Officium | Tribunus Cohortis Praetoriae F. Decimus Serapio

  • Ja, die armen Patrizier. Ich jedenfalls vermochte mich an kaum einen Anlass zu erinnern, wo sie die Sündenböcke gewesen wären, dafür an eine Menge von "an allem sind nur diese homines novi schuld".
    Von daher blieb ich ganz ungerührt. Aber es war schon mal interessant zu sehen, wie zornig diese Frau unter der glatten Oberfläche war. Ich erwiderte den kampfeslustigen Blick mit aufreizender Gelassenheit. Solche Herausforderungen oder Angriffe im Verhör, die nahm ich schon lang nicht mehr persönlich. Und auf ihren Versuch, selbst das Gespräch an sich zu reißen, ging ich erst gar nicht ein. Bei aller Form, wir saßen nicht beim Cena-Plausch.
    "Möchtest du damit sagen, die Vorwürfe seien vollkommen aus der Luft gegriffen, Aurelia?" erkundigte ich mich, weiterhin sehr neutral im Tonfall. "Sag mir doch bitte, wie war die Einstellung deiner Familie gegenüber dem Imperator Augustus Ulpius Valerianus?"

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  • Tief durch atmen!, mahnte sich Prisca selbst zur Besonnenheit als sie merkte, dass dieser Decimer nicht so leicht zu beeindrucken war. Kein Wunder eigentlich, sofern dieser Decimer seine Aufgabe nicht erst seit gestern machte. Um so wichtiger war es also die Selbstbeherrschung nur ja nicht zu verlieren. Leicht gesagt! Das war seit jeher ein Punkt, den ihre Mutter wohl vergeblich versucht hatte ihrer Tochter beizubringen. Sei´s drum. In Stresssituationen neigte die Aurelia eben gerne zu impulsiven, wie emotionalen Gefühlsausbrüchen und genau die konnte sie jetzt und hier am allerwenigsten gebrauchen. Allerdings empfand es Prisca als eine bodenlose Frechheit wie dieser Kerl mit ihr umsprang und ihren Einwand ganz einfach überging.


    Na gut, wenn du es so willst, schaltete die Aurelia kurzerhand auf stur und gewann so wieder etwas von ihrer Fassung zurück, als sie trotzig auf seine Frage zurück gab: "Genau das will ich damit sagen. Oder hast du gar Beweise, die diese Vorwürfe stützen?" Hatte er? die Antwort war er ihr zumindest schuldig geblieben und somit würde sie weiter darauf herum reiten: "Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass die Hausdurchsuchungen bei den Flavier und Aurelier brauchbare Beweise zu Tage gefördert hätten. Also ist es mein gutes Recht zu erfahren, auf welche Grundlage diese Anschuldigen beruhen, weswegen ich dir heute hier Rede und Antwort stehen soll", begehrte die Aurelia auf ohne sich jedoch im Tonfall zu vergreifen. Ein bisschen stolz war sie schon, dass sie nach außen hin immer noch die Contenance wahrte, obwohl die nächste Frage eigentlich noch unverschämter war, als die Erste.


    Was bitteschön wollte dieser Decimer von ihr hören? Die Einstellung meiner Familie zum Kaiser. Woher soll ich das wissen?, starrte Prisca gleichzeitig den Tribun mit offensichtlicher Unverständnis an. Genau so gut hätte er sie fragen können wie nächsten Monat das Wetter werden würde. Woher sollte sie die Einstellungen ihrer Familie kennen, insbesondere die ihrer männlichen Verwandten, die üblicherweise die Geschicke der Familie leiteten … ?!


    "Entschulige bitte, aber leider kenne ich nicht jede einzelne Einstellung, eines jeden meiner Angehöriger gegenüber Ulpius Valerianus, aber wenn du meine ganz persönliche Meinung dazu hören willst … " und um eben diese hatte er sie ja eingangs gebeten: "Meiner Ansicht nach hat sich nicht sehr viel geändert, seit Ulpius Valerianus ermordet worden ist, also was hätte seine Ermordung meiner "Familie" - deiner Meinung nach - bringen sollen, außer der Tatsache, dass der alte Kaiser gleich dem Neuen ist. Hmm?" Die (in-)direkte Anspielung auf Salinator und sein Auftreten in der Öffentlichkeit (Die skythischen Wächter und die fehlende Präsenz des dahin geschiedenen Kaisers), all das war wohl ebenso wenig von der Hand zu weisen, wie sämtliche Anschuldigungen gegenüber ihre eigene Familie und die, ihres verstorbenen Mannes ...

