Cubiculum Faustus Decimus Serapio (ehemaliges)

  • Seiana war sich nicht so sicher, ob sie die genauen Umstände überhaupt wissen wollte, wie der Kaiser – und seine Familie! – zu Tode gekommen waren. Es war einfach leichter, Distanz zu wahren, wenn sie nicht zu viel wusste... Distanz, die nötig war, um einen Weg zu finden, der ihnen möglichst viele Optionen offen ließ. Auch wenn das opportunistisch war. Seiana wollte, dass ihre Familie diesen Bürgerkrieg heil überstand. Wenn sie allerdings hörte, so wie jetzt, dass Valerianus' Tod qualvoll gewesen sein musste, wenn sie gezwungen wurde an das zu denken, was sie sonst am liebsten verdrängte – dass auch seine Frau und sein Sohn umgebracht worden waren –, fiel es ihr so viel schwerer sich auf das einzige zu konzentrieren, was doch in ihren Augen wirklich zählte: den Schutz, das Wohlergehen ihrer Familie. Fiel es ihr so viel schwerer sich davon zu überzeugen, dass es wirklich das einzige war, was zählte. Dass es nicht doch noch mehr gab als das... Dinge, an deren Wichtigkeit und Einfluss sie zu glauben aufgehört hatte. „Ja, du... du hast Recht“, murmelte sie, und als sie ihn ansah, lag ein leicht gequälter Ausdruck in ihren Augen. „Nur...“


    Sie ließ ihren Satz unvollendet, hörte nur weiter zu und nickte leicht. Lächelte am Schluss sogar, als Faustus von ihren Medici sprach. „Sicher. Soll ich dir für dich den hübschen schicken?“ rang sie sich sogar zu einem Scherz durch, bevor sie wieder ernst wurde. „Ja, das ist gut. Es gibt noch zu viele Gerüchte... Ein öffentliches Geständnis würde die Meinung der Leute sicherlich mehr zu Vescularius' Gunsten beeinflussen.“ Was entscheidend sein konnte im kommenden Bürgerkrieg... Faustus hatte sich entschieden, ganz offensichtlich, und Seiana überraschte das noch nicht einmal. Ihr Bruder war anders als sie, in dieser Hinsicht jedenfalls, er konnte ihre Beweggründe vielleicht nachvollziehen, aber sie bezweifelte, dass er jemals selbst so würde denken oder gar handeln können. Und wenn sie ehrlich war, dann wollte sie auch gar nicht, dass er an diesen Punkt kam. Es reichte, dass einer von ihnen beiden seinen Idealismus größtenteils verloren hatte. „Meinst du, Vinicius wird sich überzeugen lassen?“

  • Damit hatte ich eine Entscheidung getroffen, und auch wenn mir bei all diesen Zwiespältigkeiten gar nicht wohl war... es war immerhin eine Entscheidung, und somit war ich in gewissem Maße erleichtert. Ich schmunzelte über Seiana Scherz, krauste die Nase und schüttelte den Kopf – nein, besser nicht. Aber etwas Ablenkung könnte ich wirklich vertragen! Wie schade dass der schöne Iulier nicht hier in Rom lebte, ich wäre doch in Versuchung diese Bekanntschaft weiter zu verfolgen... Aber kaum waren meine Gedanken abgeschweift, pfiff ich sie wider zurück.. denn es gab im Augenblick doch tatsächlich wichtigeres als mein Liebesleben.
    "Hmm... mal sehen. Leicht wird es jedenfalls nicht."
    Allein die Vorstellung, wieder für längere Zeit in die Carcer-Welt einzutauchen, ließ einen dunklen Schatten über mich fallen... Dann, bei den Gedanken daran, was mein Dienst alles so unangenehmes mit sich brachte, fiel mir noch etwas anderes ein:
    "Übrigens... ich weiß ja nicht ob du es schon weißt, aber... also, der Procurator a libellis war bei mir – ein echt schmieriger Kerl... - und der hat fallen lassen, dass der Kaiser dich zum Eques erheben will!" Ich lächelte ihr zu, mächtig stolz auf meine bedeutsame Schwester. Ich konnte mir denken, dass sie, die bemüht war keine Partei zu ergreifen, das vielleicht deswegen nicht so gut fand... aber "Du hast das verdient. Kaiser hin oder her."
    Auch Pompeius' unverschämte Mutmaßungen kamen mir wieder in den Sinn. "Und dann hat er noch irgendwelche komischen Andeutungen gemacht, wegen der alten Geschichte zwischen dir und der Iunia. Als ob das irgendwie jetzt noch von staatstragender Bedeutung wäre... " Ich schüttelte verständnislos den Kopf. So ein Wichtigtuer...

