Triclinium | Nächstes Jahr, selbe Zeit

  • Tatsächlich war dies auch Durus aufgefallen - die von Salinator direkt ernannten Senatoren stammten zu großen Teilen aus Illyricum oder anderen Regionen, in denen der Präfekt Freunde hatte. Allerdings vergaß er, sich weiter darüber auszulassen, denn plötzlich kam sein Freund auf eine ganz andere Idee - das Consulat!


    Natürlich war Gracchus - wie immer - bescheiden und schien sich nicht sonderlich seiner Erfolge zu rühmen. Allerdings kam es im politischen Rom weniger darauf an, wie inbrünstig man sich um die Straßenreinigung, die Garküchen oder auch die Gerichtsverhandlungen gekümmert hatte - was zählte, waren Beziehungen, Einstellungen und Ansehen. Als Flavier würde sein Freund schon automatisch diverse Kontakte haben und als Patrizier genoss er besonderes Ansehen.


    "Ein Consulat von einem Mann deines Schlages würde der Stadt sicherlich zum Nutzen gereichen."


    begann er daher - immerhin schien er moralisch einwandfrei und große Initiativen durfte man heutzutage von einem Consul ohnehin nicht erwarten.


    "Die Frage ist allerdings, ob du dir Chancen ausrechnest. Es könnte durchaus einen Gesichtsverlust bedeuten, wenn du bei der Wahl chancenlos abgeschlagen werden würdest. Allerdings bist du ja durchaus ein Mann des Ausgleichs."


    ...was eine schöne Umschreibung für die häufige Unentschlossenheit war, die Gracchus bisweilen an den Tag legte.


    "Andererseits aber auch auf der Seite der Tradition, was dir ein gewisses Profil verleiht, das dich für weite Kreise der Senatorenschaft attraktiv macht. Natürlich hängt es auch davon ab, welche Konkurrenten sich stellen würden - würdest du dein Consulat bereits für nächstes Jahr einplanen? Und hättest du einen geeigneten Collega zu präsentieren?"


    Dass die meisten Consuln bereits im Wahlkampf gemeinsam auftraten, war einerseits eine Tradition, andererseits ein sinnvoller Weg, Blockaden durch gegenseitige Intercessio im Amt zu verhindern - und ein geeignetes Gespann konnte für den Wahlkampf verschiedene Spektren der Senatorenschaft abdecken.

  • Während das Gespräch der beiden Männer wie ein monotones Hintergrundrauschen zwar in Antonias Ohren, nicht jedoch in ihr Bewusstsein drang, lauschte sie den Worten der jungen Frau. Dass die Zwillingsschwester zwischenzeitlich wohl verstorben war wusste die Claudia nicht, hatte es entweder vergessen oder gar nicht erst gehört. In jenem Moment war das ausgesprochen gut, wäre es ihr doch fürchterlich unangenehm.. nun, sie würde es zweifellos in den nächsten Tagen erfahren, brachte sie doch gern mehr über jene Personen in Erfahrung, die sie kennen lernte. Und ebenso zweifellos würde ein Sklave für jene Peinlichkeit die Schuld bekommen. Pallas wahrscheinlich, das war die Standardprozedur. Und als Leibsklave hatte er schließlich Sorge dafür zu tragen, dass seine Herrin allumfassend informiert war.
    So jedoch nickte die Claudia aufmerksam und versuchte beim Wort 'Süßigkeiten' nicht zum allzu reich gedeckten Tisch zu sehen. "Interessant.", meinte sie schließlich und nippte zaghaft am Wasser-Wein-Gemisch in ihrem Becher. "Aber vermutlich verbrachte die Amme einfach genug Zeit mit euch, um wirklich die kleinsten Details studieren zu können. Und gewiss unterscheiden sich Zwillinge im Charakter ebenso wie normale Geschwister."
    Ihr Blick glitt zu Minimus. Inwieweit sich dessen Verhaltensweisen von denen seiner Geschwister unterscheiden würde war derzeit zwar noch nicht abzusehen, doch die Mutter war sich sicher, dass Titus der Vollkommenheit seines ältesten Bruders niemals würde gleich kommen. Dass Flamma ohnehin nicht mit Minor zu vergleichen war stand außer Frage.
    "Wie steht es denn mit dir? Hättest du gerne Zwillinge?" Wie gut erinnerte sich Antonia an die ersten Jahre ihrer Ehe und wie oft die Matronen sie ihrerseits nach dem ersten flavisch-claudischen Spross gefragt hatten. Mit jedem Jahr schien es unwahrscheinlicher, dass überhaupt noch ein Kind gezeugt werden würde und nun hatte sie bereits drei. Nein, nicht bereits.. sie hatte drei, vier würden es, hoffentlich, nicht werden. Sie hatte diese Fragen gehasst. Und doch stellte sie nun dieselben.