  • Ich stützte mein Kinn in die Hand. Hier konnte ich nun wirklich meine professionelle Verhör-Gelassenheit üben. So wie ich früher die vernichtenden Schimpftiraden meiner Ausbilder an mir vorbeirauschen hatte lassen, so ließ ich nun die für mein Empfinden doch sehr zickigen Worte der Aurelia nicht etwa an mir abprallen, ich stellte mir vor, dass sie wie ein Strom von Wasser auf mich zukamen, sich dann teilten und zu beiden Seiten an mir vorüber flossen.
    Verstand sie nicht, in was für einer Position sie war? Hielt sich sich für unangreifbar? Ich beschloss, beim nächsten Verhör einer Dame gleich auf Höflichkeit zu verzichten... und vielleicht auch gleich in einem der Verhörräume zu beginnen?
    "Werte Aurelia," begann ich mit Nachdruck, sie kalt musternd, "Erstens: über deinen Verwandten wurde die Proskription verhängt, und das nicht ohne Grund. Zweitens: du stehst hier nicht vor Gericht. Ich wäre dir nun sehr verbunden, wenn du aufhören würdest, zu versuchen, mit mir über unsere Ermittlungen zu rechten, und statt dessen das tun würdest, wozu du hier bist: meine Fragen beantworten." Hoffentlich reichte das, um klarzustellen worum es hier ging. Ich wollte doch nur meine Arbeit machen, Mosaiksteinchen schürfen, und hatte eigentlich gar keine Lust, eine Frau zu bedrohen.
    "Wie war die Einstellung deiner Familie zu Kaiser Valerianus? Wie haben die Männer deiner Familie reagiert, als sich unter seiner Herrschaft die Position der Patrizier Stück für Stück verschlechterte? Wie hat sich insbesondere Aurelius Lupus dazu geäussert? Eine so scharfsinnige und scharfzüngige Frau wie du ist da doch sicherlich bestens im Bilde."
    Nein, die machte mir nicht den Anschein, den ganzen Tag mit Weben und Haushalt zu verbringen - eher als hätte sie selbst gern die Rostra gestürmt.

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  • Die stoische Gelassenheit des Decimers und seine mit Nachdruck gestellten Fragen machten Prisca wütend, zeugten sie doch von einer gewissen Routine die er bei der Verrichtung seiner Arbeit an den Tag legte. Noch hatte sie sich aber soweit im Griff, dass sie sich kaum etwas anmerken ließ, als er sie belehrte und maßregelte wie ein kleines Kind. Gehörte das zu den üblichen Verhörmethoden, oder warum ging dieser Kerl einfach nicht auf ihre Fragen ein? Pfff! Sitzt nur da und hält mir Vorträge was ich zu tun und zu lassen hab. .. "Werter Decimus, verzeih mir bitte. Es lag mir natürlich fern, mit dir über deine Ermittlungen diskutieren zu wollen. Und danke für deine belehrenden Worte. Selbstverständlich will ich deine Fragen beantworten, sofern ich dazu im Stande bin", dachte und sprach die Aurelia schließlich mit leicht trotziger Miene und gleichzeitig zuckersüßer Stimme. Nein sie sah absolut keinen Sinn hinter all der Fragerei, die ihrer Meinung nach nur dazu diente irgend einen Ansatz zu finden, um den Aureliern die ganze Schuld in die Halbmondschuhe zu schieben. Was macht es da noch für einen Sinn ihm die Wahrheit zusagen? Die Wahrheit die ich glaube zu kennen, oder die, die er von mir hören will?! Zumindest war so die Sicht der Aurelia.


    Seine Anspielung auf die Verschlechterung der Position des Adels unter Valerien, ließen auch sogleich ihre Augenbrauen verwundert nach oben wandern. "Tut mir leid, aber diesen Eindruck hatte ich zumindest nie. Meine Angehörigen standen dem Kaiser stets loyal gegenüber! Siehe nur meinen verstorbenen Mann, er war Quaestor Principes und später Pontifex unter Valerienus´Regierung. Dann mein Cousin Ursus, der sein Legat in Mantua verrichtet. Und auch mein entfernter Verwandter, Aurelius Lupus, war bis vor kurzem noch in höchsten Ämtern.", begann die Aurelia kurzerhand einige Punkte aufzuzählen, die ihre Aussage stützen sollten. Die Frage war nur, ob dieser Kerl da das genauso sehen würde. Nach seiner Meinung fragte sie ihn jedoch erst gar nicht, da er ihr ohnehin nicht darauf antworten würde. "Im übrigen hätte ich, als Adelige, die Schuld nie beim Kaiser selbst gesehen. Wozu hatte er schließlich seinen Sellvertreter. Seine Meinung über die Patrizier ist dir sicher gut bekannt", konnte sich Prisca dann eine Anspielung auf den neuen Kaiser nicht verkneifen. Es war doch schon lange kein großes Geheimnis mehr, dass dieser Salinator die Fäden in Rom schon zu Lebzeiten des Kaisers gezogen hatte. "Jedenfalls hat sich nie einer meiner männlichen Verwandten bei mir beschwert, geschweige denn in irgend einer Weise angedeutet, dass er gegen den Kaiser wäre. Und auch wenn sich an den Einstellungen meiner Verwandten, in den letzten Monaten etwas geändert haben sollte, so muss ich dich leider enttäuschen. Ich war bis vor kurzem noch in Antium, um dort den Tod meines Mannes zu betrauern, der durch einen tragischen Unfall vor einigen Monaten ums Leben gekommen ist.", sprach die Aurelia weiter mit ruhiger und überzeugter Stimme. Dies entsprach durchaus dem, was sie wusste und deshalb hielt sie dem kalten Blick ihres Gegenübers mühelos stand. Das muss doch jetzt wohl reichen, oder?, schien sie ihn stumm zu fragen.

