Causa Nefantis Nemorensis - die Entsühnung

  • Quintus konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er wusste nur zu gut worauf seine Schwester da angespielt hatte und flüsterte ihr als Antwort zu:


    "Mich erinnert er irgendwie an ein weißes Kanickel. Von denen gibt es Tausende und dennoch unterscheidet sich dieses von den anderen. Eben aufgrund dieses - gigantischen - Ausmaßes."


    Quintus lächelte, sonst eher ungewöhnlich für ihn, über seinen eigenen Witz. Er verfolgte den Gang, wenn man dieses, seiner Meinung nach schon eher vorwärtswiefen des P.U., denn überhaupt noch so nennen durfte, und überlegte wie die Situation aussehen würde wenn ein Mann aus patrizischen Hause an seiner Stelle wäre.

  • Jede Erinnerung an Corvinus und die Geschehnisse im Hain der Diana, welche die Pax Deorum störten, war eine Üble. Es war merklich unangenehm, mit der Wahrheit im Hinterkopf hier zu stehen, inmitten des blutlechzenden, schaulustigen Pöbels der Kreuzigung beiwohnen zu müssen. Noch schlimmer war es, dass sie nun eine Wahrheit hatten, die nie ans Tageslicht gelangen durfte, ein düsteres Kapitel in der Familiengeschichte - diese Art von Kapitel, die sich in keinem Buch gut machte. Dreckig und schändlich. So erbärmlich, dass man es am liebesten unter den Teppich gekehrt hätte, ohne dass irgendeiner jemals davon etwas mitbekommen würde. Dies funktionierte aber nicht, die Ausmaße waren zu groß, zu weit verbreitet hatte sich die diese lange, leidige Geschichte. Am liebsten wäre er fortgegangen, doch da sein Gesicht nun als amtierender Ädil und Senator Roms immer bekannter wurde und weil es ja um diesen Frevel ging, an dem Corvinus und sein Weib beteiligt waren, konnte er sich nicht leisten, hier zu fehlen. Er musste wenigstens den Anschein erwecken, als wäre er mit Interesse hier und um die Pax Deorum wieder herzustellen. Mehr noch musste er den Anschein wecken, von den Hintergründen nichts zu wissen, doch das war das geringere Problem.


    Er stand nun hier, dicht umringt von einigen Sklaven und Leibwächtern, welche die ganzen Taschendiebe und die stinkenden Bettler von ihm fernhielten. Im Grunde hatte er nichts gegen Kreuzigungen. Der da vorne war vermutlich ein Verbrecher, wahrscheinlich Mörder oder Vergewaltiger. Tod war wohl eine gerechte Strafe. Aber er wusste, diese Sache war nur inszeniert, ein riesiges Schauspiel, dass sie zur Zufriedenheit und zur Beschwichtigung des gemeinen Pöbels organisiert hatten. Aber die Leute waren zufrieden, denn sie wollten ja diese üble Gestalt, diesen Missetäter und sein Blut sein. Sie würden das volle Programm sehen - gequälte Schreie, das eben angesprochene Blut, die Aufstellung des Kreuzes mit allgemeiner Erniedrigung durch den Pöbel. Kein allzu schöner Tod, dachte sich Avianus. Vor allem langsam.


    Avianus hörte mehr oder weniger gebannt den Worten vorne zu, bevor laute Fanfaren seine Ohren zum klingeln brachten. Kurz darauf wurde an die Richter abgegeben. Warum eigentlich Richter - sie wussten doch eh alle, welches Urteil dem Schuldigen blüte?

