kurz frech an, bevor er sich wieder zurücklehnte und dann erneut an seiner eigenen Liste zu schaffen machte. "Natürlich. Turbo." Dann machte ich mich an die Arbeit und versuchte nochmal ungefähr nachzuvollziehen, was der Typ mir eben genau versucht hatte zu erklären....
Meine erste Arbeitswoche war praktisch rum und ich fand doch, dass ich mich mittlerweile ganz gut hier eingearbeitet hatte. Hin und wieder fühlte ich mich zwar etwas nutzlos, weil selbst Briefe an den Allerwertesten der Welt (zum Beispiel nach Sala in Mauretania) deutlich schneller ihr Ziel erreichten, als andere Schreiben ins ähnlich weit entfernte Alexandria! Bei diesem Vergleich ging ich natürlich in erster Linie von der Laufzeit meines letzten Briefes an meinen Onkel Decimus Varus von den Annaeern aus, denn jetzt konnte ich solche Sachen ja einsehen. Aber in Summe sagte ich mir mit arrogantem Schulterzucken, dass ich dann eben mehr Zeit für andere Dinge hätte!
So begann ich stattdessen einfach mal damit die letzten Versandabrechnungen durchzuschauen und zu kontrollieren. Dabei stellte ich schnell fest, dass an so einigen Stellen die Tabellen unsauber gezeichnet waren, was mit meinem ästhetischen Empfinden natürlich überhaupt nicht in Einklang zu bringen war. Bei Gelegenheit würde ich mich daran setzen und ordentliche Kopien anfertigen, die dann auch nicht nur teilweise halbe Namen enthielten oder ein falsches Datum oder einen fehlenden Wertkarten-Einzahlungs-Vermerk. Ja, wenn ich mir solche Listen schon angucken, dann aber genau und mit meinem messerscharfen Blick. So fielen mir dann bei meiner Arbeit, mit der ich erstmal bis in den Ianuarius DCCCLXI A.U.C. (2011/108 n.Chr.) zurückging, sogar drei wenigstens auf den ersten Blick inhaltliche Fehler bei den Wertkarten-Abbuchungen auf! Bei dem vermeintlich angerichteten Schaden in Höhe von 2115 Sesterzen (dafür musste ich aktuell über 10,5 Wochen hier schuften!) oder gar noch mehr, beschloss ich auf schnellstem Wege mit meinem Vorgesetzten (oder dessen Vorzimmer-Stationarius) zu sprechen! >>>
Nach meinem Brief an die Finanzabteilung der kaiserlichen Kanzlei, bekam ich einige Tage später (drei Tage später, um ganz genau zu sein - aber dazu später mehr) ein Antwortschreiben von einem Decimus. Ich las.... und ich staunte. Was mir der Decimus da ganz zu Beginn schrieb, hörte sich fast so an, als wäre es seine Idee gewesen mit mir persönlich über diese Angelegenheit zu sprechen. War das so? Ich hatte eigentlich in Erinnerung, dass ich ihn um einen Termin auf dem Palatin gebeten hatte! Aber seis drum. Vielleicht verstand ich ja auch nur die Beamtensprache der palatinischen Sesselpupser noch nicht so ganz, weil ich vorher noch nie mit denen zu tun gehabt hatte. Den Punkt vergab ich diesem Decimus (Ob der mit dem hochverräterischen Prätorianerpräfekt näher verwandt war? - Ich würde mich mal etwas über den Typ schlau machen.) also.
Ich las weiter.... und ich staunte weiter. Er wollte auch gleich noch wissen, wie es um die Finanzen des Cursus Publicus stand! "Im Allgemeinen, also mit den Provinzen.", äffte ich die Wortwahl beim Lesen mit einer hässlichen Grimasse nach. Tze, das war mir ja ein Schätzchen! Nach der letzten großen Provinzreform hatte ich nicht gezählt, aber es gab bestimmt über 40 Provinzen im Imperium! "Andererseits sind wir hier in Rom....", grübelte ich dann laut vor mich hin. Ich müsste mal schauen, ob ich da irgendwo Aufzeichnungen allgemeinerer Natur fand, wie es ganz aktuell in allen Provinzen aussah mit den Finanzen des Cursus Publicus.
Der letzte Absatz gab mit dann aber wirklich das Letzte! Bis dorthin hatte ich mit der Antwort leben können, mit dem Rest konnte ich es nicht (nicht, ohne dass ich sauer wurde). Was bildete sich dieser Finanzkasper eigentlich ein?? Er brauchte selbst für seine Beantwortung meines Anliegens DREI Tage * und verlangte von mir, dass ich in ZWEI Tagen * alle möglichen Unterlagen der letzten DREI Jahre * für ihn anschleppte?? Stand in meinem Brief irgendwo "Ich arbeite twentyfour-seven"? Na, DER würde schon noch sehen, was er davon hatte! Beim besten Willen war ich schließlich neu hier und der Stationarius, der mich eingestellt hatte, hatte mir sehr klar gemacht, dass ich hier niemandem irgendetwas zu sagen hätte, sondern mich in erster Zeit vor allem unterordnen müsste! Ich hatte also genau genommen auch gar keine Kapazitäten, um diesem Decimus da besonders entgegenzukommen.
