Triclinium | Nächstes Jahr, selbe Zeit

  • Im Grunde hätte Gracchus seiner Ansinnen wegen ebenso gut nach einer Sitzung des Collegiums oder des Senates mit Tiberius sprechen können, jedoch hatte Durus ihn bereits so häufig zu Cenae in sein Haus geladen, dass es längstens an der Zeit war, sich zu revanchieren. Zudem hatte Antonia während der letzten Wochen ihrer Schwangerschaft kaum nur das Haus verlassen, so dass Gracchus hoffte, ihr würde ein wenig gesellschaftliches Leben in der eigenen Villa zusprechen - nachdem sie ihm einen weiteren Jungen hatte geboren, suchte Gracchus beständig nach Gelegenheiten, sie zu erfreuen. Indes war er selbst nicht sonderlich erpicht auf gesellschaftliche Verpflichtungen, so dass außer seiner eigenen familia niemand sonst würde an der Cena teilnehmen, wiewohl Gracchus seine Gemahlin zu gegebener Zeit würde fort senden, um Tiberius' Gemahlin den jüngsten Nachwuchs zu präsentieren, so dass er das delikateste Thema würde allein mit Durus besprechen können. Als die Gäste von der Porta her in das Triclinium geführt wurden, erhob Gracchus sich, der bereits anwesend war, um die beiden zu begrüßen.
    "Salve, Durus, es freut mich außerordentli'h, dass du meiner Einladung gefolgt bist."
    In der Sicherheit der heimischen Wände wagte Gracchus nach Jahren der stets aufrechterhaltenen, zaghaften nominellen Distanz endlich Tiberius Durus nur mit dessen Cognomen anzusprechen, was zweifelsohne längst geboten war, Gracchus dennoch ein wenig merkwürdig anmutete, allein schon der Tatsache wegen, dass die Anzahl jener Männer, welche er außerhalb der Familie solcherlei betitelte nicht einmal die Finger einer Hand füllte. Um seine Nervosität ob dessen nicht allzu deutlich sich anmerken zu lassen, wandte er sich sogleich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen Flora zu.
    "Sei auch du willkommen in der Villa Flavia, Aurelia!"
    Er suchte ein Kompliment anzufügen, doch es war in diesem Augenblicke als herrsche nurmehr eine öde Prärie in seinem Geiste vor, dass er förmlich dem Staubteufel konnte dabei zusehen, wie er vor seinem inneren Auge von einer Seite zur anderen hin wehte. Mit einer flüchtigen, ein wenig fahrigen Geste deutete er darob auf den lectus medius.
    "Bitte nehmt Platz, meine Gemahlin wird jeden Augenblick eintreffen."
    Neben der Türe standen die Sklaven bereit, um den Gästen die Schuhe auszuziehen und ihnen die Füße zu waschen, sobald sie Platz genommen hatten.

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  • Gestützt auf seinen Stock humpelte Durus in das Triclinium, wo Gracchus bereits wartete. Er sah kurz zu Flora und bedeutete ihr dann, neben sich Platz zu nehmen, woraufhin er sich selbst auf die angebotene Kline hiefte. Im Gegensatz zu vielen anderen Gelegenheiten wirkte Gracchus heute recht vital und tatenfreudig - offensichtlich hatte die Geburt eines weiteren Stammhalters ihm etwas mehr Lebensfreude geschenkt.


    "Vielen Dank für die Einladung, Gracchus! Es ist immer wieder schön, bei dir zu Gast zu sein."


    Der alte Tiberier war gespannt, ob der Flavier ihn gleich mit dem Anliegen des Abendessens konfrontieren würde - oder aber tatsächlich eine schlichte Gesellschaft veranstaltete, um etwas leichte Konversation zu betreiben und etwas Gesellschaft bei Essen zu genießen.

  • An der Seite ihres Mannes folgte sie der Sklavin durch die prunkvolle Villa in das gemütlich und großzügig eingerichtete Trcilinium. Flavius Gracchus erwartete sie bereits und begrüßte sie freundlich. Flora schenkte ihrem Gastgeber ein hübsches Lächeln. „Es ist mir eine Freude, dein Gast zu sein, Flavius!“ Sie ließ sich direkt neben ihrem Gemahl nieder. Fast sofort wurden sie dann direkt von eifrigen Sklaven umsorgt. Nun fehlte nur noch die Herrin des Hauses. Nur flüchtig hatte sie die Claudia bei ihrer Hochzeit kennen gelernt. Nun würde sie die Gelegenheit bekommen mit dieser zu Plaudern. Viel wusste sie nicht über die Claudia, es gab jedenfalls keine Skandalgeschichten über diese. Claudia Antonia schien ganz die perfekte matrona zu sein.

  • Nachdem die Gäste wie auch der Gastgeber auf den Klinen platziert waren trug ein athletischer, junger Sklave ein silbernes Tablett herein, auf welchem zarte Trinkgefäße aus grünfarbenem Glas standen, in welche er einen süßen Wein einschenkte, um den Gaumen auf die anstehenden Speisen vorzubereiten. Gracchus wartete bis er den Raum wieder verlassen hatte - auf seinem Weg hinaus einige Augenblicke seinen unteren Rücken betrachtend - ehedem er mit Verweis auf die aktuellen Gegebenheiten sein erstes Anliegen einleitete.
    "Was sagst du zu der Liste der diesjähirgen Candidati Principis? Es wurden immerhin einige bedeutende Ämter auf direkte Weisung des Imperators besetzt."
    Beinahe durchgängig waren es Männer, welche sonstig wohl kaum eine Chance hätten gehabt - insbesondere Vipstanus Sermo hätte wohl kaum die notwendige Mehrheit auf sich vereinen können, um ein Consulat zu erhalten, ebenso wie Vipstanus Maecilianus Sermo eine Praetur.
    "Um so erstaunli'her scheint es mir, dass Flaccus gar zwei Drittel der Senatoren für sich hat überzeugen können."
    Vermutlich waren die Vigintivirate für Vescularius Salinator zu uninteressant, um seine Zeit damit zu verschwenden.