  • Den Aufmarsch des Praefectus Urbi beobachtete Gracchus durchaus mit einigem Erstaunen, doch sah er nicht etwa eine Demonstration von selbstgefälliger Arroganz darin, dass der Vescularier so viele Liktoren um sich hielt, sondern mehr ein Anzeichen inhärenter Furcht. Mochte der Praefectus allfällig gar von den Strömungen Kenntnis erlangt haben, welche ihm nach dem Leben trachteten? Oder fürchtete er Übergriffe aus dem Volk, welches zweifelsohne ihm nicht in allen Teilen wohlgesonnen war, wie die ab und an auftauchenden Schmierereien an den Wänden der Stadt bezeugten? Auch wenn Salinator den Eindruck erweckte nicht im geringsten beunruhigt zu sein, sein Auftreten ebenso raumgreifend war wie seine körperliche Erscheinung, so legte Gracchus die Anzahl der Liktoren zu dieser Gelegenheit ihm doch nurmehr als Schwäche aus, gleichwohl grüßte er ihn mit einem nichtssagenden Nicken, ehedem sie ihre Plätze einnahmen und die Worte des Rex Sacrorum abwarteten. Nach dem Tönen der Fanfarenklänge nahm Gracchus eine Tabula von einem Scriba entgegen und verlas die Anklage, respektive gab er vor, die Worte abzulesen, hatte er doch zuvor ob seiner andauernden Unfähigkeit zu längerem Lesen sie sich bereits eingeprägt.
    "Hiermit eröffne ich den Prozess gegen den Fremden, dessen Name uns deplorablerweise unbekannt ist, und welcher darob in der kommenden Verhandlung nurmehr als 'der Angeklagte' tituliert werden wird. Dem Angeklagten wird vorgeworfen im heiligen Hain der Diana in Nemi zu den Nemoralia des letzten Jahres in voller Absi'ht Frevel begangen, das Heiligtum entweiht und damit die Zerstörung der pax deorum, respektive der pax Dianae willentlich provoziert zu haben. Weiters wird er beschuldigt durch sein Handeln fahrlässig für den Tod von mindestens drei römischen Bürgern, sowie zahllosen weiteren Menschen und Sklaven, für die Ver..letzung von sieben römischen Bürgern, ebenso wie weiteren Menschen und Sklaven, wie auch für die Devastation des heiligen Haines in Nemi verantwortlich zu sein. Dem Gericht, welches nach überliefertem kultischen, sowie geltendem römischen Recht urteilen wird, sitzen vor als Iudices der Praefectus Urbi Potitus Ves..cularius Salinator, der Pontifex Aulus Flavius Piso und als Iudex Prior der Praetor Urbanus und Pontifex Manius Flavius Gracchus. Die Anklage durch das Collegium Pontificum wird durch den Pontifex Gnaeus Cornelius Scapula vertreten, dem Angeklagten wurde als Pfli'htverteidiger der Advocatus Gaius Plaguleius Frugi zugewiesen. Da der Angeklagte sich in keiner sonderlich präsentablen Verfassung befindet, verzichtet er auf Anwesenheit in der Verhandlung."
    Die Formulierung über den Zustand des Angeklagten war selbstredend eine Untertreibung. Nachdem man ihn eine Zeit lang mit Eis hatte gekühlt, waren schlussendlich fremdländische Männer beauftragt worden, welche sich mit der Konservierung von Toten auskannten. Wie genau sie den Körper über die Wochen halbwegs beieinander hatten gehalten, war Gracchus nicht bekannt und genau genommen wollte er dies auch nicht wissen, wollte nicht einmal bei der bevorstehenden Kreuzigung sonderlich detaillierten Blick auf diese menschlichen Überreste erhalten. Zu hoffen stand nur, dass der Leichnam zumindest noch derart präsentabel war, dass das Volk geneigt war, seinen Unmut daran auszulassen.
    "Das Wort obliegt der Anklage zur Beweisführung."

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  • [Blockierte Grafik: http://img18.imageshack.us/img18/2443/corneliusa.png| Pontifex Gnaeus Cornelius Scapula


    Der Pontifex Cornelius Scapula trat auf das Podest, wandte sich halb den Richtern, halb dem Volk zu, bedachte mal die eine, mal die andere Seite mit seinem Blick - wobei er dem Volk zumeist mehr Aufmerksamkeit schenkte.
    "Verehrte Richter, Volk von Rom! Sofort nach Bekanntwerden der Geschehnisse im heiligen Hain der Diana in Nemi hat das Collegium Pontificum mit einer Untersuchung zu den Vorgängen begonnen. Es wurden dafür diverse Befragungen durchgeführt, in Rom, sowie auch in Nemi selbst. Der damalige Rex Nemorensis Artanes hat den Angeklagten zweifelsfrei als Täter des schändlichen Frevels identifiziert. Leider ist es nicht möglich, Artanes selbst sprechen zu lassen, da er zwischenzeitlich verstorben ist."
    Genau genommen war der Rex Nemorensis von seinem Nachfolger getötet worden, doch war dies nur ein unwichtiges Detail und ohne Belang, wenn es auch für das Collegium und den Prozess durchaus von Vorteil war, konnten so doch Artanes‘ Zweifel gänzlich ohne Beachtung bleiben.


    "Allerdings hat Artanes seine Aussage während der Inquisitio des Collegium Pontificum vor einem Pontifex beeidet, so dass daran kein Zweifel bestehen kann."
    Sofern also sich doch jemand zu einem Zweifel würde hinreißen lassen, würde er damit die Integrität des Collegiums bezweifeln, was in Rom kaum würde geduldet werden.


    "Im Zuge der Inquisitio wurden zudem viele weitere Zeugen gehört, die an der Schuld des Angeklagten keinen Zweifel lassen. Nur eine Zeugin jedoch soll exemplarisch hier noch einmal ihre Aussage vorbringen, um die Schwere der Schuld zu verdeutlichen, so das Gericht dies gestattet. Ihr Name ist Cluvia Visola, sie ist eine angesehene Bürgerin Nemis und sie besuchte die Nemoralia, um die göttliche Diana um ihren Segen zu bitten."
    Cornelius wandte sich in einstudiert fragendem Blick zu den Richtern hin, von welchen Flavius Gracchus mit einem Wink ihm bedeutete, die Zeugin vorsprechen zu lassen.


    Einer der praetorischen Liktoren führte die aufgerufene Frau zu dem Podest, half ihr die hölzernen Stufen hinauf und schob ihr einen Stuhl bei, dass sie sich setzen konnte. In ihrer Linken hielt die Cluvia einen Gehstock umfasst, ihr Antlitz wirkte ein wenig angespannt und es wurde noch ein wenig ernster, als der Iudex Prior sie über die Folgen einer Falschaussage belehrte.
    "Ich weise den Ankläger, sowie die Zeugin darauf hin, dass nach geltender Rechtslage die Strafe für eine falsche, uneidli 'he Aussage aus einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Wochen oder einer Geldstrafe von 500 bis 800 Sesterzen besteht."