Wütend warf ich diesen Schriebs auf meinen Schreibtisch zurück (er landete natürlich auf dem Boden dahinter) und lehnte mich mit verschränkten Armen zurück. Dann dachte ich nach.... und kam zu dem Schluss, dass ich ja nicht so war. Ich würde ihm einfach die 36 (ja, soviele waren das!) Versandübersichten mitbringen, die ich teilweise schon überarbeitet hatte und teilweise eben auch noch nicht (da konnte er sich seine Stichproben herzlich schenken, denn mindestens der Fehler mit der Classis-Wertkarte verschwand ja vom bloßen Anschauen der Listen auch nicht aus der Welt) und würde mich junges Ding, das ich sowieso für die meisten Kerle war, ganz unschuldig ahnungslos geben. Wenn er seinen Leuten unbedingt meine Arbeit aufhalsen wollte, dann war das ja eigentlich nicht mein Problem. Ich würde sehen, ob mir das Archiv noch ein paar Daten zu Ein- und Auszahlungen dieses Zeitraumes geben könnte (so chaotisch, wie es da teils zuging, bezweifelte ich das zwar, aber gut). Und nicht zuletzt würde ich natürlich auch schauen, wie sehr der Kerl auf mich mit meinem Anliegen zuging, bevor ich endgültig entschied, wie sehr ich ihm bei seinem Anliegen weiterhalf. Falls es ganz schlimm lief, überlegte ich mir, würde ich ihm später über die Freundin einer Freundin einer Freundin (oder so) einen süß duftenden Honigkuchen schenken - mit tollstem Tollhonig der Fausta Ultrix! Bei diesem Gedanken musste ich lächeln und hatte prompt wieder bessere Laune. So machte ich mich dann auf ins Archiv...
* Weil sein Antwortbrief von der RL-Zeitebene ausgeht, tu ich das auch.
Nachdem ihm der Sklave das Originalschreiben gebracht hatte, hatte Aquila sich auf den Weg gemacht zum Sitz des Cursus Publicus in Rom, betrat das Gebäude und fragte sich dort dann durch zum Officium der Stationarii. Wo er zunächst mal brav und höflich anklopfte und ebenso brav und höflich auf Antwort wartete.
Ich steckte gerade mitten in meinen Vorbereitungen für meinen Termin auf dem Palatin. Das Archiv hatte mir dafür - äußerst zuvorkommend (die mussten mich vera....lbern wollen!) - auf meine Anfrage zu den Einnahmen und Ausgaben des Cursus Publicus von Italia in den letzten drei Jahren einfach nur eine ellenlange Liste mit einfach allen Transaktionen des Cursus Publicus dieser Zeit zukommen lassen. Angeödet davon jede einzelne Ein- beziehungsweise Ausgabe von der Liste mit den Versandberichten Italias abzugleichen, um festzustellen, ob die Überweisung nun zu einer Provinz oder zu Italia gehörte, kam mir ein Klopfen an der Bürotür gerade recht, um eine Pause einzulegen. Außerdem fand ich auch noch immer, dass dieser Decimus für die Kürze der Zeit viel zu viele Dinge von mir haben und wissen wollte!
So schob ich die auf etliche Wachstafeln verteilte Liste und die Papyrusrollen mit den Versandübersichten auf meinem Schreibtisch zur Seite und rief in leicht erhöhter Zimmerlaustärke: "Herein!" Wie mein Übereifer es gerade wollte (denn bei einer Pause von solch trockener, stupider Tätigkeit war ich schnell dabei) landeten drei Schriftrollen bei der fixen Entrümpelung meines Arbeitsplatzes auf dem Boden, sodass ich für einen kurzen Moment komplett hinter meinem Schreibtisch verschwand, um diese blöden Dinger wieder aufzuheben, während der Anklopfer vermutlich in diesem Augenblick eintrat.
Mistvieh! Die dritte Rolle weigerte sich verglichen mit den beiden anderen hartneckig von mir ergriffen zu werden. Nachdem ich aber auch sie hatte, tauchte ich wieder auf, legte die Rollen auf der anderen Schreibtischseite ab und strich mir eine meiner lockigen Strähnen etwas aus dem Gesicht. Dann begrüßte den Gast, indem ich erstmal aufstand. "Sei gegrüßt! Mein Name ist Sergia Fausta. Ich bin Stationaria hier. Wie kann ich dir helfen?", erkundigte ich mich so freundlich, wie sich eine junge Dame in heiratsfähigem Alter beim Anblick eines sympathisch aussehenden jungen Mannes eben erkundigte.
