Cubiculum | Claudia Livineia

  • „Sicher weiß ich warum du dachtest, du müsstest mich einsperren. Nur bin ich mir nicht im Klaren darüber, ob du jetzt erwartest, dass ich deine Entscheidung für richtig oder für gut befinde soll?“ Menochares war sich bewusst, das er den Bogen wieder überspannte, er konnte aber nicht anders, ihre Art reizte ihn jedes Mal aufs Neue.

  • Livineia seufzte schwer. Und sie ließ es Menochares auch hören. Wie sollte sie am Besten weitermachen und ihn sich dabei gefügig machen? Wieder schwieg sie einige Momente, ehe sie aufstand und sich etwas Wasser einschenkte. "Nein, das erwarte ich nicht von dir, soviel Denken wäre zuviel verlangt. Aber ich frage dich - was erwartest du von mir? Ich bin deine Herrin, ich gebe dir Essen, ich gebe dir Trinken. Ich verlange Respekt und Fleiß. Warum ist das so schwierig für dich?" Die Frage war tatsächlich ernst gemeint. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Und vor Allem - sie war sehr ruhig. Sie hatte keinen aggressiven oder lauten Unterton sondern redete ruhig und sachlich mit Menochares.

  • „Ich weiß Domina, die mir zugewiesen Arbeiten habe ich bisher immer erledigt und werde dies auch weiter machen. Du verlangst aber, dass ich meine wenigen Werte, die ihr mir noch gelassen habt auch noch ablege und nur noch krieche. Respekt und Gehorsam hatte ich nie vor zu verweigern, nur beinhaltet er solch ein Kriechertum im meinen Augen nicht.“
    Er hoffte, er hätte nicht nur ihre Fragen beantwortet, sondern auch seinen Standpunkt zu dem Thema verdeutlicht. Sie würde mit ihm machen können was sie wollte, von seiner Meinung würde er nicht abweichen. Ferner bemühte er sich nicht über sie hinweg zu sehen oder durch sie zu schauen, nur sollte sie es nicht mit dem erwähnten auf den Knien rutschen verwechseln. Auch sollte sie nicht denken ihre Strafen hätten ihn zu dieser Einsicht gebracht. Es war seine Meinung schon immer gewesen.

  • Sie verengte ihre Augen etwas - allerdings zum ersten Mal in Menochares Beisein, ohne bedrohlich zu wirken. Mit der Antwort konnte Claudia schon deutlich mehr anfangen, als mit allem zuvor. Irgendwo imponierten ihr diese Worte sogar. Sie waren nicht unhöflich oder respektlos - aber gnadenlos ehrlich. Und das gefiel ihr. Nun schon beinahe freundlich setzte sie an: "Sehr gut. Vielleicht finden wir wirklich noch einen Weg, auf dem wir uns bewegen können. Normalerweise ist es mir vollkommen egal, ob ihr Sklaven noch Werte habt. Aber ich finde es bemerkenswert, dass du so zu ihnen stehst und dennoch nicht rebellisch bist. Stur, aber nicht rebellisch. Bisher habe ich es für Dummheit gehalten." Es musste Menochares seltsam vorkommen, dass sie ihn in gewisser Weise sogar lobte. Es kam ihr sogar selbst so vor, immerhin hatte sie stets nur hart durchgegriffen. Und das würde auch so bleiben. Aber dieser Sklave, das ahnte sie, würde nicht fortlaufen, wenn es galt, sie zu beschützen. Auch das gehörte zu seinen Prinzipien und dann hatte Livineia lieber ein paar wenige Abstriche und dafür Gewissheit. "Welche Prinzipien sind es, die dir so sehr am Herzen liegen?" fragte sie sogleich. Sie würde auf ihn eingehen, ausnahmsweise.