    Pontifex Cornelius lächelte der Cluvia ein wenig aufmunternd zu, woraufhin diese mit einem Nicken bedeutete, dass ihr die Konsequenzen ihrer Worte durchaus bewusst waren, woraufhin der Kläger seine Befragung begann.
    "Cluvia Visola, du bist die Ehefrau des Vigilen Paullus Palfurius Palicanus und warst an den Iden des Augustus des letzten Jahres im Hain der Nemi, um den Nemoralia beizuwohnen. Bitte schildere uns, was dort geschah."



    MFG


  • [Blockierte Grafik: http://img845.imageshack.us/img845/4688/cluvia.jpg| Cluvia Visola


    Unsicher fuhr sich Cluvia Visola mit der Zungenspitze über die Lippen, ehedem sie begann.
    "Ich war im heiligen Hain, um die Göttin zu ehren. Meine Familie ist der gütigen Diana seit Generationen verbunden, deswegen gehe ich jedes Jahr zu ihrem Fest dorthin. Alles war wie immer, die Menschen und Sklaven versammelten sich zahlreich um den Opferplatz. Der Rex Nemorensis wollte gerade mit der Opferzeremonie beginnen, als ein markerschütternder Schrei durch den Hain gellte."
    Sie blinzelte zu den Richtern und befeuchtete noch einmal mit der Zungenspitze ihre Lippen.


    "Sofort eilte der Rex zu dem Ursprungsort des Geschehens. Ich stand nicht weit entfernt und folgte, um zu sehen, ob ich irgendwie helfen kann."
    Natürlich hatte die Cluvia in ihrer Neugierde nur sehen wollen, was dort geschah.
    "Allerdings waren schon andere vor mir da, ich konnte nicht genau sehen, was passiert war."
    Damals wie heute hatte sie dieser Umstand unheimlich geärgert. Hätte sie sich nur weiter nach vorne gedrängelt, das anschließende Leid hätte wenigstens noch einen Sinn gehabt!
    "Doch es war schnell klar, dass ein Frevel geschehen war! Einige Frauen weinten aus Furcht über den Zorn der Göttin, andere riefen auf, den Unglücksort schnellstens zu verlassen! Und dann ..."
    Sie stockte kurz.
    "Plötzlich begannen andere - von hinten - zu rufen, zu schreien. Der Boden bebte, die Luft zitterte und es herrschte mit einem Mal nackte Panik!"


    Die Stimme der Cluvia wurde dünn, Tränen drückten sich aus ihren Augen. Pontifex Cornelius zog formvollendet ein Tuch aus einer Falte seiner Toga und reichte es ihr. Sie betupfte sich die Augenwinkel und fuhr fort.
    "Der Zorn der Göttin war gewaltig und er traf jeden! Römer, Peregrini, Sklaven. Die Rinder stoben durch den Hain als würde sie selbst von der Göttin gejagt, brachen die Bäume um und trampelten über Mensch und Natur hinweg. Ich habe noch mitbekommen, wie ein Stamm auf mich zufiel, dann einen furchtbaren Schmerz in meinem Bein, und plötzlich zerrten von oben Hände an mir, zogen mich mehr schlecht als Recht auf einen kräftigen Baum hinauf. Ich ... habe mein Leben einem Sklaven zu verdanken."
    Der Versuch eines Lächelns zog über ihr Gesicht.
    "Einem, der im Hain der Diana Zuflucht gefunden hatte. Mir also war die Göttin halbwegs gnädig, doch unter uns bot sich ein grauenvoller Anblick. Auch dann noch, oder vielmehr besonders als die Rinder wieder iirgendwohin verschwunden waren. Die Idylle des Haines war … war vollkommen zerstört, … überall lagen ... blutende Körper am Boden, mit ... mit verdrehten Gliedern ... die ... die noch Lebenden schrien ... und weinten. Es war ... "
    Sie brach ab, verbarg ihr Gesicht schluchzend in ihren Händen als die Erinnerung an das Geschehen sie übermannte.


    "Ich denke, das genügt, um einen Eindruck von den Auswirkungen zu erhalten, die der Frevel mit sich brachte."
    Cornelius wandte sich den Richtern zu.
    "Ich habe keine weiteren Fragen an die Zeugin."



    MFG


  • Die Zeugenaussage diente schlussendlich einzig dem Zwecke, die Gemüter des Publikum noch einmal ein wenig zu bewegen, die Erinnerung an den Frevel aufleben zu lassen. Und obgleich Gracchus genau wusste, dass der Advocatus Plaguleius keinerlei Fragen an die Zeugin würde stellen, so stellte er doch der Formhalber seine eigene Frage.
    "Plaguleius Frugi, hast du Fragen an die Zeugin Cluvia?"
    Der Advocatus schüttelte den Kopf und nuschelte eine negative Antwort, welche außerhalb des Podiums kaum nurmehr zu verstehen war.
    "Gut, so beginne nun mit deiner Ver..teidigung, sowie der Vorlage etwaiger Gegenbeweise."