Aquila trat ein, als die Aufforderung dazu kam – und blieb erst mal für einen Moment irritiert stehen, weil da niemand zu sehen war in dem Officium. Ein Schreibtisch, an dessen Rändern sich Wachstafeln und Papyrusrollen tummelten, aber niemand dahinter... erst nach einem weiteren Schritt nach vorne in den Raum hinein sah er, dass sich hinter dem Tisch etwas bewegte, und im nächsten Augenblick tauchte auch schon eine Frau auf. Eine seiner Augenbrauen wanderte etwas in die Höhe, während er sie kurz mit einem leichten, aber frechen Schmunzeln taxierte – diese Art der Begrüßung war dann doch etwas ungewöhnlich. Und sich vorzustellen, wie die Frau vor ihm, die noch dazu ziemlich hübsch war, gerade eben noch auf allen Vieren unter dem Tisch herumgekrabbelt sein musste, trug definitiv nichts dazu bei, dass es ihm leicht gefallen wäre einfach ohne Kommentar darüber hinweg zu gehen. Was er auch nicht tat. „Gefunden, was du gesucht hast?“
Nach diesem kurzen Augenblick der ersten Bestandsaufnahme schloss Aquila die Tür hinter sich, und als er sich der Stationaria dann wieder zuwandte – die sich nun als Sergia Fausta vorstellte, die Briefschreiberin –, war das Lächeln auf seinen Lippen nicht mehr so amüsiert wie gerade eben noch. Und auch wenn Aquila sich bemühen musste, die Vorstellung von der Sergia auf allen Vieren – allerdings nicht unter einem Schreibtisch... – aus seinen Gedanken zu verbannen, war sein Lächeln nun auch nicht anzüglich, sondern einfach nur freundlich. „Salve, Sergia“, grüßte er zurück, während er näher an den Tisch herantrat. „Ich bin Marcus Decimus Aquila. Du hast meiner Familie kürzlich ein Schreiben gesandt...“ Er zeigte ihr den Brief, den er mitgebracht hatte. „... mit dem Inhalt, dass etwas mit der Abrechnung unserer Wertkarte schief gelaufen ist. Da dein Schreiben aber nicht ausgeführt hat, was der Fehler genau war, bin ich hier um zu fragen, ob du mir das vielleicht erläutern könntest... Meine Familie wüsste einfach gerne Bescheid.“
Den blöden Kommentar des Gastes überging ich mit einem schmalen Lächeln à la seeehr lustig. Während ein schüchternes, langweiliges Mauerblümchen an meiner Stelle jetzt aber wahrscheinlich in flammender Schamesröte versunken wäre, passierte dies mit mir nicht ansatzweise. Da musste Mann schon ganz andere Kaliber auffahren, um diesen Effekt bei mir zu erreichen. (Ob wohl die ausgesprochenen Gedanken meines Gegenübers dafür ausgereicht hätten?) Egal. Nach meiner Begrüßung hörte ich mir seine Vorstellung und sein Anliegen an, wobei erstere mein Lächeln etwas erkalten ließ. Ein Decimus. Die schienen ja auch noch immer überall zu sitzen! Einer schrieb mir aus der Finanzabteilung der Kanzlei, einer saß bekanntermaßen in den Castra Praetoria ein und nun saß einer hier vor mir...! Pardon, noch stand er ja. "Nun, dann setz dich doch erstmal, Decimus.", erklärte ich also, während mir sein Name im Nachklang irgendwie nahelegte, dass der ziemlich militärisch war und damit bestimmt dem Hochverräter in den Castra nahestand. Ob es da überhaupt hinsichtlich meiner beiden annaeischen Onkel angemessen war, wenn ich ihm ein bisschen schöne Augen machte (wie den meisten anderen Kunden auch)?
Mit einem amüsierten Lächeln setzte ich mich wieder und wischte diesen belustigenden Gedanken weg. Seit wann interessierte es mich, was nun auf diesem Gebiet besonders angemessen wäre und was nicht? Wo gerade auch noch mein Vormund sich auf eine hübsch ausgedehnte Geschäftsreise begeben hatte und morgen zurückkommen könnte oder übermorgen.... oder vielleicht auch erst in einer Woche oder einem Monat.... Wenn der Anstandswauwau aus dem Haus ist, gibt der ägyptische Tiger den Ton an! Aber wo war ich? "Die Familien-Wertkarte der Gens Decima.", nickte ich und fand im dritten Anlauf die richtige Wachstafel in meinem geordneten Chaos. "Wie ich bereits geschrieben habe, bedauert der Cursus Publicus diesen Vorfall wirklich sehr und versichert, dass ein solches Missgeschick nicht erneut vorkommt.", erklärte ich mit großen, treuen Rehaugen und leichtem Kopfnicken. Dabei fielen mir die blauen Augen des Decimers auf.... und erinnerten mich aus irgendeinem Grund an die hellen Augen des Iuliers in Ostia. Der hieß ganz nebenbei auch Marcus und sah hübsch attraktiv aus. Fehlte ja eigentlich nur noch, dass die beiden auch noch miteinander verwandt wären! Das war natürlich Blödsinn und eine lächerliche Fantasie. Ich, der sergische Rabe, reichte ihm, dem Adler Aquila, die Wachstafel. Moment, hatte nicht auch der Iulier einen Vogel (eine Taube oder so)? Irgendwie kam ich augenblicklich nicht ganz über diese Parallelen hinweg.
Familien-Wertkarte der Gens Decima im Maius 861 a.u.c.
Stand Aprilis 861 a.u.c.: 500 Sz.
fehlerhafte Wertkartenabrechnung:
Korrekturbetrag: 20 Sz.
"Wie man sieht, wurde trotz ordnungsgemäßer Zustellung der beiden Briefe aus einem mir nicht bekannten Grund keine ordentliche Abrechnung vorgenommen. Bevor du fragst: Ich habe mich auch extra vor dem Erstellen meines Briefes danach erkundigt, ob vielleicht eine Barzahlung vorgenommen wurde und dies nur falsch notiert wurde. - Wurde sie aber nicht.", fügte ich noch erklärend hinzu und erwähnte dabei bewusst nichts von den anderen Fehlabrechnungen in diesem Monat. Zum Glück hatte ich für alle betroffenen Familienwertkarten solche Übersichten, sodass ich vorerst auch nicht offenbaren musste, dass in diesem Maius ein regelrechter Schlamper-Caius am Werk gewesen war....
