Prozession und Opfer für die Gesandtschaft

  • Der Tag der Abreise der Gesandtschaft war gekommen - aber ehe die Decurionen das Schiff besteigen würden, auf dem sie den Rhenus hinabfahren würden, musste noch der Segen der Götter auf sie herabgerufen werden. Auch an den Vorbereitungen für diesen Programmpunkt war Crispus beteiligt, denn als Pontifex gehörte natürlich auch das zu seinem Aufgabenbereich. Das war auch der Grund, warum er das wichtigste und ehrenvollste Opfer des Tages vollziehen würde. Außerdem hatte er dafür gesorgt, dass Lucius auch seinen Anteil an diesem öffentlichen Spektakel haben würde - wenn auch in weniger tragender, aber dennoch unverzichtbarer Rolle.


    Da verschiedene Götter für die verschiedenen Aspekte der Reise zuständig waren, hatte das Collegium der Pontifices sich für eine Prozession entschieden, die von einem zum nächsten Tempel gehen würde und an den Kaianlagen sein Ende finden würde, wo die Gesandten dann gemeinsam mehrere Boote bestiegen, die der alte Petronier angeheuert hatte. Im Vorfeld hatte Crispus' Personal natürlich schon alles Reisegepäck auf die Kähne verfrachtet, sodass nun eigentlich nur noch diese Zeremonie hinter sich gebracht werden musste.


    Und so stand der Alte zusammen mit Ovinius Sabinus, Orchius Duilianus, Tongilius Strabo, Scantinius Amulianus Lyso, Paeonius Silio, Iturius Tubero, seinem Sohn und natürlich Patulcius Merula, dem zweiten Anführer der Gesandtschaft, vor dem Tempel des Mercur und der Rosmerta, wo der erste Teil des Opfers und danach die Prozession beginnen würde...

  • Lucius hatte sein Päckchen von Armin zum Hafen bringen lassen - er wusste nicht so recht, was er von diesem Haakon halten sollte, der für den Alten die Organisation der Bewachung und auch die Beladung der Schiffe übernommen hatte. Da er sein Schwert bei der Zeremonie hier noch nicht tragen durfte, wollte er es lieber in sicheren Händen wissen - denn wer wusste schon, ob dieser Germane es am Ende nicht klaute und sich dann davon machte!


    Bevor er seinen geliebten Pythagoras - so hieß das Schwert seit neuestem - aber um seine Lenden gürten konnte, musste er dieses furchtbar langweilige und heute extralange Ritual für die Götter über sich ergehen lassen. Scheinbar hielt es sein Vater dazu noch für eine besondere Freude für seinen Sohn, dass dieser sich aktiv beteiligen und damit Pietas heucheln durfte - aber an Diskussionen war wie üblich nicht zu denken. Also trug er - wie die anderen Gesandten auch - seine Toga und machte ein missmutiges Gesicht, wenn er daran dachte, dass er nun wieder einen ewiglangen Singsang aufsagen durfte, der am Ende doch absolut nichts bewirkte. Dazu kam, dass es ein wenig windig war und seine Toga ständig drohte aus der Form zu fallen - wäre der Alte doch nicht so geizig gewesen und hätte ihm einen etwas schwereren Stoff gegönnt! Naja, in Italia war das Wetter ja angeblich viel besser - da würde er sich mit diesen Problemen nicht mehr herumschlagen müssen!


    Dann aber erschollen die Flöten und der Herold bat um Ruhe - das Opfer begann und der Alte schubste Lucius ein wenig nach vorn - er hatte das erste Opfer zu vollbringen, das an Mercurius und Rosmerta ging. Ausgerechnet an diese beiden, die die Gallier und Germanen sehr schätzten, die für Lucius aber nicht einmal sehr attraktive Werte verkörperten: Handel und Fruchtbarkeit war etwas für Krämerseelen und Weiber, nicht für Männer wie ihn. Rosmerta wurde dazu noch nicht einmal jenseits der Alpen verehrt - das zeigte doch schon, dass sie eine Einbildung der ungebildeten Barbaren hier war!