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  • „Der... was?“ kam es über Seianas Lippen, als Faustus weiter sprach. Überrascht – was ihr selten passierte, und noch seltener anzusehen war – starrte sie ihn an. Eques. Eques? Sie? Das war doch seit Jahren nicht mehr vorgekommen, dass eine Frau zum Eques erhoben worden war, auch wenn es grundsätzlich möglich war. „Das... nein, das wusste ich noch nicht...“ Eques. Sie. Das war... Seiana hatte Mühe, ihre Gedanken zu ordnen. Das war eine Auszeichnung sondergleichen, gerade für sie als Frau, und das war wohl mit ein Grund dafür, dass es ihr im Augenblick so schwer fiel, die Worte, die Bedeutung wirklich zu begreifen. Und dann sprach Faustus weiter, Kaiser hin oder her, und da, noch bevor sie sich wirklich darüber freuen konnte, wurde ihr bewusst, dass das durchaus auch Nachteile haben konnte... ihre Familie schien enger an Vescularius gebunden zu sein als je zuvor, und Seiana konnte sich nicht helfen: sie hielt das nicht für gut. Grundsätzlich konnte es nicht schaden, sich seine Unabhängigkeit zu bewahren – Seiana hatte das bei sich selbst immer gewollt, und sie kam mehr und mehr zu der Auffassung, dass es auch für ihre Familie das Beste war, sich nicht zu sehr an irgendjemanden von Einfluss zu binden, auch nicht wenn es der Kaiser war. Und jetzt, in der momentanen Lage, mit dem drohenden Bürgerkrieg noch viel mehr.


    Faustus fügte gleich darauf allerdings noch etwas an, und Seiana runzelte leicht die Stirn. Mittlerweile hatte sie in Erfahrung gebracht, dass der Procurator gar nicht in Rom gewesen war, als die Iunia sie zu sich bestellt hatte, er selbst konnte also gar nichts von dem Gespräch – wenn man es denn überhaupt als Gespräch bezeichnen konnte – mitbekommen haben. Trotzdem konnte es freilich sein, dass seine Sklaven ihm berichtet hatten. Es war zwar niemand anwesend gewesen, aber das hieß nicht, dass es keine Lauscher gegeben hatte – und selbst wenn nicht: es dürfte Zeichen genug sein für jeden halbwegs klar denkenden Sklaven, dass etwas los war, wenn das Atrium des Hauses für einen Besuch leergefegt sein sollte von jeglichen Anwesenden. Und das der Pompeius auch von ihrer gemeinsamen Vergangenheit wusste, hatte er vermutlich einfach nur eins und eins zusammengezählt und war deswegen zu dem Schluss gekommen, dass es Ärger gab. „Ich bin mit ihr vor kurzem aneinander geraten“, gestand Seiana zögernd ein. Sie wollte ihren Bruder nicht anlügen, nicht wegen so etwas, aber sie musste aufpassen, dass sie nicht zu viel verriet. „Vielleicht hat er davon etwas mitbekommen und hat es deshalb angesprochen.“

  • "Wir müssen das feiern! ... Also, wenn es soweit ist." Die komischen Andeutungen des Procurators noch im Sinn, gratulierte ich mal lieber nicht voreilig, auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, dass er es wagen würde, sich gegen uns zu stellen.
    Aneinandergeraten? "Ach so. Naja, verständlich, die Frau ist ja auch eine dumme Ziege." Ich zuckte die Schultern und fand es nicht verwunderlich dass da auch Seianas übermenschliche Contenance mal endete.
    "Hast du sie rausgeworfen?"

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  • „Ja, doch... auf jeden Fall.“ Ein Kribbeln lief durch ihren Körper, als nach und nach das Begreifen einsetzte. Ritter. Ganz egal, was das sonst noch bedeuten mochte, aber... Ritter. Sie. Das war... unglaublich. Für einen Augenblick huschte ein Lächeln über ihre Züge, und sie grinste ihren Bruder fast schon an. Er hatte Recht. Sie hatte das verdient, ganz egal wer ihr das verlieh.


    Er fragte nicht nach, weswegen sie aneinander geraten waren, und Seiana erlaubte sich einen Anflug von Erleichterung. „Nein...“, antwortete sie dann mit einem Seufzen, und ihre Miene verfinsterte sich. „Noch nicht, heißt das“, fügte sie an. „Kommt auf ihr Verhalten an in der nächsten Zeit.“ Sie dachte an Seneca, und fragte sich, wie sie ihm das erklären sollte, wenn sie Axilla tatsächlich rauswarf. Aber je nachdem, wie die Iunia sich ihr gegenüber verhalten würde in Zukunft, würde Seiana nichts anderes übrig bleiben. Sie behielt nicht eine Frau als Mitarbeiterin in der Acta, noch dazu auf einer gehobenen Position, die sich ihr gegenüber dermaßen daneben benahm und danach nichts an ihrem Verhalten zu ändern gedachte. Nicht einmal Seneca konnte das von ihr verlangen. Allerdings hegte Seiana die Hoffnung, dass Seneca mit seiner Cousine geredet hatte, wie versprochen... und die Sache damit geklärt war. Sie wollte trotzdem selbst noch einmal mit der Iunia sprechen, aber wenn Seneca Erfolg gehabt hatte, dann war das im Grunde nur eine Angelegenheit pro forma.

