Axilla war aufgeregt. Nicht, dass sie Angst hatte vor dem, was passieren würde. Das ganz sicher nicht. Sie kannte Imperiosus ja schon ziemlich lange, und sie für sich würde sogar sagen, sie kannte ihn ziemlich gut. Er war immer nett zu ihr gewesen, und Axilla hatte nicht den kleinsten Grund, anzunehmen, er würde sie nicht mögen. Und genausowenig hatte sie einen Grund, anzunehmen, Seneca könne Imperiosus nicht mögen.
Aber: Es blieb trotzdem das Kennenlernen ihres nächsten männlichen Verwandten mit dem Mann, den sie wohl heiraten sollte. Auch wenn der davon nichts wusste (was das nächste Bauchschmerzthema war). Und wenn die beiden sich jetzt doch nicht leiden konnten? Oder wenn sie was blödes anstellte, und Imperiosus dann nicht wollte? Oder, wenn Salinator es ihm schon gesagt hatte, und sie sich dann gerade zum Affen machte? Oder wenn Salinator es ihm nicht gesagt hatte, und sie sich dadurch zum Affen machte? Irgendwie hatte Axilla das stetig wachsende Gefühl, dass sie es eigentlich gar nicht richtig machen konnte. Und darüber, warum Salinator durchaus von der Idee, Axilla würde Imperiosus heiraten, so angetan war, wollte sie auch lieber gar nicht nachdenken. Oder darüber, was die Decimi darüber denken würden, ganz zu schweigen von der restlichen römischen Gesellschaft. Warum war Politik nur so verflixt schwierig?
Axilla konnte ihren Vater nun noch mehr verstehen, warum dieser bei der Legio gedient hatte und nicht den Weg der Politik gegangen war. Soldatendasein war einfach. Es gab die Bösen und die Guten, klare Linien, und man wusste genau, wieso der andere der Feind war. Einfache Aufgabe, einfache Lösung. In der Politik war jeder Freund und Feind gleichermaßen, mal mehr und mal weniger, und Axilla hatte keine Ahnung, was jetzt wieso zu welchem Ergebnis führen würde.
Aber zunächst einmal galt es einen Gast zu empfangen, und dafür hatte sie sich heute fein gemacht. Sie trug ein grünes Kleid aus dünnem Stoff, eines von jenen aus Ägypten und wenn sie sich richtig erinnerte, dasselbe das sie damals bei dem Essen mit Imperiosus getragen hatte. Nur diesmal trug sie anderen Schmuck, und hatte sich weit mehr Mühe für ihre Frisur gegeben. Mit wenigen Nadeln war ihr Haar filigran hochgesteckt, um in feinen Korkenzieherlöckchen wieder in den Nacken zu fallen Dazwischen war ganz feiner Goldschmuck in Form von Halbmonden gesteckt, und wenn sie den Kopf bewegte, klingelte es manchmal ganz leicht, wenn diese aufeinandertrafen. Sie hatte sich sogar ein ganz klein wenig geschminkt, aber nicht sehr. Sie fand immer, das sah dann angemalt aus, aber angeblich gefiel das den Männern ja. Und sie wollte gefallen.
Als ihr mitgeteilt wurde, dass ihr Gast eingetroffen war, nahm die Aufregung dann noch einmal zu. Mit klopfendem Herzen betrat Axilla das Atrium, wo sie auch gleich Imperiosus entdeckte. So fein, wie er sich gemacht hatte, war er auch kaum zu übersehen.
“Imperiosus! Es ist schön, dass du kommen konntest.“ Sie war sich etwas unsicher, ob es wohl angebracht war, ihn zur Begrüßung zu umarmen oder ihm ein Küsschen wie unter Freunden auf die Wange zu geben oder vielleicht doch nicht, und etwas unschlüssig blieb sie so direkt vor ihm mit schüchternem Grinsen stehen.
“Ich hab im Triclinum alles schon vorbereiten lassen für das Essen heute. Ich hoffe, du magst es. Mein Vetter Aulus Seneca wird auch noch dazukommen. Ich hab ihm schon erzählt, wie du mich damals von Ägypten mit nach Rom genommen hast. Aber auf dem Weg dahin, erzähl einmal, was ich so alles bei dir verpasst habe. Seit Archias Beerdigung hab ich dich glaub ich nicht mehr gesehen.“ Jetzt aber hakte sich Axilla doch recht zielstrebig ein und wies auch in die Richtung, wo das Triclinum lag, damit Imperiosus wusste, wo er lang musste.