Zu den wichtigsten jährlich gefeierten Festivität des römischen Reiches unter den Kaisern gehörte der Geburtstag des Kaisers, der in einer prunkvollen Prozession, beginnend bei der Ara Pacis am Marsfeld gefeiert wurde. Natürlich war der Geburtstag des Kaisers eine reichsweite Feierlichkeit, aber nirgendwo wurde so prunkvoll, so feierlich, so ausgiebig gefeiert wie in Rom, der Hauptstadt des Reiches.
Freilich würde kaum ein ehrbarer Bürger diese Feierlichkeit auslassen, und so war der Geburtstag des Kaisers immer ein Termin, zu dem die Gassen von Rom voll waren mit Schaulustigen, mit Leuten, die hofften, von ihrem alltäglichen Trott gerissen zu werden, Leute, die hofften, etwas vom Segen der Götter abzubekommen – und natürlich mehr als genug Leute, die bereit waren, bis zum Ende zu warten, um beim üppigen Opfer etwas Fleisch abzubekommen. Viele Leute waren zudem nur hier, auf den Zuschauerrängen, um dazusein, um ihre Präsenz und ihre Frommheit öffentlich unter Beweis zu stellen.
Am Ara Pacis trafen sich also die Priester. Man sah sie schon von Weitem, in ihren weißen Togen, ihrer würdevollen, aufrechten Haltung. Da waren die Arvalbrüder. Die Pontifices. Die Septemviri. Und die Quindecemviri. Alle bereit, für den Kaiser diese Prozession durchzuziehen, für den Kaiser zu opfern.
Wenn man ganz genau hinsah – was sicher einige Leute in der Menge, begierig, etwas mitzubekommen vom heiligen Ritual, tun würden – dann würde man auch den Flamen Divorum sehen, den Flamen der Götter, der vergötterten vormaligen Kaiser des Reiches. Er würde das Voropfer leisten, hier am Ara Pacis. Dann würde die Prozession sich in Bewegung setzen, aus dem Marsfeld hinaus, hinein ins Pomerium, hin zum Palatin. Hier würde der Zug zum Halten kommen, und es würde an den Arvalbrüdern liegen, den Divi Augusti und dem Genius des momentanen Kaisers zu opfern.
Und schließlich würde der Zug zum Kapitol ziehen, zum Tempel der Göttertrias, wo schlussendlich durch die Pontifices den Göttern für das Wohl des Kaisers geopfert werden würde. Dann kam die Erneuerung des Treueschwures der Senatoren – und dann würde das kommen, womit ein jeder ordentliche Festzzug abklang, und zwar mit Gladiatorenspielen.
Doch bevor diese wunderbaren Sachen dem römischen Bürger auf dem Tablett präsentiert wurden, kam das Einbesammeln der Priester am Ara Pacis.
Das Wetter war gut, obwohl es schon herbstlich kühl war. Vielleicht war es ein gutes Omen. Ziemlich sicher war es sogar ein gutes Omen.
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