Officium | Der Sinn des Lebens

  • Seit er in die Villa Flavia war zurückgekehrt hatte Gracchus versucht zu verstehen, was geschehen war und wie all dies hatte geschehen können. Die Sklaven im Hause waren gut informiert, jedoch wussten sie nur, was Rom wusste, zweifelsohne einige Gerüchte und einige Wahrheiten, doch letztlich fehlte detailliertes Wissen darüber, was außerhalb Roms tatsächlich geschehen war. Am Ende all diesen nebulösen Geschehens hatte Flaminius Cilo Rom eingenommen, Vescularius Salinator war tot und Corenlius Palma, welcher nurmehr wenige Meilen von Rom war entfernt, war längst von seinen Truppen zum Imperator Caesar Augustus bestimmt und würde nun zweifelsohne dies Amt offiziell erhalten. Eben dies war von Beginn an die Intention der Konspiranten gewesen, war auch Gracchus' Ziel gewesen - doch zu welchem Preis? In den Annalen der Geschichte allfällig würde die Zeit des Bürgerkrieges nurmehr mit einem oder zwei Sätzen Erwähnung finden, doch Gracchus wusste, dass er selbst diesen Zeitpunkt nicht mehr würde erleben, dass seine eigenen Annalen stets würden überzogen sein von diesem dunklen Kapitel seines Versagens. Er hatte Rom protegieren wollen, hatte kämpfen wollen - nicht mit Waffengewalt, doch auf seine eigene Art - für eine Zukunft seiner Kinder, für abstrakte Ideale, welche ihm doch stets so essentiell erschienen - und stets war er davon überzeugt gewesen, dass sein eigenes Wohl, sein eigenes Heil dabei ohne Bedeutsamkeit war. Es waren keine leeren Worte gewesen, letztlich war seine eigene Zukunft irrelevant - und doch blieb am Ende nur Leere in ihm, eine devastierte Fläche, welche nach und nach von den Larven wurde bevölkert, die der Krieg aus dem Leben hatte gerissen, sowie die unendliche Leere einer verlorenen Liebe. Ein wenig reute Gracchus, dass seine Sorge nicht primär seinen Kindern galt, nicht seiner Gemahlin - von welchen er noch immer nicht wusste, ob und wo sie in Sicherheit waren -, doch Faustus füllte sein Herz noch immer, füllte seinen Geist, füllte jede Zelle seines Körpers mehr denn je. Hätte er nicht sich verloren in seinem eigenen Sehnen, hätte er nicht in gänzlich eigennütziger Art seine eigene Person negiert, um jeden Augenblick mit dem Geliebten in Gänze auszukosten, zweifelsohne hätte es eine Zukunft für sie beide gegeben. Hätte er nicht Faustus überzeugen wollen, den gleichen Verrat zu begehen wie er selbst - war doch die oberste Pflicht des Praefectus Praetorio das Wohl des Imperators, gänzlich unbeachtet, wer dieser Imperator war oder nicht war, was dieser Imperator tat oder nicht tat -, hätte er nicht ihr Vertrauen durch die Lüge zerstört, hätte er nur die Wahrheit gesprochen, ihm die Notwendigkeit verdeutlicht zu Handeln, seine eigene Pflicht konstatiert - zweifelsohne hätte Faustus' der Unvermeidlichkeit aller Taten inne werden müssen, zumindest erkennen, dass Vescularius Salinator nicht der Erbe des Valerinaus' war. Gerüchte besagten, der Praefectus Praetorio wäre im Norden Italias gefallen, andere wiederum, dass die Truppen des Corneliers ihn hatten gefangen genommen - doch Gerüchte nutzen Gracchus nichts, er musste die Wahrheit kennen, musste Gewissheit finden, denn das Bangen, die Unruhe, welche ob der Ungewissheit über Faustus' Schicksal ihn umtrieb ließ ihm keine Ruhe, ließ keinen Raum sich um all die Obliegenheiten und Verantwortungen zu kümmern, welche jene des Flavius Gracchus waren. Da zweifelsohne Decima Seiana über das Schicksal ihres Bruders musste Kenntnis haben, beorderte Gracchus schlussendlich Raghnall, welchen die Decima ihm zur Seite hatte gestellt, in sein Officium.