  • Was für abgrundtiefer Sarkasmus mir da entgegenschlug, und wie hübsch höflich verpackt. Meine Mundwinkel zuckten, aber nur ganz kurz, als ich so bei mir dachte, dass diese Dame wie eine Sirene war: süßer Gesang und rasiermesserscharfe Krallen. Auf der Rückreise von Ägypten hatten wir in der Nähe von Capri eine Insel passiert, auf der es angeblich noch Sirenen geben sollte... und unwillkürlich stellte ich mir die Aurelia nun als männermordende Bestie auf den schroffen Klippen vor. Faustus, konzentrier dich! Mit einem Blinzeln vertrieb ich diesen unprofessionellen Gedanken und beschäftigte mich wieder ganz mit dem was sie sagte, und vor allem wie sie es sagte.
    Es klang durchaus glaubwürdig, und da war kein Zeichen von aufgeregt sein oder von Unsicherheit. Am ehesten fand ich sie noch zu selbstgewiss für eine Frau die, vom Generalverdacht belastet, von der Familie verlassen, hier zur Rede gestellt wurde. War das nur patrizische Selbstüberschätzung... oder war da noch was anderes...? Es machte mich jedenfalls stutzig.
    Dass sie nicht in Rom gewesen war, das war mir schon bekant. Ich nickte und sagte, ohne Beteiligung zu heucheln: "Mein Beileid."
    Wenn es stimmte, dass sich die Abneigung wirklich nur auf Vescularius konzentriert hatte... dann lag es wirklich nicht so nahe, deshalb Valerianus zu ermorden. Es sei denn man hoffte seinen Stellvertreter dann, der Rückendeckung beraubt, schnell zu Fall zu bringen.


    "Du sagtest ja, dass sich nichts geändert hat, dass der alte Kaiser gleich dem neuen ist." wiederholte ich ungefähr ihre Worte von vorhin. Dann stellte ich mich ein bisschen dumm und meinte ganz ernsthaft: "Ich frage mich natürlich... und vielleicht kannst du es mir erklären, Aurelia – wenn sich nichts geändert hat, und wenn deine Gens so unschuldig ist wie du sagst... warum hat Aurelius Lupus dann sofort nach dem Tode Valerians diese hohen Ämter von sich geworfen und ist wie der Blitz geflohen?"

  • Zu gerne hätte Prisca gewusst worüber dieser Decimer gerade nachdachte, als er sie aus seinen kalten blauen Augen heraus, stumm und unverwandt an sah. Zugegebenermaßen faszinierten seine Augen, mit diesen langen Wimpern, die Aurelia gleichermaßen, wie sein Blick ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagte und sie war sich absolut sicher, dass er mit seinem Blick selbst dann eine Gänsehaut erzeugen konnte, wenn er ihn nicht gerade für seine Verhörmethoden einsetzte. Umgekehrt schien sie ihn wiederum kaum beeindrucken zu können, weder mit Worten noch durch ihre Erscheinung, da in seinen Augen jegliche Spur von Neugier und Interesse an ihren Reizen fehlte. Eine Spur vielleicht, wobei Prisca das nicht nur bei ihm, sondern auch bei anderen Uniformierten hatte feststellen müssen. Liegt es an mir? Musste sie gar an ihrer Attraktivität zweifeln? Oder wurden Soldaten neuerdings gar einer speziellen Ausbildung unterzogen, bei der sie gegen jede Form von äußeren Reizen immunisiert wurden?


    Dass es nicht nur 'gefühlsabgestumpfe' Soldaten gab, wusste Prisca schließlich aus eigener Erfahrung und immer noch gerne erinnerte sie sich an jene Begebenheit zurück, als sie und ihre Cousine Helena von einem gewissen Octavius Dragonum spontan ins Collosseum, in seine Loge, eingeladen worden waren. Ja sogar an den Namen erinnerte sie sich noch! Das war ein Mann, kam Prisca selbst heute noch ins schwärmen, wenn sie an den eben jenen Tribun in seiner schmucken Uniform dachte, der so charmant und zuvor kommend gewesen war. Was mag wohl aus ihm geworden sein?, schenkte sie ihm schnell noch einen letzten Gedanken, ehe sie sich wieder ganz auf ihr Gegenüber konzentrieren musste.


    Der Decimer brachte sie nämlich mit seiner nächsten Frage ziemlich durcheinander, aber weniger im positiven Sinne, so wie damals dieser Octavier, sondern weil er damit einen entscheidenden Gesichtspunkt ins Spiel brachte. "Warum mein Cousin wie der Blitz geflohen ist?, wiederholte Prisca die Frage betont langsam. Sie wusste nicht ob das stimmte, aber sollte das tatsächlich der Wahrheit entsprechen, so warf das wirklich kein gutes Licht auf ihren Verwandten. Dieser Idiot!, konnte die Aurelia ein gedankliche Schimpfwort nicht verkneifen, welches sie neutral bezogen dahin gestellt ließ. Kurz musste sie darüber reflektieren mit welcher Antwort sie sich und ihrer Familie am wenigsten schaden würde, dann meinte sie die Richtige gefunden zu haben:


    "Nun vielleicht hat er es mit der Angst zu tun bekommen. Verdenken könnte ich es ihm jedenfalls nicht. Mein Cousin hat schließlich Frau und Kind. Ich halte es für gut möglich, dass er lediglich versucht hat sich und seine Familie zu schützen. Anderen, die nicht geflohen sind und stattdessen in Rom geblieben sind, ist das schließlich nicht gelungen. Sie sind heute tot! Egal ob nun schuldig oder nicht", gab Prisca schulterzuckend und völlig emotionslos gesprochen zurück, obwohl ihr Herz in dem Augenblick deutlich höher schlug. Die Anspielung auf Tiberius Durus und dessen Selbstmord, den man sgesehen auch als Mord hinstellen könnte, war dem Decimer sicher bewusst. Priscas Meinung nach war eine gewisse Logik darin jedenfalls nicht von der Hand zu weisen, auch ohne Kenntnis der Fakten und Details und entsprechend angespannt wartete sie nun auf seine Reaktion, nachdem ihre Worte verklungen waren ...