  • Ein wenig Nervosität fiel ab von Gracchus nach den ersten Worten des Tiberius, denn obgleich dieser ihm zweifelsohne nicht ins Gesicht würde sagen, dass er allem voran gänzlich ungeeignet war, so würde er doch ebenso zweifellos auch für eine unangenehme Wahrheit passende Worte finden - andere in jenem Falle als eben die, welche er sprach.
    "Nun, ich würde selbstredend neben der Berücksi'htigung des allgemeinen Wohle Roms und des Imperiums mit jenen Angelegenheiten werben, von welchen ich etwas verstehe, die jedoch wie ich meine gerade mit der Absenz des Imperators aus Rom derzeit durchaus ein wenig vernachlässigt werden - kultische Belange, Riten, Feste und Ehrungen der Götter. Dies ist allfällig unter den Senatoren nicht unbedingt populär, doch wie es auch sein mag, ich werde nicht um die Gunst der Senatorenschaft buhlen mit Ver..sprechungen, von welchen ich nichts verstehe oder von welchen ich nicht überzeugt bin. In diesem Falle werde ich lieber mit erhobenem Haupte unter Häme und Gelächter meinen Rückzug antreten, als den Siegeszug unter Verlust meiner persönli'hen Ehre und Dignitas."
    Es mochte seine Pflicht sein, Rom seinen Dienst zu erweisen, doch es war nicht seine Pflicht, dem Staat diesen Dienst aufzuzwingen. So das Imperium, respektive die Senatoren sein Angebot nicht würden annehmen, so hätte er auch in diesem Falle all seine Pflicht erfüllt, den Erwartungen genüge getan und würde dies Kapitel seines Lebens endgültig abschließen können ohne beständig mit den Vorwürfen seiner Ahnen konfrontiert zu werden - wenn auch zweifelsohne mit dem Spott und der Häme derselben, welchen er indes in den meisten Fällen würde schlichterdings retour geben können. Gracchus mochte durchaus gewillt sein, diese Pflicht zu erfüllen, doch mangelte es ihm seit jeher an Ehrgeiz, um für die Erreichung dieses Ziels sich und seine Ideale zu verkaufen.
    "Mehr Bedenken bezüglich möglicher Konkurrenz indes hege ich Bedenken bezügli'h der Pläne des Praefectus Urbi. Nachdem er nicht mehr davor zurück schreckt auch ein Consulat zu besetzten, stellt sich mir die Frage, ob ich in seiner Gegenwart überhaupt eine Chance habe, denn dass er Männern des patrizischen Standes nicht eben zugeneigt ist, ist wohl kein Geheimnis."
    Gleichwohl wäre es im Hinblick auf ihre Pläne durchaus von Vorteil, wenn ein ihnen gewogener Consul im Amte wäre, schlussendlich sollte dieser im entscheidenden Augenblicke die Festsetzung des Vesculariers veranlassen und dafür Sorge tragen, dass Rom bis zur Verlesung des Testamentes des dahingeschiedenen Imperators nicht in Chaos versank.
    "Andererseits wäre das nächste Jahr allfällig gerade deswegen ein ge..eigneter Zeitpunkt"
    , fügte er an und hoffte, dass Durus die rechten Schlüsse würde ziehen. Zweifelsohne würde es ihre Pläne vereinfachen, hätte einer aus ihrem Bunde in diesem Augenblick das Consulat inne, so dass sie nicht erst noch einen Außenstehenden von der Dringlichkeit raschen Handelns würden überzeugen müssen.