Sobald der Decimer seinen Bick von der Tafel lösen würde, klimperte ich ein bisschen nett mit den Augen. "Bist du eigentlich näher mit einem Finanzprimicerius Decimus Varenus oder diesem Decimus Serapio verwandt?", erkundigte ich mich unschuldig lächelnd. Der erste Teil der Frage hatte natürlich mit meinem Termin auf dem Palatin zu tun, wohingegen der zweite Teil auch, aber nicht nur damit zu tun hatte. - "Auch", weil ich vielleicht auf eine mögliche Verwandtschaft dieses Varenus mit diesem Serapio schließen könnte. "Nicht nur", weil ich noch immer nichts davon gehört hatte, dass man den Kerl offiziell entlassen hätte. Das wiederum ließ mich vorsichtig vermuten, dass der Kaiser in seiner (viel zu großen) Gnade vielleicht mit dem Gedanken spielte den Decimer als einen (von dann aber sicherlich zwei) Prätorianerpräfekten zu behalten. Und wollte ich schnell aufsteigen zur Postpräfektin von Italia, dann wäre ein gutes Verhältnis zu dem oder den Oberchef(s) ja nicht unwichtig!
Antworten tat sie schon mal nicht auf seine ersten Worte, das fiel Aquila durchaus auf, und ihr Lächeln wirkte auch nicht sonderlich erfreut. Mh... wäre jetzt interessant gewesen, sie weiter zu triezen bis irgendwas kam, wobei er eine schlagfertige Antwort deutlich bevorzugte vor anderen Varianten, beispielsweise dass sie ihn einfach rausschmiss. Aber es passte jetzt wohl einfach nicht wirklich. Und als er seinen Namen nannte, zeigte sich das noch mal mehr – ihr Lächeln schien wenn möglich noch mehr abzukühlen. Flüchtig runzelte Aquila die Stirn, nahm aber einfach ihr Angebot an und setzte sich. Und da änderte ihr Lächeln sich schon wieder – Aquila wüsste mittlerweile zu gerne, was in ihrem Kopf wohl vor sich ging... und hätte beinahe danach gefragt, aber da sprach sie schon weiter und begann zu erklären, was es mit dem Fehler auf sich hatte, von dem sie geschrieben hatte. Er warf einen Blick auf die Übersicht, die sie ihm reichte. „Hm“, machte er. „Das ist schon ne ganze Ecke her. Wie bist du da überhaupt drauf gekommen, dass da was falsch lief?“ Nicht dass das viel war, aber... ganz ehrlich, verjährte so was nicht irgendwann? Das war jetzt über acht Jahre* her... Aquila sah hoch, als sie ihn nach seinen Verwandten fragte. „Ja, mit beiden. Um ein paar Ecken halt“, antwortete er.
*Die CH-Amtszeiten zugrunde gelegt.
Die Frage des Decimers machte mich für einen kurzen Moment etwas stutzig. Natürlich war das schon eine ganze Weile her. Aber was sollte das heißen, wie ich darauf gekommen wäre? Wollte dieser Kerl hier darauf anspielen, dass ich "nur" eine Frau war? Das war ein empfindlicher Punkt bei mir und dementsprechend reagierte ich auch darauf.... nachdem ich meinem Gegenüber erstmal freundlichst seine Frage beantwortet hatte. "Nun, im Zuge der Einarbeitung in meinen Posten als Stationaria habe ich mich mit den Versandübersichten befasst.", die gerade in jüngerer Zeit nicht nur für mein optisches Empfinden scheußlich geführt worden waren. Allein wenn man sich anschaute, wie nach reinem Gutdünken mal die vollen Praenomen in den Listen auftauchten, mal deren Abkürzungen und mal auch gar keine, konnte ich das absolut nicht gutheißen. "Und weil meinesgleichen für eine ähnliche Anerkennung deutlich härter arbeiten muss als deinesgleichen, bin ich nicht nur durch die Versandtlisten der vergangenen zwei, sondern jene der gesamten letzten Dekade gegangen, wobei mir diese Unregelmäßigkeit hier sofort ins Auge gesprungen ist.", erklärte ich im Tonfall honigsüßer Unschuld und ließ den Decimer damit wissen, dass ich seinen Angriff auf mich als Frau verstanden hatte. Er sollte nämlich auch schließen können, warum ich die nächsten beiden Sätze sagte: "Mein Beileid übrigens wegen deines Verwandten Decimus Serpio.", tat ich betroffen. "Wie geht es ihm denn?", folgte daraufhin ganz leicht und unbeschwert und mit einem vieldeutbaren Lächeln eine sehr bewusst unpassende Frage.
Der erste Teil der Antwort war ja noch völlig normal, aber als die Sergia dann weiter sprach, war Aquila im ersten Moment perplex. Dann musste er lachen. „Deinesgleichen? Wie in: keine Senatoren in der Verwandtschaft? Dass so was gleich in der Prüfung eines ganzen Jahrzehnts sämtlichen Postverkehrs endet... da kannst du einem leid tun“, neckte er sie. Zumindest war ihm kein Senator sergischen Namens bekannt, was zugegebenermaßen nicht unbedingt etwas heißen musste, aber es ging ihm ja auch mehr darum, das Mädel ein bisschen aufzuziehen. Er glaubte zwar nicht, dass es um mögliche Verwandtschaften ging, sondern eher darum dass sie eine Frau war... aber das hieß nicht, dass er nun genau darauf anspringen musste. Wie gesagt: es ging ihm eigentlich nur darum, das Mädel ein bisschen aufzuziehen. Mal sehen, ob sie weiterhin die zuckersüße Unschuld gab. „Ich hoff es hat sich wenigstens gelohnt für dich, und die 20 Sesterzen auf der Wertkarte meiner Familie waren nicht das einzige, was du gefunden hast.“ Die Unterlagen von zehn Jahren Post durchzuforsten musste eine Wahnsinnsarbeit gewesen sein, darum beneidete er die Sergia tatsächlich nicht. Sie dafür zu bewundern brachte er aber auch nicht über sich... viel zu viel Arbeit, die von ihr vermutlich gar nicht erwartet worden war, gleich was sie erzählte von deinesgleichen und meinesgleichen.
