• Es war kein großes Wunder nötig gewesen, bis sich die bürgerkriegsbedingte Getreideknappheit auch in Rhegium, im südlichsten Zipfel Italias herumgesprochen hatte. Und auch wenn man hier im Getreideumschlag aufgrund der Nähe zu Sicilia vielleicht etwas mehr Routine hatte als in anderen Häfen Italias, konnte man sich auch hier derzeit als Händler besonders großer Aufmerksamkeit sicher sein, wenn man Getreide aufkaufen oder anbieten wollte.


    So hatten dann auch die beiden Männer, die auf dem Landweg aus nördlicher Richtung in die Stadt gekommen waren, keine Probleme, Gesprächspartner zu finden. Und sie schienen an ernsthaften Geschäften interessiert zu sein, wenn man nach den Geldbeträgen ging, die sie anzubieten hatten. Wer Schiffe in der Stadt oder den umliegenden Städten zur Verfügung hatte, dem boten sie hohe Beträge, wenn er sich auf den Weg in verschiedene afrikanische Küstenstädte machte, um angeblich dort lagerndes Getreide abzuholen. Und sie zahlten extrahohe Prämien, wenn man kriegstaugliche Schiffe als Begleitschutz aufbieten konnte.


    Der Eifer, mit dem sie ihren Verhandlungen nachgingen, ließ keinen Zweifel daran, dass sie an einem größen Geschäft arbeiteten. Fragte sich nur, auf wessen Rechnung sie arbeiteten.

  • Mehrere Tage waren die geschäftigen Männer in der Stadt geblieben, dann waren sie so unauffällig verschwunden, wie sie gekommen waren. Der Hafen indes hatte sich deutlich geleert und zahlreiche Schiffe waren nach Süden ausgelaufen, trotz der schon ungüstigen Jahreszeit für die Seefahrt. Einige steuerten tatsächlich die afrikanische Küste an, die meisten anderen fuhren jedoch nach Osten, an die Küste Achaias. Hier wartet ihr eigentlicher Auftraggeber auf sie und er hatte anderes zu verladen als Getreide.


    Einige Tage später am Morgen waren die ersten von ihnen wieder da, nachdem sie eine mondhelle Nacht hindurch gesegelt waren. Was sie anlandeten war nichts anderes als die verbleibende Armee des Cornelius Palma. Hier in Rhegium hatte sie nun wirklich niemand erwartet und die ersten Offiziere erfreuten sich sichtlich an den verdutzten Gesichtern der Stadtoberen, die im Hafen zusammen gekommen waren. Dann zogen sie aber auch schon los, um jede Stunde zu nutzen und auf der breiten Küstenstraße mit leichtem Gepäck noch möglichst weit zu kommen.

  • Die Aktivitäten in Rhegium blieben nicht unbeobachtet. Zur Sicherstellung der Versorgung der patroullierenden Liburnen der classis Misenensis war ein Centurio nebst einer halben Centurie Nautae im Hafen stationiert. Ihm war schleierhaft, wie sich die Schiffe mit ihrer lebendigen Ladung hatten an den Patrouillenschiffen, immerhin 10 Liburnen in der Meerenge, vorbeischleichen konnten. Er schickte sofort zwei Meldereiter los, die die Anlandung von feindlichen Truppen in Rhegium nach Misenum und Ostia bringen sollten, bevor man sie entdeckte.
    Um unnötiges Blutvergießen zu vermeiden, befahl er seinen Männer keine Gegenwehr zu leisten. Sie waren keine Marineinfanteristen nur Seeleute.