  • Zum ersten Mal war Menochares über Livineias Verhalten verblüfft. Sie blieb ruhig bei seiner Antwort. Sie hörte ruhig zu und antworte auch recht vernünftig, ohne diese gespielte Art, die sie gerne drauf hatte. Gut sie meinte die Herrin und Überlegene darstellen zu müssen, ein bisschen Freude sollte sie ja auch haben. Aber als sie dann noch nach seinen Prinzipien fragte war er vollends verblüfft. Hätte er sich nicht so in Gewalt gehabt, wäre er glatt mit offenem Mund da gestanden. „Meine Prinzipien?“ Fragte er auch kurz, wie um sich selbst zu vergewissern, bevor er dann antwortete. „Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, zu seinem Wort stehen, für seine Taten einstehen und jeden Menschen achten solange er es verdient, sich selber und seinem Glauben treu bleiben. Das wären meine wichtigsten Domina“:

  • Sie spürte seinen Unglauben sofort. Livineia war eine schlechte Zuhörerin, aber dafür eine umso besserer Beobachterin. Er hatte sie wohlmöglich sogar für verwöhnt und unintelligent gehalten. Weit gefehlt, Freund. Das hier war also der Weg, den er verstand. Nagut. Normalerweise gehörte es wirklich nicht zu ihren üblichen Methoden, auf Sklaven einzugehen. Aber sie war ihm gegenüber sehr hart gewesen und er war trotzdem nicht gebrochen. Sie deutete auf eine Karaffe und danebenstehende Becher. "Wenn du Durst hast, nimm dir was. Wir fangen nochmal von vorn an." erklärte sie ihm. Sie wusste, wenn sie ihre bisherige Schiene weiterfahren würde, würde sie sich eher lächerlich machen, statt Respekt zu erhalten. Auch Einsicht verdiente Ehrfurcht. "Ich muss sagen, ähnlich sehe ich es auch. Wie du siehst, gehe ich gerade dennoch einen Kompromiss ein - wirst du das auch tun? Verdiene ich es, geachtet zu werden?" Viele Fragen, Fragen, auf die es durchaus auch sehr gefährliche Antworten gab. Aber sie hatte ein besseres Gefühl als bisher. Im Grunde hatte es sie sogar verunsichert, dass er so ruhig geblieben war und trotzdem immer wieder gegen die Wände gelaufen war. Sie hatte sich beinahe ohnmächtig gefühlt. Sie hatte wenig Hemmungen Sklaven zu verletzen, aber er war schlichtweg unverletzbar gewesen.

  • Sicher hatte Menochares Durst, aber wie sollte es gehen mit verbunden Händen? Deshalb überging er ihr Angebot großzügig.
    Nun ging es wohl an die Feinarbeit, zu ihrem Verhältnis zu einander. Er überlegte kurz zu ihren Fragen. Nicht weil er die Antwort nicht wusste sondern, wie er vorsichtig aber wahrheitsgemäß antworten sollte. Wollte er einen Kompromiss eingehen, sicher wenn er sinnvoll war. Verdiente Livineia Respekt? Jetzt wurde es schwieriger. In seinem Stamm hätte sie ihn nie bekommen, aber er war jetzt und hier in Rom und die Römerinnen waren wohl wie sie. Sie konnte ja nicht dafür, man erzog sie so.
    Ein Mensch war sie und deshalb sollte sie ihn wenn es ihm richtig erschien auch bekommen. Im Augenblick hatte sie ihn auf jeden Fall. So kam von ihm auch ein ehrliches, wenn auch nur ein schlichtes: „Ja Domina“.

  • Livineia hatte Respekt vor Menochares und das erstaunte sie selbst. Sie würde es auch nicht zu sehr zeigen. Wenn er es spürte, war es gut, dann sollte es zwischen ihnen bleiben. Wenn nicht, dann nicht. Aber er blieb sich selbst treu ohne Grenzen überschreiten zu wollen, es war lediglich mangelndes Feingefühl. Und das respektierte sie. Es war ihr, innerlich, sogar lieber, als notorische Ja-Sager wie Corona, solange es keine Rebellen waren. Zufrieden sah sie aus, als sie sich erhob. "Komm her, ich nehme dir die Fesseln ab." Dass sie dies ganz vergessen hatte, verschwieg sie hierbei. Irgendwie war es pietätlos, jemandem Trinken anzubieten und ihm aber nicht die Möglichkeit zu geben, es zu nehmen. Als Menochares ihr den Rücken zugewandt hatte, schloss die die Ketten auf. Schließlich hatte sie den Schlüssel ja extra mitgenommen. "Ich werde respektieren, dass du deine Restwürde bewahren willst. Aber diese Vereinbarung bleibt unter uns, denn über dieses Handeln würden viele über mich, eine Patrizierin, nur den Kopf schütteln. Ich werde an dir keine Erziehungsmaßnahmen mehr vornehmen. Dafür will ich deine uneingeschränkte Loyalität und gutes Benehmen, wenn du meine Räumlichkeiten betrittst und wir auf den Straßen unterwegs sind." Sie sah ihn ernst an.