Bei ihrer nächsten Frage zuckte er allerdings nur die Achseln. „Er sitzt im Carcer, wie soll's ihm da schon gehen? Sicher nicht besser als meiner Tante oder anderen Insassen.“ Nicht dass es ihm gefiel, wie seine Familie da stand in der Öffentlichkeit... aber es hatte ja auch wenig Sinn, darum herum zu reden. Aquila jedenfalls hatte für sich beschlossen, dass es immer noch besser war damit etwas offensiver umzugehen als so manch andere Alternative. So zu tun, als würde er nicht dazu gehören, würde ihm über kurz oder lang vor die eigenen Füße fallen und zum Stolperstein werden; sich komplett verschämt zu geben war einfach nicht seins, und würde vermutlich auch den falschen Eindruck hervorrufen; und sich gar nicht dazu zu äußern genauso... Und er konnte kaum darauf bauen, dass ihm derartige Fragen nicht gestellt wurden, wenn noch nicht einmal eine Stationaria ihre Neugier zügeln konnte scheinbar. „Aber hab Dank für dein Beileid.“ Jetzt war es an ihm, lieb zu lächeln.
Boah, was wollte der denn jetzt bitte von mir?? Ich versuchte mich zu zügeln und funkelte ihn nur aus schmalen Augen böse an. Dabei versuchte ich dennoch gleichzeitig zu lächeln, was allerdings kaum mehr besonders freundlich aussehen konnte. Don't get me started!, dachte ich mir noch, als der Kerl für meine Begriffe total arrogant meinte, dass ich ihm Leid tun würde. Das hatte ich ja wohl nicht nötig! "Oh, glaub mir, dass ich gerade dir bestimmt nicht Leid tun muss! Mein Großvater Sergius Stephanus war Ritter, bevor er den politischen Weg einschlug und sich immerhin zum Quaestor Consulum wählen ließ. Mein Urgroßvater Annaeus Sophus war angesehener Augur des Collegium Augurum hier in Rom. Mein über diese Linie Onkel Annaeus Varus sitzt derzeit in Alexandria als Praefectus Aegypti und mein Onkel Annaeus Modestus war es, der als gewesener Praetor und großer Feldherr und Statthalter mit etlichen Legionen über die Alpen gezogen ist, um hier den Kaisermörder und Usurpator Vescularius Salinator mitsamt seinen Anhängern hinwegzufegen, wie...." Jetzt, wo ich nun doch angefangen hatte dem Decimus einen energischen Vortrag zu halten, war ich so voll dabei, dass ich für den angekündigten Vergleich erstmal kurz überlegen musste. "wie Mars persönlich!", fand ich schließlich eine sinnvolle Ergänzung, obwohl ich solche Vergleiche mit Göttern (weil ich zwar an deren Existenz nicht zweifelte, dafür allerdings daran, dass sie Einfluss auf uns Menschen nahmen) innerlich hasste. Und ich hasste diesen Vergleich umso mehr, weil ich dadurch nun verpasste auch noch auf meine cornelischen Wurzeln zu verweisen! Man!
Aber ich war ja auch noch lange nicht fertig hier. "Und ich versichere dir, dass ich weit mehr als nur diesen einen Fehler bei meiner Überprüfung gefunden und dem Postpräfekten gemeldet habe. Du kannst dir sogar sicher sein, dass der Präfekt nach meinem Ergebnisbericht meinen Namen nicht nur kennt, sondern ihn auch äußerst schätzt!", behauptete ich und übertrieb damit vielleicht auch ein klitzekleines Bisschen. Aber irgendwie musste ich diesem arroganten Kerl ja mal den Wind aus den Segeln nehmen und ihm meine Meinung sagen! Denn neben Angriffen auf mich als Frau reagierte ich gerade auf in meinen Augen unangemessenes Lachen nämlich mitunter ziemlich allergisch, wie auch schon mein von mir "Soldatensöhnchen" genannter glücklicherweise nur weit, weit entfernter Onkel am Tag unserer ersten Begegnung feststellten durfte. Noch bereute dieser Kerl sein einstiges Tun nicht, aber ich hatte soweit alles vorbereitet, um ihn bei Rückkehr meines Vormunds meine ganze Vergeltung spüren zu lassen!
