triclinium | Was lange währt - Aurelischer Besuch

  • Piso hatte sich aufgeputzt für diesen Besuch. Natürlich achtete er immer sehr auf sein Aussehen, war er doch sein Leben lang bestrebt, alle Perimeter der ansprechenden Ästhetik zu treffen, ja, gar zu überbieten – aber er gab es sich selbst gegenüber zu, er war im Vorfeld schon ziemlich nervös gewesen. Es ging nun ums Eingemachte! HEIRATSVERHANDLUNGEN! Piso konnte nicht glauben, dass doch noch, endlich, nach so langer Zeit dieses Wort mit ihm und Prisca in Übereinstimmung gebracht werden würde.
    Und als er sich nun die sicher schon zehnte Toga überwerfen ließ in seinem Cubiculum, ereilte ihm von einem Sklaven die Mitteilung, die Aurelier seien schon eingetroffen. Prisca und Ursus waren hier! Er konnte es kaum glauben! Seine Augen weiteten sich, als er hektisch mit seinen Armen rumwirbelte.
    “Wie steht mir das?“ “Perfekt, Herr“, näselte Cassivellaunus, der ihm beim Anziehen half. “Wie rieche ich?“ “Wie ein Blümelchen.“ “Das hört man gerne“, machte Piso befriedigt, aber machte dann doch leicht beunruhigt weiter. “Rasiert? Kein Mundgeruch? Hände gepflegt? Füße auch? Sitzen die Schuhe? Passt die Toga? Harmoniert sie zur Tunika? Ist...“ Cassivellaunus unterbrach ihm mit einem Seufzen. “Heeeeerr? Deine Verehrte wartet unten. Willst du, dass sie sich die Beine in den Bauch steht?“ “Neinneinneinneinneinnein!“, rief Piso, entsetzt über die Vorstellung, und wandte sich um. Die Toga sauste, und schon eilte er zum Triclinium. Vor der Türe zum Triclinium blieb er stehen, atmete tiiiiiiiiiiief durch, legte seine Hände an die Türe, zog sie zurück, rückte sich die Toga zurecht, atmete nochmals durch, und öffnete die Türe, wo die Gäste schon warteten.
    Ursus und Prisca. Sehr gut, sehr gut, sehr gut. “Salvete!“, begrüßte er die beiden und räusperte sich. Prisca war so bezaubernd schön, er könnte sich direkt an sie ranschmeißen. Fürs Erste musste aber der liebesentbrannt-feurigste Blick, den Piso auf Lager hatte, für Prisca reichen, und ein freundlicher für Ursus, bevor er zu Prisca hinschritt und sich zu ihr hinbeugte. “Prisca“, machte er halblaut, “du schaust so wundervoll aus“ dass ich dich gleich packen und mit dir die unanständigsten Dinge direkt hier am Boden anstellen könnte! Aber nein, das wäre undiplomatisch, das erkannte sogar Piso. “dass ich es unmöglich in Wort fassen kann.“ Ein warmes Lächeln für sie, bevor Ursus auch sein ihm zustehendes anerkennendes Nicken bekam. “Ursus, es tut sehr gut, dich zu sehen. Wie geht es der Gens?“, fragte Piso unverfänglich.
    “Hmm. Nun. Ähm, legen wir uns doch hin. Wein!“, rief er an einen beliebigen nutzlosen Sklaven, der im Weg rumstand, woraufhin dieser buckelte und entschwand.

  • Gemeinsam mit Prisca hatte Ursus das Triclinium betreten und nicht, wie erwartet, Piso dort angetroffen. Hatte der Sklave nicht gesagt...? Na, egal. Gerade setzte Ursus dazu an, noch etwas zu sagen, da betrat auch schon Piso das Triclinium. Er hatte sich mächtig in Schale geworfen. Und duftete wie... wie... hm. Blumen oder so. An so etwas war Ursus gar nicht mehr gewöhnt. Jedenfalls nicht bei Männern. Soldaten rochen für gewöhnlich bestenfalls sauber, meist aber nach Schweiß und allzulang nicht gewaschener Kleidung und natürlich auch nach dem Metall, das sie ständig herumschleppten.


    Daß Piso sich Prisca sogleich so intensiv widmete, statt sich erst einmal mit ihm zu unterhalten, fand Ursus auch ein wenig unpassend. Aber auch darüber war er bereit, hinwegzusehen. Unübersehbar war, daß zwischen den beiden durchaus tiefe Gefühle zu herrschen schienen. Das war ein Pluspunkt für Piso. Nun, Ursus ließ diesen Abend einfach auf sich zukommen. Zugesagt hatte er noch nichts. Und das würde er auch nicht, bevor sie nicht ein wenig genauer über die Bedingungen gesprochen hatten. Die Verantwortung für die Mädchen nahm Ursus sehr ernst. Es war nicht leicht, den richtigen Partner auszuwählen.


    "Salve, Piso. Hab Dank für die Einladung." Die für ihn gar nicht so leicht gewesen war, wahrzunehmen. Die wenige Zeit in Rom schien ihm einfach davonzufließen.


    Wie aufgefordert führte er zunächst Prisca zu ihrem Platz, bevor er sich selbst niederlegte und sich eine Schüssel reichen ließ, um sich die Hände zu waschen. "So langsam erwacht die Familie aus der Erstarrung. Ich denke, wir werden die anstehenden Aufgaben schon meister. Und wie geht es euch?" Immerhin hatten auch sie einen schweren Verlust zu beklagen.




  • HEIRATSVERHANDLUNGEN! … Ja, genau deswegen waren sie heute hier. Prisca konnte es kaum glauben. Nach all der Zeit des Bangens und Hoffens sollte es endlich soweit sein! Kaum hatten sie das imposante triclinium - der in allen Maßen beeindruckenden villa Flavia - betreten, kam auch schon Falvius Piso auf sie zu und … gut sieht er aus, so gepflegt und angenehm duftend. Dazu dieser deutungsvolle verliebt-feurige Blick, bei dem die Schmetterlinge in Priscas Bauch umher zu schwirren begannen. Die Aurelia bemerkte dies zwar und konnte dennoch nichts gegen die hochroten Wangen tun, mit denen sie ihrem Liebsten nun augenblicklich gegenüber trat und dabei fast vergaß, dass ja ihr Cousin auch noch da war. Unsicher schweifte ihr Blick umher, bis sie schließlich verlegen lächelnd zu Piso auf sah. Ich gefalle ihm! … wirklich? … Das hoffte die Aurelia natürlich, denn nicht umsonst hatte sie den halben Tag lang mit den Vorbereitungen zugebracht. Sie trug ein langes Kleid aus weißer Seide, mit filigranen Goldstickereien nach ägyptischer Art, das sie extra hatte anfertigen lassen und welches mit einem tiefen Ausschnitt und zwei seitlich bis zu den Oberschenkel führenden Schlitzen glänzte. Die Haare zu einem einfachen Knoten geflochten, nur dezent geschminkt, dazu ein betörender Duft von Rosen und einfacher Gold- und Perlenschmuck. Insgesamt betrachtet wohl eher schlicht, auf den ersten Blick, aber dem Anlass entsprechend aufreizend. Schließlich war das hier kein Festbankett sondern die Verhandlung ihrer Ehe. Und dazu gehörte es nach Priscas Auffassung, dass ihr Zukünftiger einen guten Einblick ersten Eindruck von dem bekam, was einmal "ihm gehören" würde, ohne ihm aber zu viel davon zu zeigen. …


    "Salve Aulus! Danke, ich … ich freu mich, … sehr ...", mehr brachte sie (zu ihrer eigenen Überraschung) nicht hervor, außer einem verliebten Lächeln, als sie einen Namen ausrief. Vorerst sagte die Aurelia lieber nichts weiter um nicht zu allem Überfluss ins stottern zu geraten. Ich überlasse besser den Männern das Reden, beschloss die Aurelia deshalb, da diese die Verhandlungen ohnehin führen würden. Immer noch leicht verlegen lächelnd ließ sie sich von Ursus weiter zu dem ihr zugedachten Platz, an seiner Seite geleiten, wo sie sich mit einer eleganten Drehung auf einer bereit stehenden Kline nieder ließ. Mit zitternden Fingern zupfte sie schnell den Stoff züchtig zurecht ehe sie nach einem Glass Wasser griff, um damit ihre trockene Kehle zu befeuchten. Du meine Güte, warum bin ich denn eigentlich so aufgeregt?, fragte sie sich selbst, jetzt, da doch alles bereits so gut wie besiegelt war. Womöglich lag es einfach an dern Aufregung darüber wie es nun weiter gehen würde und an der Vorfreude auf den einenTag in ihrem Leben, auf den sie schon so lange und sehnsüchtig wartete ...