  • Es war ein seltener Moment, Seiana so freudig zu sehen, und ich grinste zuversichtlich zurück. Die Ehre wäre ganz enorm! Und es würde aller Welt noch mal ganz deutlich vor Augen führen, was für unschätzbare Leistungen meine Schwester für das Imperium erbracht hatte, trotzdem sie eine Frau war. Aber eben eine aus einem ganz besonderen hispanischen Holz geschnitzte!


    "Mhm. Ich hab dem Pompeier jedenfalls gesagt, auf seine 'Bedenken' hin, dass er seine Frau gefälligst selbst im Zaum halten soll. Das war... so im Nachhinein... vielleicht nicht so diplomatisch, aber weißt du, der Kerl ist genau die Verkörperung von den schlechten Seiten der neuen Herrschaft... so ein aufgeblasener Karrierist der niemals von sich reden gemacht hat und nun plötzlich der kaiserlichen Kanzlei vorsteht."
    Mit solchen Leuten wolte ich nichts zu tun haben... und schon gar nicht mit ihnen in einen Topf geworfen werden. Doch beides ließ sich... realistisch gesehen... nicht vermeiden, nicht nach meiner überraschenden Erhebung.
    "Aber... Wir sollten da wohl beide... versuchen, das persönliche so weit wie möglich aus dem Spiel zu lassen. Ich meine damit, das Schicksal hat uns mit diesen fragwürdigen Personen auf die selbe Seite gestellt, und offen ausgetragene Uneinigkeit schadet zur Zeit, bei der Lage, nur uns allen." erklärte ich ganz vernünftig, auch wenn diese Einsicht womöglich etwas spät über mich gekommen war.

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  • Gefälligst selbst im Zaum halten. Nein, das war nun wirklich nicht sonderlich diplomatisch gewesen... aber Seiana war über den Punkt hinaus, an dem sie noch sonderlich diplomatisch sein wollte. Genauer gesagt, seitdem die Iunia sie beleidigt und sie dann geschlagen hatte. Seneca war das einzige, was sie davon abhielt, die Diplomatie gegenüber der Iunia ein für alle Mal über Bord zu werfen. „Ja, ich weiß was du meinst“, murmelte Seiana. Vom Pompeius wusste sie auch nur, dass er ein Bekannter von Archias gewesen war.


    Und dann war es ausgerechnet Faustus, der Gründe dafür lieferte, es doch nicht zu tun. Andere Gründe, objektivere Gründe als einfach Seneca. Sie schnitt eine Grimasse. „Ich war der Iunia gegenüber jahrelang diplomatisch, und die Götter wissen dass ich jeden Grund hatte, mich anders zu verhalten. Mehr noch, ich habe sie in der Acta gefördert. Ohne mich wäre sie dort nicht mal angestellt, geschweige denn Lectrix. Und was hat es gebracht? Ganz offensichtlich nichts!“ Seiana hob eine Hand und presste Daumen und Zeigefinger auf ihre Nasenwurzel. Noch war nicht gesagt, dass die Iunia sich einen weiteren derartigen Auftritt erlaubte, und wenn sie sich zurückhielt, konnte Seiana das auch. „Keine Sorge“, fügte sie mit einem leisen Seufzen an. „Ich habe vor, noch mal mit ihr zu sprechen, aber ich werde vorerst nichts tun, was nach außen Uneinigkeit zeigt. Und ich hoffe, dass das auch so bleibt.“ Dass Seneca mit seiner Cousine gesprochen hatte, und dass er es geschafft hatte, sie zur Vernunft zu bringen, auf die eine oder andere Weise.

  • "Wer wie die keinerlei Anstand hat, kennt eben auch keine Dankbarkeit." sekundierte ich meiner Schwester. Aber es beruhigte mich zu hören, dass auch Seiana einen offenen Konflikt vermeiden wollte.
    "Gut. Wenn du ihr zu gegebener Zeit mal wirklich einen Denkzettel verpassen willst... dann wird sich da schon etwas finden." Dafür war ich ja nun genau an der richtigen Stelle gelandet!


    Nach all diesen großen und gefährlichen Dingen plauderten wir noch ein bisschen über das Alltägliche. Ich erzählte ihr von der Ankunft Romanas, und wie wir uns da auf dem falschen Fuß erwischt hatten, und von den Planungen für mein Fortunafest, und von meinem neuen Gespann (das alte war zwar noch gut, aber technisch längst überholt) und schilderte ihr begeistert was für Pferde ich dafür gerade ausbilden ließ (auf den weiten Weiden von Meridius Landgut), und dabei vergaß ich tatsächlich für eine Weile die Misere mit Massa. Und auch das große Dilemma um den eingekerkerten Vinicius würde mich erst wieder am darauffolgenden Tag beschäftigen.