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  • http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png So froh Raghnall gewesen war, als sie die Villa endlich erreicht hatten und sie auch tatsächlich bleiben konnten – er auch –, so sehr wünschte er sich in den folgenden Tagen, wieder gehen zu können. Die Dinge in der Villa Flavia waren einfach... anders. Was da für ein Regiment unter den Sklaven herrschte! War ja furchtbar, fand er, das war überhaupt kein Vergleich zu dem, was er gewohnt war. Selbst Varenus, der als einer der wenigen Decimi nichts davon hielt zu Sklaven freundlich zu sein, konnte sich hier wohl noch eine Scheibe abschneiden...
    Und was sie nicht alles erzählten! In welch Schaudertönen sie sich wonnig-wohlig vor dem gefürchteten Flavius Felix gruselten – wonnig-wohlig aber auch nur deswegen, wie der Gallier bemerkte, weil der schon seit Jahren fern der Villa irgendwo... auf Sizilien oder so... weilte, um Rosen zu züchten. Und mit der Rückkehr des Hausherrn Flavius Gracchus offenbar auch die Gefahr als gebannt gesehen wurde, Felix könnte zurückkehren und statt Rosen züchten wieder Kellerspiele anberaumen. Wobei... dieser Gracchus hatte scheinbar einen Sklaven mit Namen Sciurus, vor dem die anderen Sklaven sich auch gruselten, und das weit weniger wonnig-wohlig, weil der sehr viel realer war. Von dem befürchteten sie auch, dass er bald auch wieder hier aufschlagen würde... und dann würde in der Villa Flavia alles noch viel unangenehmer werden als sowieso schon, für Sklaven jedenfalls, schloss Raghnall aus ihren Worten. Er hoffte ja inständig, dass er hier wieder rauskam, bevor Sciurus – oder Felix, oder sonst wer von der Sorte – auftauchte in der Villa... Aber so lange die Decima noch im Carcer saß, würde er wohl oder übel weiterhin ihrem letzten Befehl gehorchen, und der lautete: zum Senator.


    Entsprechend waren sowohl er als auch Álvaro noch hier und harrten der Dinge, die da kommen mochten. Gelegentlich nutzte Raghnall eine Gelegenheit, aus der Villa zu kommen, um Informationen zu sammeln und in Erfahrung zu bringen, was so los war – nur der Tratsch in der Villa reichte ihm nicht auf Dauer, abgesehen davon, dass sie auch nur Bruchstücke wussten, nicht sagen konnten was nun wirklich gesichert war, und er sowieso lieber mit seinen Quellen sprach. Aber sonst... naja, er half mit, wenn er da war, das wurde irgendwie erwartet, vor allem von ihm, der ja kein Custos war wie Álvaro. Und da wurde viel erwartet. Mit Freunden ließ Raghnall also stehen und liegen, was er gerade tat – irgendeine Statue abstauben, war mehr dazu gedacht sich den Anschein zu geben irgendwas Gewichtiges zu tun zu haben, um in Ruhe gelassen zu werden, als wirklich etwas zu tun; das hatte er schon vor langer Zeit perfektioniert, als er noch nicht zum engsten Vertrauten der Decima aufgestiegen war –, als der flavische Senator ihn zu sich rufen ließ. Stante pede also tauchte er im Officium des Flaviers auf. „Du hast mich rufen lassen, Dominus?“