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  • "Dass der Senat sich stärker dem Kult der Götter zuwendet, wäre allerdings eine lohnende Initiative."


    bemerkte Durus, der sich weniger sicher war als Gracchus, dass dieses Programm keine Zustimmung finden würde. Ob er allerdings antreten sollte, wenn die Kandidatur im Vorfeld schon keinen Erfolg versprach, bewertete er anders. Da der Flavier allerdings allgemein recht angesehen war und scheinbar keinerlei Feinde hatte - zumindest keine, von denen der alte Tiberier wusste - war diese Gefahr nicht zu groß.


    "Salinator ist durchaus eine Gefahr. Sicherlich ist es besser, möglichst rasch zu agieren - und in der Tat wäre ein Consul unter unseren..."


    Beinahe hätte er 'Mitverschwörern' gesagt, doch ein rascher Blick auf den kleinen, pummeligen Flavier und seine Mutter, aber auch seine Frau - vielleicht sollte er sie beizeiten ebenfalls einweihen? - ließ ihn das Wort rasch verschlucken und den Satz anders ergänzen.


    "...Freunden würde unserer kleinen Initiative sicherlich von Nutzen sein."


    Das war wohl eine ausreichend nichtssagende Erklärung. Sicherlich hätte er anders gesprochen, wenn er gewusst hätte, dass Vinicius Lucianus und Matinius Agrippa sich ebenfalls auf das Consulat vorbereiteten - aber dies würde er leider erst später erfahren. Um nicht doch noch auf seine kryptischen Bemerkungen angesprochen zu werden, beschloss er stattdessen, sich rasch in das Gespräch der Damen einzumischen - sicherlich würde er später noch Gelegenheit geben, ungestört zu sprechen.


    "Ich hätte im Übrigen nichts gegen Zwillinge einzuwenden - wobei dies natürlich durchaus eine Gefahr ist - meine geliebte Gattin möchte ich diesem Wunder nicht opfern!"


    Die Geburt von Zwillingen war häufig mit dem Tod der Mutter verbunden - oder zumindest dem eines der beiden Neugeborenen, wie Durus gehört hatte. Dementsprechend bevorzugte er eigentlich eine weniger komplizierte Nachkommenschaft - dennoch waren Zwillinge natürlich eine kuriose Besonderheit...

  • Während die Sklaven herantraten, um Teller und Schüsseln der Hauptspeise abzuräumen, nickte Gracchus bedächtig. Es würde ihn wohl noch einiges an Überwindung kosten, die Kandidatur voranzutreiben, doch fürchtete er, dass würde es nicht diese Amtszeit werden, er diese Pflicht nie mehr würde angehen, zumal das fehlende Consulat jeden weiteren, finalen Schritt innerhalb des Cultus behinderte. Zwar mochte dies kein Hindernis mehr sein, wäre erst Cornelius Palma nicht nur Augustus, sondern gleichsam Pontifex maximus, doch hatte Gracchus bereits genügend Gewissensbisse sich an dem Hochverrat zu beteiligen, dass er nur wünschte, hernach würde alles wieder seinen normalen Lauf nehmen, ob dessen er auch nicht die Verbindung zu Cornelius wollte als Garant seiner Zukunft wissen. Nachdem die Gäste und Gastgeber die Gelegenheit erhalten hatten, ihre Hände noch einmal in lauwarmem Wasser zu reinigen, brachten die Sklaven die Nachspeise - patina de piris, Birnen, die mit Wein, Honig und Gewürzen angerichtet waren, sowie globi, Bällchen aus mit Honig verfeinertem Quark, in Mohn gewälzt und in Öl ausgebacken.
    "Bedenke aber, Tiberius, dass bei Zwillingen womögli'h die Schwierigkeit besteht, sie stets zur gleichen Zeit in gleichem Amte zu installieren. Zwar könnte theoretisch bis zum Consul hin jedes Amt durchaus mit zwei Tiberiern besetzt werden, doch scheint es mir fraglich, ob du den Senat überzeugen kannst, zu jeder Amtszeit auch stets beide zu wählen."
    Ein leichtes Schmunzeln zog um Gracchus' Lippen, denn die Aussicht war durchaus amüsant, insbesondere so letztes Endes zwei gänzlich im Äußeren sich gleichende Männer vor dem Senat würden den Vorsitz einnehmen. Dennoch bevorzugte Gracchus die Staffelung seiner Nachkommen, schon allein um mögliche Konkurrenzgedanken zwischen ihnen gering zu halten, und beglückwünschte im Stillen seine Gemahlin, dass sie ihre Kinder in einer geradezu perfekten Reihenfolge hatte geboren - selbst Flamma's Existenz mochte er in diesem Augenblicke ihr nachsehen, denn eines Tages noch würde das Mädchen ihren Brüdern im Amt einer Vestalin oder aber als Gemahlin eines bedeutsamen Mannes zweifelsohne hilfreich sein.