  • Die Prämissen zu einer Vermählung zwischen Aurelia Prisca und Flavius Piso hatten sich recht drastisch gewandelt, doch wie ein unerschütterlicher Fels in der stürmischen Brandung hatte die Absicht der Verliebten durch die zurückliegenden Ereignisse standgehalten, und wie eine Muschel, welche sich fest an diesem Gestein hatte verankert, so stand auch Gracchus' Meinung bezüglich dieser Angelegenheit weiterhin unverrückbar fest, hatte sich nicht einen digitus bewegt in den Unruhen des Sturmes, gegenteilig war er mehr denn je davon überzeugt, dass nun erst recht eine weitere Bindung zwischen den Familien nur von Vorteil konnte sein, da das solide Band zwischen Aurelia und Flavia zu Grabe war getragen worden und der zarte, neu entstehende Hauch zwischen Nigrina und Aurelius Lupus auch nach der Verlobung längstens nicht von übermäßig stofflicher Festigkeit war. Dennoch hatte Gracchus bereits wieder auf die Angelegenheit vergessen, nicht etwa da diese von geringer Relevanz war, gleichwohl nicht ob der auf die devastativen Ereignisse im Hain der Diana folgenden, allgemeinen Derangierung über Wohl und Wehe des Staates und der Familie, sondern schlichtweg als einer von vielen Gedanken, welche nach ihrem Fassen alsbald in Gracchus' Geiste wieder verblassten, zu schnell allfällig für einen Menschen seines Alters - doch wer mochte die Dreistigkeit sich erlauben, bestimmen zu wollen, welche Gedanken wie schnell aus Gracchus' Geiste durften entfleuchen und welche dort mussten verharren? -, so dass sie oftmals gänzlich verloren waren, wenn nicht Sciurus dafür Sorge trug, sie seinem Herrn zu bewahren, welcher bis dahin noch nicht die Notwendigkeit hatte gesehen, diese Causa neuerlich anzugehen. Die Ankunft der Aurelia samt ihres neuen Tutors Aurelius Ursus kam darob ein wenig überraschend für Gracchus - was wiederum nicht sonderlich außergewöhnlich war, überraschten ihn doch bisweilen schon am Abend jene Termine, welche am Morgen waren festgesetzt worden -, gleichsam indes war er zu sehr bestimmt von dem, was er hatte zu sein, als dass diese unerwartete Verpflichtung ihn hätte vor ein größeres Problem gestellt. Einige Augenblicke erwägte er über die saphirblaufarbene Tunika an seinem Leibe eine Toga legen zu lassen, waren Gespräche bezüglich possibler Ehen doch zumeist eine rein geschäftliche Angelegenheit, andererseits mochten die beiden Aurelier auch ob Celerinas Beisetzungsmodalitäten gekommen sein, in welchem Falle die familiäre Verbundenheit im Vordergrund würde stehen. Letztlich entschied Gracchus sich doch für eine nachtblaufarbene Toga - denn jede physische Hülle kam letztlich auch einer Schutzschicht um sein Innerstes herum gleich -, welche in ihrer Farbgebung und Stofflichkeit eine gewisse Schwere in sich trug, einen Hauch von Melancholie allfällig, von Trost gleichsam, welcher nur des Nachts zu finden war, wenn alle klaren, harten Konturen - auch jene der Tristesse oder Misere - zu diffusen Schemen verschwammen, gleichwohl er sich dieser nonverbalen, tonalen Aussage nicht bewusst war, nurmehr emotional in jene Couleur eintauchte, in welcher seine Sinne so heimisch sich fühlten wie ein Eichkätzchen sich in seinem Kobel. Gefolgt von Sciurus trat er so alsbald in das kleine Triclinium ein.
    "Salve, Senator Aurelius!"
    Zu Prisca gewandt hob sein linker Mundwinkel sich zu einem feinen Lächeln, welches gleichsam geleitet war von einem Stich aus Wehmut in seinem Herzen, war doch sie jene Frau gewesen, welche ihr Leben an der Seite seines geliebten Vetters Caius hätte verbringen sollen. Letztlich indes hatten sie ihn jedoch beide verloren, waren beide von ihm verlassen worden - was eine latente Verbundenheit zwischen ihnen schuf, wenngleich nur Gracchus um diese wusste -, und irgendeine fremde Person, welche sie beide nicht kannten, welcher darob um so leichter zu zürnen war, hatte nun diesen Platz eingenommen.
    "Salve, Aurelia!"
    Den Platz an Pisos Seite konnte Gracchus freimütig vergeben, denn obgleich sein Vetter ein überaus gutaussehender Mann war, so war er ihm doch niemals mehr zugeneigt gewesen als einem Vetter zustehend. Jenem nickte er nun ein kurzes
    "Piso"
    zu, ehedem er sich auf die Cline neben ihn legte und vorerst schwieg, schlussendlich waren dies seines Vetters Verhandlungen und er vorwiegend anwesend, um jenen ein wenig Nachdruck zu verleihen, wiewohl zu verdeutlichen, dass Piso nicht einfach irgendein Flavier ohne Zukunft war, sondern dass die Familie hinter ihm stand und darob sein Einfluss künftig noch weiter würde ansteigen.

