Oase Tasheribat – die Schlacht ist geschlagen

  • Entlassen. Ich konnte aufatmen. Warum er gefragte hatte? Ich hatte keinen blassen Schimmer. Das Gespräch war beendet.
    Den Kameraden helfen. Mein Kamerad Maulesel wartete auf sein Marschgepäck. Alles von 8 auf 3 Mann zu verteilen, da kam keine Langweile unter uns auf. Wachdienst, Essen kochen, Zelt auf und abbauen, Ausrüstung reparieren, Waffentraining. An Freizeit war nicht zudenken.


    Ich salutierte vor dem Praefecten, wollte mich gerade entfernen, als er noch eine Bemerkung machte. Er meinte Neriman. Was er sagte war sehr deutlich, er hatte recht damit. Manch einer würde nicht zögern und zugreifen. Gleichzeitig nahm er mir die Möglichkeit, sie zu sehen. Ich durfte nicht ohne Genehmigung aus dem Lager. Was gab es hier auch für einen Grund nach draußen zu gehen.


    „ Jawohl Praefect.“ Ein Kommentar war nicht nötig und nicht angebracht. Es war ein Befehl. Ich trat weg.


    Vor dem Zelt, im ganzen Lager herrschte Aufbruchstimmung. Man spürte wie es alle nach Hause zog. Ehrlich zu mir selbst ? Ich wollte zurück, zurück nach Alexandria und das so schnell wie möglich. Einfach weg von hier, nachdem nun mit den Worten des Praefecten alles endgültig war.


  • Wie ich mich fühlte? Warum verdammt fragte er mich das? Ich schluckte, zuckte ein wenig mit der linken Schulter.
    "Desperat." sagte ich leise, biss mir auf die Unterlippe und kämpfte schwer darum, jetzt nicht vollends die Fassung zu verlieren! "Ich weiß nicht... Nein... Ich wäre wohl im Vorfeld vorsichtiger, damit es gar nicht erst zu sowas kommt..." Die Vorstellung, je wieder von diesem Lager aufzustehen, und Soldaten im Feld zu kommandieren, war mir gerade sowieso sehr fremd.
    Octavius sagte dann wirklich etwas sehr weises... ja, die Götter, das Schicksal, Glück oder Unglück... und überraschte mich insofern, als er mein Handeln guthieß. Nur leider ließen diese einfühlsamen Worte und das tröstende Lächeln den brüchigen Rest meiner Contenance zusammenstürzen, und es kam wie es kommen mußte - auf einmal flossen mir die Tränen über die Wangen.
    Wie entsetzlich peinlich! Wie unendlich unpassend... Beschämt wandte ich das Gesicht ab, wischte mir hastig mit der Hand übers Gesicht und schniefte: "Entschuldigung."
    Ich war so was von vollkommen fertig! "...Praefectus..." brach es unter Tränen aus mir heraus, "ich... bitte, es geht einfach nicht mehr. Ich möchte den Dienst quittieren."

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  • Er trug ihr Amulett. Es tat also seine Wirkung und schützte seinen Träger, so wie sie es beabsichtigt hatte, als sie es anfertigte. Dass es ihm allerdings noch nicht so gut ging, das lag wohl an Verwundungen, die im Verborgenen lagen. Doch er lebte und sah sehr gut aus, im Gegensatz zu vielen Soldaten, die sie im Laufe ihres Ganges durch das Lager sehen musste. Sie nickte lächelnd. Sehr viel Glück, ja, das hatte er. Aber das mußte man wohl auch haben, wenn man für sein Leben diesen Weg einschlug. Sie wünschte zwar, er würde sich nicht weiter in diese Gefahr begeben, andererseits wurden durch die Römer diese Barbaren geschlagen. Das kam auch ihnen zugute. Nicht für ewig, sie kannte dieses Volk, aber doch für eine Weile.