  • Gut mit diese Vereinbarung konnte er vorerst Leben: Was die Römer zu diesem Handel dachten interessierte ihn gar nicht. Er würde sie auch so lange achten und nicht aufsässig werden, wie sie sich normal verhielt. Normal für eine Römerin. Zu Hause hätte man sie sowieso schon lange aus dem Stamm verstoßen oder für Geisteskrank gehalten. Er wollte seine Ansprüche aber nicht zu hoch stellen. Die Zeit würde zeigen wer hier wen erzog.
    Was er jetzt nicht wusste oder vielmehr zeigen wollte, war Dankbarkeit. Wofür, das sie ihn Brandmarken ließ, dass dadurch seine Hände so kaputt waren? Nein das kam nicht in Frage.
    Einst musste er aber noch klären und das wollte er jetzt zur Sprache bringen, auch wen sie dann wieder an seiner Loyalität zweifeln würde. Loyalität bedeutete aber nicht das er ihr handeln richtig fand.
    „Gewiss Domina werde ich das machen. Erlaubst du mir noch eine Frage?“

  • Wer hier wen erzog stand für Livineia völlig außer Frage. Sklaven waren gar nicht in der Lage, jemandem bessere Sitten beizubringen. Sie entsprang schließlich dem Ursprung jeglicher Zivilisation: Rom! Dass er sich nicht bedankte, registrierte sie im Grunde genommen gar nicht. Zumindest nicht vor dem Hintergrund, dass sie endlich einmal friedlich miteinander umgingen. Es bescherte ihr eine gewisse gute Laune, sie mochte ihre Großherzigkeit. Ob er diese zu würdigen wusste? Sie setzte sich wieder hin, deutlich zufriedener als noch vor ein paar Stunden. So gestattete sie ihm auch mit nicht gequält klingender Stimme: "Nur zu, frag." Sie musterte ihn intensiv. Was würde nun folgen? Dass es etwas unerfreuliches sein könnte, etwa Morrigan betreffend, daran wollte sie hier einfach mal nicht denken.

  • „Was ist mit Morrigan? Sie kam doch nur wegen mir in diese Situation. Sie ist noch jung und temperamentvoll, ich glaube sie ist genug gestraft." Dass Anton da unten sein Unwesen trieb, wollte er nicht sagen, denn andere Sklaven zu verraten war nicht seine Art, dies würde er lieber selber regeln.

  • Livineia's Laune wurde nicht einmal hierdurch getrübt. Ernsthaft und ruhig lauschte sie Menochares. Er hatte wohl den richtigen Tag bei ihr erwischt - und den richtigen Moment. Und sie? Sie hatte das richtige Gespür. "Ich denke das ist besser, wenn sie raus kommt. Ich verlange aber von dir, dass du ihr mein Anliegen an die Sklaven klar machst. Das ist meine Bedingung dafür, dass sie raus kommt. Und ich denke in Anbetracht dieses widerlichen Sklaven da unten ist es für alle Beteiligten angenehmer." bestätigte sie. Sie hatte durchaus mitbekommen, dass Anton Morrigan angesehen hatte und auch das interessierte sie generell nicht. Aber sie verachtete Sklaven, die sich widersetzten und das befürchtete sie dort unten. "Du kannst gehen und sie rauslassen." erklärte sie also knapp und wandte sich von Menochares ab, um sich wieder ihren Schriften zu widmen.

  • Abwartend und geduldig wartete Menochares auf die Reaktion und Antwort von Livineia.
    Zustimmend nickte er bei ihrer Bedingung, die sie stellte. Er war froh sie soweit besänftigt zu haben und atmete kaum hörbar auf, als er entlassen wurde. „Ja Domina“ und dann kam noch was Morrigan betraf noch ein ehrlich gemeintes, „danke“, hinzu. Schnell wandte er sich um öffnete wieder geschickt mit dem Ellebogen die Türe und versuchte sie auf gleiche Weise möglichst leise zu schließen.

  • Menochares war vor der Türe zu Livineias Cubiculum eingetroffen. Er wusste er würde stören, doch dies interessierte ihn eigentlich nicht sonderlich. Wer hier rein wollte störte sie ja grundsätzlich. Nicht lange wartend klopfte er dann auch. Nicht laut aber auch nicht leise, einfach ein klopf.