  • Habet. Das war ja nun das wichtigste Verdachtsmoment, und dem konnte auch diese Wortgewandte nicht wirklich was entgegensetzen. Mir fiel auf: selbst wenn sie nichts wußte oder nichts verriet, dieses Verhör war für mich auf jeden Fall hilfreich, weil es mir erlaubte, in aller Ruhe nochmal den Fall durchzugehen und mit einem wenn auch unwilligen Gegenüber darüber zu reflektieren.
    Egal ob schuldig oder nicht – mein Gesicht zuckte. Wenn ich nicht wüßte, dass der Consular wirklich schon in seinem Blut gelegen hatte, als die Garde kam, hätte mich das vielleicht nachdenklich gemacht. So dachte ich mir nur: Da könnte man glatt eine Mordverleumdung (bis hin zur Hetze gegen den Kaiser) raushören. Was für ein Leckerbissen. Aber den mußte ich mir für später aufheben, für den Augenblick überhörte ich es gekonnt - und lachte statt dessen trocken auf. Dann winkte ich ab, zügelte meine humorlose Heiterkeit.
    "Entschuldige. Aber mir fiel nur gerade ein, dass dein Cousin seine Frau ja zurückgelassen hat. Kein sehr guter Beschützer möchte ich meinen. Sie ist jetzt Hausgast des Kaisers... Also du verwirrst mich, Aurelia. Eben sagst du noch, dass das beste Einvernehmen herrschte zwischen deiner Familie und dem Herrscher, und ihr mit Ämtern überschüttet wurdet, dann sagst du, dein Vetter habe plötzlich um sein Leben gefürchtet. Grundlos? Wohl kaum!"
    Ich straffte mich, blickte der Frau direkt in die Augen, und, als würde ich mit scharfer Klinge zustoßen, sprach ich die schonungslose Wahrheit (oder jedenfalls das was ich dafür hielt) aus: "Dein Vetter hatte Anteil am Kaisermord. Und er ist geflohen, einzig und alleine um sich selbst zu schützen. Ohne Rücksicht auf seine Familie, ohne Rücksicht auf überhaupt irgendwen als sich selbst."
    Mal sehen wie sie darauf reagierte.

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  • Das ist ja die Höhe! Dieser Kerl machte sich über sie lustig, lachte sie aus, spielte mit ihr. Prisca war alles andere als amüsiert darüber und hinter ihrer ausdruckslos scheinenden Miene brodelte es gewaltig. Noch hatte sie sich aber ganz gut im Griff und sie fühlte sich einigermaßen vorbereitet auf seine Fragen. Das änderte sich aber schlagartig, als der Decimer seinen nächsten Trumpf aus dem Ärmel zog. Die Frau ihres Cousins war hier? Er hatte sie einfach zurück gelassen? Für eine Sekunde stand Priscas Mund offen und sie musste irritiert blinzeln, unfähig darauf sofort eine passende Antwort zu finden. Ein Moment der Schwäche, den dieser Decimer natürlich ausnützte um sie erneut mit dem Vorwurf der Mittäterschaft ihrer Familie zu konfrontieren. Oh ja, seine Freude darüber konnte man ihm regelrecht anmerken und umso wütender wurde Prisca auf ihn, auf sich selbst und auf ihren Cousin, der es anscheinend nicht einmal für nötig befunden hatte seine Frau zu beschützen. Andererseits was wusste sie schon von dem, was tatsächlich vorgefallen sein mochte und was hatte sie im Grunde damit zu tun? Soll er doch Nigrina dazu befragen und nicht mich. Schließlich kennt sie meinen Cousin besser als ich , redete Prisca mit sich selbst während sie ihre Gedanken zu sammeln versuchte. Sicher hatte der Decimer Nigrina längst befragt, er, oder einer seiner Kollegen, nur was war dabei heraus gekommen? Waren sie nun genau so schlau wie sie zuvor oder ging es hier nur darum, den Namen ihrer Familie mit in den Schmutz zu ziehen? … Nur nicht die Nerven verlieren!, ermahnte sich die Aurelia mit einem tiefen Atemzug wiederholt zur Ruhe. Dieser Kerl da wollte doch nur erreichen, dass sie die Beherrschung verlor und genau diesen Gefallen würde sie ihm nicht tun.


    "Nun du scheinst ja bestens informiert zu sein, Decimus. Besser zumindest als ich es bin. ..", fand Prisca schließlich ihre Stimme wieder und gleichzeitig warf sie dem Decimer einen herausfordernden Blick zu: "Deshalb erlaube mir die Frage, was du eigentlich noch von mir hören willst? … Oder darf ich jetzt endlich gehen, nachdem du mich darüber aufgeklärt hast, welches Verbrechen mein Cousin - deiner Meinung nach - begangen hat?" Zusammen mit dieser Frage beugte sich die Aurelia vor und pflückte eine von den Trauben, die sie genüsslich zu verspeisen gedachte während sie ihr Gegenüber weiter provokant anfunkelte.




    edit: TippEx

  • Jetzt aber! Jetzt durfte ich doch endlich mal ein Ausrasten, Tränen, oder einen Zusammenbruch erwarten. Doch: Fehlanzeige. Erst: Ruhe. Die Ruhe vor dem Sturm? Nein: die Ruhe vor dem Sarkasmus.
    Das ärgerte mich ja nun doch. Ein bisschen. Nein, eigentlich ärgerte es mich sogar sehr, mit welcher Kaltschnäuzigkeit die Frau den Kaisermord beiseiteschob. Als wäre dieser unvergleichliche Frevel vollkommen belangslos. Ich presste die Lippen zusammen, atmete tief ein, wiederholte mein Credo "beim Verhör nichts aber auch rein gar nichts persönlich nehmen", aber so ganz fand ich meine Gemütsruhe nicht wieder. Endlich gehen? Dieser Frau würden ein paar Wochen im Kerker guttun!
    Ruhig Blut, Faustus. Dieser Gedanke war sicher nicht hilfreich, wenn ich versuchte sie zur Kooperation zu bewegen.