Ich hielt nun einen Moment inne, um meine innere Ruhe wiederzufinden, und strich mir zeitgleich eine Strähne, die mir überhaupt nicht ins Gesicht hing, aus dem Gesicht. Dann lächelte ich wieder oberflächlich freundlich. "Ach deine Tante sitzt auch im Kerker?" und gehört damit zu den Leuten, die mein Onkel so wunderbar hinweggefegt hat. "Wie überaus.... bedauerlich.", kommentierte ich diesen Umstand auf eine Art und Weise, die sich in viele Richtungen interpretieren ließ. Vielleicht konnte ich diese Tante ja bei den nächsten größeren vom Kaiser veranstalteten Spielen sehen.... unten, in der Arena. Denn zwar mochte ich solche blutigen Veranstaltungen jetzt nicht übermäßig (ich fand sie einzig noch besser als diese Wagenlenker, die zig Runden sinnlos im Kreis fuhren, bis selbst die Zuschauer irgendwann einen Drehwurm hatten), aber wenn ich bei so einem Ereignis Genugtuung finden könnte, dann würde ich es natürlich bestimmt nicht verpassen! "Ich hoffe doch stark, dass nicht noch mehr deiner Verwandten dieses Schicksal teilen.", log ich mit einem Übermaß an Mitleid in der Stimme und lächelte unentwegt weiter. "Du kannst einem wirklich Leid tun.", erklärte ich final und blinzelte zu meinem honigsüßen Lächeln noch kurz ein paar Mal lieblich mit meinen Augen.
Es folgte.... Schweigen. "Sind wir dann soweit hier fertig oder möchtest du noch irgendetwas von mir wissen, höchst ehrenwerter Decimus?", fragte ich mit so lieber Stimme, dass es schon wieder hörbar böse war. Dazu lächelte ich freundlich und machte meinem Gast schöne Augen. (Wer meine Augen hatte, der konnte ja auch niemandem un-schöne Augen machen....)
Tatsächlich. Sie ließ sich ärgern. Und wie... Aquila hatte ja eine Reaktion haben wollen, aber dass die so heftig ausfallen würde, hätte er dann doch nicht erwartet. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und wartete erst mal ab, während sich eine Tirade über ihn ergoss – erfahrungsgemäß ließen Weiber sich sowieso nicht unterbrechen, wenn sie sich gerade in Rage redeten, also versuchte er es gar nicht erst. Was er allerdings heraushörte war, dass er irgendeinen wunden Punkt getroffen haben musste... wenn sie schon so in die Luft ging. Und wenn sie es zudem nötig hatte, sich auf Verwandtschaft zu berufen, die nicht der väterlichen Linie entsprach, sondern irgendwo über irgendeine Frau gelaufen war. Aquila konnte nicht anders als grinsen... erst als es wieder um seine Verwandtschaft hier in Rom ging, hätte er am liebsten das Gesicht verzogen. Es ließ sich schwer auf andere herabsehen oder sich über sie lustig machen, wenn ein paar seiner Verwandten im Knast saßen, weil sie im Bürgerkrieg auf der falschen Seite gestanden hatten. Und prompt versuchte die Sergia das natürlich zu nutzen, um den Spieß umzudrehen.
Als sie fertig war, blieb Aquila erst mal zurückgelehnt sitzen und betrachtete sie... bis von ihr noch mal eine Nachfrage kam. „Najaaa... ich wollte erst mal sicher gehen, dass du fertig bist damit all das los zu werden, was dir offenbar auf dem Herzen liegt“, erwiderte er dann, und seine Stimme klang sarkastisch dabei... und ein wenig herablassend. „Und ein weiteres Mal: danke für dein Beileid. Es ist ja nicht einfach, als Praefectus Praetorio oder Auctrix seine Pflicht zu tun in Zeiten wie diesen... Da tut es ja so gut zu wissen, dass es Menschen gibt die auf unserer Seite sind.“ Jetzt setzte auch Aquila wieder ein Lächeln auf. „Was meine übrigen Verwandten ausgeht: keine Sorge, denen geht es gut. Ein paar treiben sich hier in Rom rum...“, er machte eine vage Handbewegung, „der Rest lebt in Hispania. Darunter auch mein Großvater Maximus Meridius, seines Zeichens nicht nur Senator, sondern Triumphator Roms.“ Jetzt wurde sein Grinsen wölfisch. Den Rest an Senatoren und Rittern in seiner Verwandtschaft erwähnte Aquila nicht mal... wenn man nicht gerade einen Kaiser in seiner Ahnenlinie vorweisen konnte, war ein Triumphator nicht zu übertrumpfen, noch dazu einer, der noch am Leben war, auch wenn er nicht viel mehr machte, als seinen Ruhestand auf seinen Landgütern zu genießen. Und Aquila konnte nicht umhin weiter ein bisschen zu grinsen, nicht nur deshalb, weil er mit der Erwähnung seines Großvaters seine eigene Nase wieder vorn wähnte, sondern auch wegen dem Schlagabtausch an sich... er hatte ja nun nichts gegen einen Schwanzvergleich, aber normalerweise lieferte er sich eben keinen mit einer Frau. „Diese... falsche Abrechnung da. Welche Regelungen habt ihr zu Verjährungsfristen? Es mag zwar nur ein kleiner Betrag sein, aber immerhin war das eindeutig ein Fehler des Cursus Publicus.“
Ein Triumphator Decimus sollte sein Großvater sein? Der bluffte doch! Ich fand nämlich zwar, dass dieser Kerl hier ganz gut aussah, aber wie ein Angehöriger der Nobilitas wirkte er auf mich nicht! Und ich mochte mich noch nicht so richtig super hier in Rom auskennen, aber ich hatte in Alexandria sehr wohl gelernt, dass man zum Triumphieren Konsul gewesen sein musste! Kurzum: Ich glaubte diesem Angeber KEIN Wort! "Gegen welchen auswärtigen Feind Roms hat er denn gesiegt?", erkundigte ich mich intrigant lächelnd, weil mir so spontan auch nicht in den Sinn kam, an welcher Grenze ein Decimus als Heerführer nun sooo erfolgreich wäre. "Einer meiner Altgroßväter war übrigens Cornelius Cinna Magnus, von dessen Tochter Cornelia Fausta ich sogar meinen Cognomen erhielt.", fügte ich noch wahrheitgemäß hinzu und verschwieg nicht ohne Grund den Praenomen meines Altgroßvaters. Dabei ließ ich offen, ob mein Altgroßvater vielleicht auch mit Cornelius Palma Augustus näher verwandt war....
