Campus Martius – Die Garde zieht ins Feld

  • Ruhig beobachtete der Tiberier das Geschehen vor ihm. Duilius Verus war zweifellos ein Routinier. Nur die Götter wussten wohl, um wie viele Opfer er sich wohl schon gekümmert haben mag, dennoch war der Auszug der Praetorianer wohl auch für ihn eine besondere Situation. Nervosität konnte man ihm dennoch nicht anmerken. Die Worte wurden gesprochen, die Tiere getötet und die Eingeweide gelesen, ganz ohne, dass Raum gewesen wäre am Ergebnis des Opfers zu zweifeln. Alles war vollkommen in Ordnung und die Götter nahmen die Gabe an.


    Hier hätte wohl auch niemand mit einem anderen Ausgang rechnen können. Wie auch immer die Innereien der Tiere wirklich aussahen, erfahren würde es niemand und die Soldaten konnten sich gewiss sein, dass das, was sie taten, eine gerechte Sache war, die von den Göttern unterstützt wurde. Ohne Zweifel würden die Soldaten Palmas mit exakt der selben Gewissheit in den Kampf ziehen, sei es, weil sie tatsächlich gute Vorzeichen hatten oder weil für sie gute Zeichen 'gemacht' wurden.


    Für Lepidus war es genug Anschauungsmaterial. Nachdem die Opferung vollzogen wurde, gab es hier kaum noch etwas, was ihn interessierte. Als die ganze religiöse Prozedur ihr Ende nahm, suchte sich Lepidus einen Weg hinaus aus der Menge. Unterwegs konnte er sowohl euphorische Bürger in Siegesgewissheit erblicken, als auch trauernde Menschen, die ihre lieben Verwandten in die Schlacht ziehen sahen. Hier wurden bereits einige Tränen vergossen, doch wie viele es wohl erst sein würden, wenn der Krieg beendet war und die Leichen sich gestapelt hatten? Wohl wusste der Tiberier sein Glück zu schätzen, dass sein Leben derzeit nicht unmittelbar auf dem Spiel stand.

  • Seiana hatte sich ebenfalls auf dem Campus Martius eingefunden, dort, wo es für die Ehrengäste üblich war, für sie als Schwester des Praefectus Praetorio. Sie verfolgte den Aufmarsch mit gemischten Gefühlen, sah ihrem Bruder dabei zu, wie er seine Rede hielt, wie er seine Soldaten anstachelte, ließ ihren Blick über die Milites gleiten, wie das Licht sich auf blankpoliertem Metall brach, wie das Opfer erfolgreich vollzogen wurde. Für einige Momente suchte sie nach Seneca, suchte ihn zu finden in der Menge an Soldaten, aber sie konnte ihn nicht erkennen, konnte nicht sehen, unter welchem der Centurionenhelme er sich verbarg. Und sie wusste nicht, welche Centurie er anführte. Ein intensives Gefühl von Trauer überflutete sie plötzlich, nahm ihr für Momente die Luft zu atmen, als ihr klar wurde, dass sie ihn nie danach gefragt hatte. Dass sie ihn so wenig je gefragt hatte. Dass sie, obwohl sie doch eigentlich das Gefühl hatte, ihn zu kennen, sein Wesen, sein Sein, doch so wenig über ihn wusste. Seine Vorlieben, seine Abneigungen, seine Gewohnheiten. Sein Leben. So vieles, was sie nicht wusste, und was sie vielleicht nie wissen würde.
    Seiana schluckte mühsam und verdrängte diese Gedanken. Verdrängte auch die aufkommende Sehnsucht nach Seneca, den Wunsch, wenigstens noch eine weitere Nacht mit ihm verbringen zu können. Sie konzentrierte sich stattdessen wieder auf ihren Bruder – auch wenn das nicht wirklich besser war, wie sie feststellen musste, weil sie auch ihn verlieren konnte in dem, was kam. Aber es war nicht das erste Mal, dass sie Angst ausstand um Faustus, es war nicht das erste Mal, dass er wegging, in den Krieg zog oder auf eine gefährliche Mission ging, und sie zurückblieb und nicht mehr tun konnte als hoffen und beten. So traurig das sein mochte, aber bei ihm war sie es gewohnt, dass es dazu kam. Es war nicht leichter... aber in gewisser Hinsicht waren der Schmerz und die Angst erträglicher.