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  • Schweigend ließ Durus sich einen Becher Wein reichen und kostete davon, während er kurz prüfend zu seiner Gattin blickte, die zufrieden und erwartungsvoll wirkte - um sie musste er sich heute Abend offensichtlich keine Gedanken machen. Dementsprechend wandte er sich dem Gespräch zu, das Gracchus begann - es würde heute offensichtlich über Politik gesprochen werden.


    "Ich nehme an, er konnte es nicht hinnehmen, dass sein Adoptivsohn auf einer Stufe mit ihm steht - aber durchaus erstaunlich, da der ältere Sermo ja noch vor wenigen Jahren Iuridiculus war. Und heute soll er Consul sein? Das ist wahrhaft eine Beleidigung dieses ehrwürdigen Amtes! Scheinbar schafft Salinator sich ein loyales Umfeld, das er bedenkenlos in Schlüsselpositionen hiefen kann. Wobei ich daran zweifle, dass Vipstanus ein besonderes Organisationstalent besitzt - mir ist er bisher eher als Winkeladvokat bekannt..."


    Über diese Angelegenheit hatte Durus in letzter Zeit mehrfach nachgedacht und dabei immer wieder daran gedacht, dass seine Verschwörung unbedingt etwas zügiger voranschreiten musste. Allerdings wusste er nicht, ob er seine Frau in diese Sache hineinziehen sollte - zumal er sie ja noch kaum kannte.


    "Ich denke, er ist ein fähiger junger Mann mit großen Talenten. Und abgesehen davon haben wir beide sicherlich unser Möglichstes getan, um den Senat auf seine Seite zu bringen."

  • Die Perspektive, jenen heutigen Abend bei einer abendlichen Gesellschaft mit den Tiberii, an deren Hochzeit vor kurzem der junge Flavius partizipiert hatte, zu fristen, hatte diesen mitnichten zum Jubilieren gebracht, da er sich bereits ex ante ausmalen konnte, welche ennuyanten Disputationen über Politik sie begleiten würden. Doch als Sprössling eines edlen Geschlechts und Filius eines Praetoriers war ihm keinerlei Alternative gegeben, denn auf eben jener Gesellschaft zu erscheinen und achtsam zu wirken, als erweckten die parentalen Themen sein lebhaftes Interesse. Jener singuläre Grund, welcher derartige Termine erfreulicher gestaltete, war wohl das Essen, das wohl weitaus reichhaltiger und wohlschmeckender als zu gewöhnlichen Anlässen sich gestaltete und dem Manius Minor wohl den größten Teil des Abends seine Aufmerksamkeit schenken würde.


    Als er das Triclinium betrat, vermochte er tatsächlich die Fremden mit geringer Anstrengung auszumachen und als Tiberius Durus und Aurelia Flora zu identifizieren, doch kaum war er näher getreten, verschwammen sie zu einer Gestalt mit graumeliertem Haar und einer Matrona, die lediglich anhand der Stimmen zu identifizieren waren. Der Knabe nahm an der Seite seines Vaters Platz und begrüßte die Anwesenden mit jenem freundlichen
    "Salvete!"
    dessen sich zu bedienen ihm Artaxias, sein Paedagogus, angemahnt hatte, um parentales Wohlwollen und den Anschein von Wohlerzogenheit für sich zu gewinnen.

  • Kurz wurde Gracchus' Aufmerksamkeit abgelenkt durch das Erscheinen seines Sohnes, der sich zu ihm auf die Kline legte, und welchen er ob dessen mit einem flüchtigen, zufriedenen Lächeln bedachte, ehedem er sich wieder Tiberius zuwandte. Selbstredend hielt auch jener nicht allzu viel von dem neuen Consul, doch Gracchus hatte nicht vor in Gegenwart Floras allzu detailliert auf Salinators Machenschaften einzugehen, wiewohl nicht in Gegenwart seines Sohnes, welchen er zwar als überaus verständig erachtete, an welchem er jedoch zu oft noch kindliche Züge entdeckte, als dass er ihm die Bürde solchen Wissens bereits wollte auferlegen, so dass er weiter die sicheren Gefilde familiärer Causae ansteuerte - allfällig wäre später noch einmal Gelegenheit auf die Konspiration zurück zu kommen.
    "Es ist nicht allzu lange her, dass ich mit meinem Großneffen über dessen weitere Pläne gespro'hen habe. Er erwähnte dabei, dass er nicht nur eine politische Karriere verfolgen möchte - was ihm nun vergönnt ist -, sondern sich ebenso für das staatskultische Wohl einbringen, ob dessen er Interesse an einem Sitz im Collegium Septemvirorum hat. Ich selbst erachte ihn als durchaus prädestiniert, ist er doch überaus engagiert und pflichteifrig, und sobald er sich ein wenig in seinem neuen Amt hat ein..gefunden, so würde ich ihn dem Magister Septemvirorum empfehlen."
    Nur eine kurze rhetorische Pause folgte, ehedem er fortfuhr.
    "Nichtsdestotrotz ist er dein Klient, darum ich nicht ohne deine Zustimmung für ihn die Initiative ergreifen möchte. Zwar habe auch ich ob unserer familiären Verbundenheit an seiner Vitae Interesse und hätte er einen Patron gewählt, welchen ich nicht würde gutheißen, so würde ich auf diese Verbindung keine Acht nehmen, doch ich weiß, dass du ihn nach besten Möglichkeiten förderst und allfällig hast du bereits andere Pläne - die Art kultischen Einflusses betreffend oder auch in eine gänzlich andere Ri'htung."
    Zwar wusste Gracchus nicht genau, ob Durus einen seiner anderen Klienten bei den Epulonen untergebracht hatte, andererseits indes unterstanden diese ohnehin der Weisung des Collegium Pontificium und damit insbesondere auch dem pro magistro sofern der Pontifex Maximus nicht in Rom weilte - wie seit so langer Zeit nun schon -, und allfällig mochte sich Durus ob dessen lieber die Treue eines Auguren oder Quindecimviren sichern, wenn auch Gracchus glaubte, dass Flaccus' Potential gerade bei letzteren wäre verschwendet.