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  • Hmm, vielleicht war es doch nicht die beste Idee gewesen, sich zuerst Priscas anzunehmen statt des Legaten und nunmehr ranghöchsten Mitglieds der Aurelier. Aber was konnte Piso tun? Venus selbst hatte ihm die Liebe gegeben – böswillig konnte man sagen, sie hatte sie ihm mit dem Bratspieß eingeimpft. Denn das Piso erst darum vor Venus‘ Tempel darum gebeten hatte, dass sie es zuließ, dass sein Herz sich wieder erweiche, das behielt er als Geheimnis in seinem Herzen. Selbst gegenüber Prisca. Denn sie sollte eigentlich nicht erfahren, dass er es nicht selber und aus eigenem Antrieb zurande gebracht hatte, sich in sie zu verlieben.
    Wie konnte Piso also so tun, als ignorierte er Prisca? Denn sie sah so wunderschön aus. Vor allem dieser Ausschnitt. Huiuiuiuiuiui. Ein wahres Fest fürs Auge – auch wenn Piso sich nicht in seinen krampfhaften Bemühungen, Prisca ins Auge zu blicken, beirren ließ. Sicher würde es Ursus nicht goutieren, wenn er seinem ultimativen Ziel so offensichtlich zur Schau stellte.
    Prisca aber brachte gar nicht einmal viel heraus auf seine Begrüßungsansage hin – ja, was sie antwortete, ließ sein Kompliment fast schon eloquent erscheinen! Aber es wahr ehrlich. Und es war zum Hinwegschmelzen süß! Ein schmachtender Blick zu ihr hin, bevor er sich endlich, fast schon ein wenig widerwillig, zu Ursus hin – wohlweislich nicht, weil ihm Ursus auf die Nerven ging, sondern viel eher, weil es so unendlich schwer war, die Augen von Prisca zu lösen.
    Ursus sprach von weitaus schwerwiegenderen Dingen als jenen, die Piso im Kopf herumgingen, und zwar von den interfamiliären Angelegenheit der Aurelier. Und schon wieder einmal fragte sich Piso, was so aufregend an diesem Corvinus gewesen sein soll, dass ganz Rom sich in Trauer über ihn ergoss. Wer hat getrauert, als Vera starb? Nicht ein einziges Schwein (außerhalb der Villa Flavia). Und bei einem Corvinus hatte ganz Rom Trauer zu heucheln.
    Nichtsdestotrotz nickte er grave. “Sei dir versichert, die Gebete unserer Gens sind mit euch.“ Er seufzte tief, als Ursus nach dem Befinden seiner Gens fragte. Natürlich war dies nur eine floskelhafte Frage, ebenso, wie es seine gewesen war, aber auch hier gab es etwas zu jammern.
    “Die Tode von Flavia Vera und Flavia Celerina waren schwere Schläge für uns. Doch es bleibt uns nichts weiteres übrig, als das Schicksal zu ertragen und weiterzumachen. Ich bin mir sicher, die Verstorbenen hätten genau das von uns gewollt.“ Hach ja, ein bisschen schwülstige Töne schwingen war doch immer wieder schön. Labsal für die Seele, und es klang auch noch höflich, und das war im Umgang unter Patriziern das Wichtigste.
    Gerade wollte Piso sich auf die Kline hinauflegen, da kam Gracchus hinzu. Piso blickte zu seinem Vetter. “Salve, Gracchus“, machte er, während ein dankbarer Ausdruck in seinem Gesicht sich zeigte. Gracchus war hier! Sein Vetter war zur Unterstützung herangeeilt, sodass Piso hier nicht alleine war. Der jüngere Flavier war durchaus froh, dass der Ältere hier war, vielleicht konnte er ihn ja auch als Souffleur benutzen?
    Aber jetzt musste er sich wohl damit begnügen, selber zu reden. Piso legte sich ziemlich umständlich auf die Kline hinauf, wäre fast tollpatschigerweise von ihr auf der anderen Seite heruntergefallen, erfing sich, und lächelte dann Ursus freundlich an.
    “Nun gut, wie du weißt, würde ich gerne deine Cousine heiraten“, begann er in media res. “Ursus, ich liebe Prisca. Vom ganzen Herzen“, breitete er dem Legaten aus. “Ich werde bald zum Senator ernannt werden und, wenn die Götter es wollen, zum Pontifex. Aus diesem Grund kann ich garantieren, dass Prisca bei mir gut versorgt ist. Wenn ich Prisca heiraten kann, dann werde ich ihr der beste Ehemann sein, den sie sich vorstellen kann!“, beteuerte er. “Prisca wird sich bei mir wohlfühlen. Ich schwöre bei Iuppiter dem Stein, ich werde ihr treu sein und sie lieben“, setzte er noch eines drauf.

  • Sie sprach Piso bereits mit Vornamen an? Ursus konnte seine Überraschung kaum verbergen und schenkte seiner Cousine einen fragenden Blick. War das nicht schon eine Spur zu vertraulich dafür, daß die Verhandlungen gerade erst begannen? Hoffentlich hatten sich die beiden nicht schon zu Dummheiten hinreißen lassen. Daß Prisca es faustdick hinter den Ohren hatte, wußte Ursus schließlich nur zu gut. Auch wenn er damals Corvinus gegenüber dicht gehalten hatte, war er doch selbst nicht gerade begeistert von Eskapaden solcher Art. Nur gut, daß die Angelegenheit damals keine weiteren Kreise gezogen hatte, sonst wären sie nun kaum hier.


    Gracchus gesellte sich zu ihnen und das erfüllte Ursus mit tiefer Erleichterung. Seine Gegenwart würde ein sachliches Gespräch sicherstellen, ohne daß es allzu gefühlsduselig wurde. "Salve, Senator Flavius." Warum gingen sie eigentlich wie Fremde miteinander um? Er ließ sich stark verdünnten Wein geben, denn sein Kopf sollte klar bleiben, solange es hier um solch wichtige Dinge wie Priscas Zukunft ging.


    Kaum hatten sie sich niedergelassen, ließ Piso sich nur kurz über sein Mitgefühl für die Aurelier und die Schicksalsschläge seiner eigenen Gens aus, bevor er sogleich zur Sache kam. Seine Beteuerungen klangen ernsthaft und aus tiefstem Herzen kommend. Doch eine Heirat war nichts, was allein mit dem Herzen entschieden werden sollte.
    "Es ist schwer, nach solchen Verlusten zum Tagesgeschäft zurückzukehren. Unser beider Familien sind gebeutelt von Schicksalsschlägen. Es ist sicherlich nicht unklug, unsere Kräfte zu vereinen, gerade in diesen Zeiten, da Patrizier oft mehr Steine in den Weg gelegt bekommen als andere." Damit spielte er auf Salinator an, der so manchen Patrizier statt nach seinen Leistungen lieber nach seinem Stand beurteilte und sein Weiterkommen behinderte. Noch heute staunte er darüber, daß er seine Ernennung zum Legaten erhalten hatte. "Die Liebe, werter Piso, ist oft genug nur ein Strohfeuer, das nur allzu rasch in sich zusammenfällt. Ich wünsche euch eine liebeserfüllte Ehe und alles Glück, das eine solche Verbindung mit sich bringt. Aber allein darauf möchte ich eure Verbindung nicht bauen. Ich möchte Sicherheit und Geborgenheit für meine Cousine. Und die Erfahrung zeigt nun leider, daß die besten Ehen jene sind, in denen die Liebe Zeit zum Erwachen und Wachsen hatte."




  • In der Tat hatte sich Prisca zu einer sehr vertrauten Begrüßung hinreißen lassen, in dem sie Aulus mit Aulus angeredet hatte. Kein Wunder, nachdem sie beide sich nun schon seit längerer Zeit kannten und von Anfang an eine gewisse Vertrautheit zwischen ihnen geherrscht hatte. Es fiel der Aurelia allerdings erst auf, als sie zufällig dem fragenden und leicht überrascht wirkenden Blick ihres Cousins begegnete. Normalerweise hätte sie es bei einem rückfragenden Blick a là Was? Was ist denn? … belassen, doch angesichts des kleinen Geheimnisses zwischen ihnen, kam Prisca nicht umhin darüber zu mutmaßen, an was Ursus wohl gerade denken mochte. Schließlich wusste er als Einziger von ihren Eskapaden (zumindest von einer ganz bestimmten) und genau deshalb konnte Prisca ihrem Lieblings-Cousin nicht einmal verübeln, dass er seitdem ein ganz besonderes Auge auf sie hatte. Nicht nur damit 'seine Cousine' auch ja gut verheiratet würde, nein, sicher mit auch, damit 'seine Cousine' nicht wieder irgendeine Dummheit begehen würde.


    Da ist nichts zwischen uns. Noch nicht! Ich bin ganz brav, ich schwöre!, signalisierte Prisca ihrem Cousin stumm, mit leicht schockiert aufgerissenen Augen, auf das er diesen Blick hoffentlich in entsprechenden Worten zu deuten wüsste. Zumindest auf Piso bezogen und was ihre Jungfräulichkeit betraf stimmte das ja auch. Just in dem Moment erschien Flavius Gracchus und Priscas Gesichtszüge entspannten sich augenblicklich wieder, um ihre Sympathie für ihn zum Ausdruck zu bringen: "Salve Flavius", grüßte sie ebenso knapp wie er, aber mit einem herzlichen Lächeln, zurück. Prisca empfand sein flüchtiges und dennoch feines Lächeln durchaus angenehm und vertraut, obwohl sie den Bezug zu der Geschichte mit Caius (über die sie schon längst hinweg war) natürlich nicht herstellen konnte. Aber in den wenigen Malen, in denen sie sich begegnet waren, hatte der Flavier sie mit seiner Art doch zu beeindrucken gewusst.