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  • Sobald Serapio aus der Castra Praetoria nach Hause in die Casa Decima zurückkehrte, war Gracchus, respektive Aton bereits regelrecht ausgehungert nach dem Geliebten, bot jener doch nicht nur für einige Zeit Ablenkung von allen zermürbenden Gedanken, Sorgen und Grübeleien, zudem sorgte er auch für Linderung des tiefen, noch immer ein wenig unerklärlichen Sehnens, welches Gracchus stets dann überkam, sobald Serapio sich anschickte das Haus wieder zu verlassen. Er wollte Faustus nicht in Vergleich stellen, mit nichts und mit niemandem, nicht mit den vorsichtigen Liebeleien seiner Jugend, nicht mit den bedeutungslosen Namen, welche stets nur seinen Leib hatten befriedigt, und auch nicht mit Caius, zu welchem seine Bande körperlicher, geistiger, wie seelischer Natur die stärksten in seinem Leben waren gewesen - denn Faustus, endlich dauerhaft in seiner Nähe und erreichbar, schien alles zu übertreffen, schien jeden Traum noch zu überflügeln, dass Gracchus nichts und niemanden mehr wollte als nur trunken vor Glück in des Geliebten Armen zu verweilen. Gänzlich hätte er so sich verlieren können, wäre nur nicht die Welt um sie her, ein Krieg um das Imperium, und nicht zuletzt in Gracchus' Innerstem ein Krieg um sein Leben - gefochten zwischen seinem Verstand und seiner Seele. So kam es, dass Faustus und Aton an diesem frühen Abend glücklich und zufrieden nach wonnevoller Befriedigung aller Lust und Gelüste nebeneinander auf Serapios Bette lagen, ihre Leiber überzogen von einer schimmernden Membran aus Schweißperlen, überschwemmt von zufriedener Euphorie, und ihre Gedanken in einer wohligen Leere treibend, da Manius Gracchus sich wieder zwischen sie schob, langsam zuerst, dass Aton sein Nahen anfangs nicht einmal bemerkte, immer zudringlicher jedoch, immer aufdringlicher schlussendlich, dass nichts ihm übrig blieb als dem Drängen nachzugeben.
    "Faustus"
    , drehte Gracchus sich auf die Seite, den Geliebten anblickend, seine Hand empor hebend und sanft über Serapios Schläfe streichend.
    "Eines scheint mir bei alledem doch noch immer merkwürdig. Wie konnte der Vescularier so schnell und mühelos alle in Rom von sich über..zeugen? Die Cohortes Urbanae mögen bereits auf seiner Seite gestanden haben, doch weshalb haben die Praetorianer ihn unterstützt? Weshalb hat der Senat nach nur so kurzer Zeit ihn als Princeps akzeptiert? Doch nicht nur wegen einiger ferner Legionen im Osten? Was hat er ihnen verspro'hen, womit hat er ihnen gedroht, Faustus, dass sie ihm so bereitwillig freie Hand ließen?"

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  • Aberwitzig war es schon.... dass ausgerechnet die großen Wirren, die unsere Ewige Stadt in ihren Grundfesten bedrohten, mir meinen Herzenswunsch erfüllt hatten: ich war mit Manius zusammen. Ich lebte mit Manius zusammen! Manchmal mußte ich kurz innehalten, und mir klarmachen, dass ich nicht träumte, dass der unerreichbare Geliebte, jahrelang aus der Ferne ersehnte, immer unmöglich zu habende, nun wirklich bei mir war, hier, bei mir, in meinem Haus und in meinem Bett... (Die Sklaven tuschelten wahrscheinlich schon, weil wir ständig die Nächte zusammen verbrachten, aber ehrlich gesagt war mir das egal. Seitdem mein Vater in Hispania war, und meine Schwester ausgezogen, war mir meine Fassade in der Hinsicht nicht mehr so wichtig.)
    Manius war da, ich spürte seine Hitze, seinen Körper neben mir, und ich lächelte zufrieden in mich hinein, das Verlangen fürs erste wunderbar gestillt, erfüllt von wohliger Ermattung. Die Hand auf seinen Rücken gelegt, streichelte ich langsam zwischen seinen Schulterblättern entlang, betrachtete ihn versonnen, und ich spürte so ein bittersüßes Aufwallen in meiner Brust, als mir... wieder mal... klar wurde wie sehr ich ihn liebte. Alles war gut...