    Aber natürlich konnte er sich sowieso nicht wehren, also versuchte er wenigstens, es zügig hinter sich zu bringen. Also legte er sich die Toga über den Hinterkopf, wie es der Alte auch zu jedem Opfer am Lararium tat und wusch sich die Hände im Waschbecken, das ihm einer der Tempelsklaven reichte. Immerhin gab es auch einen praktischen Aspekt an dieser Sache - er hatte eben noch eine Birne gegessen und seine Finger klebten sowieso ein wenig.


    Danach hatte er die Opfertiere zu prüfen - natürlich alle vier, denn neben Mercurius und Rosmerta würden später noch Divus Augustus, Apollo Mogon und Iuppiter Optimus Maximus ihre Tiere erhalten. Also ging er ein wenig lustlos um die Tiere herum. Natürlich hatte der zuständige Aedituus hier bereits alles vorbereitet und dieser Teil des Rituals war ebenso sinnentleert wie alle anderen (wenn man einmal davon absah, dass es wohl überhaupt keine Götter gab, die sich überhaupt dafür interessierten) - er hätte auch gar nicht hinsehen, sondern einfach nur die Tiere umrunden müssen.


    Nach der Prüfung der Tiere war dann das Voropfer an der Reihe. Dazu trat der junge Petronier die vier Stufen zum Tempelumgang hinauf und verschwand in der Cella. Auch hier war natürlich alles vorbereitet, um eine möglichst religiöse Stimmung zu verursachen - oder was man gemeinhin dafür hielt. Immerhin boten die Priester, die ja am meisten von jedem Opfer profitierten, eine gute Show. Vor dem thronenden Götterpaar stand der Foculus, auf dem bereits die Kohlen entzündet waren.


    Dort blieb Lucius stehen und blickte feindselig in die glänzenden Augen des Handelsgottes. Inwiefern eine Holzstatue sie auf dem langen und gefährlichen Weg nach Rom schützen sollte, war ihm nicht ganz klar. Aber auch hierhin hatten ihn die Pontifices und Opferhelfer begleitet - diesmal leider nicht Armin, der ihm sonst bei allen möglichen Dingen assistiert hatte - sodass er nicht einfach alles achtlos verbrennen konnte. Stattdessen sagte man ihm auch schon das Opfergebet ein, das er nur nachsprechen musste:
    "O Mercurius und Rosmerta, Bewahrer der Reisenden auf allen Wegen, Mehrer des Handels und des Wohlstands!


    Unser Gebet steige zu Euch auf wie dieser Weihrauch und neige Euer Ohr uns zu!"
    Damit streute er ein wenig Weihrauch auf den Mini-Altar, der sofort seinen charakteristischen Duft verströmte. Doch Lucius wollte fertig werden, weshalb er sofort fortfuhr:
    "O Mercurius und Rosmerta, Bewahrer der Reisenden auf allen Wegen, Mehrer des Handels und des Wohlstands!
    Stets führt Ihr uns auf dem Weg in die Fremde, Ihr bewahrt uns vor Dieben und Räubern, sorgt für unsere sichere Ankunft an unserem Ziel und geleitet uns in die Heimat zurück!
    Stets habt Ihr diese Stadt mit Eurem Segen bedacht, habt den Händlern reiche Gewinne, der Stadt Wohlstand und den Feldern Fruchtbarkeit beschert, wofür wir Euch gerechte Gaben geben, Eure Feiertage ehren und diesen Tempel als Eure Wohnung erhalten!
    Bewahrt nun auch uns als Gesandte dieser Stadt auf unserem Weg nach Rom! Schützt uns vor Räubern und Dieben, lasst uns nicht abkommen von unserem Weg, aufdass unser Geschenk für den Kaiser selbst sein Ziel erreicht!
    Nehmt an diese Kuchen, unsere gerechte Gabe für Euren Segen!"

    Damit wanderten auch zwei Opferkuchen in den Altar, wo sie deutlich weniger Wohlgeruch verströmten, während sie langsam verkokelten. Trotzdem hatte er seine Pflicht getan - mit einer Wendung nach rechts beendete er das Voropfer und machte sich zielstrebig zum Opferaltar vor dem Tempel auf. Dort wartete bereits der Ziegenbock, der nun auch noch an die Götter gehen würde.