Verjährungsfristen? Ich zog eine Augenbraue ein wenig nach oben. "Tut mir Leid, aber mir sind keinerlei Verjährungsfristen für diese Sache bekannt - weder gesetzlich" Da hatte ich nur etwas zur Verjährung von Straftaten herausfinden können. "noch andere." Denn auch in den Vorschriften des Cursus Publicus war ich diesbezüglich nicht fündig geworden. "Aber für die Familie eines großen Triumphators wird die Korrektur und Richtigstellung dieses doch eher kleinen Fehlers selbst in diesen schweren Tagen für dich und deine Gens verkraftbar sein, oder?"
Aquila grinste großspurig und ein wenig anzüglich. „Ich erwarte nicht, dass ein Weib viel Ahnung hat von der Militärgeschichte Roms. Aber wenn es dich wirklich interessiert, solltest du dir das vielleicht von deinem Vormund erzählen lassen.“ Er hatte es nicht nötig, mit seiner Familie so sehr zu prahlen wie sie... weil die Decimer einfach ein Begriff waren in Rom, egal auf welcher Seite sie nun gestanden hatten, und weil er selbst vorhatte dafür zu sorgen, dass das auch weiterhin so blieb. Die Sergia hingegen stellte gleich darauf wieder unter Beweis, dass das bei ihr offenbar nicht so war, als sie mit noch mehr Vorfahren anfing. Und, oh, Wahnsinn, ein Cornelius. Aquila lehnte sich zurück und musterte sie einen Moment lang, spielte mit dem Gedanken, ob sie tatsächlich – wenn auch nur mütterlicherseits – mit dem neuen Kaiser verwandt war. Aber selbst wenn, war diese Verwandtschaft offenbar so entfernt, dass Cornelius keinerlei Wert darauf legte. Ansonsten hätte er kaum zugelassen, dass sich eine seiner angeheirateten Verwandten als Stationaria bei der Post verdingte. Was ihn wiederum in seinem Gedanken bestätigte, dass ihre Familie heute offenbar nichts zu melden hatte in Roms Gesellschaft. Trotzdem sagte er, und das teilweise schon ein bisschen aus dem Grund, es könnte anders sein und sie könnte mit dem Imperator doch mehr zu haben als er dachte... auch wenn sein Tonfall so großspurig und anzüglich blieb wie zuvor: „Dann gehst du auf dem Palatin sicher ein und aus, was?“
Keine Verjährungsfristen also... man sollte doch meinen, dass so was eigentlich geregelt war. Zumal einfach verdammt viel Zeit vergangen war. Selbst wer ein richtig krummes Ding drehte, hatte nach so langer Zeit keine Strafe mehr zu befürchten – aber der Cursus Publicus wollte Genugtuung für einen Fehler, den irgendeiner von den dort angestellten Trotteln gemacht hatte? Irgendwie wollte das nicht so recht in Aquilas Kopf hinein. „Es geht nicht um die Höhe des Betrags“, erwiderte Aquila, dessen Lächeln nun ein wenig schärfer wurde. Dass die Sergia nun auf die Tour ankam um das Geld einzutreiben, gefiel ihm nicht so ganz. Wäre noch mal was anderes wenn seine Familie Murks gebaut hätte, aber so war es ja nicht. „Es geht darum, dass der Fehler eindeutig beim Cursus Publicus gelegen hat, und dass ihr euch ebenso eindeutig verdammt lange Zeit gelassen habt, um überhaupt darauf zu kommen. Für eine Institution von der Größe des Cursus Publicus sollte es doch eigentlich eher verkraftbar sein, Verantwortung zu übernehmen und für die eigenen Fehler gerade zu stehen, oder nicht?“ Er war sich ziemlich sicher: wäre es umgekehrt gewesen, hätte der Cursus Publicus aus Versehen zu viel abgezogen, da wäre keiner von ihnen angekommen und hätte ihnen das Geld wieder gut geschrieben. Sie würden sich vermutlich sogar weigern, würde da einer nach so langer Zeit ankommen und Richtigstellung fordern.
Nur als Anmerkung: nicht alles, was im Wiki steht, wird im IR auch so umgesetzt – in der IR-Realität gilt das hier. Legatus Legionis reicht hier schon aus
Sauerei!
Ich grinste nicht weniger großspurig und ein wenig verführerisch zurück. Vom Militär selbst wusste ich wirklich nicht ganz so viel. Auf der anderen Seite aber befand ich mich hier offensichtlich in einem Wettkampf, in dem jedes Nachgeben irgendwo als Niederlage gedeutet werden könnte. Und sah ich aus wie eine Verliererin?? Nein, ich war eine Sergia, Sergia Fausta! "Wie du meinst.", kommentierte ich die Belehrung des Decimers also nur leichtfertig und machte eine kleine Handbewegung mit meiner linken, um diese Leichtfertigkeit zu unterstreichen. Dabei mischte sich nun auch ein kleines bisschen Amüsement in mein Lächeln, denn mein Gast hatte die ihm gestellte Frage letztlich nicht beantwortet. Und ich für meinen Teil fand schon, dass es einen Unterschied gab zwischen richtigem Wissen und nur dem "Wissen, wo es steht". Wenn man mich fragte, dann ging diese Runde folglich eindeutig an mich.
