Offensichtlich hatte Senecio gerade eine Pause gemacht. Der ganze Papierkram auf dessen Tisch schien sich aber schon ziemlich zu stapeln. Nun gut, wenn man einen gewissen Status und ein Alter erreicht hat, dann konnte man es sicherlich auch etwas ruhiger hier angehen lassen, dachte sich Regulus zumindest.
Er nahm sich nun die sechsseitige Tabula, die Senecio ihm schon einmal gezeigt hatte, dazu auch das passende Schreibmaterial. Er sollte sie nun auf einige völlig ungeschriebene Tabula übertragen. Regulus setzt sich an einen Platz, wo er etwas Arbeitsfläche zur Verfügung hatte. Die beschriebenen Tabula sahen schon sehr alt aus. Ein wunder, dass sie noch so lange benutzt wurden. Gerade weil sie so alt waren, erforderte vieles von dem, was dort draufstand ein gutes Auge, um auch alles richtig zu entziffern. Kaum zu glauben, dachte sich Regulus. Er war nun auszubildender Legionär und seine erste Aufgabe hatte überhaupt nichts mit den romantischen Vorstellungen zu tun, die sich wohl mancher zivile Bürger da draußen machte. Nein, statt mit seiner Rüstung und seiner Waffe zu trainieren, vollzog Regulus eine typische Büroarbeit.
Als Regulus begann, hatte er vorerst wenig Schwierigkeiten das Geschrieben zu übertragen. Doch mit der Zeit geriet er an sehr knifflige und etwas verschmierte Stellen. So manches Mal konnte man merken, dass der Schreiber nicht unbedingt in der Schönschrift geübt war, aber auch das bloße alter trug zum trüben Schriftbild bei. Einige Male musste Regulus Buchstaben durch geschicktes Kombinieren erahnen. Solange das entsprechende Wort am Ende einen Sinn ergab, befand er sich wohl auf der richtigen Spur. Er arbeitete sich Tabula für Tabula vor und übertrug Satz für Satz, Buchstabe für Buchstabe, Ziffer für Ziffer. Hin und wieder entglitt ihm ein wenig die Konzentration, dann hörte man ihn kurz durchpusten, an die Decke starren. Er setzte die Arbeit dann aber meist wieder bei Zeiten fort.
In seinem Bemühen seine erste Aufgabe in der Legion gut zu erfüllen, ließ er sich wohl überdurchschnittlich viel Zeit. Immerhin meinte Regulus aber zum Schluss eine vorzeigbare Abschrift fabriziert zu haben. Er hoffte nur, dass Senecio, der schon das ein oder andere Mal skeptisch von seinem Schreibtisch aufzublicken schien, ihm die lange Zeit für die Erfüllung des Auftrages nachsehen würde.
Als er geendigt hatte, nahm er die neuen und alten Tabula in die Hand und brachte sie hinüber zu Senecio. "Ich denke, ich bin fertig. Willst du dir die Abschriften ansehen?"