    Mindestes genauso beeindruckt war Prisca allerdings auch von Pisos Worten. Ach was beeindruckt. Prisca war völlig hin und weg von dem wundervollen Beweis seiner Liebe, mit dem er ihren Cousin zu beeindrucken versuchte! Er liebt mich und er schwört sogar auf Iuppiters Stein, dass er mir treu sein wird Und das vor Zeugen! Die Aurelia kannte so gut wie keinen Mann (eigentlich gar keinen) den sie jemals so etwas schönes hatte sagen hören. Während Andere an seiner Stelle wohl eher auf die politischen Vorteile einer solchen Verbindung eingegangen wären, sprach Piso ganz offen seine Gefühle für sie an. Spätestens jetzt war Piso ihr 'Held' und 'Traummann' schlechthin. Oh ja, das war er in der Tat und gleichsam erfüllte sich für die junge Aurelia gerade der Traum ihres Lebens. Aus Liebe heiraten zu dürfen und nicht aus rein politischen Zwecken. Was gäbe es schöneres?


    Ganz in ihre Gedanken versunken griff Prisca nach einer Rose, welche aus einem kunstvoll angerichteten Blumengesteck neben ihrer Kline ragte. Sie drehte verspielt den Stengel zwischen ihren Fingern und hob die Blüte ab und an unter die Nase, um den lieblichen Duft der Blume einzuatmen. Gleichzeitig sah sie über den Rand der Blütenblätter hinweg zu Piso und sandte ihm stumm einen verheißungsvollen Blick, nach dem anderen und ihr schönstes Lächeln dazu, mit dem sie ihm zeigen wollte wie sehr.... Ich dich liebe Oh ja das tat sie von ganzem Herzen, mochte es auch nur ein Strohfeu … er.. bitte was???...


    Prisca schreckte regelrecht aus ihren Träumen auf als sie Ursus so daher reden hörte wie ihren Onkel. Naja etwas gemässigter wie Marcus vielleicht, aber warum muss Liebe eigentlich immer vergänglich sein und warum muss sie erst wachsen. Warum darf es sie nicht einfach geben? Prisca verstand diese Einstellung, aus ihrer perönlichen Wahrnehmung heraus, selbstverständlich nicht und entsprechend entrüstet blickte sie zu ihrem Cousin hinüber. Letztendlich besann sie sich aber auf ihre Rolle und da sie demzufolge eh nichts zu sagen hätte, beließ sie es die Aurelia bei einem leisen Schnauben. Gleichzeitig richtete sie die Augen willkürlich auf irgendeine Büste eines flavischen Ahnens, die rein zufällig an der Wand zu hängen schien, während sie in ihren Gedanken, fast wie zum Trotz, ihrem Liebsten die ewige Treue schwor. Oh ja!Ich werde für dich die beste Ehefrau sein, die du dir nur vorstellen kannst: Die repräsentative Frau an seiner Seite, mit der er sich in der Gesellschaft Rom zeigen und rühmen könnte, - die heißblütige Geliebte im Bett, die ihm jeden Wunsch (egal welcher Art) von den Augen ablesen würde und, - nicht zuletzt die treue und fürsorgende Mutter seiner Kinder, vieler gesunder und starker Söhne, die sie ihm schenken wollte, damit jeder Mann in Rom nicht umhin käme, neidvoll auf die Nachkommen des Aulus Flavius Piso zu blicken … Nur um es allen Zweiflern und Skeptikern endlich ein für allemal zu beweisen, dass die Liebe am Ende doch zu siegen vermag …

  • Ursus begrüßte noch Gracchus, während Piso hinüberschielte zu Prisca. Ach, wie süß sie war. Wie sie ihn betrachtete, ihr Gesicht halb verborgen von der Rose... oh, und wie sie ihn anschaute. Dieser Blick war zum Dahinschmelzen. Es war ein Blick, in dem man sich verlieren könnte. Sie war toll. Sie war prima! Sie war die Eine! Das wusste Piso, und durch nichts in der Welt war er von dieser Überzeugung abzubringen. Prisca war die, die er wollte. Keine andere kam ihm in die Tüte. Prisca war ein Traum. Perfekt. Unerreichbar für alle anderen Frauen dieser Erde. Leider sah er ihr Lächeln nicht, da verdeckt von der Rose, aber Piso konnte es sich denken, dass sie es tun würde. Mit ihren vollen, schönen Lippen. Oh, wie wundervoll die Erinnerung war an jenen Kuss... vie verrucht! Wie verboten! Wie unmoralisch! Aber gerade deshalb umso genussvoller.
    Der Schwur, den Piso geleistet hatte, klang in seinen Ohren nach. Er war sich ziemlich sicher, dass er Prisca gefallen hatte. Und er hätte ihn nicht leichtfertig geleistet, wäre er sich nicht sicher gewesen. Aber Venus, sie hatte ihre Finger ihm Spiel. Die Liebe zu Prisca hatte sie ihm auferlegt, und er würde sie sein Leben lang im Herzen behalten.
    Als Ursus zu sprechen begann, wanderte sein Gesicht hin zu eben jenem. Ursus war kein schlecht aussehender Mensch, doch wie schnöde und langweilig kam ihm sein Gesicht vor, verglichen mit dem der holden, schönen Prisca! Und was er sagte, dass war doch ein wenig... wie sollte man es sagen? Ja, ernüchternd. Piso, der schon auf Wolke 7 herumgeschwebt war, konnte gar nicht einsehen, dass jemand noch immer Bedenken haben könnte. Diese Ehe war von den Göttern gesegnet, Piso wusste, wovon er redete, er war Priester! Aber er sammelte seine Konzentration und lächelte. Ja, genau. Das war das Beste, was man in der Situation machen konnte.
    “Ursus, ich verstehe deine Bedenken gut. Wärst du an meiner Stelle und ich an deiner, so würde ich dich die selben Fragen stellen. Nun, was das Strohfeuer angeht, was kann ich dazu sagen..? Außer, dass ich mir sicher bin, dass es mehr ist als das. Liebe ist schon oft im Laufe der Zeit quasi aus dem Nichts erwachsen und hat sich entwickelt. Da stimme ich dir zu. Nur ist es so, dass oft sich auch keine Liebe entwickelt hat, wo ursprünglich keine da war. Und ich gebe dir auch recht, Strohfeuer von Lieben gibt und gab es. Aber es gibt auch Lieben, die halten länger als ein Strohfeuer. Es gibt Lieben, die dauern von der ersten bis zur letzten Sekunde an. Und ich weiß, dass dies der Fall hier ist.“ Piso atmete tief durch.
    “Sicherheit und Geborgenheit werde ich Prisca auf jeden Fall bieten können, in jederlei Hinsicht. Natürlich kann ich dir keine handfesten Beweise für meine Absichten geben, so gerne ich das auch würde. Ich kann dir nur versichern, dass dies der Fall sein wird.“ Er suchte seine nächsten Worte sorgfältig aus. Vielleicht langweilten seine Beteuerungen Ursus. Vielleicht überzeugten kühlere Herangehensweisen ihn.
    “Davon abgesehen, wie du schon beocbachtet hast, wäre eine Verbindung zwischen unseren Familien von höchstem Vorteil – nicht zuletzt von eurem, der Aurelier, Vorteil, da ihr als Gens euch der besonderen Verbundenheit eines hoffentlich baldigen Senators mit Einfluss im Cultus Deorum gewiss sein könnt. Und wie du schon gesagt hast, dies sind Zeiten, in welchen es Not tut, die Kräfte unter uns Patriziern zusammenzuschweißen.“ Er nickte mit seriösem, sachlichem Gesichtsausdruck. “Und es ist sicher besser, deine Cousine einen Patrizier anzuvertrauen, von dem du dir vergewissert sein kannst, dass er ihr stets die innigsten Gefühle entgegenbringen wird, anstelle eines Mannes von ebenso patrizischem Geschlecht, der nie imstande sein wird, dies zu tun“, rang er sich einen veritablen Monstersatz ab. Diese Mühe war Prisca wert!