    Draußen wartete bereits das unharmonische Gedudel der Opferflötisten. Lucius mochte diese Musik nicht - sie hatte in seinen Augen nichts mit den Harmonien gemeinsam, über die sie einige Male bei Xanthippus gesprochen hatten. Es war eben nur ein wildes Durcheinander, das das Gemurmel der Menge vertuschen sollte - wenn es die Götter wirklich gab, ließen sie sich scheinbar ziemlich leicht ablenken!


    Der Herold brüllte
    "Favete linguis!"
    und Lucius nahm den Aspergill und besprengte die Menge, die sich vor dem Umgangstempel versammelt hatte. Ganz vorn standen die beiden Duumviri, dann die gesamte Gesandtschaft mit seinem Vater in der Mitte. Dahinter folgten die übrigen Decurionen, die nicht die Gelegenheit hatten, in die echte Zivilisation zu reisen und darüber wahrscheinlich noch erleichtert waren. Dazwischen musste auch Marsus stehen, der sich durch die Heirat mit Octavena ja ebenfalls aus der Pflicht gestohlen hatte.


    Aber der junge Petronier hatte keine Zeit, sich weiter über seine dämliche Nichte und ihren schleimenden Gatten zu ärgern, denn jetzt war das Opfertier zu weihen. Da hier nur Mercurius und Rosmerta bedacht wurden, genügte auch der weiße Ziegenbock, der wie üblich ordentlich mit Schleifchen und Vergoldungen verziert war. Der ganze Plunder wurde nun abgenommen und Lucius ließ sich die schwere Klinge reichen, die eigentlich nur symbolisch das Opfermesser darstellte. Es wog schwer in der Hand - fast so schwer wie Pythagoras, war aber offensichtlich wenig scharf und miserabel ausgewogen. Also widerstand er auch seinem Drang, die gesamte versammelte Decurionenschaft abzustechen, sondern redete sich ein, dass er diese Fratzen sowieso nie wieder sehen müssen würde. Stattdessen fuhr er über den Rücken des blökende Viehs, das bald in seinem eigenen Blut zucken würde. Danach kam noch etwas Wein über seinen Kopf, der den Bock den Kopf heftig schütteln ließ, sodass ein wenig von der Flüssigkeit auf Lucius' Toga zurückkehrte. Die Flecken würde Armin heute Abend auf dem Schiff auswaschen müssen.


    Wieder war der Souffleur an der Reihe, der das Weihegebet einzusagen hatte. Und Lucius sprach es brav und mit lauter Stimme nach:
    "O Mercurius und Rosmerta, Bewahrer der Reisenden auf allen Wegen, Mehrer des Handels und des Wohlstands!
    Stets führt Ihr uns auf dem Weg in die Fremde, Ihr bewahrt uns vor Dieben und Räubern, sorgt für unsere sichere Ankunft an unserem Ziel und geleitet uns in die Heimat zurück!
    Stets habt Ihr diese Stadt mit Eurem Segen bedacht, habt den Händlern reiche Gewinne, der Stadt Wohlstand und den Feldern Fruchtbarkeit beschert, wofür wir Euch gerechte Gaben geben, Eure Feiertage ehren und diesen Tempel als Eure Wohnung erhalten!
    Bewahrt nun auch uns als Gesandte dieser Stadt auf unserem Weg nach Rom! Schützt uns vor Räubern und Dieben, lasst uns nicht abkommen von unserem Weg, aufdass unser Geschenk für den Kaiser selbst sein Ziel erreicht!
    Nehmt an diesen makellosen Ziegenbock, unsere gerechte Gabe für Euren Segen! Wir geloben Euch ein weiteres Opfertier, wenn Ihr unsere Füße sicher wieder hierher in die Heimat geleitet!"