    Neriman - ihr Name von ihm ausgesprochen hatte einen ganz besonderen Klang. Das Streicheln seiner Finger, so sanft, sein Blick ging tief und ließ ihr Herz erneut höher schlagen. Diese wundervollen dunklen Augen zogen sie in ihren Bann. Ihr Gesicht kam dem seinen unweigerlich näher, doch dann veränderte sich etwas. In seinem Blick, seiner Körperhaltung. Er zeichnete etwas in den Sand, wollte etwas sagen. Alexandria? War das die Stadt, in der er lebte? Oder... die Erkenntnis traf sie tief, auch wenn sie damit hatte rechnen müssen. Er musste dorthin zurück. Schon bald? Er legte ihr einen Ring in die Handfläche. Neriman nahm ihn, drehte ihn in den Fingern, strich sanft mit einem Finger über den Delphin, der darin eingraviert war. Schon bald... eine kleine Träne bahnte sich ihren Weg in ihren Augenwinkel. Danke - sagten ihre Hände, begleitet von einem Blick, der ausdrücken sollte, wieviel ihr sein Geschenk bedeutete. Es war mindestens ebenso wertvoll wie das Tuch, das sie trug, dessen Bedeutung er aber vielleicht nie erfahren würde - sie würde ihr Leben dafür geben. Sie wandte sich wieder seiner Zeichnung zu, deutete auf ihn, machte mit den Fingern laufende Bewegungen von Alexandria zu ihrer "Insel", hob den Blick und sah ihn fragend an. Kommst du zurück? Irgendwann? Eine kleine Hoffnung.

  • Der Ring. Ja, der Ring. Das letzte und einzige Geschenk. Ein Geschenk meines Vaters. Er sollte mich auf all meinen Wegen beschützen. Er passte gut zu ihr, wie für sie gemacht. Es sollte wohl so sein, dass er hier und jetzt den Besitzer wechselte. Ich zeigte auf den Delphin und zeichnete das Sternbild in den Sand. Sie kannte sich sicher damit aus. Um seine Position genauer zu bestimmen, zeichnete ich das Sternbild Adler rechts unter den letzten Stern des Delphins.



    Ihre fragenden Augen, ein glitzern in ihrem Augenwinkel, mit genau dem Blick für den ich keine Antwort wusste. Ich sah in die Sonne, mir ging so viel im Kopf herum. Mein Blick ging in den Sand zwischen meinen Füßen. Ich stocherte wahllos mit dem Stock im Sand, ließ ihn achtlos fallen. Der leichte Luftzug brachte mich dazu die Augen zu schließen, ihm mein Gesicht zu zudrehen. Unvermittelt drehte ich den Kopf zu Neriman, sah sie an. Meine Hand griff in den Sand. Meine Faust ein Stück über dem Boden haltend, rieselte der Sand langsam, einem dünnen Rinnsal gleich, aus ihr heraus. Es dauerte lange bis die Faust leer war. Es sollte so viel heißen, es wird viel Zeit vergehen, bis man sich vielleicht wieder sah. Ausschließen wollte ich es nicht grundsätzlich, dazu hatte ich Neriman viel zu sehr ins Herz geschlossen.



    Alles ging ohne Worte und das was ich dann tat sollte mir ewig in Erinnerung bleiben. Meine Fingerspitzen glitten vorsichtig fast ängstlich über ihre Lippen, wie ein Hauch, machten Platz für meine Lippen....... Mit leichter Scheu trafen sie auf ihre. Ich fiel und fiel, tief ins Dunkel, ohne Angst, frei von allem, mit der Gewissheit in diesem Augenblick das richtige zu tun, erfüllt von einer Flut an Gefühlen, es fiel mir schwer sie einzuordnen, so etwas hatte ich bisher noch nie erlebt. Meine Handfläche lag an ihrer Wange, die Fingerspitzen berührten ihr weiches Haar. DU TOR! Was tust du? Sieh der Wirklichkeit endlich ins Gesicht! Du hattest kein Recht dazu! Meine innere Stimme, genau jetzt ignorierte ich sie. Nur einmal. Ich wollte nur einmal spüren, wie es ist, bei ihr zu ertrinken, hinab zu sinken in die Tiefen der Unendlichkeit. Eine sanftere Stimme mahnte mich. Genug, es wird Zeit, du machst es nur unnötig schwerer für euch beide. Ich löste meine Lippen sacht von ihren. BOMM, das Schuldbewusstsein schlug mit aller Kraft zu. Meine Hand sank, genauso wie mein Blick. Es waren keine Worte nötig.