  • Noch am selben Tag wie die Speerspitze seiner Truppen landete auch Cornelius Palma in Rhegium. Zufrieden hatte er schon bei der Überfahrt gemerkt, dass die Überraschung mit der Landung geglückt war und die kleinen Patrouillenverbände der Classis Misenensis seiner zusammengekauften Flotte keinen nennenswerten Widerstand leisten konnten. Auch in Rhegium selber fand er alles so vorbereitet wie er es erhofft hatte. Der Hafen war verhältnismäßig leer, so dass alle seine Schiffe bequem anlanden und entladen konnten. Wieder einmal hatten sich die immensen Investitionen gelohnt, ohne die er die Überfahrt nicht so reibungslos hätte gestalten können. Vielmehr als eine Legion zählten seine Truppen nicht mehr, nachdem er einen Teil schonn in Asia minor hatte zurücklassen müssen und ein Teil in Achaia für die Blockade gegen Marius Turbo geopfert wurde. Aber immerhin waren tausende kampfbereite Männer deutlich mehr, als man hier in der Südspitze Italias überhaupt erwarten könnte. Und genau dieses Überraschungsmoment, das auch das Argument gegen eine Landung in Brundisium oder einem anderen Ort im Südosten gewesen war, wollte Cornelius Palma nun ausnutzen. Da störte es ihn auch nicht, dass man ihm von einer kleinen lokalen Garnison der Classis berichtete, die sicher schnell Alarm schlagen würde. Palma hatte ohnehin nicht damit gerechnet, dass seine Landung unbemerkt bleiben würde.


    Während er einen Großteil seiner Truppen rasch auf die Straße nach Norden schickte, gönnte er sich selber allerdings etwas mehr Zeit, mit den Honoratioren der Stadt zusprechen, um auch sie vollends auf ihre Seite zu bringen. Die Südspitze Italias bedeutete in gewisser Weise auch ein klein wenig Kontrolle über Sicilia, und dies wiederum bedeutete ein noch kleineres Körnchen Kontrolle über ganz Italia und Rom. Und nichts anderes als die Kontrolle über Rom war sein Ziel.

  • Zwei bis drei Wochen bis Rom lautete die Vorhersage. Freilich nur, wenn sie nicht aufgehalten wurden, wovon allerdings mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auszugehen war. Aber bis dahin wollte Cornelius Palma so weit wie möglich gekommen sein. Immerhin brauchte ein reitender Bote von Rhegium bis nach Rom wohl nicht einmal drei Tage. Was nichts anderes bedeutete als dass er jetzt, wo sie selber gerade Cosentia hinter sich gelassen hatten, schon in Rom eingetroffen sein müsste.


    Palma hoffte, dass ein schnelles Vorrücken Städte auf seine Seite brachte, vielleicht sogar Offiziere zum Überlaufen brachte oder zumindest seinen Gegner in Rom zu unüberlegten Handlungen trieb. Denn was er auch tat, immer musste Cornelius Palma auf Kriegsglück und Geschick setzen und konnte sich nicht einfach auf seine Truppenmassen verlassen, Zumal hier nun hinzu kam, dass ihm keine genaueren Angaben über Stärke und Truppenverteilung der Classis Misenensis vorlagen. Nach allem was er wusste, hatte man Teile der Marineinfantrie nach Norden verlegt, was ihm nun sehr zu Gute kam, aber ob er trotzdem schon zeitig mit gegnerischen Verbänden rechnen musste oder ob nicht plötzlich doch in seinem Rücken die Classis Ravennas wieder auftauchen würde, wusste er nicht. Und beides war ein Grund, weiter so schnell wie möglich vorzurücken.

  • Eine Woche war inzwischen herum, die Truppen kamen gut voran und noch waren keine Anzeichen von organisierter Gegenwehr zu erkennen. Aber Cornelius Palma machte sich keine Illusionen, dass sie beobachtet werden würden, dass man vermutlich sowohl an Land als auch vom Wasser aus jeden ihrer Schritte verfolgte und dass Rom stündlich über den Stand ihres Vormarsches unterrichtet wurde. Wo immer es möglich war, versuchte Cornelius Palma daher Informationen zu bekommen, was die Gegenseite planen würde, wo Truppen gesehen wurden und wer wen unterstützte. Händler, die auf dem Weg von Norden nach Süden waren, wussten zuweilen Nützliches zu berichten und in den Hafenstädten konnte man hier und dort etwas über Schiffe der Classis berichten. Zulauf für sein Heer erhielt Cornelius Palma dagegen nur spärlich. Hier und dort ein paar Tagelöhner, die zu dieser Jahreszeit keine Arbeit fanden und daher gerne in seine Dienste traten, mehr war in den alteingesessenen Landstädten im Süden Italias nicht zu bewegen. Aber Cornelius Palma war schon froh, wenn er hier in Italia freudlich begrüßt wurde und die Grundstimmung positiv war. Das deutete zumindest darauf hin, dass man ihn nicht für das schlimmere Übel hielt.