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  • Den Tot Narcissas hatte Flora mittlerweile ganz gut verkraftet. Es hätte wohl auch ein äußerst schlechtes Licht auf sie geworfen, wenn sie plötzlich in Tränen und Verzweiflung ausgebrochen wären. Höchst peinlich für alle. Sie hatte jedenfalls nicht vor ihren Gemahl auf diese Weise in Verlegenheit zu bringen. Schon gar nicht vor solch guten Freunden ihres Mannes. Von daher traf es sie nicht so schmerzhaft, als die Claudia höflich nach Narcissa fragte. Zumal das Gespräch weg von ihrer Schwester hin zu Kindern im Allgemeinen plätscherte.
    Kinder waren keine Frage, würde es da nicht gewisse Schwierigkeiten geben. Es war schließlich ihre Pflicht möglichst zahlreiche Kinder zur Welt zu bringen. Nur wollte sie Zwillinge haben? Es war immer schön gewesen eine Schwester zu haben die einem in allem verstand und auch unterstützte, aber sie hatten das Leben der Sklaven und auch ihrer Mutter nicht gerade einfach gemacht. „Es liegt in Iunos Hand ob sie uns mit Zwillingen segnet. Es wäre eine Herausforderung“, antwortete sie schließlich recht diplomatisch auf die Frage. Erst einmal musste die Grundlage geschaffen werde. Sie würde ihren Gatten erst einmal irgendwie dazu bekommen mit ihr die Ehe zu vollziehen. Bisher waren sie gescheitert und hatten seit dem auch keinen weiteren Versuch gestartet, sondern hatten dieses Thema doch irgendwie gemieden.

  • Der Einwand des Flaviers war auch für Durus belustigend, denn auch er stellte sich vor, wie er in doppelter Ausführung auf dem erhöhten Sockel saß, von dem aus die Consuln dem Senat vorsaßen. Ansonsten erschienen ihm diese Bedenken allerdings weit hergeholt, denn auch nobilitäre Kandidaten erreichten ihre Ämter nicht automatisch suo anno. Aber letztendlich war dies ohnehin keine Sache, die zu planen war und so musste er seiner Gattin beipflichten.


    "Ich denke auch nicht, dass ich die Götter explizit darum bitten werde. Wenn es ihr Wille ist, werden wir aber auch sie aus der Hand des Schicksals annehmen."


    Abgesehen davon hatten sie zur Zeit ganz andere Probleme - denn seit der Hochzeitsnacht hatte Durus es vermieden, einen neuen Versuch zu wagen. Genaugenommen hatte er überhaupt keine Lust, das Risiko einer weiteren Demütigung einzugehen. Außerdem hatte er ja bereits einen Erben, der nun sogar endlich den Cursus Honorum beschritt, sodass es doch unwahrscheinlicher wurde, dass er an plötzlichem Kindstod starb.


    "Plant ihr übrigens noch weitere Kinder?"


    fragte er dann unbestimmt an Antonias und Gracchus' Adresse. Ihr Ältester schien ja ebenfalls schon gut herangewachsen und mit jedem Monat sank das Risiko, dass die Götter ihn doch noch zu sich holten. Dass es jetzt sogar einen Ausweich-Erben gab, ließ die Gefahr, ohne einen Nachfolger zu sterben, noch geringer werden. In Gracchus' Situation hätte Durus dementsprechend seinen Trieben anderweitig Abhilfe geschaffen, als durch die Zeugung weiterer Kinder, die letztendlich nur eine Teilung des Erbes erzeugen würden.