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  • [Blockierte Grafik: http://img97.imageshack.us/img97/4840/frugi.jpg| Gaius Plaguleius Frugi


    Der Advocatus, ein unscheinbarer, junger Mann, der für diesen Fall ausgewählt worden war, da ihm ohnehin keine großartige Karriere in Aussicht stand, trat in die Mitte des Podiums, zupfte nervös an seiner Toga und sprach vorwiegend zu den Iudices.
    "Werte Senatores, mein Mandant bestreitet die Tat nicht."
    Was natürlich aufgrund seines Todes nicht möglich war, ebenso wenig wie ein Geständnis abzulegen, doch dies zählte in diesem Fall nicht - einzig der Hinweis darauf.
    "Ich bitte dennoch zu bedenken, dass die Nemoralia ein Anlass zu freudigem Feiern sind."
    Wieder zupfte Plaguleius sich nervös an der Toga und ignorierte die Welt um sich herum. Man hatte ihn angewiesen, was er zur Verteidigung vorbringen sollte, und daran wollte er sich halten.


    "Es ist durchaus möglich, dass er sich dem Rausch des Festes hingegeben hat und der Frevel daher nicht bewusst provoziert war, sondern nur die Folge einer Verkettung von unglücklichen Umständen."
    Er hüstelte leise und wandte sich zum ersten Mal an das versammelte Publikum, als von dort aus den hinteren Reihen Buhrufe tönten.
    "Was natürlich nicht die Schändlichkeit der Tat negiert."
    Und zurück zu den Iudices, beinahe ein wenig entschuldigend:
    "Mehr habe ich nicht vorzubringen."



    MFG


  • Im letzten Augenblick unterdrücke Gracchus die unbewusste Regung, seine Augenbraue empor zu heben beim Anblick der mehr als kläglichen Vorstellung des Verteidigers, denn obgleich er seine Anweisungen durch das Collegium Pontificum hatte erhalten, so hatte Gracchus sich doch ein wenig mehr erwartet - ein etwas theatralischer Auftritt zu solch einer Gelegenheit hätte trotz des bereits beschlossenen Scheiterns dem Advocatus zweifelsohne ein wenig Ansehen eingebracht.
    "Gibt es weitere Beweise, die eine der beiden Parteien vorlegen möchte?"
    fragte er in Richtung des Corneliers, hernach des Plaguleius, doch beide verneinten dies.
    "Damit ist die Beweisauf..nahme beendet. Plaguleius Frugi, dein Schlussplädoyer bitte."
    Nicht ohne Hintergedanken sollte der Verteidiger seine Schlussrede zuerst halten, würde doch so Cornelius mit der seinen noch einmal alle Schändlichkeit der Tat betonen können.

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  • [Blockierte Grafik: http://img97.imageshack.us/img97/4840/frugi.jpg| Gaius Plaguleius Frugi


    Wieder zupfte Plaguleius an den Falten seiner Tunika, ehedem er sich in Position brachte.
    "Iudices, Bürger"
    , begann er ein wenig zu leise und steigerte erst im Laufe seiner Worte die Lautstärke als aus den hinteren Reihen entsprechend fordernde Rufe drangen.
    "Die Schuld, die mein Mandant auf sich geladen hat, ist kaum zu leugnen. Doch es ist auch kaum vorstellbar, dass ein Mensch eine solche Tat im Voraus geplant hat. Darüber hinaus war er als Nicht-Römer vielleicht auch nicht mit dem Zorn vertraut, zu dem unsere Götter fähig sind. Es war daher für ihn womöglich nicht abzusehen, welche Folgen seine Tat haben wird. Mitgerissen von der feierlichen Stimmung hat er sich gehen lassen. Dies bitte ich, bei seinem Strafmaß zu berücksichtigen. Danke."


    Neuerlich drangen Buhrufe aus der Menge, dazu einige Beschimpfungen auf Peregrine, doch die anwesenden Ordnungshüter sorgten dafür, dass das Volk schnell wieder zur Ruhe kam, so dass auch die Anklage nach entsprechender Aufforderung ihre Abschlussrede halten konnte.



    [Blockierte Grafik: http://img18.imageshack.us/img18/2443/corneliusa.png| Pontifex Gnaeus Cornelius Scapula


    Cornelius Scapula baute sich in seiner gesamten Größe auf - er bot durchaus eine ansehnliche Erscheinung, wiewohl seine Stimme sicher und volltönend war.
    "Verehrte Richter, Volk von Rom! Es besteht wohl kein Zweifel daran, dass der Mann, den wir heute hier sind zu richten, Schuld trägt an dem unsäglichen Frevel, der sich im heiligen Hain der Diana während der Nemoralia zugetragen hat! Als Pontifex, der ich bin, aber auch als römischer Bürger wie ihr weiß ich nicht, was ich schlimmer bewerten soll - die Unverantwortlichkeit gegenüber dem Wohl des römischen Reiches, indem er mutwillig die pax deorum mit Diana zerstörte, oder aber die Ignoranz gegenüber römischen Bürgern, die er durch seine Tat achtlos dem Zorn der Göttin Preis gab! Eine dem gesamten Volk Roms zürnende Göttin, eine gestörte pax deorum, zahlreiche Tote und Verletzte, sowie ein entweihtes, zerstörtes Heiligtum, in dem auf Jahre hin die Spuren der Verwüstung sichtbar bleiben werden, sind die Folge dieser unverantwortlichen Tat! All dies verdient den Tod, mit dem die göttliche Diana den Frevler in ihrer Weisheit bereits gerichtet hat! Selbst wenn uns Menschen zustünde, dieses göttliche Urteil anzweifeln zu dürfen, so kann doch auch nach unseren Gesetzen die Strafe für diesen Frevel nur der Tod sein!"