    Nun war der einzig interessante Teil an dieser Form von Opfer an der Reihe: Die Vollstreckung eines Todesurteils. Wie immer beneidete Lucius den Opferhelfer, der sich den Bock an den Hörnern griff und das Opfermesser zückte.
    "Agone?"
    fragte dieser und
    "Age!"
    antwortete der junge Petronier. Sicherlich würde er eines Tages ein Offizier sein und auf ähnliche Weise auch über das Ende von Menschen bestimmen können - wie sehr freute er sich schon darauf, ein Hinrichtungskommando zu sehen, um endlich wieder diese Mischung aus Überraschung und Angst in den Augen eines Menschen zu sehen! So wie Caius damals, dessen Vater noch immer nicht über seinen Verlust hinweggekommen war - auch er stand in der Menge der Decuriones, trotz all der Jahre noch immer dunkel gekleidet. Auch für solche Emotionalität hatte Lucius nur Verachtung übrig - eigentlich hätte er dankbar sein müssen, seinen Versager-Sohn, der nur mit viel Geld und Einflussnahme durch die Schule gekommen war, endlich los zu sein! Jetzt, wo er keinen Erben mehr hatte (nur eine Tochter), konnte er sein Erbe endlich einfach verprassen und musste nichts aufheben!


    Unterdessen hauchte der Ziegenbock unter heftigem Blöken und Gurgeln sein Leben aus. Die übrigen drei Opfertiere - zwei Schafböcke und ein Stier - wirkten doch ein bisschen verunsichert, während das warme Blut pulsierend aus der durchtrennten Kehle sickerte. Wie immer beobachtete Lucius diesen Part ganz genau, sog den Anblick in sich auf wie ein Schwamm. Und wie immer dachte er dabei an den zuckenden Brustkorb von Caius, was ihm ein grimmiges Lächeln auf die Lippen zauberte. Ganz so schlimm war das Opfern doch nicht, wenn es wenigstens schön blutig war...


    So in Gedanken versunken beachtete er gar nicht, wie der Haruspex die Innereien des Ziegenbocks gereicht bekam und das Blut aufgesammelt und an den Altar gespritzt wurde...

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    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Der alte Petronier sah glücklicherweise nicht, was für ein säuerliches Gesicht sein Sohn machte - sonst hätte er sich wohl geschämt. Dass dieser die Existenz der Götter sogar rundherum bestritt, wusste er ebenfalls nicht - immerhin hatte sein Sohn ja eine gewisse Begeisterung für die Assistenz bei blutigen Opfern gezeigt, die auch seinen Widerstand gegen Opferaufgaben etwas gemindert hatte (den der Alte übrigens als pubertäres Austesten der eigenen Grenzen gedeutet hatte).


    Gemeinsam mit den anderen wartete er deshalb nicht ohne Stolz vor dem Tempel, der hübsch mit Girlanden geschmückt worden war. Nicht nur, weil er es geschafft hatte, seinem Sohn die ehrenvolle Aufgabe als Opferherr zuzuschachern, sondern auch, weil Lucius bald schon ein Eques sein würde. Der Junge hatte alles zu seiner Vorbereitung getan, was in der Provinz möglich war - alles andere lag nun an seinem Geschick und dem guten Patron, den sie noch suchen mussten. Vielleicht war Germanicus Avarus, der Patron Mogontiacums eine gute Wahl - oder Germanicus Sedulus, sein Neffe (immerhin hatte Avarus sich nicht gerade durch zuvorkommendes Engagement ausgezeichnet - noch immer gab es keine Antwort wegen der Unterbringung der Gesandtschaft)? Letztlich würde er sich vor Ort informieren müssen...


    Mit diesen Gedanken war auch er nicht ganz bei der Sache, während sein Junge das Opfer vollzog. Erst als der Ziegenbock sein Leben aushauchte, wurde er wieder aus seinen Überlegungen gerissen. Vielleicht sollte er noch einmal überlegen, welche Gottheit ihm bei dieser Entscheidung helfen konnte...

  • Haakon war bereits den ganzen Morgen damit beschäftigt gewesen die Beladung der Schiffe zu überwachen und zu organisieren, damit auch ja alles, was mitgenommen werden sollte, seinen Platz an Bord fand. Und dessen ungeachtet auch die gesamte Gesandtschaft, inklusive Begleitern und Wachmannschaft noch mit drauf passte. Alles in allem garkein so einfaches Unterfangen, wie es möglicherweise auf den ersten Blick den Anschein haben könnte. Vorallem, wenn es jemand leiten soll, der eigentlich keinen Schimmer von den Gesetzen der Beladung eines Schiffes hatte. Doch zu Haakons Glück, hatte auch der Kapitän davon etwas, wenn sein Schiff nicht unterwegs kenterte, so dass er sich dem Borchter recht schnell an die Fersen heftete und ihn tatkräftig unterstützte.