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  • "Salve, Minor!"


    grüßte Durus auch den jüngeren Gracchus, der - wie so häufig bei Kindern - scheinbar keine große Lust auf diese Veranstaltung hatte. Aber so war es nunmal - nur, wenn man von Kindesbeinen an an solchen Terminen teilnahm, konnte man sich später sicher auf ihnen bewegen.


    Dann endlich schien sich ein Grund für die Einladung herauszukristallisieren. Die Karriere seines Klienten war aber selbstverständlich eine Angelegenheit, die er gern verfolgte. Ob er dabei das Collegium Septemvirorum empfohlen hätte, war allerdings fraglich - es gehörte nicht zu den Angesehensten - die Quindecemviri wären vielleicht seine Wahl gewesen. Aber wenn er die Siebenmänner bevorzugte, durchkreuzte dies auch nicht seine Pläne - seitdem Corvinus dem Collegium angehört hatte, hatte er keine engeren Freunde mehr dort gehabt.


    "Nun, das ließe sich sicherlich einrichten. Es würde sein Ansehen sicherlich erhöhen, wenn er seine Verantwortung für die Pax Deorum beweist. Möglicherweise könnte ich einmal mit Opimius sprechen..."


    Den Kaiser zu fragen, konnte Durus sich vermutlich sparen - ihn interessierte die Pax Deorum ohnehin nicht im Geringsten.

  • Sobald Durus mit Opimius Naso, dem Magister der Epulonen, sprechen würde, wäre eine Berufung Flaccus' zweifelsohne gesichert, dennoch nahm sich Gracchus vor, sein Schreiben nicht zu vergessen.
    "Ganz davon abgesehen, ob Flaccus für dieses Amt geeignet ist, so ist es in jedem Falle deplorabel, wie lange dieser Sitz im Collegium Septemvirorum nun bereits wieder vakant ist. Indes mag mir selbst leider kein viables Konzept in den Sinn gelangen, wie diesem allge..meinen kultischen Desinteresse beizukommen wäre, außer dem in meiner eigenen Familie entgegen zu wirken."
    Er ließ dem einen zufrieden Seitenblick auf seinen Sohn folgen, welchen er stets suchte bei öffentlichen Riten als minister einzubringen, und während er jenem Tage, an welchem er Minor in die Mysterien männlicher Virilität würde einführen müssen, ein wenig bang entgegen blickte, so wartete er bereits überaus erfreut auf jenen Tag, an welchem er Minor bei dessen erstem, eigenen großen Opfer würde beistehen. Seine Aufmerksamkeit zur Seite hin offenbarte jedoch gleichsam ihm auch eine Lücke, ob deren Gracchus mit einem Blick über die Schulter seinen Vilicius zur Kline beorderte und ihn flüsternd anwies, den Sklaven aufzutragen, mit der Vorspeise bereits zu beginnen, um nicht die Gäste hungern zu lassen, einen anderen indes zu senden, um nach Antonia zu sehen. Seit der Geburt Titus' pflegte seine Gemahlin vor dem abendlichen Mahl zumeist sich dessen Wohlbefinden noch einmal selbst zu versichern, auch um hernach von seinem Gedeihen zu berichten, und dass sie sich verspätete nährte in Gracchus die Sorge, seinem Spross könne es eben nicht wohl ergehen. Während die Sklaven Teller voll Artischockensalat mit Hummerstücken, dazu frisches Brot und Frischkäse mit Kräutern kredenzten, führte Gracchus die Konversation fort.
    "Hat Flaccus dir von der Anklage des Duccius Vala gegen ihn berichtet?"

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  • Zu spät aus Sicht eines stillen Beobachters, viel zu spät aus Sicht Antonias, betrat die Patrizierin endlich das Triclinium. Pünktlichkeit war keine Tugend, die sie allzu hoch erachtete, dennoch war es ihr ein wenig unangenehm, dass die Gäste bereits seit längerer Zeit eingetroffen waren. Einige Minuten waren vornehm, einige mehr konnten leicht als Unhöflichkeit ausgelegt werden. Doch war es ihre Schuld, dass die unfähige Ornatrix ihre Frisur so gänzlich zerstört hatte? An allen Seiten hatten die Haarsträhnen abgestanden, unmöglich hatte sie ausgesehen, wie ein Schaf, in das der Blitz eingeschlagen hatte. So war die Ersatzornatrix befördert und die Ornatrix zur späteren Bestrafung eingesperrt worden.
    Anschließend war sie noch zu ihrem Jüngsten geeilt, mit dem sie nach wie vor recht widersprüchliche Gefühle verbanden. Einerseits war Titus zwar der langersehnte zweite Sohn, andererseits konnte sie noch immer den ersten Schreck nicht vergessen, die Reaktion Gracchus' als er dachte, das schwarze Sklavenbalg sei das Seine. Glücklicherweise hatte das Kind geschlafen, was der Mutter einen allzu langen und prüfenden Aufenthalt in dessen Nähe ersparte.