  • Mit jedem Tag, an dem die Truppen von Cornelius Palma weiter gegen Rom vorrückten, stieg sowohl seine Selbstsicherheit als auch seine Nervosität. Irgendwann musste schließlich einmal damit zu rechnen sein, dass etwas gegen ihn unternommen wurde. Damit, dass sich in Rom die Cohortes Urbanae oder die Praetorianer gegen Salinator wandten und ihn beseitigten, rechnete er nicht, auch wenn das für seine Plänen natürlich besonders günstig wäre. Mit verschiedenen Mitteln hatte er hier und dort versucht, Überläufer zu gewinnen, aber bisher ohne Erfolg. Doch auch hier bemühte er sich weiter, so wie er seine Truppen unermüdlich weiter auf Rom zutrieb. Wobei er die tägliche Marschleistung ein ganz klein wenig reduzierte, damit sich seine Männer etwas besser erholen konnten. Er kam lieber ein oder zwei oder auch drei Tage später in Rom an und dafür siegreich, als mit schnellen Schritten und müden Männern geradewegs in eine Niederlage zu marschieren.

  • Stetig rückten die Truppen von Cornelius Palma weiter nach Norden und hatten inzwischen am Horizont schon den Vesuv im Blick. Cornelius Palma war sich sicher, dass spätestens dort mit Besuch zu rechnen war, lag doch schließtlich mehr oder weniger direkt am Fuß des mächtigen Vulkans das Hauptquartier der Classis Misenensis. Selbst wenn seine Informationen korrekt waren und ein Großteil der Marineinfanterie in Ostia zusammengezogen worden war, so würde hier doch sicher Truppen stehen. Aber vielleicht hatte sein Angebot ja doch Erfolg gezeigt und die Flotte verhielt sich ruhig. Wobei er selbst für diesen Fall mit Besuch rechnete, nur dann eben mit freundlicherem.


    Das nächste Lager wurde an einem Ort aufgeschlagen, von dem aus man schon fast in den Golf von Baiae sehen konnte. Noch während die Verschanzungen errichtet wurden, ritt Cornelius Palma daher mit einer Eskorte ein Stück voraus, um selber einen Blick auf die Bucht zu werfen. Er wollte sich selber überzeugen, ob Schiffsbewegungen zu sehen waren.

  • Was Cornelius Palma sah, waren ganz eindeutig und unübersehbar Schiffsbewegungen. Die Marineinfanterie, die nach bisherigen Meldungen in Ostia zusammengezogen worden war, kehrte nun offenbar nach Misenum zurück, um hier eine Schlacht zu schlagen. Cornelius Palma schaute sich das Treiben in der Bucht eine Weile schweigend an, dann wandte er sich ebenso schweigend um, um den Rückweg ins Lager anzutreten. Erst nach einer Weile sprach er zu seinen Begleitern.


    "Die Männer sollen sich auf eine Schlacht vorbereiten. Wenn die Classis die Konfrontation wünscht, soll sie sie bekommen."


    Ein Stück südöstlich von Misenum lag eine Ebene, die er sich offenbar als Schlachtfeld ausgesucht hatte.

  • Eine derart große Ansammlung von Militär blieb selbstverständlich in und um Misenum nicht gänzlich unendeckt. Es waren Bauern, Händler und andere unterwegs..und wenn sie nur Holz im Wald sammelten. So fand die Ankunft der Streitmacht Palmas, als Information mehr oder weniger schnell den Weg nach Misenum und dort vor allem in die oberen Stadtkreise.


    Hier hatte man immer noch gute Konatkte nach Rom, da einer der Stadtoberen Misenums welcher zwischenzeitlich in Rom weilte, nichtsdestotrotz gute Kontakte in dieses herrliche Stückchen Land pflegte.


    Die Classis welche größtenteils gen Norden abgezogen war, hielt sich derzeit bedeckt. Doch auch dort musste die Information zwischenzeitlich angekommen sein.