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  • Der große, hölzerne Schreibtisch, hinter welchem er saß, schien Gracchus an diesem Tage viel zu groß, einer Pflicht gleich, welche viel zu groß war für seine Schultern, doch zwang er sich auf seinem Platz zu bleiben. Es war Teil seines Lebens und doch schien es ihm sonderbar, ein wenig kurios, wenn nicht letztlich wie eine Lüge. Sein ganzes Leben schien nurmehr ein Lüge, die Szenerie einer Theaterbühne gleich auf welcher der Patrizier hinter seinem Schreibtisch saß und dem Sklaven Weisung erteilte. War dies sein Leben oder nur ein Stück, in welchem er eine Rolle auszufüllen hatte, war er der Patrizier oder nur ein Akteur, welcher mit der Schauspielkunst sein Brot verdiente?
    "Ja"
    , entgegnete er im ersten Augenblicke ein wenig abwesend, ehedem er suchte sich auf die Rolle - der Patrizier, der Senator - zu konzentrieren und den Text zu memorieren, welchen er zweifelsohne zuvor hatte sich hatte angeeignet.
    "Ich möchte, dass du herausfindest, was mit Decima Seiana ge..schehen ist. Wo sie ist, wer sie in Gefangenschaft genommen hat und weshalb."
    Dass Raghnall diese Aufgabe erhielt war nicht einzig der Tatsache geschuldet, dass er Seianas Besitz war, sondern ebenso, da es weitaus weniger auffällig wäre, wenn ein Sklave der Decima diese Fragen würde stellen als ein Sklave der Flavier.
    "Ebenso was mit ihrem Bruder, dem Praefectus Praetorio, Faustus …"
    Ein leichter Schauer fuhr Gracchus' Rückgrat entlang. Wie lange war es her, seit er ihn beim Namen hatte genannt, seit er seinen Namen hatte geflüstert in enger, endloser Umarmung?
    "... Decimus Serapio … was mit ihm geschehen ist, wo er ist. "

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  • http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Als Raghnall eintrat, war er in der Tat ein wenig überrascht, wie der Flavier nun aussah. Wie... naja. Wie ein Senator halt. Natürlich war zu erwarten gewesen, dass er sich jetzt, wo er wieder in seinem eigenen Heim war und es wohl auch keinen Grund mehr gab zu verbergen wer er war, auch wieder kleidete und anderweitig herrichten ließ wie ein Senator... aber es war eine Sache, das zu wissen, und etwas anderes, diesen Wechsel im äußerlichen Erscheinungsbild dann zu sehen.


    Der Gallier allerdings hatte sich zu gut unter Kontrolle, um sich seine kurze Verblüffung anmerken zu lassen. Stattdessen meldete er sich einfach nur und wartete dann ab, was der Senator von ihm wollte – und er musste ja gestehen, das war ein Auftrag, der ihn freute. So was war sein Gebiet, nicht irgendwelche Statuen abstauben oder so. Davon abgesehen interessierte es ihn ja selbst, was mit seiner Herrin geschehen war... und mit deren Bruder, schon allein deshalb, weil sie das würde wissen wollen. Sie wollte immer wissen, was mit ihrem Bruder war, genauso wie ihre Mutter zuvor – nach dessen Verbleib zu forschen war Raghnall schon lang gewohnt. „Werd ich machen“, erwiderte er, in der für ihn üblichen selbstbewussten Art. Dass er scheitern könnte an dem Auftrag, kam ihm gar nicht in den Sinn. „Kann ich sonst noch etwas für dich erledigen, Dominus?“





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  • Einige Augenblicke sog Gracchus seine Unterlippe zwischen die Zähne und überlegte, ob der Sklave noch andere Dinge würde erledigen können.
    "Sofern du etwas über den Verbleib flavischer Familienmitglieder erfährst, teile es mir mit. Doch frage nicht zu ex..plizit danach."
    Sofern er selbst noch nicht hatte entschieden, was er zu tun gedachte, mochte er nicht allzu publik werden lassen, dass er zurück in der Villa war.
    "Das wäre alles."

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  • http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Flavische Familienmitglieder. Von denen hatte er bisher noch gar nichts gehört, und er wagte zu bezweifeln, ob er groß was würde herausfinden können... aber mal sehen. „Wie du wünschst, Dominus“, erwiderte er nur, bevor er sich umdrehte und aus dem Officium verschwand, als der Flavier ihn entließ.