    "Ganz einfach. Ich möchte dass du mir hilfst. Dein Cousin hat dem Reich durch seinen Frevel unvergleichlichen Schaden zugefügt. Hilf mir, wenigstens ein ganz klein wenig davon wieder gutzumachen."
    Und das war nun wirklich erst gemeint, und ich ließ jetzt auch die übermäßige Kälte sein. Dieses Anliegen meinerseits war ganz authentisch. Ich beugte ich mich ein wenig vor, blickte ihr ernst in die Augen.
    "Es zieht ein Bürgerkrieg herauf. Die Frage ist nur, wie blutig er wird. Und dein, ähm, anderer Cousin, Aurelius Ursus, Legat der Prima, scheint noch zu zaudern welcher Seite er zuneigt. Aurelia, worum ich dich bitte ist: hilf mir, ihn zu überzeugen, sich auf die richtige Seite zu stellen. Und das ist nicht die der Verschwörer, nicht die der Kaisermörder. Was euer Vetter gefrevelt hat, das könnt ihr wieder gut machen, wenn Aurelius Ursus treu zu Rom steht."

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  • Jetzt aber! Wenn die Angelegenheit nicht so ernst gewesen wäre hätte Prisca beinah laut aufgelacht, als sie hörte was der Decimer von ihr wollte.Ich soll ihm helfen die Schuld meines Cousins wieder gut zu machen. Ich hab mich wohl verhört?! ..., starrte Prisca entsprechend ungläubig den Decimer an. Das war ja die reinste Erpressung! Sie und ihre Familie sollten für den Frevel eines ihrer Verwandten Buße tun um so ihre Treue zu Rom zu beweisen, wobei in ihren Augen nicht Rom damit gemeint wäre, sondern einzig und allein dieser homo novus, der sich bereits zu Valerians Lebzeiten als Kaiser hier in Rom aufgespielt hatte. Warum haben die Verschwörer nicht ihn umgebracht, konnte Prisca bis heute nicht nachvollziehen welches Motiv diese Leute gehabt haben mochten. Den Mord an Salinator hätte sie sofort gutgeheißen und mit ihr vermutlich noch viele weitere Römer auch. Aber einen kranken und schwächlichen Kaiser, samt seiner Familie, zu meucheln? Nein! Das war in ihren Augen nun wirklich keine gute Öffentlichkeitsarbeit gewesen. Was zum Hades haben die sich dabei nur dabei gedacht?. Ein kränklicher Regent wäre doch um vieles leichter zu beeinflussen und zu manipulieren gewesen, würde er noch leben, im Gegensatz zu diesem selbstherrlichen und machtbesessenen Vescularier, der nun die Nachfolge rechtmäßig antrat und nunmehr schalten und walten konnte, wie ihm beliebte. Und mit ihm seine Handlanger und A…kriecher ...


    Der Blick den Prisca dem Decimer zu warf konnte ihre Meinung über die Gefolgsleute des Vesculariers kaum verhehlen, doch seine Worte gaben ihr durchaus zu denken. Der drohende Bürgerkrieg schien kaum mehr abwendbar, keine Frage, nur wer würde am Ende als Sieger daraus hervor gehen? Der Vesularier, oder diejenigen, die einen anderen Kaiser auf den Thron setzen wollten? Prisca war sichtlich hin und her gerissen. Für welche Seite sollte sie sich entscheiden - welche wäre die Richtige? Die gleiche Entscheidung hatte ihr Cousin zu treffen und das baldmöglichst, ehe man ihn hier in Rom als Verräter berachten würde. Das hatte Prisca zumindest aus den Worten des Decimers ganz klar heraus gehört! Ich muss unbedingt mit Ursus sprechen und ihn warnen! Aber das wollte sie ja ohnehin, bei ihrem Zwischenstopp in Manuta, auf ihrer Reise nach Germanien.


    "Ich soll dir also dabei helfen, meinen Cousin davon zu überzeugen, dem Vescularier die Treue zu schwören … , meinte Prisca schließlich nachdenklich und ganz und gar nicht in einer derart aufgebrachten Form, wie eigentlich ihre erste Reaktion darüber hätte ausfallen müssen. Nein sie schrie diesen Kerl nicht an, sie sprach ganz ruhig und blickte ihm einfach nur tief in die Augen. Der Decimer hatte seine Seite längst gewählt, doch bei ihr war das ganz und gar nicht der Fall. "Was denkst du, wer wird diesen Krieg gewinnen? Glaubst du wirklich, dass ER der Richtige für Rom und für das Volk von Rom sein wird? … Mal ganz unabhängig von dieser schändlichen Tat, welche ich im übrigen genauso verurteile wie du und wie jeder Andere auch, der Rom seine Treue geschworen hat." Die Gewissenfrage, die sie sich und gleichermaßen ihm damit zu stellen versuchte, war natürlich gewagt und kam einer Hetze gegen den neuen Kaiser wohl sehr nahe, weshalb Prisca nicht wirklich eine ehrliche Antwort von ihrem Gegenüber erwartete.