  • Die Eröffnung seines Vetters fiel ein wenig emotional aus, ein wenig zu emotional allfällig für Gracchus' Geschmack, welcher mit Emotionalitäten in einer Ehe ohnehin nicht sonderlich viel konnte anfangen, doch immerhin vergaß Piso darüber nicht auf das Wesentliche hinzuweisen - seinen Stand und seine Zukunftsaussichten-, obgleich dies augenscheinlich ein wenig unterzugehen drohte neben seinem Liebesschwur. Gleichwohl konterte er eine entsprechende Reaktion Ursus' wiederum recht passabel.
    "Wie mein Vetter bin ich nicht der Ansicht, dass es eine allgemeine, emotionale Voraussetzung zu einer guten Form der Ehe gibt, dass eine jede Emotionalität – mag es Liebe, Glei'hgültigkeit oder gar Missfallen sein – sowohl zu einem Scheitern, als auch zu blühender Einigkeit führen kann. Von Bestand und darob von Relevanz sind letztlich nur die ge..schlossenen Verträge, wiewohl die Prämissen dazu in diesem Falle wohl für beide Seiten durchaus profitabel sind."
    Dies inkludierte sowohl die schriftlichen Vereinbarungen der Ehe, wiewohl auch die impliziten Verpflichtungen und Abmachungen zwischen den Gentes, an welchen emotionale Differenzen zwischen Eheleuten nach Gracchus' Auffassung nichts würden ändern, waren Scheidungen innerhalb der flavischen Familie für ihn doch gänzlich inakzeptabel - insbesondere auch in Hinblick auf Pisos Karriere im Cultus Deorum. Gleichwohl schien es ihm ohnehin unwahrscheinlich, dass Ursus tatsächlich an dieser Verbindung Zweifel hegte, mehr, dass er suchte die Mitgift ein wenig zur drücken, denn obgleich Prisca durchaus keine schlechte Partie mochte sein, so war Piso bereits über jenen Status hinaus, in welchem seine Herkunft sein einziger Vorzug war.

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  • Eigentlich hatte Ursus ja gar nichts gegen die Liebe. Er wollte nur nicht, daß durch den Überschwang der Gefühle die wirklich wichtigen Dinge nicht aus dem Blick gerieten. Gerade dieser Fall zeigte deutlich, wie gut es war, daß für gewöhnlich die Eltern sich um die Eheschließung ihrer Kinder kümmerten. Ihnen wurde nicht vor lauter Gefühlsduselei die Sicht genommen. Man brauchte sich nur die Blicke von Piso und Prisca ansehen. Die beiden hatten wahrhaftig nur Augen füreinander. Eigentlich ein hübscher Anblick. Aber nicht gut für die Verhandlungen. Wie gut, daß Gracchus anwesend war, dessen Äußerungen Ursus nur zustimmen konnte. "Das deckt sich ganz mit meiner Ansicht", nickte er Gracchus zu. Seine Worte mochten eine extremere Sichtweise dargelegt haben, doch er hatte einfach das junge Paar ein wenig ausbremsen wollen.


    "Werter Piso, an Deinen tiefen Gefühlen für meine Cousine zweifele ich nicht im Geringsten. Und auch nicht daran, daß Du, liebe Prisca, ebenso tiefe Gefühle für Piso hegst. Ihr seid ein schönes Paar. Aber eine Ehe bedeutet so viel mehr. Wo werdet ihr leben? Wovon werdet ihr leben? Gerade am Anfang der Karriere hat ein Politiker vor allem Kosten und kaum Einkommen. Eine reiche Gens im Rücken kann da natürlich aushelfen. Aber inwieweit kannst Du Dein Einkommen selbst sichern, Piso?" Prisca würde nach der Erbschaft über ein immenses Vermögen verfügen, aber gerade aus diesem Grund sollte auch Piso über ausreichende Mittel verfügen. Ursus wollte nicht, daß Prisca ausgenutzt und am Ende nur wegen dieses Vermögens geheiratet wurde. Nur die Tatsache, daß Piso schon lange vor Corvinus' Tod um Prisca geworben hatte, ließ Ursus diese Vermutung im Falle des Flaviers verwerfen.




  • Ernst horchte sich die Worte von Gracchus an – sie klangen ihm wie Musik in den Ohren! Nicht nur, weil sie ihm äußerst zupass kamen, sondern auch, weil sie so knapp waren, so präzise, so juristisch genau. Was Piso mit einer Tirade von Beispielen beschrieben müssen hatte, schilderte Gracchus in ein paar wenigen Worten sehr elegant! Wunderbar! Unverhohlene Bewunderung lag in dem Blick, welcher Piso Gracchus schenkte. Gracchus war doch der Beste! Der Ältere legte sogar ein Schäufelchen hinzu, indem er die Vorteile einer solchen Heirat noch einmal herausstrich.


    Ursus konfrontierte, nachdem er Gracchus zugestimmt hatte, Piso mit weiteren Fragen. Diese konnte er beantworten wie vom Bogen geschossen. “Ursus, ich habe weitreichenden Landbesitz in Oberitalien. Vielleicht weißt du, dass Celerina mich als ihren Alleinerben eingesetzt hat. Daher wird sich, sobald die Decemviri die Testamente endlich bearbeitet haben, noch weiterer Landbesitz hinzugesellen, auch, weil ich nach der Heirat noch das Vermächtnis eines toten Freundes erben werde...“ Sein Blick wurde kurz unsicher und betrübt, bevor er sich wieder fing.
    “Eine regelmäßige Einnahmequelle ist mein Einkommen von meiner Arbeit im Cultus Deorum her. Als Septemvir verdiene ich ziemlich gut. Wenn die Götter es wollen, werde ich bald Pontifex, was bedeuten würde, dass ich bald noch auf größere Verdienste zurückgreifen kann. Außerdem besitze ich ein großes Sägewerk in Germanien, und eine sehr große Fischfarm am Lacus Volsinii – besonders Letzterer wirft sehr große Profite ab.“ Er holte tief Luft.
    “Wie du siehst, habe ich mehrere Einnahmequellen, auf welche ich zurückgreifen kann, um Prisca ein standesgemäßes Leben zu ermöglichen, ohne dazu einmal auf die Gelder der Familie zurückgreifen zu wollen.“ Piso war wirklich schon aus dem Alter heraus, wo er der Familie auf der Tasche lag. “Wo wir wohnen werden? Nun, hier. In der Villa Flavia. Alle lebenden Flavier in Rom sind sehr nah miteinander verwandt, und so teilen wir uns traditionell diese Villa. Natürlich würde uns ein segregierter Bereich zur Verfügung stehen...“ Das hoffte man doch! Dann lächelte er noch leicht. “Und danke für das Kompliment.“ Ein schönes Paar. Das hörte man doch immer gerne. Schönheit, Ästhetik, gab es Wundervolleres?

  • Prisca lauschte dem Gespräch der Männer weiterhin stumm, sich brav auf ihre Rolle der umworbenen Braut beschränkend, wenngleich sie - an der ein oder anderen Stelle - nur zu gerne mitgeredet hätte. Die Haltung ihres Cousins konnte die Aurelia durchaus verstehen und insgeheim fand sie es sogar in Ordnung, dass er derlei Argumente vor brachte, von wegen: Ob Piso denn gut genug für sie sei, denn ... Eine Aurelia war nun mal nicht so einfach zu haben - Flavier hin oder her - selbt wenn sich selbige und er ihre Zuneigung und Liebe längst gegenseitig bekundet hatten! Letztendlich mussten Heiratsverhandlungen auf diese Art und Weise geführt werden, wenngleich in ihrem Fall eher rein pro forma. So sah Prisca das zumindest.