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  • Geduldig verlas ein Sklave - Gracchus konnte dessen Name sich nicht entsinnen, schätze ihn jedoch ob des sonoren Klanges seiner Stimme - das Decretum Imperatoris des kürzlich eingesetzten Imperators Appius Cornelius Palma, welches unter anderem die Verbannung des Lucius Flavius Furianus, sowie die Proskription gegen Manius Flavius Gracchus aufhob.
    "Letztlich also doch"
    , murmelte der Flavier, noch immer nicht überzeugt von der Unverfänglichkeit der Vorgänge in Rom. Indes musste er mit Annullierung der Proskription eine Entscheidung treffen, respektive jene Entscheidung fortführen, welche er letztlich bereits lange zuvor hatte getroffen. Obgleich er zweifelsohne noch einige Gründe hätte finden können, jene Pflicht, welche daraus erwuchs, ein wenig noch von sich zu schieben, so war es Faustus' Schicksal, welches gleichsam sein Handeln bedingte, welches jedes Wagnis mehr als aufwog.
    "Nimm eine Tabula, ich werde dem Imperator einen Brief senden."
    Es würde dies unbezweifelt Cornelius die Gelegenheit geben, sich vorzubereiten, doch hielt Gracchus dies für geschickter als ihm Gelegenheit zu unüberlegtem Handeln zu bieten. Indes würde er gleichsam nicht direkt um eine Audienz bitten können, denn von einem unbeteiligten Standpunkt aus gesehen verband ihn mit dem Cornelier wenig bis gar nichts, so dass es keinen guten Grund gab, weshalb er um eine Unterredung sollte bitten, während der Imperator durchaus mochte daran interessiert sein, aus welchen Gründen jene Männer, welche auf der Proscriptionsliste des Vesculariers waren gelandet dort waren gelandet. Er hoffte darob, der Cornelius würde recht bald arrangieren können, dass sie sich würden im Vertrauen sprechen können. So ditkierte, revidierte, modifizierte und formulierte er, dass alsbald der Sklave noch einmal den verfassten Brief verlas.

    Ad IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS APPIUS CORNELIUS PALMA


    M' Flavius Gracchus Imperatori Caesari Augusto Ap. Cornelio Palmae s.d.


    Mit überaus großer Freude, wiewohl Erleichterung habe ich Kenntnis darüber erlangt, dass die Götter letztlich Rom noch immer gewogen sind und Dir ermöglichten, die Stadt und das Imperium Romanum von jenem schändlichen Verräter Vescularius zu befreien und den Willen ihrer selbst, sowie unseres geschätzten, verstorbenen Imperators Ulpius Aelianus Valerianus zu erfüllen!
    Obgleich es in den Augen mancher nur Recht erscheinen mag, dass Du nun durch den Vescularier begangenes Unrecht revidierst, so möchte ich Dir Dank sagen dafür, dass Du die Verbannung meines Vetters Flavius Furianus, sowie die Proskription meiner eigenen Person annulliert hast, und so es Dir beliebt würde ich dies Dir gegenüber gerne auch persönlich aussprechen.
    In jedem Falle sei Dir nicht nur meiner Dankbarkeit, sondern ebenso meiner Loyalität versichert.


    [Blockierte Grafik: http://img249.imageshack.us/img249/8396/maniusflaviusgracchus.png]



    "Gut"
    , befand der Flavier ohne rechte Überzeugung.
    "Bringe dies zum kaiserli'hen Palast. Und sobald der Sklave der Decima in die Villa zurückkommt, schicke ihn zu mir."
    Bevor er mit Palma würde sprechen, musste er wissen, wie der Status der Decima war.

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  • http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Nachdem Raghnall verschiedene Erkundigungen eingezogen hatte – was durchaus einige Zeit in Anspruch genommen hatte –, tauchte er Tage* später wieder vor der Tür des flavischen Senators auf und klopfte an, um Bericht zu erstatten.



    Sim-Off:

    *Spielt noch vor der Rückkehr von Furianus und Gracchus Minor, würde ich vorschlagen :)





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  • Noch immer glich die heimatliche Villa Gracchus einem Käfig gleich, wiewohl wenig Ambition nur ihn umtrieb, die ihm trauten Mauern zu verlassen, die wiedergewonnene Freiheit in Rom zu kosten. Zu lange war er gefallen als dass er nun, da der endlos währende Sturz beendet war, sich hätte aufrichten können als wäre dies alles nie geschehen. Einem Matrosen gleich, welcher nach langer Irrfahrt über den oceanos letztlich im heimatlichen Hafen sein Schiff verließ, schwankten seine Schritte weiter auf dem festen Grund des Lebens. Er konnte nicht dieses Leben fortführen an jener Stelle, an welcher er eine Lücke hatte geschlagen, gleichwohl wusste er nichts anzufangen, diese Lücke zu schließen. Der Sklave der Decima schien ihm darob wie eine Kerzenflamme inmitten der Nacht, hoffte er doch endlich auf eine verlässliche Auskunft über den Verbleib Faustus'.
    "Was konntest du herausfinden?"