  • Dieser Blick. Ich rechnete ja schon damit, gleich einen Sturm der Empörung abwehren zu müssen. Doch mit einem Mal zeigte sie sich ganz vernünftig. Wobei... ich an ihrer Stelle hätte erst mal zu allem ja, ja, ja gesagt, solange ich hier in der Castra säße, Hauptsache wieder raus kommen... Von daher suchte ich nach Hinweisen dass sie mich für dumm verkaufen wollte, aber ich fand soweit keine.
    "Ja."
    Ihr Frage war natürlich sehr, sehr heikel. Ich antwortete erst mal nicht, statt dessen erhob ich mich, schloß ein Fenster und öffnete die Türe zum Vorzimmer. Mein Beneficiarius sass an seinem Tisch, hatte offenbar nicht an der Türe gelauscht, was ich ihm sehr zu gute hielt.
    "Miles" sagte ich zu ihm, "das hier wird noch länger dauern. Du kannst Pause machen und was essen gehen. Bring mir ein gefülltes Fladenbrot mit, bitte, aber eins ohne Knoblauch."
    Ich gab ihm einen Denar mit, und er verließ erfreut das Officium. Ich verschloss die Türe zum Gang, kehrte zu Aurelia zurück und setzte mich wieder.


    "Vescularius wird gewinnen." sprach ich dann ohne Zögern. "Syrien und die beiden Germanien sind aufgewiegelt, Ägypten hält sich raus, doch dies ist nur ein Bruchteil des Exercitus Romaus, er befehligt den gesamten Rest, und er hat Rom. Aber es wird blutige Schlachten geben. Je mehr Soldaten für den Usurpator kämpfen, um so blutiger."
    Wie viel konnte ich ihr sagen? Selbstverständlich traute ich ihr nicht, andererseits hatte ich den Eindruck gewonnen, dass sie auf Druck nur mit Trotz reagierte, dass vernünftige Worte viel eher bei ihr ankamen.
    "Ich wäre nicht hier bei der Garde, wenn ich Vescularius nicht für den richtigen Kaiser halten würde. Das... heißt nicht dass ich blind wäre Aurelia." Auch wenn ich mich so vor Lauschern sicher fühlte, ich sprach trotzdem nicht sonderlich laut.
    "Ja, sein Auftreten ist ...unkonventionell, ja, er liebt den Prunk und die Festlichkeiten. Und ja, er greift hart durch. Aber: er ist der rechtmäßige Kaiser, und er hält die Ordnung aufrecht. Vielleicht.... vielleicht wirst du beim Gegenkaiser im Auftreten mehr noble Gravitas finden. Aber wichtig ist doch das Handeln! Und im Handeln ist Vescularius wie ein Kaiser sein muß, tatkräftig, entschlossen und großzügig. Ich habe früher bei den Stadtkohorten direkt unter ihm gedient, und ich kann dir sagen, seine Soldaten verehren ihn. - Und..."
    Ich zögerte, wollte meine Worte weise wählen, versuchte nun wirklich sie zu überzeugen, so wie ich auch mich von Zeit zu Zeit immer mal wieder neu überzeugen musste, dass das was ich tat, das richtige war. Oder jedenfalls das richtigste, das ich unter den gegebenen Umständen tun konnte.
    "...und die Frage lässt sich nun mal nicht losgelöst von der Schandtat betrachten. Denn... die Alternative zu Vescularius ist ein Mann, an dessen Händen das Blut Valerianus' klebt. Und dessen Frau und des jungen Maioranus. Cornelius gehört zu den Verschwörern, dies ist offenkundig. Und... ich selbst war in Syrien, als er dort seine Truppen aufgepeitscht hat, mit dem Schwert in der Hand nach Rom zu ziehen! Zu diesem Zweck hat er sie leichthin von der Ostgrenze abgezogen, von der Grenze wo der Parther steht und nur darauf lauert in unser Reich einzufallen! Solch ein ehrloser, heimtückischer Mörder und Intrigant ist ganz sicher nicht der richtige auf dem Palatin."

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  • Die Reaktion des Decimers überraschte Prisca zugegebenermaßen, hatte sie doch damit gerechnet, dass er sie für ihre ketzerischen Bemerkung scharf kritisieren würde. Aber er schwieg und es schien, als müsse er innerlich erst abwägen wie offen er ihr gegenüber sein durfte. Sogar das Fenster schloss er und seinen Sekretär schickte er weg. Was käme jetzt? Prisca blickte ihn erwartungsvoll und gespannt an. War er womöglich der Trumpf im Ärmel der Verschwörer, der sich ihr nun zu erkennen gäbe um ihr mitzuteilen, dass er im Hintergrund am Sturz des Vesculariers arbeitete? Aber nein, wo dachte sie hin. Das wäre in der Tat zu schön geesen.Natürlich ist er keiner von den Verrätern. Bereits nach dem ersten Satz war jede Hoffnung dahin und Prisca atmete resigniert durch. Da war wohl ihre Phantasie kurz mit ihr durchgegangen, aber … was der Tribun ihr nun mit gesenkter Stimme mitteilte, ließ die Enttäuschung darüber schnell wieder verfliegen.