    Um eine Gefährdung der Bevölkerung zu vermeiden, hielten sich die Stadtoberen Misenums derzeit mit Gefolgschaftsbekundungen zurück.


    Allen voran

    Caius Vibius Tarquinianus
    Duumvir Miseni


    lies sich der misenische Duumvir stetig informieren, begrüßte aber weder das riesige Heer in der Nähe , noch die verbliebenen Einheiten der Classis.
    Tarquinianus würde einfach erst einmal abwarten und hoffen, dass die Stadt nicht geplündert oder niedergebrannt wurde.


    So machte sich kurz nachdem die Information in Misenum Verbreitung gefunden hatte ein Reiter nach Rom auf.

    ir-civis.png Iulia2.png

    DECURIO - MISENUM

    Klient - Lucius Aelius Quarto

  • Die flavische Dame hasste Schiffe. Sie hasste sie so sehr, dass sie die Insel, auf die sie mit ihrem Gatten übergesiedelt hatte, seitdem nicht mehr verlassen hatte, denn eine Rückkehr von Sicilia nach Italia verlangte nun einmal danach, dass ein Schiff zu besteigen.


    Nach der Reise entlang der sicilianischen Nordküste in einem engen und nur sehr mäßig bequemen Reisewagen, war sie nur widerwillig dazu bereit gewesen auch noch ein Schiff zu besteigen. Es hatte ganze zwei Tage gedauert sie davon zu überzeugen, dass das Schiff sicherlich nicht ausgerechnet dann untergehen würde, wenn sie sich darauf befand. Zwei Tage, die der Kapitän des Schiffes nur bereit war zu warten, weil ihm genug Geld angeboten wurde um seinen Verdienstausfall zumindest teilweise zu mindern.


    Während die Dame nichts davon mitbekam, dass ihr Verhalten dafür sorgte, dass andere Menschen Unannehmlichkeiten zu erdulden hatten (was sie aber im Grunde auch nicht tangiert hätte), mussten sich ihre Begleiter um alles kümmern und dafür sorgen, dass die Familie ihres Gatten nicht völlig die Geduld verlor und die Zahlung an den Kapitän und alle übrigen zusätzlichen Kosten, die sie durch ihre Sturheit verursachte, übernahm. Ihr Leibsklave war sich allerdings sicher, dass die Valerier im Zweifelsfall auch die eine oder andere Villa irgendwo im Imperium verkaufen würden nur um die unausstehliche Frau loszuwerden.


    Die eigentliche Überfahrt verlief dann tatsächlich sehr unspektakulär und ohne Probleme. Die Flavierin hatte sich die meiste Zeit über in ihrer Kabine eingeschlossen, da sie, wie sie sagte, den Anblick der ungehobelten und ungewaschenen Seemänner nicht ertragen konnte. Ihre junge cubicularia wusste da allerdings anderes zu berichten. Ihren Erzählungen nach war die Herrin die ganze Zeit über damit beschäftigt sich zu übergeben. Auch die Farbe in ihrem Gesicht wurde, zur Belustigung aller Mitreisenden, äusserst anschaulich beschrieben.


    Als das Schiff dann in den Hafen von Rhegium einlief war jedoch alle Ruhe verflogen. Wie eine gerade frisch aus dem Milchbad gestiegene Cleopatra strahlte die Flavierin aus allen Ecken ihres ältlichen Körpers ein Selbstbewusstsein und eine gekünstelte Würde aus, die ihres gleichen suchte, als sie beim Anlegen über das Deck schritt und dabei niemanden eines direkten Blickes würdigte. Als das Schiff festgemacht und die Landungsbrücke aufgelegt war, schritt sie über diese mit einer Eleganz, als wäre sie eine vom Olymp herabgestiegene Göttin die ihre zarten Füsschen auf die Erde setzte.


    Die kleine Reisegruppe würde den Rest des Tages und die Nacht in einem Gasthaus Rhegium verbringen und erst am folgenden Tag die Stadt verlassen. Hinaus auf die Via Popilia, auf der sie bis Capua reisen würden. Das Ziel der Reise kam langsam näher.

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