    Gehüllt in eine mitternachtsblaue Wintertunika mit hellblauen Stickereien - sie fror sehr leicht in letzter Zeit - und ein entschuldigendes Lächeln kam sie näher, betrachtete nach und nach die Anwesenden und schenkte ihrem Sohn ein besonderes Strahlen. "Meine Lieben.", ergriff sie das Wort, breitete ein wenig die Arme aus, um mit schuldbewusster Miene die Hände vor ihrem Körper wieder zu falten. Ganz selbstverständlich wählte sie jene Anrede, war Durus doch ein guter, wenn nicht gar der beste Freund ihres Gatten. Jene Vertrautheit wurde somit einfach auf dessen Gemahlin übertragen. "Ich hoffe ihr seht mir meine Verspätung nach. Ihr wisst, die Pflichten einer Matrone.. " Bewusst beendete sie den Satz nicht, nahm stattdessen ihren Platz auf einer Kline ein und blickte in die Runde. Wie schon auf der Hochzeit der beiden, kam sie nicht umhin die Jugend von Durus' Gattin zu bemerken.. und zu beneiden. Insgeheim fragte sie sich, ob Gracchus sich vielleicht in Bälde auch ein jüngeres Modell zuzulegen gedachte. Vernehmlich räusperte sich die Claudia.
    "Aurelia, ich hoffe die Herrengespräche haben dich bislang nicht zu sehr gelangweilt.", wandte sie sich an die junge Frau und ließ sich zu einem verschwörerischen Grinsen hinreissen. "Aber nun können wir ja ausgiebig allzu ernste Themen gegensteuern. Wie gefällt es dir denn in deinem neuen Heim?"

  • Verständnisvoll nickte Durus, obwohl er davon ausging, dass Gracchus dies nur unterstrich, um seinen Verwandten möglichst schnell in dieses Amt hieven zu können - aber so funktionierte die römische Gesellschaft nunmal. Ehe das Gespräch dann fortging, trugen die Sklaven die Vorspeise auf, die wie erwartet erlesen war.


    Der alte Tiberier nahm sich ein wenig vom Hummersalat, als Gracchus auf den Prozess seines Klienten zu sprechen kam. Eigentlich hatte Durus erwartet, dass Flaccus ihn um seine Vertretung bitten würde - dafür hatte man schließlich einen Patron. Allerdings hatte er die Sache selbst übernommen und so war der Tiberier auch nicht zur Verhandlung erschienen. Was er allerdings gehört hatte, war ungeheuerlich: Dieser kleine Duccier aus dem hohen Norden hatte tatsächlich die Frechheit besessen, das ehrwürdige Glied einer edlen Gens wegen einer Summe zu verklagen, für die es nicht einmal eine Münze gab - mit so etwas würde er sich kaum Freunde machen können...


    "Eine unglaubliche Unverfrorenheit, durchaus. Wäre ich der Praetor gewesen, hätte ich so eine Klage gar nicht zugelassen."


    bemerkte er, als plötzlich die Hausherrin erschien. Wie immer sah sie hervorragend aus, doch konnte man ihr inzwischen ein wenig ansehen, dass sie bereits drei Kinder geboren hatte. Die jugendliche Straffheit ließ durch viele Schwangerschaften eben doch ein wenig nach - allerdings lag die letzte Geburt auch erst kurze Zeit zurück, sodass es Antonia wohl nachzusehen war. Ein kontrollierender Blick auf seine eigene Frau bestätigte ihm dann allerdings, dass sie heute selbst die grazile Claudia ausstechen konnte, was den alten Tiberier ein wenig stolz machte.


    "Aurelia ist sicherlich erfreut, mit dir einige leichtere Themen behandeln zu können."


    antwortete Durus für seine Frau und lächelte ihr zu. Dass Frauen nichts von Politik verstanden, war schließlich allgemein bekannt...