    Ich griff nach ihrer Hand und stand auf. „ Wir müssen Abay und Jasim suchen.“ Ich hoffte wenigstens einen der beiden hier irgendwo anzutreffen.

  • Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio

    "Entschuldigung."
    Ich war so was von vollkommen fertig! "...Praefectus..." brach es unter Tränen aus mir heraus, "ich... bitte, es geht einfach nicht mehr. Ich möchte den Dienst quittieren."[/FONT]



    Dragonum klopfte Serapio leicht auf die Schulter und lächelte erneut als dieser sich für seine Tränen entschuldigte ...


    "Ein Offizier der sich seiner Rolle bewusst ist und dennoch genug Gefühl übrig hat um Tränen für gefallene Kameraden zu vergießen, du hast mehr von dei..."


    Weiter kam Dragonum nicht, der zweite Teil von Serapios Satz traf ihn wie ein Bolzen aus einem Skorpion ... hart und völlig unvorbereitet ... warum um Himmels Willen wollte ausgerechnet dieser junge Mann den Dienst quittieren? Ihm stand doch nun wahrlich alles offen ...


    "Ich .. ich weiß nicht was ich dazu sagen soll. Wie kommst du denn auf diese Idee? Der Exercitus liegt dir zu Füßen, warum willst du gehn .. und wohin?"


    Dragonums Fassungslosigkeit stand ihm ins sonst stoische Gesicht gemeißelt, er hatte bereits ettliche Rücktrittsgesuche bearbeitet, bewilligt oder abgelehnt ... doch nie hatte er eines von jemandem bekommen von dessen Tapferkeit er dermaßen überzeugt war wie bei Serapio ...

  • Ein Soldat Roms weint nicht. Das hatte für mich immer festgestanden, und damals bei Edessa, als Livianus in die Hände des grausamen Feindes geriet, hatte ich wegen meiner Tränen sogar richtig Ärger vom Legaten Tiberius bekommen. Um so verblüffender war es jetzt für mich, wie gelassen Octavius meine Schwäche hinnahm, mir sogar Trost zusprach. Sicherlich nur weil er ein alter Kamerad meines Vaters war...
    Verdammt Faustus, reiß dich endlich zusammen! Ein Offizier der sich beim Kommandanten ausheult, wie lächerlich ist das denn?! Memme! Jammerlappen!
    Bona Dea, ich konnte nur hoffen dass Livianus nichts davon zu Ohren kam...


    Tief durchatmen! Und wieder wischte ich mir die Tränen ab, suchte verzweifelt meine Fassung zurückzugewinnen. Der Exercitus lag mir zu Füßen? Das war ja ein lustiger Versuch mich aufzumuntern.
    "...Ich..." Meine Stimme mußte ich auch auch erst mal wiederfinden. "Es tut mir leid Dich so zu enttäuschen, Präfekt! Aber... ich muß nach Rom. Während wir hier ins Feld gezogen sind, hat sich dort wohl... vieles verändert, und meine Familie... macht eine sehr schwere Zeit durch."
    Endlich ging es wieder einigermassen, die Empörung über die Vorgänge in Rom gab mir ein wenig inneres Feuer zurück. Wieviel konnte ich ihm überhaupt sagen, angesichts der Tatsache, dass sein eigener Verwandter sich zum Handlager der Intrige gemacht hatte? Aber ich hatte ja auch einen Verwandten, der dem derzeitigen Herrscher ebenso eifrig in den Hintern kroch (hoffentlich hatte er meinen Hinweis auf den Dolch beherzigt!). Wenn bei uns der Graben quer durch die Gens verlief, vielleicht war es bei ihnen ja auch so...
    "Mein Vater wurde durch eine heimtückische Intrige in das politische Exil getrieben. Er hat sich... für längere Zeit nach Tarraco begeben, und wird wohl... solange die Machtverhältnisse so sind, wie sie sind, nicht zurückkehren." Die Formulierung "zur Ruhe gesetzt" brachte ich nicht heraus. "Meine Schwester steht fast alleine da, und sie wird angefeindet und bedroht. Ich muß ihr beistehen und... versuchen, etwas für meine Gens zu tun. Da kann ich nicht weiter in Ägypten dienen..."
    Heimweh hatte ich ausserdem... und Aton wollte ich wiedersehen – vielleicht, jedenfalls mußte ich klären welche Rolle er im Prozess gespielt hatte, und vielleicht, wenn meine Befürchtungen sich zerstreuten, und vielleicht, wenn er mich noch wollte – so viele vielleicht! Zu viele vielleicht.
    "Ich würde dich um meine Versetzung zu irgendeiner Stammeinheit bitten... aber..." Ich streifte meinen verfluchten Arm mit einem verächtlichen Blick. "... ich glaube kaum dass eine mich so nehmen würde."