    Da im Volk augenscheinlich noch nicht alle wussten, welche Strafe vorgesehen war, wurden einige Rufe nach Steinigung laut, andere nach Tod in der Arena oder Sturz vom tarpeischen Felsen. Niemand jedoch ließ laut die Forderung nach Milde vernehmen.


    Die Richter drehten sich derweil von der Masse weg und steckten kurz die Köpfe zusammen, so als müssten sie tatsächlich über das Strafmaß beraten.



    MFG

  • Nachdem er sich von der Irritation über den Auftritt des Praefectus Urbi losgerissen hatte, folgte Macer aufmerksam dem Schauprozess, der hier einem Toten gemacht werden sollte. Mit Richtern, Anwälten und zumindest einer Zeugin gab es alle Zutaten, die man für einen ordentlichen Prozess brauchte. Die Reden des Anklägers und vor allem die des Verteidigers fielen für Macers Geschmack etwas knapp aus, aber dafür sparte zumindest die Zeugin nicht an Emotionen, auch wenn sie nichts neues zu den bekannten Fakten hinzu geben konnte. Dass der Verteidiger keine wirklichen Argumente zur Verteidigung haben würde, war Macer klar, aber er hätte schon etwas mehr Inbrust erwartet. Wann gab es denn sonst eine Gelegenheit, die absehbar unterlegene Seite offen und vehement unterstützen zu können, ohne dafür negative Konsequenzen fürchten zu müssen? Niemand würde einem Pflichtverteidiger in einem solchen Prozess vorwerfen können, für die falsche Seite argumentiert zu haben, aber für eine gute Rede konnte er eine Menge Lob bekommen. Einen Augenblick ärgerte sich Macer, dass er keinen seiner Klienten auf diese gute Gelegenheit hingewiesen hatte. Dann ärgerte er sich einen weiteren Augenblick, dass keiner seiner Klienten von selber diese gute Gelegenheit bemerkt hatte. Und schließlich fiel ihm wieder ein, dass er sich selber um eigenen Einfluss in religiösen Belangen kümmern wollte. Darüber dachte er auch noch nach, als die Richter sich zur Urteilsfindung zusammen gesellten.

  • Potitus saß gelangweilt auf seinem Platz. Ein Schauspiel, ganz nett gespielt sogar. Ohne lebenden Angeklagten büßte es allerdings viel ein. Zu viel, wie er fand! Die Zeugin zumindest gab sich Mühe, ihre Emotionen waren sehr glaubwürdig. Die Anwälte hätten sich mehr anstrengen können! Spaß machte das hier jedenfalls nicht! Das Urteil stand schon fest, der Angeklagte war schon tot. Wie schade, es hätte ein paar schöne Möglichkeiten gegeben für einen spektakulären Tod.


    Nicht mal für Wein war gesorgt, eine einzige Schande war das!


    Die langen Reden von Anklage und Verteidigung endeten, es war nun Sache der Richter, eine Entscheidung zu fällen. Ob irgendwer in der Menge glaubte, dass hier eine Beratung statt fand? Nur wenn sie nicht wussten, dass der Angeklagte bereits hinüber war. "Bringen wir es zuende. Ich hoffe, der bleibt wenigstens ein paar Stunden hängen, bevor er auseinanderbröckelt."

  • Im Zuge der Ratifizierung der Sühnemaßnahme hatte der Senat bereits der Kreuzigung des Frevlers zugestimmt, dennoch wollte Gracchus noch einmal sich an Vescularius Salinator und Flavius Piso wenden. Einen Einwand Seitens seines Vetters erwartete er nicht, vorwiegend ging es ihm darum, den Praefectus Urbi als Stellvertreter des Imperators nicht zu übergehen, wiewohl dieser sich mit einem anderen Strafmaß wohl kaum nur würde einen Vorteil verschaffen können - weder beim Senat, noch bei den Bürgern. Der Praefectus indes schien bereits auf das Urteil zu warten, so dass Gracchus auf dessen Drängen hin nurmehr nickte und schlussendlich wieder sich zur Menge hin zuwandte.
    "Hiermit verkünde ich das Urteil der Verhandlung des Collegium Pontificum gegen den fremden Täter von Nemi: Der Angeklagte wird für schuldig befunden im heiligen Hain der Diana während der Nemoralia im Jahre DCCCLX A.U.C. durch frevlerische Tat das Heiligtum der Diana entweiht und damit die Zer..störung der pax Dianae mit Auswirkung auf das Wohl des gesamten Imperium Romanum mutwillig in Kauf genommen zu haben. Weiters wird er für schuldig befunden, durch sein Handeln in fahrlässiger Art und Weise den Tod von mindestens drei römischen Bürgern, zahllosen Peregrinen und Sklaven, die Verletzung von sieben römischen Bürgern, sowie weiteren Peregrinen und Sklaven, wie auch die Verwüstung des heiligen Haines der Diana in Nemi forciert zu haben. Das Geri 'ht stellt daher eine besondere Schwere des Deliktes fest und verurteilt den Angeklagten zum Tode durch Kreuzigung. Durch die besonderen Umstände der Schädigung göttlichen Eigentums wird die Vollstreckung des Urteils zudem der Diana gelobt und ist damit irreversibel. Das Urteil ist im Zuge der na'hfolgenden Entsühnung zu vollstrecken."
    Selbstredend würde der Angeklagte beim Imperator um Gnade flehen können, doch glücklicherweise war der Angeklagte bereits tot und der Kaiser weit fort.
    "Die Verhandlung ist damit beendet."