    Aufmerksam hörte die Aurelia dem Decimer zu und jedes seiner Worte prägte sie sich genauestens ein. Allein deshalb, weil sie ihrem Cousin wortwörtlich alle Informationen weiter geben wollte, die sie hier bekommen konnte. Natürlich könnte der Decimer sie anlügen, aber Ursus fände mit Sicherheit Mittel und Wege um das Eine oder Andere zu überprüfen. Prisca hielt ihren Cousin nämlich für einen sehr weisen und besonnenen Mann, der seine Entscheidungen genauestens ab wägte und die Tatsache, dass er "zauderte" konnte in Priscas Augen eigentlich nur Eines bedeuten: So eindeutig scheint die Lage wohl doch nicht zu sein, wie er mir das glauben machen will. Und was wenn Ägypten diesem Cornelilus in die Hände fällt? Oder warum benötigt er ausgerechnet meine Hilfe, machte die Aurelia sich so ihre Gedanken, wobei sie über die Aussage des Decimers, dass die Soldaten den neuen Kaiser verehrten, innerlich auflachen musste. Pah das glaubst aber nur du! Gerade bei den Urbanern hatte der Vesculaarier nicht nur Freunde, wie Prisca sicher wusste, aber das würde sie diesem Kerl da niemals auf die Nase binden.


    Allerdings musste Prisca auch zugeben, dass die Ansichten des Decimers nicht völlig absurd waren. Im Gegenteil. Offensichtlich wusste er ganau wovon er sprach, zumal er selbst in Syrien dabei gewesen war. Syrien! Das Land, in dem die Wurzeln ihrer Familie lagen und in dem sie noch heute etliche bedeutende Länderein besaßen. Aber das nur am Rande. Entscheidend war für Prisca nach wie vor die Frage, ob dieser Cornelius - an dessen Händen das Blut des Vorgängers klebte - wirklich die Macht dauerhaft an sich reißen könnte, oder ob nicht gerade wegen ihm das Land in einen endlosen Bürgerkrieg versinken würde. Das Volk hier in Rom kannte schließlich nur die Version des Vesculariers, sowie das Testament des Kaiser, dessen Echtheit bislang noch niemand offen anzuzweifeln gewagt hatte. Würde also der Vesculariers tatsächlich siegen, hätte das für ihre Familie mit Sicherheit weitreichende Folgen …


    "Nun gut ...", fand Prisca nach langem hin und her endlich eine Antwort, mit der sie und der Decimer wohl beide leben mussten: "Ich werde mit meinem Cousin reden und ihm deine Ansichten mitteilen. Ich hatte ohnehin vor zu ihm nach Mantua zu reisen, nachdem alle meine Angehören Rom bereits verlassen haben", sprach Prisca nun ganz offen ihre geplante "Flucht" an. Dass Manuta allerdings nur ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Germanien war, erwähnte sie nicht. Germanien würde sich womöglich damit erledigt haben, falls Ursus tatsächlich zu Saliantor stehen würde. Darüber wäre Prisca zwar ganz froh (zumindest was die Reise nach Germanien betraf) aber dennoch hatte sie Bauchweh wenn sie nur daran dachte, dass ihre Familie diesem Despoten die Treue schwören sollte. Wobei die Alternative auch nicht gerade berauschend war: Cornelius oder Vescularius? Priscas Meinung nach hatte Keiner von beiden den Trhon verdient, aber was zählte schon groß ihre Meinung: "Versprechen kann ich dir allerdings nichts. Mein Cousin Ursus wird letztendlich selbst entscheiden müssen zu wem er halten will. … Ich für meinen Teil werde ihm jedoch dringend davon abraten, einem Verräter die Treue zu schwören" Besonders der letzte Satz kostete Prisca einiges an Überwindung, da sie im Grunde damit der Bitte des Decimers nach gab. Was blieb ihr aber anders übrig? Angesichts dieser Erkenntnis musste Prisca erst einmal tief durch atmen. Wenigestens keinen Namen hatte sie genannt und so durfte sich der Decimer nun selbst aussuchen, wen von beiden sie mit Verräter gemeint haben könnte ...

  • Nach Mantua? "Ja, das wird besser für dich sein."
    Wobei ich sie ja am allerliebsten als Geisel hier behalten hätte, um durch sie den Legaten unter Druck zu setzen. Andererseits passte das nicht zu meiner Hoffnung, die Prima doch noch auf diplomatischen Wege zu gewinnen... Geiselnahmen waren jetzt nicht sooo diplomatisch. Eine hübsche Cousine, die ich – hoffentlich! - ein wenig zum Nachdenken gebracht hatte, war wahrscheinlich ein weniger spektakulärer aber geschickterer Ludus latrunculorum-Zug. Oder sollte ich besser sagen: Ludus thronorum? 8)
    Dafür mußte ich das Risiko, dass sie mich gerade anschwindelte (und sich draussen auf der Strasse vor Lachen ausschütten würde über den treudoofen Prätorianer der sie hatte laufen lassen), wohl oder übel in Kauf nehmen. Zwei Speculatoren würde ich aber auf jeden Fall auf sie ansetzen, die sie ein bisschen im Auge behalten sollten, und ausserdem musste ihre Korrespondenz abgefangen und mir vorgelegt werden.
    "Gut. Danke." Dass sie mir nicht das Blaue vom Himmel versprach, ließ mich eher geneigt sein, ihr zu glauben dass sie es einigermassen ernst meinte.