    ...solange gewisse Themen nicht zur Sprache kamen. Ich verbannte sie von meiner Seite aus, jeden Tag aufs neue, mit aller Kraft – und es kostete mich sehr viel Kraft! - ich sagte mir, dass die Welt und was wir darin möglicherweise getan hatten und darstellten, nichts damit zu tun hatte, haben durfte, was zwischen uns war. Also verdrängte ich diese Gedanken, und das quälende Mißtrauen, das sich in ihrer Begleitung immer wieder einstellte, und ich fragte Manius nichts darüber, und erzählte selbst auch nichts davon. Ich hatte sogar meine Rüstung, die immer auf dem Rüstungsständer da drüben in der Ecke gehangen hatte, in ein extra "Ankleidecubiculum" verbannt, um sie nicht ständig vor Augen zu haben.
    Darum... verstimmte es mich... ein wenig... dass Manius diese stillschweigende Abmachung nicht einhielt.
    "Warum wundert dich das, das Testament war doch eindeutig." sagte ich kurzangebunden, bemühte mich dabei einigermaßen gelassen zu klingen. Hoffentlich war das damit jetzt abgehakt! Ich ließ meine Hand über seinen Rücken wandern, liebkoste den Schwung seiner Lendengrube, hauchte ihm einen heißen Kuss auf den Hals.
    "Manius" flüsterte ich ihm dann innig ins Ohr, "lass uns doch lieber... ganz bei uns bleiben. Ich liebe dich... ganz ungeheuer. Hast du Lust auf eine Massage? Oder.. hast du Hunger, soll ich uns was zu essen bringen lassen? Oder..." - und ich schmiegte mich enger und aufreizender an ihn, suchte sein Verlangen auf ein Neues zu entfachen - "...hast du noch Hunger auf mich?"

  • Die Liebkosungen des Geliebten verhallten bereits in jenem Augenblicke, da sie Serapios Lippen hatten überquert, denn nichts davon erreichte auch nur im Anklang Gracchus' Geist.
    "Das … Tes..ta..ment?"
    stammelte er derangiert wiewohl jede Leichtigkeit von seinem Leibe abfiel, denn es brachte dies ihm Fetzen der Erinnerung in seine Sinne, welche ganz deutlich belegten, dass er dieses Testament bereits hatte in seinen Händen gehalten, mehr noch, dass er den Inhalt dessen kannte - doch Vescularius war nicht Teil davon, wiewohl ihm in diesem Augenblicke nicht gewahr war, wann und wo dies mochte gewesen sein.
    "Valerianus' Testament?"
    fragte er noch immer überaus irritiert weiter, so als bestünde die Möglichkeit, dass etwa zwischen Valerianus' Tod dessen legitime Nachfolger hätte Kaiser gewesen sein und eben dieser den Vescularier als seinen Erben mochte eingeführt haben können.
    "Wer …wer hat es geöffnet?"

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  • Na toll!! Ebensogut hätte ich versuchen können, eine Mamorstatue zu verführen. Gekränkt von so dermaßen eklatantem Desinteresse löste ich mich von ihm, setzte mich im Bett auf. Auf einen Arm gestützt, die Brauen zusammengezogen, antwortete ich schnippisch: "Nein, Caligulas!"
    Was war denn nur los?! Manius war ja wie verwandelt...
    "Was weiß denn ich. Es wurde im Senat geöffnet und verlesen. Aber was hast du denn auf einmal?!"
    Ich zog die Beine an den Leib, schlang die Arme darum und blickte meinen mit einem Mal so fernen Geliebten mit finsterem Vorwurf an. Wenn es eines gab, was ich auf der ganzen Welt noch mehr hasste als verspottet zu werden... dann war es, ignoriert zu werden!

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  • 'Non mortalis sum sed Caligula.'
    Eisig kalt zog der Hauch der Vergänglichkeit ihm über den Rücken, dass augenblicklich die feinen Härchen auf seinem Leibe sich aufstellten. Entsetzen war es nun, welches in Gracchus' Augen sich spiegelte, Furcht zudem und allfällig ein leichtes Flackern des Wahns, welcher in seinem flavischen Blut ihm gegeben war, denn obgleich Aktion, Reaktion und Gegenreaktion kein vordergründig sinnvolles Gebilde errichteten, so schien doch gerade der daraus resultierende Schluss Gracchus als verständlichste Realität, welche kreisförmig ineinander griff der Schlange gleich, welche in ihren eigenen Schwanz biss. Caligula hatte ein Pferd in den Senat gesetzt, Valerianus einen Esel, welcher doch gleichsam wiederum der wahnsinnige Caligula war, dass letztlich Salinator sich selbst zum Kaiser hatte bestimmt. Quod erat demonstrandum.
    "Ich bin tot"
    , flüsterte er tonlos, den Blick in die Unendlichkeit gekehrt. Kraftlos schloss er schlussendlich die Augen und sank vornüber, sein Haupt dem Schoße Serapios entgegen.
    "Ich habe solche Angst, Faustus, grenzenlose Angst."