    Sim-Off:

    :dafuer:

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  • http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png „Salve, Dominus“, begrüßte Raghnall den flavischen Senator mit einem Nicken, nachdem er eingetreten war. Nur um dann ohne Umschweife aufs Thema zu kommen, genau wie aufgefordert. „Im Carcer sitzen im Augenblick drei Decimi: Faustus Serapio, Titus Varenus und Seiana“, begann der Gallier zunächst damit, über die Familie seiner Herrin zu sprechen, und führte erst mal genauer aus, was er über das Oberhaupt wusste. „Dominus Serapio ist wohl in der Schlacht bei Vicetia unter Beschuss geraten. Er wurde verletzt, gefangen genommen und nach Rom gebracht. Über seinen Gesundheitszustand konnte ich nicht viel herausfinden, auch wenn es ihm wohl nicht allzu gut geht... aber er ist am Leben.“ Das noch verkniff Raghnall sich. „Dominus Varenus wurde am Tag der Erstürmung Roms in der Casa Decima abgeholt. Seine Festnahme war offenbar ungeplant, ihn haben sie mitgenommen, weil er sich widersetzt hat – aber das weißt du sicherlich.“ Immerhin war der Flavier dabei gewesen, als das passiert war. So wie Raghnall bei Seiana, wenigstens zu Anfang. „Am selben Tag wurde Domina Seiana gefangen genommen. Den Umständen entsprechend geht es beiden offenbar ganz gut.“





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  • Er konnte sich nicht entsinnen, mit Titus Decimus Varenus je persönlich gesprochen zu haben, obgleich er sich des Tages, an welchem jener war gefangen genommen worden, nur allzu deutlich entsann. Für einige Augenblicke glaubte Gracchus das Klirren zu hören, mit welchem Porzellan zu Boden fiel, das Schaben von Möbelstücken, welche achtlos wurden verrückt, das leise Winseln und bisweilen Aufschreien einzelner Sklaven, wiewohl er das Blut roch, das rotfarbene Blut, welches den Boden im Atrium der Casa Decima bedeckte. Abwesend blickte er auf seine Hände hinab, rieb mit dem Daumen der Linken durch die Handfläche der Rechten, doch das unsichtbare Blut, welches an seinen Händen klebte, ließ sich nicht entfernen. Die Informationen über Faustus' Verbleib indes zogen seine Aufmerksamkeit zurück in die Gegenwart. Faustus im Carcer, dies war ein unerträglicher Gedanke, von welchem er nur schwer sich konnte losreißen, welcher jede Überlegung einer possiblen Zukunft beinah unmöglich werden ließ. Was konnte es bedeuten am Leben zu sein, wenn der Leib eingesperrt war in den Carcer? Es konnte nur einen Weg geben zu Faustus, jener über Cornelius, von welchem indes bis zu diesem Zeitpunkt keine Antwort zu erhalten gewesen war. Ein wenig vergrämt über diesen Umstand ließ Gracchus seine Hände zurück auf den Tisch sinken.
    "Wer hat die Inhaftierung der Decima angeordnet, und was genau wirft man ihr vor?"
    Dies letztlich war ihm noch immer ein Rätsel.