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  • Nun war es aber genug, Dragonum hatte viel Verständnis für viele Dinge und ganz besonders für den liebsten Sohn seines Patrons, der ihm selbst auch schon am Herzen lag ... doch das hier schrie ja förmlich nach einer Ohrfeige und einer Standpauke ... auch wenn Dragonum nicht vor hatte einen seiner Offiziere zu schlagen, so würde er ihm doch eine Standpauke halten bei der selbst die unbeteiligten Soldaten vor dem Zelt ein schlechtes Gewissen bekommen würden ...


    "Was ist denn nur in dich gefahren? Macht dich der Mohnsaft weich in der Birne? Dein Vater hat Folter und Gefangenschaft überlebt und anschließend noch eine entbehrungsreiche Reise zurück ins Imperium ... nur um danach gleich wieder in den Sattel zu steigen und ganz Rom zu beweisen aus welchem Holz die Decimer geschnitzt sind! Und du? Ich habe dich nicht mitgenommen damit du etwas von der Welt siehst, sondern weil ich wusste das in dir ein fähiger Offizier steckt, ein Mann der Parthien miterlebt hatte und trotzdem noch in ein brennendes Haus stürmt um einen Mitrömer zu retten! Ich habe mich mit dem Stellvertreter des Kaisers angelegt um dich mitzunehmen, also reiß dich gefälligst zusammen und beweise das weder ich noch dein Vater uns geirrt haben als wir übereinkamen das aus dir einst ein glorreicher Kommandant werden würde!
    Wenn du der XXII. wirklich den Rücken kehren willst, dann lauf nicht in der schwersten Zeit davon wie ein Feigling, sondern warte bis wir in Nikopolis sind und ich dem Oberkommando deine Beförderung vorgeschlagen habe!"


    Dragonum mochte noch so wütend sein über den in Selbstmitleid versinkenden Serapio und noch so aufbrausend wegen seinem Wunsch zu gehen ... aber dennoch machte ihn die Nachricht über den ernsten Stand der Gens seines Patrons stuzig ...


    "Und jetzt erzähl mir warum mein Patron beschlossen hat sich zur Ruhe zu setzen und wie die Probleme der Decimer tatsächlich aussehen!"