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  • Ich auch. Der Blick in seinen Augen ließ mich schaudern. Als wäre der Mann in meinem Bett mit einem Mal... jemand vollkommen fremdes. Jemand, den ich überhaupt nicht kannte. Ein kalter Knoten zog sich in meinem Magen zusammen. Ich hörte meinen Namen von seinen Lippen, spürte seinen Kopf, der sich schwer auf meinen Oberschenkel legte... Fremd. Ohne mich zu regen, sah ich auf ihn hinab. Und wenn Vinicius wirres Gestammel doch der Wahrheit entsprach?! Hast du mit abgestimmt, mein Geliebter, hast du deine Hand für den Giftmord gehoben?! Die Frage erstarb in meinem Mund. Ich hatte zuviel Angst, Angst vor der Antwort, Angst davor meinen Geliebten mit dieser Frage, mit meinem Mißtrauen, noch tiefer in seine entsetzliche Verzweiflung hineinzutreiben.
    Heftig atmete ich aus, ohnmächtige Wut schnürte mir die Kehle zu, über meine Feigheit, über die Bosheit der Giftmörder, über den Fakt, dass ich wegen dieser Schweine bald in den Krieg gegen meine Kameraden ziehen würde.
    Hölzern legte ich meine Hand auf sein Haar, stich ihm langsam über den Scheitel.
    "Ich lasse nicht zu, dass dir was passiert." sagte ich zornig. "Hör auf so unheimliches Zeug zu reden. Du bist nicht tot, du bist hier, mit mir und ich liebe dich! Wir stehen das schon irgendwie durch, wir dürfen bloß die Hoffnung nicht aufgeben, und.... und wenn der Krieg erst vorbei ist, dann..." Ja, was dann, er war verfemt und wollte sich Vescularius nicht beugen. Aber vielleicht würde Manius, wenn wir erst mal die Rebellen geschlagen hatten, vernünftig werden, und als siegreicher General könnte ich doch bestimmt eine Begnadigung für ihn erwirken! "... finden wir schon irgendeinen Weg."

  • 'Wenn der Krieg erst vorbei ist' hallte es in Gracchus' Sinnen wider. Wenn der Krieg vorbei war, würde mindestens einer von ihnen auf der Seite der Verlierer stehen, allfällig nicht einmal mehr am Leben sein. Unerbittlich also dräute letztlich der Triumph der Parzen, welche seit jeher in ihrer Ranküne diese Liaison ihnen hatten verwehren wollen, welche die Unmöglichkeit dieser Liebe nicht nur an den gesellschaftlichen Ständen und Alltäglichkeiten ließen scheitern, sondern sie immer wieder gänzlich auseinander rissen. Und nun, da nicht einmal das endlose Mare internum, da nicht einmal alle Wirrnisse klandestiner Kommunikation sie hatte entzweien können, hatten die maliziösen Schicksalsweberinnen also entschieden, sie endgültig auf die Seiten zweier antagonistisch wirkender Kräfte zu stellen, von welchen nur eine würde obsiegen - dass einer von ihnen und damit auch ihre Liebe zwangsläufig würde untergehen müssen. Quid sit futurum cras, fuge quaerere*, waren des Horaz' Worte, welche Gracchus in diesem Augenblicke mahnend in Erinnerung gelangten, und wohl war die Gegenwart augenscheinlich das einzige, das ihnen geblieben war.
    "Ja"
    , murmelte er dennoch leise.
    "Irgendeinen Weg."
    Er mochte nicht daran glauben, dass dieses Morgen für sie würde existieren, gleichwohl er die Frage danach nicht wollte stellen aus Furcht vor jeder Antwort. Heute waren sie gemeinsam in diesem Augenblick, heute konnte er Faustus' nackte Haut an der seinen spüren, die Wärme des Geliebten, welcher hier und jetzt real war. Langsam hob er seinen Blick, in dem noch immer tiefe Traurigkeit und Verzweiflung lag, doch gleichwohl ein feines Schimmern.
    "Verspri'h mir, Faustus, dass heute nur uns gehört, nur uns, gleichgültig des morgens."



    *Frage nicht, was morgen kommen wird!