    Piso indes schlug sich wacker, fand Prisca, trotz der ganzen Fragen die er, zugegeben, mit ein bisschen Unterstützung seines Verwandten sehr geduldig beantwortete und er dennoch nciht vergaß, dabei stets seine aufrichtigen Gefühle für sie zu beteuern. Prisca legte die Rose beiseite und nahm dafür das Glas mit Wasser auf. Den Blick ließ sie weiter bewundernd auf ihren Liebsten ruhen während sie trank und gleichzeitig die gemeinsame Zukunft vor ihrem geistigen Auge ausmalte. Rosig würde diese sein. Natürlich! Wie sonst? Ihr Privat- und Liebesleben würde geprägt sein von Leidenschaft, Lust, Begierde und gegenseitiger Zuneigung. Aus ihrer Liebe würde Vertrauen erwachsen und darauf wiederum würde sich ihre gemeinsame Zukunft bauen lassen. Mit vielen Nachkommen, die sie ihm schenken wollte, starke Söhne, die das Fundament ihrer Liebe auf ewig erhalten sollten.


    Was gäbe es schöneres als solch ein Leben in völliger Unbeschwertheit zu führen? Schließlich stammten sie beide zudem aus adeligen Familien. Das war das Sahnehäubchen obendrauf sozusagen. Sie waren reich und deshalb unabhängig, Piso noch dazu ein aufstrebender Senator, der somit in der Öffentlichkeit gesellschaftlichen Einfluss und Ansehen haben würde, … Und ich will ihm die Frau an seiner Seite sein, um die ihn alle beneiden sollen, hoffte Prisca darauf, dass sie - mit allen ihr zu Verfügung stehenden Mitteln und Wegen - seiner Karriere würde dienlich sein. Ja! Prisca sah voller Zuversicht und Freude in diese rosige Zukunft, mit all ihren wundervoll erscheinenden Facetten und deren positiven Aussichten, wenn da nicht …


    … ja wenn es dieses unscheinbare Wörtchen 'wenn' nichtg gäbe, bei dem es Prisca urplötzlich und eiskalt über den Rücken lief. Gutmöglich, dass man ihr unmerkliches Zusammenzucken (so als erwache sie eben aus einem Tagtraum) bemerkte, gleichwohl sie es zu vertuschen versuchte indem sie hastig von den vor ihr ausgebreiteten Speisen kostete. Ausgerechnet jetzt musste sie an die Worte ihres "lieben" Cousins Sextus denken. Und was, wenn an den Gerüchten über den flavischen Wahn doch etwas wahres dran ist?, grübele Prisca mit einem nunmehr verstohlen prüfenden Blick hinüber zu Piso und gleich darauf zu Flavius Gracchus. Also wie Wahnsinnige benahmen sich die beiden nun wirklich nicht und schon in der nächsten Sekunde schalt sich Pricsa selbst für ihre Dummheit, eine solche Unterstellung überhaupt in den Betracht des Möglichen zu ziehen. Naja. Und wenn doch etwas an dieser Geschichte dran sein sollte, habe ich zumindest die Genugtuung, dass Lupus ebenfalls in diese Wahnsinns-Familie eingeheiratet hat, versuchte die Aurelia es ganz locker zu sehen. Wobei sie sich spontan fragte, ob ihr Cousin wohl genauso wenig Skrupel hätte eine Flavia, "fallen zu lassen", wie er (s)einen Freund und potenziellen Mörder würde fallen lassen ...

  • Sim-Off:

    Sorry, ich dachte wirklich, Gracchus würde noch posten



    Es klang fast zu gut, um wahr zu sein. Ursus ließ die Worte des Flaviers erst einmal sacken. Betrachtete die Gesichter. Das von Prisca strahlte vor Freude. Das von Piso schien Freude, Erwartung und Überzeugung auszudrücken. Gracchus schien mit allem einverstanden zu sein, was sein Verwandter sagte. Dazu waren die Flavier gute Freunde, eine weitere Verbindung zwischen den Familien war durchaus wünschenswert, vor allem nach den tragischen Todesfällen, die beide Familien zugleich getroffen hatten.


    Für die anderen Anwesenden mußten sich die stillen Minuten, in denen Ursus seine Überlegungen anstellte, endlos hinziehen. Schließlich nickte er. "Ihr beide wollt euch, Vermögen und Einkommen sind reichlich vorhanden, die Familien stehen freundschaftlich zueinander und wünschen beide weitere Verbindungen. Also warum sollte ich mich weiter sträuben? Wären die Heiratsmodalitäten noch zu klären." Irgendwie kam ihm das schwer über die Lippen. Corvinus war gegen Piso gewesen, das wußte Ursus. Auch wenn er das in jenem Brief an Prisca widerrufen hatte. War der Flavier wirklich gut genug für sie? Sie war etwas ganz Besonderes. Eine edle Rose. War Piso wirklich edel genug für sie? Liebte er sie oder war sie nur eine schwer erreichbare Trophäe, die er fallenlassen würde, sobald sie sein war?




  • In Pisos Kopf ging es rund. Natürlich war in dem quirligen Künstlerhirn immer viel los, aber was nun vor sich ging, das ging auf keine Kuhhaut. Doch ein Gedanke, der dröhnte in ihm herum – so laut, dass er beinahe schon fürchtete, dass Ursus es hören konnte. Obwohl es nur gedacht war. Der Gedanke war der Folgende: HURRA! DER FISCH HAT DIE ANGEL ANGEBISSEN!


    Die Zeit, die er erst einmal dazu benötigte, um Worte zu finden, benutzte er erst einmal damit, dass er sich darauf konzentrierte, dass seine Kinnlade nicht herunterfiel. Zeit zu gewinnen, indem man etwas trank, war immer eine gute Strategie, eine Strategie, von der Piso nun auch Gebrauch machte. Er langte also neben sich und nahm erst einmal einen tiefen Schluck, bevor er den Becher absetzte. Das breite und glückselige Grinsen, welches Piso innerlich in sich trug, das manifestierte sich nach außen durch ein gepflegtes Lächeln. Er hatte Lust, aufzustehen und wild herumzutanzen. Nun, das konnte er noch später machen. Denn im Moment war die Situation noch immer ernst. Im Moment war es noch immer so, dass Ursus einen Rückzieher machen konnte.


    Einen Blick riskierte er zu Prisca hin. Hach, schöne Prisca, du Traum unter den Frauen. Er würde ihr ein Mann sein, wie sie es sich nicht vorstellen konnte. Piso und Prisca, das sollte das Paar des Jahres werden. Ihre Hochzeit sollte die Schlagzeilen der Acta Diurna zieren und Stadtgespräch sein. Er sah die Heirat schon ganz knapp vor seiner Nase. Er besah sich aus den Augenwinkeln, wie sie die Rose weglegte. Die Rose, sie hatte gut zu ihr gepasst, zu Prisca, deren Name klang, wie eine Blume aussah – was das auch immer heißen mochte, aber Piso mochte die Metapher. Obwohl er natürlich wusste, dass Prisca die Alte hieß. Was ihn zu einer Überlegung führte. Wenn sie mal alt war und keine Zähne mehr im Mund hatte, würde er sie dann noch immer lieben? Der ästhetische Faktor wäre dann durchaus verringert... ach Quatsch, sagte er sich. Natürlich würde er sie noch lieben. Schließlich war es ja nicht nur ihr Körper, den er an ihr liebte, sondern ihre schöngeistige Einstellung an sich. Es gab selten Frauen, die es verstanden, einen avantgardistischen Ästheten wie Piso zu wertschätzen. Wobei, hatte er ihr schon einmal Musik vorgespielt? Hmm. Das letzte Mal, dass er eine öffentliche Darbietung gegeben hatte, das war bei Archias‘ Begräbnis gewesen. War nicht so gut angekommen, dachte er irgendwie. Axilla hatte ziemlich verstört dreingeschaut. Aber nun gut. Axilla war ja kein Maßstab. Prisca war der Maßstab! Jawohl! An ihr würde er seine künstlerische Taxonomie orientieren. Sie würde seine Muse werden, seine Inspiration in all dem, was er tat! Prisca, wundervolle Prisca, dir verschreibe ich mich, dachte er sich, ohne zu wissen, welch wankelmütige Gedanken sich plötzlich in ihr Hirn schlichen.