    Was ihr letztlich nur übrig blieb, war vor allem eines: darauf zu achten, dass ihr nicht anzumerken war, wie es in ihrem Inneren aussah. Und das war etwas, was sie zwar perfektioniert hatte, sie in dieser Situation aber dennoch etwas Anstrengung kostete – was in gewisser Hinsicht ganz gut war. Sich darauf zu konzentrieren lenkte sie ab, und so verfolgte sie weiter die Zeremonie, mit steifer Haltung und einer Miene, die größtenteils unbewegt blieb.

  • Zitat

    Selbst Augustus hatte den Vestalinnen eine besondere Rolle zukommen lassen, er verzichtete gar zweimal auf einen Triumph und bevorzugte den Altar mit der Anwesenheit der heiligen Vestalinnen. Doch diesmal war es keine Wiederkehr der Truppen, sondern ein Weggang und vor allem kümmerte sich Vescularius bisher einen Dreck um die Jungfrauen, die immerhin dafür verantwortlich waren, dass das Reich nicht in sich zusammenfiel, somit auch der dicke Vescularius weiterhin Imperator bleiben konnte. Doch Messalina war nicht wegen dem Imperator anwesend, sondern wollte ungern ihren Lieblingsonkel ohne einen letzten Abschiedswink fortlassen, wenn auch sich die beiden erst vor kurzem im Atrium Vestae verabschiedeten hatten.


    Messalina winkte einige Male und hoffe darauf, dass ihr Onkel sie erkennen würde, gleichzeitig flossen die eine und andere Träne Richtung Boden herab.


    Varus glaubte die junge Vestalin von irgendwoher zu kennen. Doch auch wenn dies nicht so gewesen wäre sah er doch wie diese mitgenommen wurde von dem Abmarsch. Natürlich erkannte er an wer vor ihm, oder besser gesagt in der Nähe von ihm stand, aber gleichzeitig war es ja eine junge Frau, fast noch ein Mädchen welches da weinte. Eine Sache die Varus noch nie gut leiden konnte. Da er sein eigenes Gebet gerade auch beendet hatte beschloss er etwas zu tun.
    Er machte die Schritte bis er neben der jungen Vestalin, natürlich noch mit einem Abstand der sich gehörte. zum stehen kam.
    Mit möglichst sanfter Stimme sprach er sie an.
    "Entschuldige verehrte Vestalin. Mein Name ist Tiberius Helvetius Varus und ich kam nicht umhin zu sehen wie dich dies hier alles mitnimmt. Auch mich belastet die Aussicht auf das was in den nächsten Tagen geschehen kann stark. Ist es mir möglich irgendetwas zu tun um der Dienerin Vestas etwas Druck zu nehmen?"

  • Potitus verfolgte die Rede und das Opfer schweigend. Dabei stellte er wieder einmal fest, was für ein hervorragender Fang Decimus Serapio war! Auf diesen Mann konnte man sich einfach 100% verlassen! So blieb es ihm nach der Litatio nur noch, ein paar wenige persönliche Worte zu finden:


    "Praetorianer!


    An diesem Tag bin ich stolz darauf, Euch als meine getreuen Soldaten vor mir zu sehen, wie ihr unerschrocken für mich in die Schlacht zieht. Ihr alle wisst, wofür ihr kämpft und euer Praefectus hat es gerade eben auch noch einmal in Erinnerung gerufen: ihr seid die Elite der Armee und es ist die Aufgabe der Besten, sich für die richtige Sache einzusetzen!


    In den jungen Jahren unserer großartigen Republik war es die Aufgabe des Praetors, in den Krieg zu ziehen, weshalb wir bis heute den Sitz des Feldherrn Praetorium nennen! Mit ihm zogen seine Liktoren in den Krieg und schützten ihn auch im Feindesland. Ihr steht in den Fußstapfen jener Männer! Der Praetor aber ist nicht nur Feldherr, sondern auch Richter und seine Liktoren waren es, die auch im Feldlager die Urteile vollstreckten!