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  • Angefangen mit Ephialtes... waren da mit einem Mal lauter bekannte Gesichter und stützende Arme, teilnahmsvolle Mienen und besorgte Stimmen... alles viel zu nah an mir dran. Sie brachten mich ins Haus... immerhin stand es noch... und erst in meinem Cubiculum ließen sie mich endlich wieder los. Hustend sank ich auf das Bett. Ja. Nun war ich wieder hier. War ich? Oder lag ich noch immer auf der Pritsche in den Tiefen des Kerkers und träumte einen verzweifelten Traum vom Freisein... ein Traum in einem Traum in einem Traum durchfuhr es mich, ich zuckte zusammen, riss die Augen weit auf, starrte auf meine Hände, ja, ich erwartete dass meine Umgebung und ich selbst im nächsten Augenblick zu einer Halde von Buchstaben zerrinnen würde... tat sie aber nicht, tat ich nicht, ich schien... für den Moment jedenfalls... da zu sein, und das mit den Buchstaben war natürlich nur ein Fiebertraum gewesen...?
    Mir war auch so verteufelt heiß, glühendheiß hinter den Augen, und zugleich fror ich, ein Beben von innen, die widerliche, klamme, faulige Kälte des Kerkers hielt mich weiter umfangen, ebenso wie die Mauern, die mir gefolgt waren, und deren schimmliges Gestein nun bedrohlich mit den bemalten Wänden meines Zimmers verschmolz.
    Die Sklaven umdrängten mich, und behelligten mich mit ihrer Hilfe, es war mir zu viel und zu nah, es nahm mir fast den Atem, einer setzte mir einen Becher an die Lippen und nötigte mich zum Trinken, eine brachte Öllampen, einer kniete vor mir und löste meine halbzerfallenen Calcei, und eine legte mir fürsorglich eine Decke um die von Schweiß und Regen nassen Schultern.
    "Lasst mich... in Ruhe." brachte ich brüchig hervor. "Und... öffnet das Fenster."
    Als sie zurückwichen, und als das Rauschen des Regen, und mit ihm ein Schwall feuchter Nachtluft ins Zimmer drang, konnte ich besser atmen. Schwester hatten sie gesagt. Seiana dachte ich Seiana ist frei. Und Senator hatten sie gesagt. Seiana ist nicht allein dachte ich , und das ist gut dachte ich, aber ich dachte es lediglich, ohne dabei etwas zu spüren, denn eigentlich... eigentlich war ich, auch wenn ich dort zusammengesackt auf dem Rand des Bettes saß, schmutzig und ausgezehrt, in einer Tunica militaris und mit Seianas Tuch ums linke Handgelenk, die Arme auf den knochigen Knien, und das Gesicht in den Händen... war ich... nein... nein, eigentlich war ich wo auch immer aber jedenfalls nicht hier.

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  • Schnelle laute Schritte waren auf dem Gang zu hören, als Livianus in seinen Holzpantoffel zum Cubiculum seines Sohnes eilte. Ein Sklave hatte ihn geweckt und berichtet, dass sein Sohn in einem augenscheinlich schlechten Gesundheitszustand von zwielichtigen Gestalten gebracht worden war. Livianus nahm sich keine Zeit einen Mantel überzuwerfen sondern schlüpfte in seine Hauspantoffel und machte sich wortlos auf den Weg.


    Beim Zimmer angekommen waren gerade einige Sklaven mit versteinerter Miene dabei es wieder zu verlassen. Livianus, dem das Herz vor Aufregung aus der Brust zu springen drohte, sah sie verwundert an und schob sich an ihnen vorbei in das Zimmer. Er spürte einen kalten Luftzug, der ihm entgegenströmte und dachte kurz an den Morgenmantel, den er vergessen hatte anzuziehen. Dann ließ er seinen Blick durch das dunkle Zimmer schweifen. Die Sklaven hatten keine Kerze angezündet und lediglich vom Gang drang etwas Licht durch die offene Türe. Schließlich sah er eine Gestalt am Bettrand sitzen und ging einen Schritt auf sie zu. War das sein Sohn? Er hätte es nicht sagen können, selbst wenn das Licht im Raum heller gewesen wäre. Seiana hatte gesagt das es ihm nicht gut ging, als sie ihn zuletzt gesehen hatte, doch der Mann der dort saß sah aus wie ein Wilder. Und dieser Geruch der Livianus plötzlich in die Nase kroch. Es stank nach Schweiß und Fäkalien. Selbst das geöffnete Fenster half nicht es zu mildern. Ein Geruch den Livianus selbst sehr gut kannte. Es roch nach Gefängnis.


    Unsicher fragte er "Faustus?"