    Dann, volle Konzentration auf Ursus. Durch den Wein hatte er sich nun bewässert. Seine Lippen bewegten sich wieder. “Du weißt nicht, Ursus, was für eine unvorstellbare Freude du mir bereitest.“ Fortuna musste es wirklich eingerichtet haben, dass es den Corvnius geputzt hatte. Er musste der Guten mal ein Opfer darbieten. Und auch Pluto, der so zeitig den Aurelier mit sich in den Tartarus gezogen hatte, wo er auch hingehörte! Hach, ein Dank der Nichtexistenz der Gedankenleserei, Apoll, dem Gott des Wissens, würde er auch noch aus seiner Patina dafür ein Opfer darbieten.


    “Heiratsmodalitäten. Gut. Also.“ Heiratsmodalitäten. Die Formalitäten. Wo fing man da an? Wohl bei der Basis. “Eine Confarreatio wäre wohl überzogen, denke ich.“ Vor allem aufwändig und nur notwendig, wenn man Rex Sacrorum oder Flamen Dialis werden wollte. “Deshalb denke ich, die passende Form wäre per usum und sine manu.“ Die Mitgift, die sollte Ursus ansprechen, Piso wusste, es würde kaum gut ankommen, würde er damit beginnen. Und sie war ihm eh nicht wichtig. Wichtig war ihm Prisca, der er einen verliebten Blick zuwarf.


    Wir haben es geschafft, Liebstes. Wir haben gewonnen!

  • So gedankenverloren wie Prisca momentan wirkte und innerlich auch war, verpasste sie beinahe das Wichtigste. Bitte was?? Hatte sie sich verhört, oder hatte Ursus tatsächlich der Ehe zwischen ihr und Piso seinen Segen erteilt?! Wie jetzt ... Irgendwie kam das so plötzlich, trotz der langen Vorgeschichte und der endlos scheinenden Bedenkzeit ihres Cousins, dass Prisca Mühe hatte nach außen hin ihre Verwirrung zu verbergen. Und was nun? Wie soll es nun weiter gehen?, begann das Herz der jungen Aurelia wie wild zu schlagen. Ihr Blick glitt hinüber zu Piso und fing den seinen ein. So verliebt wie er sie ansah, waren seine Gedanken (ausnahmsweise) kein Geheimnis Ja wir haben es geschafft, Liebster. Wir haben gewonnen!,schenkte sie ihm ihr hübschestes Lächeln zur Antwort. Ja das hatten sie. … Endlich!


    Alle zweifelnden Gedanken waren wie weggewischt und sämtliche Unkenrufe vergessen. Prisca wollte nur noch eines - ihn - und endlich mit ihm zusammen sein. Aber gemach! Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut! Papperlapapp Niemals hätte sich die Aurelia träumen lassen, dass es ihr einmal so leicht und gleichzeitig so schwer fallen würde so lange still zu sitzen und zu 'schweigen', sich quasi 'widerstandslos' in ihr Schicksal zu fügen. Nie und nimmer. Wie oft hatte sie regelrecht Albträume gehabt, dass sie eines Tages einen alten hässlichen Senator heiraten müsste, allein der politischen Vorteile wegen. Und nun?! … Durfte sie ihn heiraten, den Mann ihrer Träume und alle Ängste waren mit einem Mal von ihr genommen. Dort saß er! Ihr Traummann. Der Mann, den sie so sehr liebte. Ja ja die Liebe, mochte sie auch noch so verpönt sein in adeligen Kreisen und von allen belächelt werden. Was gab es schöneres als dieses Gefühl empfinden zu können, sich fallen zu lassen, ganz im Vertrauen auf den anderen?!


    Nun galt es noch die Heiratsmodalitäten zu klären, wobei sich dies fast noch länger hinzuziehen drohte als die Entscheidung ihres Cousins. Prisca rutschte leicht unruhig auf ihrer Kline hin und her und versuchte dabei ihre innere Unruhe weitgehend hinter einem gelassenen Gesichtsausdruck zu verbergen. Wie gerne wäre sie einfach zu ihrem Liebsten hinüber gegangen und hätte sich an seine Seite geschmiegt, ihn umarmt, geküsst ... aber das ging natürlich nicht. Noch nicht. Schließlich saß auch das Familienoberhaupt der Flavier in dieser Runde und bei ihm wollte sie schlließlich einen besonders guten Eindruck hintelassen. Würdevoll, zurück haltend, anmutig, so wie es sich für eine junge Patrizierin gehörte und es von ihr erwartet wurde, dass sie ihrem Mann eine gute Ehefrau sein würde. Oh und wie ich will!, dachte Prisca mit einem weitern bewundernden Blick hinüber zu ihrem Liebsten, der sich immer noch in den Verhandlungen mit ihrem Cousin befand.

  • Während wohl jeder der Anwesenden einige Augenblicke seinen eigenen Gedanken nachhing, hingen Gracchus' Gedanken einige Augenblicke fest, fanden kein Ende, wiewohl keinen neuen Anfang, drehten sich nicht um sich selbst, noch um etwas anderes, und bewegten sich ebenso wenig auch nur einen digitus weit in irgendeine Richtung. Als würde die Zeit still stehen, stand sein Geist still, verlor die Sekunden um ihn herum, die Sinneseindrücke, die Bewusstheit und den Zusamenhang, wie dies ihm bisweilen immer wieder einmal geschah. Ohne dieses Verlustes sich gewahr zu sein, kehrte er zu dem Gespräch zurück, als er mit seiner Aufmerksamkeit wieder bei sich und der Welt war.
    "Eine Confarreatio ist mitnichten überzogen, gegenteilig dur'haus angebracht für eine Ehe zwischen einem Flavius und einer Aurelia."
    Obgleich diese Form der Ehe selbst in patrizischen Kreisen als veraltet galt, so würde Gracchus bei seinen eigenen Kindern darauf bestehen, war er doch diesen alten Traditionen verhaftet, wiewohl seinen Nachkommen doch kein einziges Amt sollte verwehrt bleiben - insbesondere nicht jene des Cultus Deorum -, doch Piso fiel nicht unter seine Ägide, dass seine Ansichten diesen Tages kaum von Belang waren, gegenteilig zu dem Gewicht seiner Worte.
    "Letztlich ist es natürlich eure Entscheidung"
    , wandte er sich darob seinem Vetter zu.
    "Doch bedenke, welche Möglich..keiten du dir und deinen Nachkommen verwehrst."
    Gracchus konnte sich durchaus vorstellen, dass Piso eines Tages einmal eines der höchsten kultischen Ämter würde angetragen werden, insbesondere da er ihn selbst bereits im Collegium Pontificium sah, sobald die Ehe geschlossen wäre.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Conferratio? Ursus senkte den Blick und schaute in den Becher, während er die Worte sehr sorgfältig aufnahm, die gesprochen würden. Er war dagegen. Aus zugegebenermaßen sehr eigensüchtigen Gründen. Und die konnte er hier auf keinen Fall äußern. "Überzogen ist auch nicht das Wort, das ich gewählt hatte. Eine Überlegung ist das sicherlich wert, denkt man an die Möglichkeiten, die eine Ehe zwischen zwei Patriziern auf diese Weise für die Nachkommen eröffnet. Dennoch bedeutet dies einen heutzutage sehr ungewöhnlichen Schritt und einen erheblichen Einschnitt vor allem in das Leben der Braut und ihrer Familie. Ich gehe da mit Piso konform, eine Ehe sine manu zu bevorzugen. - Aber bevor wir darüber eine Entscheidung treffen, möchte ich gerne hören, was Prisca dazu zu sagen hat." Er sah seine Cousine geradezu beschwörend an. Wußte sie, was für Folgen die jeweiligen Eheformen hatten? Er war sich nicht ganz sicher, ob sie sich über die Unterschiede im Klaren war.