    "Ich bitte dich, Aurelia Prisca, tu dein Bestes. Wenn du ihn überzeugst, und er sich hinter den rechtmäßigen Kaiser stellt, verhindert ihr eine große... eine wirklich große Menge unnötiges Blutvergießen!" appellierte ich noch einmal in vollem Ernst an sie und ihren Patriotismus.
    Ich plante ja selbst einen Trupp nach Mantua zu schicken, und überlegte kurz, ob es sinnvoll wäre wenn sie die Frau gleich mitnähmen. Aber sie würde die Soldaten wahrscheinlich viel zu sehr aufhalten, darum verwarf ich die Idee wieder. - Um nicht nur auf patrizischen Patriotismus zu bauen, enthüllte ich dann noch einen weiteren, diesmal einen sehr handfesten, Anreiz.
    "Und was deine Familie angeht, so konnte ich vom Kaiser ein bedeutendes Zugeständnis bekommen: wenn Aurelius Ursus seine Treue schwört, dann wird euer gesamter Familienbesitz von der Proskription befreit sein. Eure Stadtvilla, die Sklaven und so weiter sind dann nicht mehr von der Enteignung bedroht.... Die Mitglieder deiner Gens können zurückkehren und ihr altes Leben wieder aufnehmen."
    Dass ich sogar eine eventuelle Amnestie rausgeschlagen hatte, das behielt ich aber für mich.... ich wollte nicht alle Pfeile auf einmal verschießen, und es passte gerade auch gar nicht in meine Linie.

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    Klient - Decima Lucilla

  • Einen interessanten Hinweis hatte ich da erhalten. Beziehungsweise nie erhalten. Es war doch praktisch eine so große, weitverteilte Familie mit vielen Ohren zu haben. Ich prägte mir den Inhalt der Wachstafel ein, dann strich ich die Worte aus, gemäß des Wunsches meines Vetters. Und überlegte kurz wen ich mit den Nachforschungen betrauen sollte.
    "Hol Optio Iunius Seneca." befahl ich meinem Beneficiarius. Mit dessen Centurio würde ich dann auch noch ein paar Worte wechseln wollen. Vielleicht konnte ich hier zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Aber eines nach dem anderen...

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  • Wie befohlen erschien Seneca im Officium, zunächst wie immer durchs Vorzimmer, anmelden, klopfen und rein. Dann Haltung annehmen, und wie immer gespannt und erfreut sein, dass der Stab ihn scheinbar kennt, und eventuell ein wenig schätzt.


    "Ich grüße dich Tribunus, du hast mich rufen lassen?", grüßte Seneca knapp und in militärischer Haltung..

  • Dass er prompt erschien, gefiel mir, seine Haltung auch, doch seine Meldung fand ich arg lax.
    "Optio Iunius, ich erwarte eine korrekte Meldung." verlangte ich, wobei mein Tonfall ganz sachlich blieb – konnte ja mal passieren, dass man das vergass, aber es sollte nicht einreißen. Oder... ich überlegte... hatte ich womöglich Anlass dazu gegeben, die formelle Disziplin etwas lockerer zu nehmen? Wenn ja, dann mußte ich unbedingt besser achtgeben...

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  • Autsch, Fettnäpfchen! Seneca bewahrte Haltung und korrigierte sich zugleich, da war er wohl etwas zu eilig gewesen..
    "Tribunus, Optio Aulus Iunius Seneca meldet sich wie befohlen, ich bitte um Verzeihung für die unkorrekte Meldung Tribunus.", beschwichtige der Iunier seinen Kommandanten und behielt Haltung..

  • Na also. Ich nickte gnädig.
    "Steh bequem Optio. Und berichte mir, was hat sich bei der Jagd auf die Fassadenschmierer getan?"

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  • Seneca löste sich aus der Haltung, und stand nun etwas weniger angespannt vor dem Tribunus, aufgrund seines Faux-Pas allerdings immer noch straffer als es auch bei bequemer Haltung üblich wäre,
    "Sehr wohl Tribunus.", entgegnete Seneca und berichtete, "Wir hatten mit den Männern Stellung bezogen, ein paar in Zivil, ein paar in Uniform, allerdings verdeckt in einigen Gebäuden. Wir mussten einige Zeit warten, doch plötzlich erschien der Verdächtige. Wir beobachteten ihn eine ganze Weile um sicher zu gehen, als er dann die Wand beschmierte waren wir uns natürlich sicher und griffen zu.", der Optio rekonstruierte nochmal das Geschehene und erzählte weiter, "Er hatte einige Schläge setzen können aber letztendlich hatte er keine Chance. Nachdem dann noch eine junge Vestalin völlig überraschend in der Nacht auf dem Platz erschien und uns unterbrach, führten wir ihn in den Carcer ab.", jetzt kam der unangenehme Teil, es war nie gut einen Insassen zu verlieren wenn er noch nicht gesprochen hatte, abgesehen davon dass der Kerl nicht sprechen konnte..
    "Als ich zum Verhör erschien hatten sich die Wärter den Mann schon vorgenommen Tribunus, was keiner wusste, er hatte keine Zunge, ich wollte ihm Schreibzeug geben, aber er starb mir unter den Händen weg Tribunus.", dann war es erstmal still, doch Seneca hatte eine Ahnung, und auch wenn sich der Tribunus das sicherlich schon selbst denken konnte, setzte Seneca nochmal an, "Wenn ich offen sprechen darf Tribunus.", wartete Seneca die Erlaubnis ab, er wollte nicht nochmal gerügt werden..

  • Das klang erst einmal sehr gut! Ich setzte schon zu einem Lob an, da sagte der Optio was von keine Zunge und weggestorben, und da wurde mein Gesicht doch etwas länger. Wäre ja zu schön gewesen herauszufinden wer dahinter steckte.
    "Die gehen offenbar kein Risiko ein." War wohl nichts. "Irgendwelche Hinweise auf die Hintermänner?" erkundigte ich mich, mehr pro forma, wer so vorsichtig war steckte dem Parolenschmierer sicher keinen Auftragsbrief mit Unterschrift in die Tasche.
    Und "Ja, sprich." forderte ich den Optio auf, ihn aufmerksam anblickend.

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