  • In Erstaunen versetzte es den Knaben, als er die Wende im väterlichen Gespräch vernahm, welche unmissverständlich offenlegte, dass eben jener sein geliebter Vater augenscheinlich den Plan gefasst hatte, das höchste Amt im Staate anzustreben. Auch einem Jüngling erschloss sich die Tragweite eines derartigen Projektes, das die Flavia Gens aufs Neuerliche in den höchsten Kreise zu bewähren geeignet war und zugleich die Ehre seiner Nachkommen, zu denen vornehmlich Manius Minor sich selbst zu rechnen hatte, ihrerseits zu höchster Ehre gereichte. Ehe es indessen sich ermöglichte, weitere Details zum Stand der väterlichen Planungen zu erfahren, lenkten beide Männer auf das Gespräch der Frauen ein, dessen Inhalt ebenfalls von Interesse schien, denn auch die Perspektive weiterer Geschwister, welche ihm als Erstgeborenen weitere parentale Aufmerksamkeit zu rauben drohten, spielte in seinem kleinen Mikrokosmos eine bedeutende Rolle. Um aber nicht des unschicklichen Lauschens bezichtigt zu werden, welches er noch immer nicht von der andererseits expektierten interessierten Gesprächsbeteiligung zu divergieren vermochte, griff er neuerlich nach den köstlichen Speisen und verleibte sich diese, wenn auch unter Berücksichtigung der seinerseits bereits habitualisierten Sitten bei Tische, obschon mit Ausnahme der möglicherweise anormen Menge an mit einem Male verschlungenen Deliziositäten, ein, während sein infantiles Ohr einer parentalen Replik harrte.

  • Ein wenig lustlos schluckte Gracchus einen Bissen seiner Birne die Kehle hinab - Süßspeisen behagten ihm wenig, so dass er im privaten Mahl nur allzu gerne darauf verzichtete, doch zu gemeinschaftlichen Speisen hatte er sich angewöhnt, auch dieser Konvention Folge zu leisten -, legte dann indes den Löffel bei Seite und vermied ganz bewusst auf Durus' Frage hin den Blick zu seiner Gemahlin - es gab zwischen ihnen keinen Konsens diesbezüglich, doch da Gracchus' Einsatz dabei maßgeblich war, bestimmte sein Fernbleiben aus ihrem Gemach bereits die Entscheidung.
    "Derzeit nicht, nein"
    , entgegnete er weit weniger ausführlich als dies dem beiläufigen Fortgang des Gespräches wäre zuträglich gewesen, doch zielte die Frage ihm zu sehr auf die fragilen, intimen Spähren ab, welche Antonia und ihn umfassten, wiewohl er nicht geneigt war, irgendjemandem außerhalb der Familie von Minors Misere und der daraus resultierenden Not weiterer Erben zu berichten, sofern sich dies noch vermeiden ließ.
    "Unser Sohn Titus gedeiht ganz prä'htig, und Minimus wird wohl schon alsbald soweit sein, dass er die Bulla ablegen und seine ersten Schritte auf dem politischen Parkett anvisieren kann."
    Realistisch betrachtet würde dies eher noch einige Zeit dauern, doch in Hinblick auf seinen Sohn war Gracchus' Sicht seit jeher ein wenig verklärt, dass er ihn am liebsten bereits dieser Tage aus dem Unterricht nehmen und stets um sich haben wollte, wiewohl vorwiegend auch die brisante Situation der Konspiration ihn davon abhielt, da dies gleichsam hätte bedeutet, den Jungen dort explizit mit hinein zu ziehen.
    "Wird denn Ahala sich in der kommenden Amtszeit zur Wahl stellen? Er wäre zweifelsohne ein aus..gezeichneter Quaestor Consulum."

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  • Seine Vermutung bestätigte sich, selbst wenn die Antwort nicht endgültig klang. Andererseits gönnte der alte Tiberier es den Flaviern natürlich, dass ihr überreicher Kindersegen der letzten Jahre auch den Weg ins Erwachsenenalter fand, sodass die Familie fortlebte und keinerlei weiteren Nachwuchses bedurfte.


    "Ich freue mich jetzt schon darauf, zwei Flavii Gracchi im Senat zu sehen!"


    kommentierte er die Aussicht des kleinen Flaviers, bald schon den Cursus Honorum hinaufzustolpern - dabei sah er noch gar nicht so alt aus. Und wenn Durus sich erinnerte - wobei er sich so etwas schlecht merken konnte - dann war die Geburt des Jungen auch noch nicht so lange her!