  • Ein feines Lächeln umspielte Gracchus' Lippen als Antonia in das Triclinium sich gesellte und auf ihren Status als Matrone hinwies, denn zweifelsohne war sie die perfektestes Matrone in ganz Rom - die Reife ihrer Erscheinung vermochte dies nurmehr zu unterstreichen, was Gracchus weit mehr an ihr schätze als ein jugendliches Antlitz, welches ihm - gänzlich unempfänglich für die Reize der Weiblichkeit - dieser Tage eher Garant für Naivität und Unerfahrenheit schien. Gerade in den letzten Wochen Antonias Schwangerschaft hatte er ihr Antlitz wieder überaus genossen, denn wenn ein Zustand sein Ideal einer Ehefrau widerzuspiegeln vermochte, so war es die verheiratete Frau auf der Höhe der Gravidität. Dass sie hernach in einen nicht mehr gar so ansehnlichen körperlichen Zustand verfiel, tangierte ihn dagegen kaum - denn dass er Antonia unverhüllt sah, war nun ohnehin nicht mehr notwendig. Tadellos war zudem ihr Gebaren, da sie formvollendet die Gespräche der Männer ignorierte und sich unverwandt der Aurelia zuwandte, so dass Gracchus weiter an den unsäglichen Prozess anknüpfte.
    "Nun, der Praetor, welcher diese Anklage hat zugelassen, war kein ge..ringerer als ich selbst. Es war der letzte Tag meiner Amtszeit, darum habe ich die Gegebenheiten nicht gar so sorgfältig geprüft wie ich es allfällig hätte an einem anderen Tage getan, glei'hsam indes ging ich nicht davon aus, dass ein Klient des Vinicius Hungaricus, welcher dazu bereits zum Quaestor Prinicpis war bestimmt worden, gegen den Klienten eines Klienten seines Patrones wegen einer solchen Nichtigkeit vor Gericht zieht und nicht etwa, um ein ernsthaftes Vergehen zu ahnden, bei welchem bereits alle Mögli'hkeiten der Einigung zuvor waren ausgeschlossen."
    Nachdenklich schob er ein Stück Hummer auf seinem Teller umher, konnte indes sich nicht dazu durchringen, es zu essen, sondern fuhr fort.
    "Im Nachhinein betrachtet - da mir während der ersten Anhörung noch immer kein guter Grund in die Sinne wollte gelangen, aus welchem dieser Prozess tatsä'hlich geführt werden soll, gerade auch da mir Flaccus noch wenig attraktiv als politisches Zielt erscheint - mutet es mir indes beinahe an, als hätte diese Anklage eigentlich darauf abzielen sollen, dass ich sie nach genauerer Prüfung des Streitwertes ob der Nichtigkeit dessen hätte ablehnen sollen, so dass schlussendli'h mir hernach Missbrauch meines Amtes hätte vorgeworfen werden können, da ich eine Anklage gegen meinen Verwandten vereitelte. Denn selbst wenn dies bei einer Verhandlung zweifelsohne nicht zu einer Ver..urteilung hätte geführt, so hätte doch allein die Anklage durchaus meiner Reputation geschadet."
    Er dachte kurz an Senator Decimus Livianus, der nach einer ähnlichen Aktion gar Rom hatte verlassen - wobei dieser in seiner Amtszeit tatsächlich einen Fehler hatte begangen, wenn auch allfällig nur versehentlich.
    "Ich traue es dem Duccius durchaus zu, dass er sich für eine passable Summe oder einen adäquaten Gefallen für solch eine Aktion hätte hergegeben - ganz un..abhängig von seinen Klientelpflichten."
    Gracchus wüsste zumindest nicht, womit er den Unmut des Vinicius Hungaricus hätte auf sich gezogen.
    "Wie auch immer, bei der Bestimmung eines passenden Iudex für die erste Anhörung ist mir im Codex Iuridicialis aufgefallen, dass Verwandte des Angeklagten oder Klägers als Iudices durch Paragraph Elf aus..geschlossen werden, nicht jedoch der Patron oder gar eigene Klienten. Indes scheint es mir durchaus wahrscheinli'her, dass ein Patron oder Klient voreingenommener wäre als ein Verwandter, zumindest aber in gleicher Weise. Selbstredend kann ein solcher noch immer durch Paragraph Dreizehn mit dem Grunde der Befangenheit abgelehnt werden, doch müsste hierzu erst ein Antrag an den Imperator Caesar Augustus gerichtet werden, was mir ein wenig umständli'h erscheint. Darob überlege ich, im Senat eine Gesetzeserweiterung des Paragraphen Elf anzustoßen, um hier Patron und Klienten des Klägers oder Angeklagten ebenfalls als Iudices auszuschließen. Scheint dir dies sinnvoll?"
    Gracchus hatte längere Zeit darüber nachgedacht und das Anliegen schien ihm noch immer sinnig, dennoch waren ihm die juristischen Paragraphen stets ein einziges Wirrnis in seinem Kopfe - insbesondere seit seiner zweiten erzwungenen Auszeit, ob dessen er ausgesprochen froh darum gewesen war, die Voraussetzungen zur Praetur bereits im Vorfeld erworben zu haben -, so dass er kein Gesetz ohne vorherige Rücksprache wollte anfassen.

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  • Nach einem kurzen Geplänkel und dem Austausch von Höflichkeiten widmeten sich die Männer der Politik und Flora nippte ein wenig selbst vergessen am Wein. Dem Sohn Gracchus‘ schenkte sie ein höfliches Lächeln zur Begrüßung, als er sich dazu gesellte. Ihr Lächeln wirkte ein wenig abwesend, lauschte sich doch durchaus interessiert ihrem Gemahl und ihrem Gastgeber, während Flora darauf wartete, dass Claudia Antonia ihr dann Gesellschaft leistete bei diesem Mahl. Mitten über der Empörung, dass ein homus novus es gewagt hatte einen Flavier anzuzeigen und vor Gericht zu zitieren stieß die Hausherrin schließlich zu der kleinen Gesellschaft.
    Flora kam nicht umhin die Claudia ein wenig zu bewundern, elegant und würdevoll. Claudia Antonia war die Verkörperung einer wahren römischen Matrona. Schönheit und Jugend waren vergänglich, umso mehr Wert legte man dafür auf Tugend und Würde.
    „Claudia es freut mich dich wieder zu sehen“, begrüßte sie die Hausherrin und überging einfach, dass diese sich verspätet hatte. Antonia hatte sich ja auch bereits entschuldigt. Das verschwörerische Grinsen konnte sie nur erwidern. Zwar war es durchaus spannend die Gespräche der Männer zu verfolgen, doch ergab sich ja nun die Gelegenheit die Claudia ein wenig näher kennen zu lernen. Ganz leichte nickte sie ihrem Gatten zu, ganz als wollte sie ihm zu stimmen. Dabei hätte sie eigentlich gern schon mehr von den politischen Machenschaften mitbekommen. „Die Villa Tiberia ist wundervoll. Es ist noch ein wenig ungewohnt, aber ich fühle mich schon wie zu Haus. Wie geht es deinen anderen Kindern?“ fragte sie höflich nach. Flora wusste, dass ihre Gastgeber noch eine Tochter und einen Sohn hatten.

  • Die Erklärungen des Flaviers zeigten eine von dessen Seiten, die Durus ganz unbekannt war - mangelnde Sorgfalt. Bisher war Gracchus dem Tiberier als ein überaus korrekter, stets nachdenklicher und möglicherweise sogar penibler Geist erschienen, doch dass ihm eine Klage gegen einen Familiaren nicht aufgefallen war, strafte diesen Eindruck Lügen. Andererseits konnte es sich auch um eine Ausnahme handeln - was Durus schließlich als Interpretation auswählte. Die weiteren Erklärungen schienen allerdings ebenfalls einleuchtend, zumal er den Eindruck hatte, dass in letzter Zeit häufiger gezielt gegen Patrizier in hohen Positionen vorgegangen wurde. Nicht zuletzt dadurch, dass sie unter dem fadenscheinigen Vorwand, einen unstandesgemäßen Lebenswandel zu führen, aus dem Senat geworfen wurden. Und dass dieser Duccier sich für so etwas hergab, passte tatsächlich in das Bild, das Aurelius Ursus von ihm gezeichnet hatte.