  • Gerade wollte Prisca entspannt nach ihrem Becher mit Wasser greifen, da ließen sie die bedeutungsvollen Worte des Flaviers inne halten. Eine confarreatio wäre mitnichten überzogen, sondern durchaus angebracht …,War dies nur eine beiläufige Feststellung, eine persönliche Meinung oder doch eher eine subtile Zurechtweisung an Piso, doch bitteschön an die flavischen Prinzipien zu denken? So oder so. Zweifellos waren die Flavier berüchtigt für ihr unumstößliches Traditionsbewusstsein und was dies für sie, im Falle einer Heirat, bedeuten konnte wurde Prisca schnell bewusst, als sie den beschwörenden Blick ihres Couins aus den Augenwinkeln heraus auffing. Was ich dazu zu sagen habe? Haha …,beinahe hätte Prisca aufgelacht, völlig hilflos, angesichts der Tragweite die sich mit einem mal vor ihren Augen auftat. Nichts habe ich zu sagen, oder?, zumindest wenn es nach den althergebrachten Traditionen ginge. Und diese würden die Flavier zweifellos hochhalten.


    Natürlich kannte Prisca den Unterschied zwischen einer Manus-Ehe und einer "ohne". Schließlich hatte sie sich zeitlebens davor gefürchtet, einmal unter der patria potestas eines Mannes zu stehen, den sie nicht lieben würde. Nun war dies bei Piso zwar etwas ganz anderes, aber die Aurelia wusste durchaus, dass er damit absolute Verfügungsgewalt über sie und ihr gesamtes Vermögen haben würde. Und ihre Familie? Die würde im Zweifelsfall leer ausgehen. Wie gering war dazu im Vergleich das höhere Ansehen, dass sie durch so eine Ehe genießen würde (Zitat Wiki: "Im Vergleich mit der Stellung der Frau im klassischen Athen war die römische Frau selbst als matrona, d.h. als Ehefrau, in der Manus-Ehe, angesehener und erheblich selbstständiger. Sie konnte an Gastmählern teilnehmen, Theater und Spiele besuchen und in die Thermen gehen, an Bildung, Kunst und Wissenschaft Anteil nehmen und häufig einen hohen Bildungsgrad erreichen. Satiriker wie Martial und Juvenal fanden hier die Grundlage dafür, sich über die Sittenlosigkeit und Vergnügungssucht der Frauen zu mokieren."


    Prisca war etwas ratlos. Piso hatte seine Ansicht ja bereits mitgeteilt, doch würde er angesichts des Einwandes seines Verwandten am Ende umschwenken? Kurz blickte Prisca hinüber zu Piso, in der vergeblichen Hoffnung seine wahren Gedanken erraten zu können. Die ihres Cousins waren hingegen offensichtlich, denn sie teilte seinen beschwörend wirkenden Blick durchaus. "Nun, ich …", begann sie leicht gedehnt und immer noch grübelnd wie sie antworten sollte. … Sollte sie Piso kurz zur Seite nehmen und unter vier Augen mit ihm reden? Wie würde das nach außen hin wirken? Nein, das kann ich nicht Nicht ohne Piso vor seinem Verwandten lächerlich zu machen. Und nun? "Ich wurde dazu erzogen, meiner Familie und der meines künftigen Ehemannes alle Ehre zu bereiten und dementsprechend werde ich die einvernehmliche Entscheidung meines Tutors, der im übrigen mein vollstes Vertrauen genießt und der von Flavius Piso, dem ich stets eine gute Ehefrau sein will, vollumfänglich respektieren",gab Prisca damit den - damals wohl noch nicht bekannten - "schwarzen Peter", in diplomatisch zurecht gelegten Floskeln an Ursus und Piso zurück. Sie liebte den Flaver von ganzen Herzen und ebenso sehr lag ihr das Wohl ihrer Familie am Herzen. Sollten die Beiden also entscheiden, wie diese Ehe geschlossen würde, Hauptsache sie würde ENDLICH! Geschlossen, damit ..ich endlich mit Piso zusammen sein darf …, den innigsten Wunsch, den Prisca momenanten hegte,...

  • Gracchus sagte plötzlich etwas, was Piso ins Grübeln brachte. Es stimmte schon, so eine Confarreatio brachte schon diverse Vorteile. Ursus hingegen beeilte sich, Piso zuzustimmen. “Hmmmm...“ Piso überlegte. Krampfhaft. Viel zu lange. Prisca schaltete sich ein und machte ihre Meinung von denen ihres Tutors und ihres Zukünftigen abhängig. “So eine... hmm...“ Er räusperte sich und begann wieder von vorne. “Eine Confarreatio wäre natürlich schon eine prächtige Angelegenheit... schon eine prächtige Angelegenheit, um ehrlich zu sein...“ Er blickte sehr unsicher von Ursus zu Gracchus, und dann auf Prisca. Wieso musste er jetzt wankelmütig werden? Kurz dachte er nach. Eine Confarreatio war altmodisch. War Piso das? Nein. Und wollte er als flatterhaft erscheinen, vor allem jetzt, da Prisca schon ihre Meinung gegeben hatte? Es wäre jetzt natürlich die Möglichkeit, Prisca den schwarzen Peter zurückzuhändigen, und zu sagen, wenn Prisca eine Usus-Ehe wollte, dann sollte sie sie haben. Aber was für eine Art von Mann wäre Piso dann gewesen? Ein Antiästhet! Ein Duccius Vala, nicht weniger! Er räusperte sich also abermals.
    Obwohl Piso sich schon dachte, eine Confarreatio wäre schon eine prächtige Sache... Prisca hatte ja nicht gesagt, dass sie eine Usus-Ehe wollte. Sie hatte nur gesagt, sie würde sich dem fügen, worauf sich Piso und Ursus einigten. Sollte er nicht doch noch einen Schwenk machen? Nun, er könnte mal schauen, wie weit er mit I-Punkt-Reiterei kam. “Hmm. Die Confarreatio. Das ist eine Manus-Ehe... Manus...“ Er blickte zu Prisca. Dann zu Ursus. Dann wieder zu Prisca. Dann zu Gracchus. Herrje. Lange blickte er auf Gracchus. Verzeih mir, Gracchus, aber ich lasse mir nicht vorwerfen, ein Flattermann zu sein. Er wandte sich zum Aurelier.
    “I wo. Ursus. Du weißt, was das Beste für Prisca ist.“ So, jetzt war nur noch einer mit dem schwarzen Peter unterwegs. Und es war nicht Piso. Fein.
    Was hatte er jetzt für sich geblockt? Das Amt des Rex Sacrorum. Das musste ohnehin nicht sein. Auch, weil Piso, was er natürlich nicht gerne herumerzählte, der Sohn einer nicht standesgemäßen und somit nichtconfarreatischen Ehe war. Auch wenn die Gens Calpurnia extrem einflussreich war – der Statthalter von Asia war ein Calpurnier – sie waren doch nur Plebejer. Somit konnte sich Piso den Rex Sacrorum ohnehin abschminken. Ein Amt, das er eh nicht wollte. Flamen Martialis wäre schön, aber da herrschte ja mehr Kulanz bei den Formalitäten, genauso, wie es sich bei den Vestalinnen eingeschlichen hatte. Und wenn das nicht funktionierte, dann war es auch kein Weltuntergang.
    “Machen wir es so. Keine Manus.“ Hauptsache, der Quargel war so bald wie möglich zu Ende.

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