Die Rebellenstreitmacht hatte die letzte Etappe des Feldzuges gegen Rom und seinen Usurpator erreicht, nach dieser endlich der Marsch heimwärts angetreten werden konnte. Eine Parade war es, die die Zeit der vergangenen letzten Monate mit einem feierlichen Akt lobpreisen sollte.
Welch Wahnwitz. Während viele römische Brüder sowohl auf der Rebellen als auch auf der Seite des Usurpators gefallen waren und noch ettliche Männer durch ihre Verletzungen elende Schmerzen durchlebten und teilweise mit dem Tod kämpften, sollten die noch lebenden in auf Hochglanz gebrachter Rüstung auf dem Marsfeld Aufstellung nehmen und den neuen rechtmäßigen Kaiser und den ach so gloreichen Feldzug bejubeln. Es war eine Farce zu glauben, dass man so das Vergangene verdrängen und in eine bessere Zukunft blicken konnte. Zu viele Männer gleichen Blutes hatten ihr Leben gelassen für eine Sache an der ein einzelner machtgeiler Mann ganz allein Schuld trug. Der neue Kaiser würde sich triumphierend präsentieren, dessen Erfolg überwiegend von den Truppen in der Schlacht bei Vicetia nach Rom getragen wurde. Konnten wirklich ein paar lapidare Auszeichnungen die Wunden heilen, die in Fleisch und Geist der Männer geschnitten wurden? Die letzten Monate hatten jeden Mann gebrandmarkt. Keiner jener Soldaten wird jemals die Augenpaare ihrer Brüder und deren letzter Blick, der durchtränkt war von Angst und Wut auf die Obrigkeitenkeit, vergessen können, bevor die Flamme des Lebens durch das Schwert erlosch und die Sorgen aus den glasig werdenden Augen mit dem Hauch von Erlösung wich.
So traf auch Vespa mit seiner Turma neben der übrigen Legionsreiterei der II. auf dem Marsfeld ein. Von weiter weg sah man nur die Reiter in strahlender Rüstung auf dem Rücken ihrer Pferde anmutig auf das Marsfeld reiten, doch wenn man zwischen ihnen war, konnte man die Erschöpfung jedes einzelnen Mannes sehen. Selbst Vespa hing müde im Sattel, seine Kräfte noch nicht ganz zurückgewonnen. Den Verband um seinen Kopf, der seine frische Narbe über und unter dem linken Auge schütze, hatte er schon etwas früher abgenommen, störte er doch massivst unter seinem Helm, der ihn bei den Temperaturen und der knallenden Sonne eh schon schwitzen ließ. Seine Schulter war noch bandagiert, damit seine Rüstung die Narbe nicht wieder aufscheuern konnte.
Die Kohorten hatten sich mit ihren Centurien schon fast alle in Reih und Glied aufgestellt, wodurch Vespa auf seinem Weg zu seiner vorgesehenen Position, die ihm und seiner Turma zugewiesen wurde, zum ersten Mal die Verluste sehen konnte. Viele Männer waren gefallen, so kam es vor, dass einige Centurien auf ein Minimum reduziert waren und sogar einige die Lücken vollständig gefallener Centurien schließen mussten. Auch seine Turma war fast um zwei Dutzend Männer in der Schlacht bei Vicetia dezimiert worden. Der sonst so Starke und rationale Grieche versank entgegen der Gewohnheit in tiefgründige Gedanken, in denen er immer wieder die Schreie römischer Brüder aus besagter Schlacht hörte.
Auf dem Weg erblickte er Licinus und Ferox. Beiden warf er einen respektvollen Blick zu. Ferox hatte überlebt. Der Decurio dachte an die Zeit, als sich dieser noch in der Ausbildung befand. Er hatte sich als guter Soldat erwiesen, gerne hätte er ihn in seiner Turma gesehen. Über den Blick hinaus nickte er dem Burschen leicht zu, als woller er ihm sagen gut gemacht.
Nachdem die Legionsreiterei der II. ihren Platz eingenommen hatte, schlossen viele ihre Augen und beteten zu den Göttern, dass sie bald endlich wieder nach Hause konnten.
edit: Ergänzungen.