    "Ich denke, er strebt zuerst ein Tribunat an. Zwar ist dies für einen jungen Patrizier nicht obligatorisch, doch denke ich, dass es eine sinnvolle Schule ist, seinen Kriegsdienst zu leisten. Ich selbst zumindest habe es stets bereut, das Imperium nicht an seinen Grenzen verteidigt zu haben."


    bemerkte er dann zu Ahala, mit dem er - wie ihm jetzt klar wurde - schon lange nicht mehr gesprochen hatte. Da er aber davon ausging, dass sein Sohn ihn über eine weitere Kandidatur informiert hätte und sein Rat wirklich so gewesen war, wie er sagte, ging er davon aus, dass er nicht die Unwahrheit sprach.

  • Einen Augenblick war Gracchus durchaus geneigt, die Vorfreude des Tiberius auf zwei Flavii Gracchi im Senat ein wenig zu dämpfen mit der Andeutung, dass nach Minors erfolgreicher Karriere er selbst womöglich sich vielmehr endlich aus der Politik würde zurückziehen können, dahingegen jedoch mochte es durchaus ein wenig noch dauern, bis dass sein Sohn einen ausreichend gefestigten Stand in der Curia Iulia würde innehaben, wiewohl ihm gerade in der zurückliegenden Zeit die Hoffnung auf ein besseres Imperium Romanum - respektive einen nicht derart lethargischen Imperator, wiewohl impertinenten Praefectus Urbi - die alltägliche Politik nicht mehr gar so sehr verleidete, ob dessen er schlussendlich dazu schwieg, auch da letztlich bis dahin noch viel Wasser den Tiber würde hinab fließen.
    "Dieser Auffassung kann ich mich dur'haus ebenfalls anschließen"
    , kommentierte er stattdessen Durus' Ansicht bezüglich eines militärischen Tribunates.
    "Zwar muss ein Politiker sich nicht einzig auf seine eigenen Einschätzungen verlassen, sondern hat die Möglichkeit, sich geeignete Berater zur Seite zu stellen, doch letztli'h kann es wohl stets Situationen geben, in welchen schnelle Entscheidungen notwendig sind, und dann mag es gerade in Hinblick auf das Wohl des Imperium Romanum durchaus von Nutzen sein, auch in militärischen Belangen nicht nur fundiertes Wissen, sondern auch ein ge..wisses Maß an Erfahrung vorweisen zu können."
    Tatsächlich hätte Gracchus entgegen seinem früheren, jugendlichen Widerwillen gegen das Militär - welcher geprägt worden war einzig durch die Absicht seines Vaters, seine Zukunft eben dort zu finden - sich in späteren Jahren durchaus für ein Militärtribunat entschieden, wäre er nicht gleichsam zweifelsfrei dessen gewahr, dass er kaum einen Monat in einem Castellum würde bestehen, geschweige denn einer Schlacht ohne die Kompromittierung seiner eigenen Person würde beiwohnen können.

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  • "Ich glaube, dass es nicht nur um die Vermittlung militärischen Wissens geht - auch die Organisation unserer Armee ist wohl beispielhaft, ebenso schadet diese Zeit ohne schwelgerischen Luxus einem jungen Mann aus gutem Hause nicht."


    bemerkte Durus, da es fast so klang, als sehe sein Gastgeber nur die militärisch-taktische Seite, die für ihn selbst tatsächlich vernachlässigbar war. Er selbst war ebenfalls relativ sicher, dass er einen ebenso guten Feldherren abgeben würde wie ein junger Mann nach seinem Tribunat. Doch würde Ahala nach einem Tribunat sicherlich besser für die Politik gerüstet sein und sich obendrein für militärische Kommandos empfehlen.

  • Nachdenklich nickte Gracchus, welcher sich konträr zu seinem Gast nicht im Geringsten konnte vorstellen, die Aufgaben eines Feldherren zu übernehmen, wiewohl ihm taktisches Geschick nicht gänzlich fern war - zumindest bezogen auf Spielbretter. Das Gespräch wandte daraufhin sich noch einigen Belanglosigkeiten zu, ehedem einige Zeit später das Gastmahl beendet wurde, in diesem Augenblicke noch fern der nächsten Wahl und fern den zahllosen Ereignissen, welche ohnehin einige an diesem Abend gefassten Pläne würden hinfällig werden lassen.


    ~~~ finis ~~~

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