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  • Piso war die ganze Zeit eher auf Autopilot gewesen, als sich konstruktiv einzubringen. Das erste Mal Richter zu sein hätte er sich anders vorgestllt. Er hätte sich gedacht, es wäre ein echtes Verfahren, nicht nur so eine lahme Sache, bei der ohnehin sein Vetter das Wort führte. Und so versank er in Tagträume, kontemplierte das Wetter, und ließ seine Augen schweifen über den Platz, in der Hoffnung, etwas Ästhetisches zu finden, an dem er sich ergötzen konnte.
    Prisca sah er nicht in der Menge, es waren einfach zu viele Leute. Er ließ die Suche nach ihr bleiben und schaute sich die Zeugen an. Alles langweilige Leute. Alles war so gestelzt. Piso wagte nicht, das ganze zu unterbrechen.
    Vor dem Einnicken bewahrten ihn die kräftig gesprochenen Worte des Gracchus. Kreuzigung. Uh. Eine nasse Sache. Da würde kein Auge trocken bleiben. Piso nickte grave, als hätte er tatsächlich einen großen Anteil am Wahrspruch gehabt, und erhob sich. Fanfaren ertönten, laut und klar, als ob sie die Luft zerreißen wollten.
    Zur Melodie dieser Fanfaren begann nun eine kleine Prozession. Und zwar der Pontifices zum Tempel, der direkt hinter ihnen war. Piso und Gracchus, sowie die zu ihnen stoßenden Pontifices, stiegen die Treppen empor, würdevoll, aufrecht.
    Die Pontifices betraten den Tempel. Duster war es, als die Decke sich zwischen ihnen und die Sonne schob, das Tageslicht aussperrte, die Priester anwies auf das Tageslicht, welches seitlich durch die Säulen in den Tempel flutete, in seine Eingänge hinein. Die Priester hatten sich die Togen über die Köpfe gezogen. Schweigsame Gestalten, erntshafte Gesichter, angespannte Mienen. Das Opfer würde kommen, und zwar das Voropfer.
    Kurz hielten sie alle inne, wuschen ihre Hände, murmelten dabei rituelle Sprüche, bevor sie sich wieder in Bewegung setzten.
    Zwei Pontifices traten hervor, als der kleine Zug das Ziel erreicht hatte. Die Statue der Diana. Piso blickte kurz auf. Groß und schön war sie, mit ihrer lebhaften Bemalung. Man hatte fast das Gefühl, ihre Augen würden die Tempelgänger herumverfolgen.
    Ein Sklave, der still und schweigsam neben den Männern einhergeschritten war, händigte Piso die Weihrauchkiste aus, eine kleine Büchse mit kostbarem Inhalt. Piso atmete durch. Er würde tun, was zu tun war. Er begann sich in Bewegung zu setzen. Linker Fuß, rechter Fuß. Hin zur Statue. Vorm Foculus blieb er stehen und klappte die Büchse auf. Zwei Weihrauchbrocken lagen drinnen. Er nahm einen und warf ihn in den schon flackernden Foculus.
    Er legte dann die Büchse ab und wartete kurz. Bis es begann, aus dem Foculus herauszurauchen. Voll, weiß und duftend war er. Konnte dies ein gutes Omen sein? Vielleicht.
    Er hob seine Hände in Gebetsstellung.
    “Große Diana, Göttin der Jagd und Schutzherrin der Natur! Nimm an diesen Weihrauch als Opfer, das ich dir bringe. Auf dass er dir munde und dir zum Ruhm gereiche, oh Göttliche!“
    Mit einer sachten Geste platzierte er noch den zweiten Weihrauchklumpen in den Foculus, sodass der Rauch noch dichter wurde und noch höher stieg. Piso drehte sich mit ein bisschen Schwung nach rechts und machte ein paar Schritte weg vom Foculus, um Gracchus Platz zu machen.