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  • http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Raghnall deutete ein Achselzucken an. „Der Feldherr, denke ich mal, vielleicht nach Empfehlung seines direkten Umfelds. Es sind einige Leute festgenommen worden, die unter Vescularius höhere Positionen bekleidet haben. Bei meiner Herrin reichte wohl die Tatsache, dass sie Auctrix der Acta Diurna ist.“ Offiziell war sie das ja immer noch, niemand hatte ihr das bisher aberkannt. Der Gallier vermutete allerdings, dass das nicht mehr lange so bleiben würde. „Die unter Arrest Gestellten werden wohl so lange in der Castra behalten, bis Cornelius Palma in Rom ist und er oder jemand in seinem Auftrag Zeit gefunden hat, sich mit ihnen zu beschäftigen.“







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  • Sukzessive schob Gracchus' linke Augenbraue sich ein wenig empor, klang Auctrix der Acta Diurna in seinen Ohren doch nicht unbedingt bedrohlich, andererseits indes wusste er nicht, was die Decima zu Zeiten des Vesculariers womöglich alles hatte auf eigene Initiative hin veröffentlicht und inwieweit dies dem Bestehen seiner Herrschaft mochte zuträglich gewesen sein. Wieder einmal bemerkte er, dass ihm schlichtweg Informationen fehlten, die Grundlage aller Entscheidungen, dass er nicht konnte abwägen ohne mehr Hintergründe zu kennen, andererseits sich auch nicht auf die Einschätzung des Sklaven der Decima konnte verlassen, da dieser zweifelsohne stets dem Wohl seiner Herrin würde ergeben sein. Letztlich jedoch hatte Decima Seiana seinen Aufenthalt in der Casa Decima toleriert, allfällig gar protegiert, so dass sie wohl kaum eine loyale Anhängerin des Vesculariers war gewesen, die es verdient hatte im Carcer inhaftiert zu werden. Gracchus seufzte, denn in gleichem Ausmaße wie er überzeugt war, dass Decima Seiana in keinem Falle im Carcer sollte gefangen gehalten werden, in eben dem gleichen Ausmaße war er ratlos, was ob dessen zu tun war. Cornelius Palma war der einzige, zu dem er in diesem Bürgerkrieg noch eine Verbindung hatte, doch jener schien noch kaum erreichbar. Früher einmal, im Brettspiel mit seinem Vetter Aristides, hatte Gracchus geglaubt, kein allzu schlechter Stratege zu sein, doch die Jahre seines Lebens hatten ihn eines besseren belehrt, die Konspiration und deren Folgen indes wohl sogar das exakte Gegenteil dessen bewiesen. Römer, die Römer töteten, darbende Römer, Plünderungen im Reich, Frauen im Carcer - er wollte nicht einmal im Ansatz wissen, was noch alles geschehen war, von dem er noch nichts wusste, nur weil er hatte geglaubt, eine bessere Zukunft für Rom erzwingen zu können.
    "Lasse mich allein"
    , wies er Raghnall an, denn er wollte nichts mehr wissen von dem Bürgerkrieg, von dem Schrecken, in welchem Rom noch immer fest steckte obgleich der Sieger bestimmt schien. Als der Sklave den Raum hatte verlassen, ließ Gracchus seinen Kopf auf die Tischplatte sinken. Er wollte weinen, doch er konnte es nicht, er wollte wüten, doch er konnte es nicht, er wollte die Welt fassen und schütteln, dass sie in eine rechte Ordnung wieder verfiel - doch er konnte es nicht. Sein Leib schien begraben unter einem Berg aus Trümmern, dass kein Regen mehr möglich war, sein Geist schien eingesperrt auf einem fernen Wolkengetürm, dass er nur machtlos hinabblicken konnte auf die Welt unter sich, sein Herz war einem schweren Stein gleich hinabgesunken auf den dunklen Grund des Oceanos, begraben von endloser Masse an Wasser, ertrunken, erstickt an seiner eigenen Hoffnung.

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  • http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Einen Moment lang schwieg der flavische Senator auf Raghnalls Bericht hin, und der Gallier wartete geduldig, bis weitere Fragen kamen oder die Anweisung, fortzufahren. Zu seiner Überraschung schickte ihn der Flavier allerdings weg, ohne noch etwas wissen zu wollen – nicht einmal darüber, ob er etwas über die Flavier hatte in Erfahrung bringen können. Aber gut, Raghnall ging davon aus, dass er ihm das auch noch ein andermal erzählen konnte... oder dass seine eigenen Sklaven vielleicht schon mehr in Erfahrung gebracht hatten. Immerhin wussten die vermutlich besser als er, wo sie noch suchen könnten. Mit einem Nicken gehorchte Raghnall also und verließ das Officium.







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