  • Der Hall der Schritte... Schritte ebenso laut und forsch wie die der Wärter... Schritte, die in sich jedesmal die Drohung bargen, dass sie mich nun doch zum 'Verhör' holten... ließ mich heftig zusammenfahren. Ich krallte die Finger in meine Knie, sah dem Eintretenden furchtsam entgegen, und erst als er meinen Namen aussprach glaubte ich daran, dass es kein Henkersknecht war...
    Ich starrte ihn an. Bemerkte wie er förmlich vor mir zurückschreckte... was absolut kein Wunder war... und ich dachte, dass es sehr gut war dass mein Vater hier war, und ich wartete darauf, dass ich die Erleichterung und die Freude verspüren würde, die diesem Wiedersehen mit meinem geliebten und verehrten Vater angemessen waren... aber alles, was durch die Taubheit, die Fühllosigkeit in meinem Inneren, drang, war: Scham. Ich schämte mich zutiefst. Dafür, dass er mich so sehen mußte. So vernichtet. Dafür, dass ich nach verlorener Schlacht überhaupt noch am Leben war. Es wäre meine Pflicht gewesen, ein Ende zu machen, aber ich hatte zu lange gezögert, den Moment als ich es gekonnt hätte versäumt... und nun war ich hier, ein Fremdkörper in diesem Haus, eine Beleidigung für Augen und Nase, und brachte meine Familie allein mit meiner Anwesenheit in Gefahr.
    Sein Gesicht lag im Schatten. Ich sah nur seinen Umriss, seine Haltung.
    "Vater." sagte ich mit erstickter Stimme und wandte den Blick zu Boden.
    Als hätte es all die Jahre nicht gegeben, alles was ich errungen und erreicht hatte war einfach ausgelöscht.... und dies hier erinnerte mich schlagartig ganz fatal an die Situation damals, vor so unendlich langer Zeit, als Livianus mich vom Weg abgekommenen Adoleszenten aus dem Kerker der Urbaner herausgeholt hatte. "Es... wiederholt sich." flüsterte ich. Nur dass es damals ein neuer Anfang gewesen war, und jetzt das Ende. Ein bitteres Lachen stieg abgehackt, von einem feuchtem Knistern begleitet, aus meiner Brust, und meine Schultern zuckten krampfhaft.

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    Klient - Decima Lucilla

  • Unruhig war Seianas Schlaf gewesen, wie so häufig – nicht erst seit den Ereignissen der kürzesten Vergangenheit, sondern schon seit Jahren im Grunde, so dass sie es gar nicht mehr anders gewohnt war. Entsprechend hatten der Sklave keine Mühe gehabt, sie zu wecken... und trotzdem hatte sie ein, zwei Momente gebraucht, bis sie realisiert hatte, was er ihr sagen wollte. Ihr Bruder. Faustus. Er war hier. Er war nach Hause gekommen. Als sie das begriffen hatte, war sie aufgesprungen und eilte nun den Gang entlang, zu seinem Zimmer. Sie konnte es gar nicht wirklich glauben, und doch... warum sollte sie geweckt werden mit dieser Nachricht, wenn es nicht stimmte? Nur: sie wollte sich keine Hoffnung machen, die dann doch wieder enttäuscht wurde.


    Als sie Faustus' Räume dann aber erreichte, stellte sie fest, dass es tatsächlich stimmte. Er war wirklich hier... aber was zuerst zu einer Welle purer Erleichterung in ihr führte, wandelte sich schon im nächsten Moment in Entsetzen. Faustus sah noch schlimmer aus als sie es in Erinnerung hatte – was wohl auch daran liegen mochte, dass es Nacht gewesen war, als sie ihn besucht hatte in seiner Zelle, und es ihr selbst auch nicht gerade blendend gegangen war, obwohl sie freilich bei weitem nicht so lang wie er in den eigentlichen Kerkerzellen gewesen war. Es schockierte sie, ihn so zu sehen... Aber obwohl alles in ihr danach drängte, zu ihm zu gehen, sich zu ihm zu setzen und ihn in den Arm zu nehmen, blieb sie dennoch stehen. Ihr Onkel war schon da, sprach mit ihrem Bruder, und etwas in ihr zögerte einfach so dazwischen zu platzen. Was dann schließlich doch den Ausschlag gab, war das Tuch, das er um sein Handgelenk trug, und das sie erkannte, obwohl es schmutzig und abgerissen war inzwischen. Wortlos ging sie an Livianus vorbei und setzte sich neben ihren Bruder, ignorierte wie er aussah, ignorierte den Schmutz und den Geruch, den er verströmte, und nahm seine Hand, immer noch ohne etwas zu sagen. Sie wollte die Männer nicht unterbrechen, sie wollte sich nicht einmischen, und sie wollte auch nicht Faustus' Aufmerksamkeit auf sich lenken. Sie wollte einfach nur bei ihm sein.

  • Als schließlich auch Seiana das Zimmer betrat, sich neben Serapio setzte und seine Hand nahm, kam auch Livianus trotz des erbärmlichen Zustands seines Sohnes die letzten Meter auf ihn zu, um ihn in seine Arme zu schließen. Er fasst Serapios zerzaustes und fettiges Haar mit beiden Händen und drückte den Kopf seines Sohnes an seine Brust. All der Gestank und der Dreck, der sich nun auch auf Livianus übertrug waren in diesem Moment vergessen.


    "Mein Sohn! Ich bin so froh das du noch lebst."


    Dann versuchte er Serapios Aufmerksamkeit auf Seiana zu lenken. Auch wenn er ihn als seinen eigenen Sohn ansah, so war er sich bewusst, dass das Band zwischen den Geschwister immer fester sein würde, als das, welches er selbst zu Serapio im Laufe der Jahre knüpfen konnte. Er glaubte daher, dass sie in diesem Moment ein wesentlich größerer Halt für Serapio war, als er selbst.


    "Schau nur. Deine Schwester ist auch hier Serapio."

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