    "Aurelius Ursus warnte mich bei unserem letzten Zwiegespräch ebenfalls vor den Duccii - möglicherweise sollten wir sie schärfer im Auge behalten."


    Natürlich ahnte der alte Tiberier noch nicht, dass Vala in Kürze auch Gesetze gegen die Reisemöglichkeiten des Senats verkünden würde.


    "Allerdings erscheint es durchaus sinnvoll, auch Patrone als Iudices über ihre eigenen Klienten auszuschließen - ich würde einen solche Vorstoß selbstverständlich unterstützen."


    ...selbst wenn dies noch kein letztlicher Ausschluss von persönlichen Beziehungen wäre, da Amicitia zwischen Senatoren ebenfalls eine enge Bindung bedeutete und viele zumindest indirekt über gewisse Klientel- und Freundschaftsverbindungen mit einem Großteil des Senats verbunden waren.


    Nebenbei bemerkte Durus aber auch, dass Flora sich offensichtlich wunderbar mit Antonia unterhielt und sich direkt für Kinder interessierte - das war einer Matrone wirklich angemessen!

  • Nur kurz streifte Antonias Blick die aufgetischten Speisen, nur kurz gestattete sie sich den verlockenden Duft einzusaugen, sich vorzustellen wie sich der Geschmack auf ihrer Zunge ausbreitete. Nein, sie durfte nicht. Noch immer versteckten sich einige Pfunde, die die Schwangerschaft mit Titus ihr beschert hatte auf ihren Hüften. Ehe diese nicht verschwunden waren musste sie sich zügeln, würde vielleicht von Zwischen- und Hauptgang ein wenig kosten, keinesfalls jedoch die süß-klebrige Nachspeise anrühren. Innerlich seufzte sie.
    Glücklicherweise konnte die Aurelia sie ein wenig ablenken. Zwar schien es, als gefriere das Gesicht der Claudia für einen Moment, als die Sprache auf ihre beiden jüngeren Kinder kam, jedoch verschwand der starre Ausdruck auf ihrem Gesicht ebenso schnell wie er gekommen war. Sogar ein Lächeln rang sie sich ab, auch wenn ihr beim Gedanken an Flamma und Titus nach allem zumute war, nur nicht nach lächeln.
    "Oh, es geht ihnen ausgezeichnet, danke der Nachfrage."
    Genau genommen wusste sie nur, dass es Titus so gut ging, wie es einem kleinen Bündel Leben eben gut gehen konnte. Die Ammen kümmerten sich hervorragend um ihn, dessen war sich Antonia zumindest sicher. Denn obgleich die Mutter die Gegenwart des Jüngsten weitgehend mied, so zwang sie doch ihr Pflichtgefühl regelmäßig Erkundigungen über seinen Zustand und seine Entwicklung einzuholen. Flamma hingegen... Antonia verdrängte gerne, dass ihre Tochter existierte. Für einen Augenblick taxierte ihr Blick Gracchus Maior, schnell wandte sie sich jedoch wieder ihrer Gesprächspartnerin zu.
    "Du hast noch eine Schwester, nicht wahr? Eine Zwillingsschwester?", lenkte die Patrizierin das Thema wieder in für sie angenehmere Bahnen. "Das stelle ich mir hochinteressant vor. Jemand, der ebenso aussieht wie man selbst. Ihr hattet als Kinder sicher viel Spaß.. und eure Ammen nicht. Sag, bist du die Ältere oder die Jüngere?"

  • Ein wenig hatte sie gehofft mehr über die Kinder der Claudia zu erfahren. Mütter neigten sonst dazu von ihrem Nachwuchs zu schwärmen. Die Antonia hielt sich hingegen zurück. Fast könnte man meinen, das Thema sei ihr unangenehm. Vielleicht lag es auch nur daran, dass die Geburt des letzten Kindes noch nicht so lange zurück lag und Antonia sich an die Qualen zurück erinnerte. Da die Patrizierin keine weiteren Anstalten machte dieses Thema ein wenig auszuführen, ließ es Flora auch fallen. Stattdessen kostete sie ein wenig von den aufgetischten Vorspeisen.
    Die Frage nach Narcissa verpasste ihr einen kleinen Stich. Kurz flackerte ihr Lächeln, aber schnell hatte sie sich wieder gefangen. Der Schmerz über den Verlust der Geliebten Schwester würde wohl niemals gänzlich verschwinden. „Narcissa“, bestätigte sie die Nachfrage nach ihrer Schwester. „Unsere Amme konnte uns immer auseinander halten. Ihr vorzuspielen wir wären jeweils die andere war unmöglich, aber die übrigen Sklaven ließen sich leichter täuschen. Besonders wenn es darum ging irgendwelche Süßigkeiten zu bekommen“, erzählte sie dann bereitwillig. Die unzähligen Streiche die sie gespielt hatten, verschwieg sie lieber. Das würde kein allzu gutes Bild von ihr darstellen. Das Bild der jungen ungestümen Frau die sich nur ungern in die Form einer Matrone pressen ließ. „Ich bin die Jüngere.“ In ihren Augen hatte es nie einen Unterschied gemacht ob sie jünger war wie Narcissa. Nur hin und wieder hatte sie ihre Schwester damit geneckt, besonders dann wenn sie wieder einmal allzu erwachsen und vernünftig gewesen war.