Und es sollte noch eindeutiger werden. "Ob ich auf dem Palatin ein- und ausgehe?", wiederholte ich nur allzu gern die Frage, die mir zeigte, dass der Decimus es zumindest nicht für völlig ausgeschlossen hielt. Und zugegebenermaßen schmeichelte es mir auch, dass er mir zutraute eine Verwandte des neuen Kaisers zu sein. (Niemals, nie würde ich das aber laut aussprechen!) "Was glaubst du denn? Natürlich habe ich schon demnächst einen Termin dort, nachdem ich kürzlich erst aus meiner alten Heimat Alexandria hierher gekommen bin.", erklärte ich wahrheitsgemäß, aber dennoch so, dass man mich auch missverstehen konnte. Dieser Termin beim Primicerius Decimus war schließlich kein Termin beim Augustus. "Ich bin nur gern etwas unabhängiger, weißt du.", schob ich mit einem kurzen Blick auf einige der Wachstafeln auf meinem Schreibtisch nach, bevor ich den Aquila, den Adler, wieder fixierte. "Und wer könnte mir diesen Wunsch schon abschlagen?", machte ich dem Decimer dann demonstrativ schöne Augen.
Irgendwie schien meine Antwort zur Verjährung meinen Besucher hier nicht ganz zu überzeugen. "Dir geht es nicht um die Höhe des Betrags, sondern ums Prinzip. Das habe ich verstanden.", erwiderte ich und lächelte. "Allerdings müsstest du mir doch erklären: Wie soll etwas verjähren, wenn nirgendwo diesbezügliche Verjährungsfristen festgelegt sind?" Das war das, was nicht in meinen Kopf hinein wollte. "Wie gesagt, geht es mir nicht um die Ursache, sondern einzig um die Korrektur des entstandenen Fehlers. Das würde und habe ich übrigens nicht nur zugunsten des Cursus Publicus getan, sondern auch bereits in die andere Richtung.", nickte ich Aquila zu. Das betraf zum Beispiel die Wertkarte der Gens Aurelia, zu der ich gemeldet hatte, dass dort ein Brief doppelt abgerechnet worden war. Es war nicht meine Schuld, dass die gleiche Wertkarte auch mit einem anderen Abrechnungsfehler behaftet war, der insgesamt dazu führte, dass die Korrektur doch wieder zugunsten des Cursus Publicus verlief.
Als Aquila das verführerische Lächeln sah, musste er unweigerlich wieder an ihr Hinterteil denken, das sie ihm zuvor so wunderbar präsentiert hatte. Entsprechend blieb sein Grinsen auf seinem Gesicht, als wäre es da kleben geblieben. Erst recht, als sie nur mit einem wie du meinst konterte, was für Aquila hieß, dass ihr sonst nichts mehr einfiel darauf. Dafür wälzte sie danach umso mehr aus, dass sie auf dem Palatin tatsächlich öfter war. „Tatsächlich...“ Diesmal klang er ein wenig beeindruckt. Hm. Vielleicht sollte er sich doch zurückhalten... ein bisschen wenigstens. Vielleicht schaffte er es ja auf diesem schmalen Grat zu wandern, wo er noch Spaß hatte, sie aber nicht tödlich beleidigt war. „Unabhängig also... ehrgeiziges Ziel für eine Frau.“ Was von Aquila durchaus als Kompliment gedacht war, eigentlich, auch wenn es vielleicht nicht so klingen mochte. „Offenbar konnte dir keiner diesen Wunsch abschlagen. Was gut ist, sonst wären wir uns kaum begegnet.“
Jedenfalls nicht hier und heute. Wo es um diese leidige Sache ging mit dem Fehler, den eindeutig der Cursus Publicus gemacht hatte, und das eindeutig vor einer halben Ewigkeit. „Vielleicht sollte dann endlich eine Verjährungsfrist eingeführt werden. Mit diesem Beispiels als Präzedenzfall. Es kann doch nicht angehen, dass der Cursus Publicus vielleicht sogar noch die Kindeskinder belangen kann für Fehler, die bereits Jahrzehnte zurückliegen, während ein wahrhaftes Verbrechen bereits nach wenigen Jahren nicht mehr bestraft werden kann.“ Aquila spielte tatsächlich für einen Moment mit dem Gedanken, es einfach darauf ankommen zu lassen. Von ihr verlangen, dass der Cursus Publicus die Kosten trug, die ja nun wahrlich nicht hoch waren, für die Post noch weniger als für seine Familie vermutlich. Beschwerde einlegen, falls sie die Wertkarte nach Gutdünken korrigierte, klagen, wenn es gar nicht anders ging. Andererseits... es war gerade lustig mit ihr. Sie hatte ein nettes Hinterteil, und von vorne war sie auch nicht schlecht anzusehen. Und sie war vielleicht... vielleicht mit dem Kaiser verwandt. Aquila lehnte sich ein wenig nach vorn, und jetzt war er es, der verführerisch lächelte. „Ich mach dir einen Vorschlag. Ich akzeptiere deine Korrektur der decimischen Familienwertkarte, ohne das Thema Verjährung weiter zu verfolgen... wenn du meine Einladung zum Essen annimmst.“
Tut mir leid, dass es schon wieder so lang gedauert hat – war ziemlich im Stress in letzter Zeit
Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!