  • Als Livineia das Klopfen vernahm, hätte sie sich am liebsten ein Kissen über den Kopf gestülpt um ihre Umwelt nicht mehr wahrnehmen zu müssen. Warum kam eigentlich immer jeder zu ihr? Warum nicht ihr Bruder? Achja, der war ja so schlau nicht zuviel daheim zu sein. "Herein." ließ sie also wenig freundlich hören und sah ungeduldig zur Türe hin, die sich gleich wieder öffnen würde. Dahinter war - da war sie sich sicher - wieder irgendein Sklave mit irgendeinem Kleinkram. Ausnahmsweise stand sie einmal, denn sie war gerade auf dem Weg vom Korbsessel zum Bett gewesen.

  • Leise öffnete Menochares die Türe, trat ein und drehte sich ganz Livineia es wünscht und schloß die Türe ebenso leise. "Salve Domina, ich habe zwei Fragen." Ob er seine Fragen jetzt oder in hundert Jahren stellen würde, dass käme bei seiner Herrin auf das Gleiche hinaus, wie er sie kannte würde es nie passend sein. Ihr Beruf war ja Ausruhen. Stören würde er also imer, so konnte er es auch gleich hinter sich bringen.
    Sie genauestens beobachten, stand er mit einem nichtssagenden Gesichstausdruck abwartend vor ihr.

  • Es war Menochares. Gereizt überlegte sie, ob sie ihm nicht gleich sein Lager in ihrem Zimmer aufschlagen sollte - er kam ja sowieso für den halben Tag immer vorbei. Äußerlich ließ sie sich allerdings nicht dermaßen gleiten und fragte ruhig und beherrscht: "Aber natürlich. Geht es um diesen neuen Sklaven? Will er nun auch verschont werden?" seufzte sie und fuhr sich mit der Hand über ihr Haar. Da schoss ihr ein stechender Schmerz durch die Schläfe und sie wandte ihren Kopf von Menochares ab. Die Augen hielt sie zusammengekniffen. Es pochte und hämmerte immer noch schmerzhaft, nicht mehr nur unangenehm. Vielleicht sollte sie allmählich doch einen Medicus aufsuchen?

  • Genau wie ich es mir gedacht hatte, faste Menochares für sich die Situation zusammen. Es fehlt nur noch das aufstampfen eines trotzigen Kindes. Livineias Frage erst einmal bewusst übergehend, denn er hatte sich einen Plan für die Reihenfolge seiner Fragen zurechtgelegt. Zuerst würde er die Frage die ihn selber betraf stellen. „Domina ich habe nur eine Frage, die für dich wichtig seine dürfte, schließlich bin ich für dein Leben verantwortlich. Bisher bin ich ja noch nicht so lange in deinem Besitz. Es ist aber wichtig, für dich, das ich täglich trainiere, damit ich es dich auf beste beschützen kann .Bis zu den Spielen hatte ich noch mein tranig bei mit den anderen Gladiatoren. Nun merke ich aber dass mir das tägliche Üben fehlt. Vielleicht hast du eine Lösung für dieses Problem.“Bei der Entscheidung die sie nun zu treffen hatte würde, der Schutz ihres Lebens ausschlaggebend sein. Zuerst wollte er die Beantwortung dieser Frage abwarten. Bei der Zweiten würde es dann schon kritischer.

  • Einen Moment hielt sie noch inne, der Schmerz war wirklich schockähnlich gekommen. Etwas unsicher ging sie zu ihrem Korbsessel und ließ sich langsam darin niedergleiten. Noch zwei, drei Sekunden. Dann hob sie den Blick und sah zu Menochares. Etwas zögerlicher als für gewöhnlich meinte sie dann: "Du könntest dir einen Partner hier in der Villa suchen, ich schätze nur da gibt es nur wenig Gleichwertiges, oder? Wenn das keine vernünftige Alternative wäre... Darfst du noch in der Arena kämpfen?" Livineia hatte doch keine Ahnung, wie man sich einen Leibsklaven bei Laune hielt. Unkonzentriert sah sie an Menochares vorbei. Es wurde Zeit dass er ging, sie hielt es kaum noch aus, sie musste liegen, brauchte den lindernden Schlaf. Sie wusste nichts, was sonst helfen könnte. "Und die zweite Frage?" fragte sie also knapp um es schnell hinter sich zu bringen.

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