  • Erst der ungewöhnlich sanfte Tonfall, jetzt auf einmal doch wieder Gebrüll... Ich erschrak, und wurde noch blasser als ich es sowieso schon war. Mit verkniffenen Lippen ließ ich den Sturm über mich hinwegbrausen. Ja, Livianus war ein verdammter Held, und ich im Vergleich dazu ein Versager, das mußte Octavius mir nicht sagen, das wußte ich doch längst... Nein, ich würde bestimmt kein glorreicher Kommandant werden, ich enttäuschte doch immer nur alle die an mich glaubten.... Warum ließ man mich nicht einfach in Ruhe!? Ich war müde.... ich wünschte mir, nie wieder eine Rüstung anlegen zu müssen.
    Aber ein Feigling genannt zu werden, das ließ dann doch meinen Trotz aufflammen.
    "Ich bin kein Feigling, Präfekt!!" begehrte ich, gegen jede Etikette, zornig auf. Es stand nun mal in den Sternen ob der Arm wieder wurde, da konnte der Kommandant noch so schimpfen. Und wie er sich ereiferte - so sehr, dass mir der Gedanke kam, dass er mich wohl trotz allem irgendwie mochte. Ich ihn ja auch. - Beförderung vorschlagen? Was sollte der Exercitus mit einem Invaliden?! (Den einarmigen Optio Gargonius im Rekrutierungsbüro der CU ablösen, das könnte ich. Großartige Perspektive.)
    Aber dass meine Bitte etwas voreilig gewesen war, das konnte schon sein... alles war so unsicher zur Zeit, ich hatte über gar nichts Gewissheit - nicht die beste Basis um eine solche Entscheidung zu treffen... Ich nickte zögernd, kleinlaut. Eine Wahl hatte ich eh nicht.


    "Das ist eine längere Geschichte." begann ich erst nach einem Moment des Schweigens und mich-sammelns. "Mein Vater ist eben ein Freund klarer Worte. Anders als die ganzen Leisetreter und Duckmäuser, die bekanntlicherweise den Großteil des Senates ausmachen. Und weil er den, ähm... nicht ganz unumstrittenen neuen Machtverhältnissen nicht wie all die anderen nach dem Mund geredet hat, hat man ihn erst nach Germanien abgeschoben, dann diesen infamen Prozess gegen ihn angestrengt. Völlig fadenscheinige, an den Haaren herbeigezogene Vorwürfe... Ich muß leider sagen, dass auch ein Vertreter deiner Gens maßgeblich an dieser Intrige beteiligt war... Ein gewisser Macer. Trotz seiner stümperhaften Anklage wurde mein Vater schuldig gesprochen. Ein abgekartetes Spiel! Nach allem was mein Vater für Rom getan, nach allem was er die Patria geopfert hat, ist das nun der Dank..."

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  • Dragonum nahm auf einem Korbsessel Platz, wobei es schon fast so wirkte als wäre er hineingefallen vor lauter Erschöpfung. Kurz fuhr er sich mit beiden Händen über das Gesicht dann blickte er wieder auf ...


    "Tja .. die Welt der Politik, Koruption und Ränkespielchen! Den Verat des jungen Macers kann ich schon kaum mehr glauben ... noch am selben Tag als ich dich den Klauen des Praefectus Urbi entrissen habe, scheint er ihm hinein gefallen zu sein, eine Schande für Wahr, aber wenn ich ehrlich bin nichts neues! Die Senatoren und ihre Klienten waren immer schon hinterhältige Aasgeier die stets nur darauf gewartet haben das Leben eines geschwächten Gegners auszuweiden ... umso trauriger einen so fähigen Vertreter unserer Interessen, wie deinen Vater, verloren zu haben. Aber ich gönne ihm den Ruhestand und du kannst ihm gern versichern das ich auch weiterhin loyal zu seiner Gens stehen werde!"


    Dragonum erhob sich aus dem Sessel als wäre es ein neuer Morgen und er habe gerade für Stunden geschlafen ...


    "Rom hat seine Helden immer schon schlechter behandelt als sie es verdient hätten, aber das hat noch nie etwas daran geändert das es sie stets gebraucht hat! Männer wie dein Vater sind nicht in die Schlacht gezogen um sich danach feiern zu lassen und sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen, sondern um zu verteidigen und zu bewahren wofür Rom sonst noch steht! Ich kann mich nicht errinnern das mir vor 30 Jahren im Rekrutierungsbüro versprochen worden wäre, es wäre einfach zu tun was wir tun ... aber ich kann mir beim besten Willen auch absolut nichts anderes vorstellen!"


    Dragonum ging langsam in Richtung des Ausgangs und blickte sich dann noch einmal um ...


    "Du folgst verdammt großen Fußspuren mein Junge, wage es ja nicht auf halbem Wege umzukehren!"