  • Die Sklaven trugen die Reste der Vorspeise ab und brachten Schalen mit lauwarmem Wasser heran, in welchem die Essenden sich die Hände konnten waschen, welche zuvor ein stummer Diener im Hintergrund des Raumes hatte gehalten - ein bronzenes, lebensgroßes Abbild eines Knaben, bekränzt mit Früchten und Ähren und bekleidet mit einem einfachen Schurz, der nach vorne ausschreitend eine Servierplatte hielt. Gracchus hatte diese Neuerwerbung erst kurze Zeit zuvor getätigt und er mochte den Anschein als wäre der Junge im Anblick einer Art Gorgo erstarrt und zu Metall geworden - obgleich er selbstredend nicht an solcherlei glaubte, ließ die Statue ihn doch stets in schauerliches Entzücken verfallen.
    "So werde ich dies bei Gelegenheit initiieren"
    , bekräftigte Gracchus nun jedoch sein Vorhaben das Gesetz betreffend, obgleich es zweifelsohne noch ein wenig würde dauern bis dass er den Elan dazu würde finden vor dem Senat das Wort zu erheben. Die Sklaven tischten die Hauptspeise auf - gebackener Hase in einer Honig-Rosmarin-Kruste, gegrillte Goldbrasse, deren Haut einen leichten Hauch nach Thymian und Knoblauch verströmte, dazu Fenchel-Lauch-Gemüse, Oliven und noch einmal frisches Brot. Kurz wurde Gracchus' Aufmerksamkeit abgelenkt durch das Gespräch der beiden Frauen, insbesondere durch Antonias Annahmen zu Zwillingen. Obgleich er selbst seinem Bruder durchaus nachtrauerte, so war Gracchus tief im inneren doch auch ein wenig froh, dass nicht irgendwo auf der Welt weiterhin ein Mensch herumlief, welcher ihm derart ähnlich sah, dass selbst seine geliebte Base Leontia sie beide hatte verwechseln können. Doch er vertrieb diesen Gedanken an Quintus, gereichte doch dessen gesamte Existenz von Beginn bis zu ihrem Ende ihm nur zur Betrübnis, konzentrierte sich stattdessen auf die gegebenen Gefahren.
    "Gibt es denn noch weitere Duccii in Rom, auf die zu a'hten ist?"
    Selbstredend war Gracchus dessen sich bewusst, dass er nur einen winzigen Teil der Machtverhältnisse in Rom überblickte, doch Sciurus wären zweifelsohne bemerkenswerte verwandtschaftliche Beziehungen des Duccius aufgefallen, so dass dies augenscheinlich keine Offensichtlichkeit konnte darstellen.

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  • Beinahe war Durus sogar froh, dass Floras Zwillingsschwester verstorben war - er erinnerte sich noch gut an die peinliche erste Begegnung, bei der er beide nicht hatte auseinanderhalten können. Aber auch danach hatte er die beiden kaum gemeinsam angetroffen, sodass er unsicher war, ob er sie jemals unterscheiden hätte können. Allerdings war diese Unzulänglichkeit natürlich nicht wirklich ein Grund, den Tod seiner Schwägerin zu begrüßen...


    Rasch wandte der alte Tiberier seine Gedanken von dieser Angelegenheit ab und der viel interessanteren Politik zu - über die Duccii hatte er sich bemerkenswert wenig informiert, wie ihm jetzt gewahr wurde. Ein paar Dinge konnte er seinem Kollegen und Freund allerdings doch bieten:


    "Nicht, dass ich wüsste. Sie sind Homines Novi aus der Provinz. Aus einem der beiden Germanien - ich glaube sogar, aus Mogontiacum. Echte Provinziale also. Aber wie man sagt, spielen sie zu Hause keine unwichtige Rolle und haben es teilweise in den Ritterstand gebracht - das scheint ja heutzutage auch nicht allzu schwer zu sein. Einen Germanen-Sturm brauchen wir aber vorerst nicht zu befürchten - den Göttern sei Dank."

  • Während die Eltern sich den Gesprächen mit den Gästen hingaben, wandte der junge Flavius sich den Speisen des ersten Ganges zu. Dabei war es für ihn von großer Bedeutung, diese bereits beim Passieren der Tür zu fixieren, um die Übergänge zwischen Saucen, Fisch- und Fleischteilen noch erfassen zu können und somit einen Eindruck von deren Beschaffenheit zu gewinnen. Wenn die Sklaven die Platten schließlich auf dem Tisch vor ihm platzierten, so musste Manius Minor die Ränder der mundgerechten Happen teilweise erst ertasten, ehe er sie genau in die Mitte jener leicht verschwommenen Töpfchen tauchte, die zusätzliche Saucen offerierten.


    Mit halbem Ohr hatte er indessen aber auch einen gewissen Anteil an den parentalen Gesprächen, wobei ihm aufs Neue schmerzlich bewusst wurde, dass seit der Geburt Flammas und noch vielmehr der von Titus das Interesse von Gästen und Familiaren sich weitgehend von seiner Person ab- und seinen Geschwistern zugewandt hatte. Vor allem das gänzliche Fehlen einer Begrüßung durch den Consular und vor allem seine Frau, die ihn nicht einmal einer Nachfrage bei seiner Mutter würdigte, rief ihm dies ins Bewusstsein.


    Anstatt dementsprechend seine Aufmerksamkeit auf infantile Art und Weise einzufordern, wie er es bisweilen im Kreise der Familie tat, indem er beispielsweise einen Teller oder einen Becher fallen ließ, lautstark von seinen Erlebnissen berichtete oder sich schlichtweg in elterliche Zwiegespräche einmischte, beschloss er heute derartiges Fehlverhalten zu vermeiden, da ihm die Präsenz des alten Consulars durchaus einen gewissen Respekt einflößte. Zum Trost wandte er sich den Vorspeisen zu, deren Geschmack den inneren Schmerz der eigenen Marginalität zumindest in einem gewissen Maße zu lindern vermochte.