  • Nach seinem Vetter trat Gracchus an den Altar hin, nahm einen Kuchen von einem der Helfer in Empfang und legte ihn feierlich zu Füßen der Diana.
    "Große Diana, Göttin der Jagd und Schutzherrin der Natur! Nimm an diesen Speltkuchen als Opfer, das ich dir bringe. Auf dass er dir munde und dir zum Ruhm gerei'he, oh Göttliche!"
    In gleicher Weise brachte auch der Pontifex Curatius Fistus noch eine kleine Kanne voll Wein dar.
    "Große Diana, Göttin der Jagd und Schutzherrin der Natur! Nimm an diesen Wein als Opfer, das ich dir bringe. Auf dass er dir munde und dir zum Ruhm gereiche, oh Göttliche!"
    Da die Aufmerksamkeit der Göttin damit hinreichend geweckt war, traten die Pontifices geschlossen wieder aus dem aedes hinaus, um an dem Altar vor dem Tempel das blutige Opfer zu vollziehen, respektive blieb der Großteil der Pontifices zurück an den Stufen, und nur Gracchus trat als Opferherr zu dem Altar hin. Wieder ertönen die Fanfaren, ehedem die Stimme eines Heroldes die Menge zur Ruhe forderte und Pontifex Duilius damit begann, die vorderen Reihen der Menschen durch das Besprengen mit Wasser rituell zu reinigen. Mit einem dicken Seil an einem im Boden eingelassenen Ring an Ort und Stelle gehalten stand die Kuh neben dem Altar bereit, welche der Diana sollte geopfert werden, ein prächtiges Tier, dessen helles Fell mit Kreide und Eisenspänen war eingerieben worden, um ihr ein schimmerndes Weiß zu verleihen. Kräftig hoben sich dagegen der leuchtend rote Kopfschmuck und die mit Blattgold überzogenen Hörner und Hufe ab. Nachdem Gracchus die Hände sich noch einmal mit klarem Wasser gereinigt und mit dem mallium latum hatte abgetrocknet, wandte er sich dem jungen minister zu, welcher die Schale mit mola salsa ihm sollte anreichen und stockte im ersten Augenblicke als er in ihm Flavianus Aquilius erkannte. Obgleich Gracchus selbst dafür hatte Sorge getragen, dass der Bastard seines geliebten Vetters diesen Platz im Opfer hatte erhalten - denn auch wenn sein Vetter sich ohne ein Wort aus dem römischen Leben hatte geflüchtet, so erachtete Gracchus es dennoch als seine Aufgabe, für eine adäquate Ausbildung und Erziehung dessen Nachkommen Sorge zu tragen, selbst da dieser kein Flavius war -, so derangierte ihn der Anblick des Jungen doch ein jedes Mal da er ihm angesichtig wurde, war er doch Caius in jenem Alter so überaus ähnlich - in eben jenem Alter, in welchem in dem etwa gleichaltrigen Gracchus damals die Sehnsucht nach dessen Leib war erwacht. Zwar Standen Gracchus' Sinne diesen Tages nicht nach dem Leib eines halben Kindes wie zu jener vergangenen Zeit als er selbst ein solches war gewesen, doch irgendwann einmal mochte Flavianus Aquilius zu einem stattlichen jungen Mann heranreifen und vor eben diesem Tage fürchtete Gracchus sich bereits. Augenblicklich jedoch suchte er mit einem zuversichtlichen Lächeln zu Flavianus hin zurück auf das Opfer sich zu konzentrieren.

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  • Der verkündete Urteilsspruch überraschte Macer nicht im Geringsten und der mäßig impulsiven Reaktion der Umstehenden nach zu urteilen, ging es wohl allen anwesenden so. Tatsächlich konnte das Urteil wohl kaum anders lauten und stand praktisch ohnehin schon fest, da der weitere Ablauf des Tages, wie er im Senat besprochen worden war, eben auf jenen nun folgenden Verlauf ausgelegt war. Also nutze Macer die Zeit, in der sich die Priester zum Voropfer in den Tempel zurück zogen für eine leise und weitgehend belanglose Plauderei mit dem neben ihm stehenden Senator und schwieg dann wiederum pflichtbewusst, als das Hauptopfer vor dem Tempel zelebriert wurde.

  • Im Gegensatz zu anderen Kasus, in denen die Aufmerksamkeit des Knaben recht rasch abgeschweift war von dem Geschehen auf dem Tribunal, vermochte er diesmal die Verhandlung gänzlich zu verfolgen, was zum Einen auf ihre schlichte Kürze, zum anderen indessen auch auf ihren durchaus faszinierende Gegenstand zurückzuführen war, selbst wenn der Advocatus der Gegenseite von geringem Potential zu sein schien.


    Im Anschluss erfolgte jedoch sogleich das Opfer, bei dem auch Manius Minor attendierte, während Manius Maior die Ehre hatte, als Opferherr zu fungieren. Durchaus schwang noch eine gewisse Angst mit bei dem jungen Flavius, der sich gut erinnerte an jene durchaus beschämende Darbietung anlässlich des kaiserlichen Geburtstages. So hatte er in diesem Falle eine weitaus simplere, aber dennoch ehrenvolle Aufgabe gewählt, indem er seinem Vater zum rechten Zeitpunkt das Opfermesser darreichte. Bereits jetzt lag es schwer in seiner Hand und für einen Augenblick nahm sich der Knabe die Zeit, auf Neue die fein ziselierten Linien auf seinem Blatt zu inspizieren, die ornamentale, aber auch figürliche Motive zeigten.


    Dann gleichwohl wurde sein Interesse wieder auf die Kulthandlungen zurückbeordert, als neben ihm sein Freund Diarmuìd vortrat, um Gracchus Maior die Mola Salsa zu reichen, mit der die Kuh dem Göttin geweiht werden sollte. Rasch traf daher auch der jüngere Gracchus den Beschluss, nicht weiter seine Gedanken schweifen zu lassen, da sein Auftritt herannahte, der trotz seiner Kürze durchaus furchterregend erschien und kleine Schweißperlen auf der Stirn des Knaben erscheinen ließ.