  • Den Klauen entrissen ... Ich konnte die Männer, die sich dem Stadtpräfekten voll und ganz verschrieben, schon ein bisschen verstehen. Es war sehr schmeichelhaft gewesen, in seiner direkten Umgebung Dienst zu tun, da fiel eben auch etwas vom Glanz der Macht ab. Und dass er ein Freund des einfachen Mannes war, und den Patrizierklüngeln Einhalt gebot, und immer ein offenes Ohr für seine Soldaten hatte, das fand ich immer noch richtig gut ... Aber Livianus hatte mir die Augen geöffnet: Vescularius war ein gemeiner Intrigant, kein Stück besser als der Rest des Senats!
    Es tat gut zu hören, mit welcher Verachtung Octavius den Namen seines Verwandten aussprach. Ich nickte beifällig. Aasgeier, genau!
    "Das werde ich. Ich danke dir."
    Männer wie Dragonum und mein Vater, die klaglos für Rom den Kopf hinhielten, und nicht viel Aufhebens drum machten, das waren wahre Römer. Aufrecht seine Pflicht tun, jedes Opfer bringen, für Rom, ohne auch nur ein bisschen Dank von den Römern zu erwarten, das war wohl die Devise. Sehr nobel klang das, aber war es auch menschenmöglich? Langsam fragte ich mich, ob ich überhaupt wirklich wieder gesund werden wollte. Es wäre so viel leichter, einen anderen Weg zu gehen, einen ohne diese gigantischen Fußspuren. Aber auch wenn es bei mir noch lange nicht 30 Jahre waren – ich konnte mir auch nichts anderes mehr vorstellen...
    Ich nickte, um eine tapfere Miene bemüht. "Jawohl Präfekt." Was sollte ich auch anderes sagen?
    Erst als er weg war, grub ich den Kopf ins Kissen und seufzte tief. Ja, ich mußte mich zusammenreißen. Ja, ich durfte mich nicht hängenlassen. Aber gerade verlangte es mich einfach nur ganz ungeheuerlich nach etwas Opium...

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  • Ja, dieses Sternbild erkannte sie sofort. Es war schon ein paar Jahre her, da lag ihr Vater nächtelang neben ihr im Wüstensand und erklärte ihr die Sterne, ihre Bedeutung und wie man durch sie den Weg finden konnte. Er kannte auch einige der Legenden, die sich um diese Sternbilder rankten. Für sie war das damals spannend, besonders die Geschichten. Nicht weiter verwunderlich, sie war ja noch ein Kind. Auch die des Delphin war faszinierend, doch von nun an würde gerade dieses Sternbild eine besondere, eine ganz eigene Bedeutung für sie haben.


    Die Frage, ob er zürückkehren würde, stand lange unbeantwortet zwischen ihnen. Er schien nachdenklich, verzweifelt? Oder wußte er nur nicht, wie er ihr beibringen sollte, dass er nicht wiederkommen wollte? Schließlich war er Römer, ein Soldat, sie nur ein unbedeutendes Wüstenmädchen. Wahrscheinlich gab es dort in Alexandria sogar eine Frau, die auf ihn wartete. Für einen Moment fühlte sie sich richtig dumm, dass sie nie über diese Möglichkeiten nachgedacht hatte. Dann aber griff er in den Sand, ließ die Sandkörner aus seiner Hand rieseln wie aus einer Sanduhr. Unendlich langsam, viel zu langsam - bis sie leer war. Vielleicht irgendwann...


    Neriman nahm dankbar seine Hand, versank in seinen dunklen Augen, ehe seine Finger ihre Lippen berührten. Sanft, fast scheu, als hätte er Angst, sie zu berühren. Ganz automatisch schloss sie ihre Augen, erwartete sehnsüchtig seine Lippen. Unglaublich sachte trafen sie aufeinander, elektrisierend, ein Schauer jagte durch ihren Körper, Gefühle, die sie bisher nicht kannte. Ein Rausch aufbrechender Gefühle, der sie für einen Moment der Welt entzog. Nur sie beide - keine Bedenken mehr. Sie ließ sich fallen, mitreissen, wollte mit ihm versinken in der Unendlichkeit. Sie tauchten wieder auf, langsam, stetig. Es fiel ihr schwer, sich von ihm zu lösen, in die Wirklichkeit zurückzukehren, die gleich mit voller Wucht zuschlug. Er senkte den Blick vor ihr. Schuldbewußt? Ihre Hand hob sich an seine Wange, legte sich liebevoll an seine Haut. Sie wollte ihm so vieles sagen, ihm erklären, ihm sagen, dass es genau so richtig war. Wenn sie doch nur noch einmal sprechen könnte.