    Als oberster Richter verkünde ich deshalb heute nochmals mein Urteil: Diese Rebellen, die aus dem Norden gekommen sind, sind gemeine Verbrecher, nicht besser als Strauchdiebe, die unsere geliebte Heimat mit Blut besudeln! Sie haben den größten Banditen unter sich zum Rädelsführer ausgewählt, der losgezogen ist, um römisches Blut zu vergießen! So ein Verhalten kennt nur ein Urteil: den Tod!


    Also geht und vollstreckt mein Urteil! Seid meine Fasces und züchtigt diese Banditen! Zeigt ihnen, was mit denen passiert, die Rom herausfordern!" Seine Stimme war immer lauter geworden und nun brüllte er geradezu in die Menge. Ein gelungener Auftritt!

  • Zitat

    Original von Tiberius Helvetius Varus


    Varus glaubte die junge Vestalin von irgendwoher zu kennen. Doch auch wenn dies nicht so gewesen wäre sah er doch wie diese mitgenommen wurde von dem Abmarsch. Natürlich erkannte er an wer vor ihm, oder besser gesagt in der Nähe von ihm stand, aber gleichzeitig war es ja eine junge Frau, fast noch ein Mädchen welches da weinte. Eine Sache die Varus noch nie gut leiden konnte. Da er sein eigenes Gebet gerade auch beendet hatte beschloss er etwas zu tun.
    Er machte die Schritte bis er neben der jungen Vestalin, natürlich noch mit einem Abstand der sich gehörte. zum stehen kam.
    Mit möglichst sanfter Stimme sprach er sie an.
    "Entschuldige verehrte Vestalin. Mein Name ist Tiberius Helvetius Varus und ich kam nicht umhin zu sehen wie dich dies hier alles mitnimmt. Auch mich belastet die Aussicht auf das was in den nächsten Tagen geschehen kann stark. Ist es mir möglich irgendetwas zu tun um der Dienerin Vestas etwas Druck zu nehmen?"


    Wie?! Was?! Wo?! Wer spricht mich da an? Leicht schreckhaft... zitterte ihr ganzer Körper. Schnell wischte sie sich die Tränen aus ihrem Gesicht und blickte daraufhin den ihr Unbekannten an. Er hatte einfach zu leise gesprochen, dass sie deswegen den Namen nicht wahrnehmen konnte. Ihr Liktor nur wenige Meter abseits stehend war sofort bereit, wenn nötig direkt ohne Zögern einzugreifen. "Hö, ich? Ich weine doch nicht! Die Sandkörner vom Boden hatten sich in meinem Gesicht verirrt und später in meinen Augen niedergelassen.", betonte sie deutlich. Es war nicht gut eine Vestalin weinend zu sehen, dass könnten einige als Schwäche ansehen oder Schlimmeres, dass etwas passiert sei wie ein Prodigium oder gar der ira deorum (göttlicher Zorn) Zustand. Vestalinnen mussten stets auf ihre Außenwirkung achten, daher blieben sie lieber oft im Atrium Vestae, um bloß keine Fehlinterpretation zu verursachen. Anschließend betrachtete sie die Kleidung des Fremdlings. Er war niemand vom hohen Stand, was machte er also hier? Warum hat jeder x-beliebige Zugang? "Ein Gebet an Vesta. Wir sind mir ihr verbunden. Doch nun entschuldige bitte, die Pflicht ruft." Drehte sich wieder zu dem Spektakel und erhaschte nochmals ein Blick zu ihrem Onki.

  • "Selbstverständlich und gut zu hören das es keine Sorgen der Göttin sind die aus dir sprechen sondern lediglich ein höchst irdisches Sandkorn", gab Varus der jungen Vestalin noch hinterher und man konnte nur sehr schwer erkennen ob er die Geschichte mit dem Sandkorn geglaubt hatte. Sie kam ihm immer noch bekannt vor aber er wusste nicht woher. Dem Liktor blickte er noch einmal kurz an und versuchte ihm mit einer knappen Geste zu zeigen das von ihm keinerlei Gefahr welcher Art ausging. Anschließend verließ Varus ruhigen Schrittes seinen Platz und machte sich auf den Weg zurück in die Stadt während der allergrößte Teil noch dem abziehenden Truppen hinterherschaut.

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