  • Livineia verfolgte das Geschehen interessiert. Eine gute Inszenierung. Hoffentlich würden die Götter gnädig gestimmt, auch wenn sie sich das nur schwerlich vorstellen konnte. Schließlich war ein großer Frevel vorgefallen und es wurde nicht gerade sofort die Welt in Bewegung gesetzt, um das Geschehene zu sühnen.
    Eine Kreuzigung war da das Mindeste. Wie mochte sie wohl für den Betroffenen selbst sein? Sofern er noch lebte, verstand sich natürlich. Wie groß war die Angst? Fügte man sich schnell in dieses Schicksal? Wie schnell trat der Tod ein und wovon war es abhängig? Es gab sicherlich viele Faktoren. Der Tod in der Arena musste schlimmer sein, glaubte jedenfalls die Claudia. Da wurde man mit großer Angst konfrontiert, man musste kämpfen. Bei der Kreuzigung wurde einem jede Entscheidungsmöglichkeit ja von vornherein gestrichen.
    Claudia warf ihrem Bruder einen kurzen Blick zu und flüsterte leise: „Es hätte viel früher etwas geschehen müssen. Auf die Schandtat wurde teilweise sogar fehlerhaft reagiert.“ Und damit wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Schauspiel zu.

  • Von Flavianus Aquilius nahm Gracchus die kleine Kanne mit Wein entgegen, ließ einige Tropfen davon über Stirn und Nase der Kuh rinnen, welche daraufhin ein wenig träge den Kopf schüttelte, ehedem er die Gnade und Gunst der Göttin für das römische Volk erbat.
    "Göttliche Diana, Große Tochter des höchsten der Götter, die die Mutter auf Delos einst unterm Ölbaum geboren! Gebieterin grüner Wälder und Bergeshöhen, einsamer Täler Schlu'hten und der rauschenden Ströme, die im Laufe der Monde Du gibst das Maß für des Jahres Bahn, hehre Beschützerin der Frauen und Mädchen, gütige Spenderin von Fülle und Fruchtbarkeit, friedfertige Herrin über Tiere und Jagd! Dir, erhabene Diana, opfern wir, das Volk Roms, diese prächtige Kuh, um Deine Milde zu er..bitten, Deine Gnade und Dein Vergeben! Im Schatten Deines divinen Urteils haben auch wir gerichtete den Mann, der schändli'hen Frevel verübte in Deinen heiligen Gefilden, und geloben Dir ihn ans Kreuz zu schlagen vor den Mauern Roms, auf dass weithin sichtbar soll werden, dass Rom nicht duldet, dass Frevel begangen wird an unseren Göttern! Große Diana, gütige Göttin, Dir schenken wir diese Kuh, deren goldene Hörner Dir zu Ehren getragen werden in Dein heiliges Haus in Nemi, dass dort mit ihrem Einzug der Akt von Reinigung und Neu..weihung deiner Gefilde soll seinen Beginn finden!"
    Die Kanne kehrte zurück in Aquilius' Hände, aus welchen Gracchus nun die mola salsa entgegen nahm. Sorgsam tunkte er die Spitzen von Zeige- und Mittelfinger in die helle Paste, strich hernach das Gemisch der Kuh über Stirne, und zwischen die Augen bis zur Nase hin, während er noch einmal die Weihung bekräftigte.
    "Göttliche Diana, diese Kuh sei Dir gegeben aus freien Stücken, gütige Göttin, Deine Verzeihung zu erbitten, Dein Wohlwollen und Deine Gunst dem Imperium Romanum!"
    Als Gracchus diesmalig sich umwandte, nun das Opfermesser entgegen zu nehmen, wusste er genau, dass dabei er seinem Sohne würde in die Augen blicken, und väterlicher Stolz überkam ihn im Anblick des feierlichen Ornates Minors, dessen pausbäckige Wangen in zartem Rot konträr zu dem hellen grün des Kranzes auf seinem Kopfe schimmerten.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Seinem aufmerksamen Lauschen verdankte der Knabe, dass er just im rechten Augenblick sich in Bewegung setzte, das Culter aufgerichtet wie eine Standarte und mit beiden Händen haltend. Sein Antlitz war unterdessen eine starre Maske, deren Blick zwischen höchster Konzentration und größter Furcht sich vermischte, während eine einzelne Schweißperle ihren Weg unter dem Lorbeerkranz und den Haaransatz hinab auf seine rechte Augenbraue antrat.


    Trotz jener Furcht überreichte Manius Minor Manius Maior das Messer bar jeden Fehltritts und kehrte, den durch seinen Leib wehenden Geist der Erleichterung verspürend, in die Reihen der übrigen Ministri zurück.

  • Potitus gähnte, als die Verhandlung beendet wurde. Für solche Schmierenkomödien hatte er wirklich keine Zeit! Aber noch viel schlimmer war es, dass nun noch ein langwieriges Opfer hinterherkam! Salinator nutzte die Zeit, noch einmal seine neuen Liktoren zu begutachten. Wirklich ein erhebendes Gefühl, von so viel Amtsgewalt begleitet zu werden!

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