    Seufzend nahm sie seine Hand und stand auf, hielt den Ring ganz fest in ihrer Hand. Er würde wohl schon bald ihr größter Schatz werden. Es gab viele dieser Schätze, alle behaftet mit einer Erinnerung, viele davon unerreichbare Sehnsüchte, einige für immer ausgelöscht. Dieser barg noch eine kleine Hoffnung, wie ihr Tuch. Neriman umfasste seine Hand ganz fest, als würde sie ihn nie wieder loslassen wollen. Sie mussten nicht lange suchen. Jasim stand mit Abay ganz in der Nähe, in ein Gespräch vertieft. Abay erklärte ihnen kurz die Lage, auch, dass sie das Lager nicht wieder betreten sollten. Bei diesen Worten bedachte Neri Massa mit einem traurigen Blick. Dann konnte wohl nur er zu ihr kommen, oder hier und jetzt war es der Abschied - vielleicht für immer.

  • Den Worten Jasims war nichts hinzu zufügen. Ich wusste was es bedeutete, wenn der Präfect diesen Wunsch geäußert hatte. Er hatte es aus reiner Vorsicht getan. Viele der Männer unterschieden nicht zwischen Blemmyern und den anderen Wüstenvölkern. Für sie waren es alles Barbaren, die ihre Kameraden getötet hatten. Dazu die ganze Zeit ohne Frauen ... Sein Wunsch, Schutz für beide Seiten. Die Befindlichkeiten zweier Menschen spielten in dem Falle keine Rolle. Das Wohl der Mehrheit hatte Vorrang. Dementsprechend waren Befehle an die Wachen ausgegeben worden. Wie immer, verlassen des Lagers nur mit Genehmigung. Ich dachte fieberhaft nach. Es gab keinen Grund das Lager zu verlassen, keinen plausiblen. Da draußen war die Wüste, da gab es nichts und das Lager der Nomaden, war erst recht ausgeschlossen. Keiner wollte Ärger riskieren.


    Ich hielt Neriman’s Hand ganz fest, sah ihren traurigen Blick. Es tat weh, mehr als der Stich eines Galdius und gleich belog ich mich selber. Ich sah in ihre Augen, lächelte. „ Neriman, die Zeit wird vergehen. Du wirst einen jungen Mann kennenlernen. Er wird dir alles das schenken, was du dir wünschst. Ich werde eine unter deinen vielen Erinnerungen bleiben und eines Tages werden wir uns vielleicht wieder sehen.“ Ganz hatte ich den Gedanken an ein Wiedersehen nicht aufgegeben.
    Jasim übersetzte das was ich sagte.


    „ Begleite sie bitte bis zum Lager. Ich kann nicht mit.“ Sagte ich ihm zum Schluß. Er nickte. Meine Fingerspitzen berührten noch einmal ihr Gesicht. Ich ließ ihr Hand los, drehte mich weg und ging. Im Vorbeigehen, legte ich Abay die Hand auf die Schulter. „ Ich danke dir und pass auf Neriman auf. Die Götter mögen euch und eure Familien beschützen.“ Ohne mich umzusehen verließ ich die drei.


    Die nächsten Tage bis zum Abmarsch vergrub ich mich in Arbeit. Neriman’s Tuch legte ich sorgfältig zusammen und verstaute es ganz unten in meiner Tasche. Diese Erinnerung ging niemanden etwas an. Ihr Amulett trug ich, neben Fortuna, auf meiner Brust. Es sollte mich auch in Zukunft beschützen, ich vertraute darauf.

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