  • Aufmerksam folgte Gracchus den Ausführungen Durus' über das Geschlecht der Duccier. Im Grunde interessierte ihn wenig, was in Germania vor sich ging, solange keine Gefahr für Rom sich abzeichnete, und doch schwang stets unterschwellig der Verrat des Arminius in jedem germanischen Emporkömmling mit, welchen es nicht zu vergessen galt. Doch die Gefahren Roms lauerten derzeit wohl vielmehr in der Hauptstadt selbst.
    "Insbesondere mit der Sympathie des Praefectus Urbi, welcher sich augenscheinlich sehr für Provinziale begeistern kann, ist es nicht einmal mehr verwunderli'h, diese vermehrt im Senat vorzufinden"
    , seufzte Gracchus und schob sich ein Stück Fleisch in den Mund. Nachdem er dieses gekaut und in seinen Magen hatte befördert, fügte er an:
    "Den Sturm müssen wir darob wohl eher in Rom, denn in den Provinzen erwarten."
    Ein sublimes Lächeln kräuselte seine Lippen in Gedanken daran, dass sie im Grunde selbst für den Sturm würden Sorge tragen, und es schien ihm mit einem Male angebracht seine drängendste Frage an Durus bereits nun zu stellen. Aus dem Augenwinkel blickte Gracchus zu seiner Gemahlin, hernach zu der des Tiberius, die noch immer in ihr eigenes Gespräch waren verwickelt. Ursprünglich war seine Intention gewesen, mit der für ihn ein wenig unangenehmen Angelegenheit zu warten bis beide den Raum verlassen hatten, Antonia der Aurelia die Kinder oder allfällig den Garten zeigte, doch letztlich war ihre Anwesenheit wohl ohne Belang - seiner eigenen Gattin vertraute er ohnehin vollends, und obgleich Flora und Durus noch nicht allzu lange vermählt waren, so traute er auch der Aurelia ein Stück weit allein aufgrund ihrer Herkunft. Zudem betraf dies letztlich kein heikles politisches Interesse, an welchem Rom würde zugrunde gehen, sondern schlichtweg einen für ihn unangenehmen Punkt. Dennoch senkte er ein wenig seine Stimme, die Aufmerksamkeit der beiden Frauen nicht unnötig auf ihr Gespräch zu lenken.
    "In Hinblick auf diese Zukunft möchte ich dir gerne noch eine per..sönliche Frage stellen."
    Er zögerte einen Augenblick, ehedem er fortfuhr, ein wenig weiter auszuholen.
    "Unsere Herkunft gibt uns einen Weg vor, den zweifelsohne jeder von uns bereit ist zu gehen, und nach wie vor bin ich der Überzeugung, dass gerade die Männer unseres Standes prädestiniert sind, die Führung dieses Reiches zu übernehmen - denn wer sonst, wenn nicht wir, die wir unser halbes Leben darauf vor..bereitet werden."
    Dies war schlussendlich auch der Grund gewesen, weshalb Gracchus im Zuge ihrer Verschwörung sich gegen Lucianus als Imperator hatte ausgesprochen und für den Cornelius.
    "Auch ich habe den Weg des Cursus Honorum eingeschlagen, überzeugt davon, dass eben dies das rechte zu tun ist. Indes waren meine letzten Amtszeiten nicht sonderlich rühmlich, gegenteilig hatte ich stets das Gefühl, dass ich augenscheinli'h für den Cursus Honorum, die Politik im Allgemeinen trotz meiner Herkunft, meiner Ausbildung und Bereitschaft nicht sonderlich tauge. Den letzten Schritt nun zu gehen wäre zweifelsohne eine große Ehre für mich und meine Familie, und obgleich es in den letzten Jahren einige Männer gab, die in ein Consulat sich regelrecht haben eingekauft, andere die es schlicht..weg ausgesessen haben, so ist meine Vorstellung eines Consuls doch eine andere: die eines integeren, eines pfli'htbewussten und führungsstarken Mannes, welchem Rom ohne Zögern für ein Jahr sein Wohl würde anvertrauen, in der Gewissheit, dass er viabel ist, das Imperium in dieser Zeit zu lenken, dass er ungeachtet jedweder persönlicher Interessen das Beste gibt, dem Staat zu dienen und ihn voran zu bringen. Kurzum, ein Consul, wie du etwa es gewesen bist."
    Obgleich dies allfällig ein wenig danach klang, so war Gracchus nichts ferner als Durus zu schmeicheln - solcherlei gestattete er sich nur bei Frauen -, war dies doch schlichtweg seine Überzeugung.
    "Eben darum, da du bereits die Erfahrung eines Consulates kannst vorweisen, weißt worauf es ankommt und was in diesem Amt zu erwarten ist, und da wir beide uns zudem nun doch recht lange bereits kennen, so dass du dies wohl ein..schätzen kannst, möchte ich dich fragen, ob du der Ansicht bist, dass ich ein Consulat zum Wohle Roms könnte ausführen, ob du mich für ausrei'hend viabel hältst für dies Amt - und ich bitte dich darum, vollkommen ehrlich zu sein, denn ich sehe keinen Sinn darin, diese familiäre Erwartung unbedingt zu erfüllen, so dies nicht zum Wohle Roms ist."
    Zahllose schlaflose Nächte lagen ob dieser Thematik hinter Gracchus, endlose Stunden, in welchen er darüber hatte nachgegrübelt, in welchen er die boshaften, missgünstigen Larven um ihn her hatte versucht zu ignorieren, in welchen er hatte versucht, über seinen Schatten zu springen und sich einer Entscheidung aus Überzeugung zu nähern - doch stets blieb letztlich der Zweifel an seiner eigenen Integrität, an seinen Fähigkeiten und seiner Eignung.

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