    "Wenn ma bugsaats noch mar druff packe, wiad dat Ruda am Heck nitma Nass.", versuchte er Haakon in seinem Dialekt einigermaßen klar zumachen. Ein Dialekt, den Haakon selbst kaum verstand. War wohl eher aus den Gegenden um die Albis herum.
    "Let op!", versuchte er dann den Rat des Käpt'n an die Belader weiter zugeben. "Nix mehr vorn hin, pack des na Hinten!", kommandierte er dann die Belader weiter. Immer der Devise folgend, alle arbeiten und einer überwacht das Ganze. Eine Rolle, in der Haakon es sich gut gehen ließ. Gerade als Klient des Pontifex, kam er desöfteren in den Genuss solcher Aufgaben, statt der wirklich handgreiflichen. Offenbar schien er bisher einen recht guten Eindruck auf den Decurio gemacht zu haben.



    Nachdem die Arbeit an den Schiffen endlich soweit erledigt war, gönnten sich die Arbeiter eine Pause und Haakon machte sich auf den Weg zum Tempel des Mercur, wo die Opfer gerade im vollen Gang sein mussten.
    Dort angekommen, versuchte Haakon einigermaßen unauffällig um die Menge herumzuschlendern, bis er Blickkontakt mit dem Pontifex aufnehmen konnte, der momentan ebenfalls in der Menge vor dem Tempel stand. Sein Sohn schien gerade den offiziellen Part des Opfers übernommen zu haben. Mit dem jungen Petronius Cispus hatte Haakon in der ganzen Zeit, in der er schon für den Pontifex arbeitete, nie allzuviel zu tun gehabt.
    Davon abgesehen, versuchte er, ohne wild herum zu zappeln, den Blickkontakt zu seinem Patron aufzunehmen. Er wollte sich nicht durch die Menge wühlen und nachher noch das Opfer stören. Daher sollte ein Handzeichen reichen, mit dem er dann seinem Patron signalisierte, dass die Beladearbeiten bei den Schiffen nun gänzlich abgeschlossen waren und alles nur noch auf die Gesandtschaft wartete.

  • “Komm schon, Rosi, die fangen schon an“, zerrte Mercurius ungeduldig die kleinere Regionalgottheit hinter sich her, damit auch sie zusah, was die Sterblichen da trieben. Weihrauch stieg zu ihnen auf und kitzelte in der Nase, verbreitete wohligen Duft. Es war angenehm und schön zu sehen, dass eine Gesandtschaft auch brav daran dachte, ihnen zu opfern, um die doch sehr lange und gefährliche Reise zu segnen.
    Und dann kam auch schon das Opfer mit... Kuchen. Verwirrt schaute Mercurius sich um. Nicht, dass er etwas gegen Kuchen hatte, aber... der klimperte nicht! Und glänzen tat er auch nicht! “Siehst du irgendwo Münzen?“ fragte er Rosmerta und kratzte sich mit dem caduceus fragend am Kopf. Aber die Göttin schüttelte nur den Kopf. Mercurius begab sich näher heran, ob vielleicht unter dem Kuchen oder darin eingebacken ein paar Münzen waren, aber auch hier Fehlanzeige.


    Etwas beleidigt grummelnd besah er sich dann den Ziegenbock. Der glänzte wenigstens ein wenig (klimperte aber natürlich auch nicht, sondern schrie nur sehr laut). Und was war das im Hintergrund? Ein Stier? “Ist das da hinten ein Stier?“ deutete Mercurius auf das gehörnte, große Tier. Rosmerta nickte ein wenig eingeschüchtert.
    Na, wer den wohl bekommen sollte? Er bekam ja wohl nur einen nicht klimpernden Ziegenbock. Nein, Mercurius war nicht mehr ganz so amüsiert. Daher würde der Opferbeschauer auch einige Knötchen auf der Leber des Tieres entdecken, die wohl doch auf die ein oder andere schlammige Straße und auf das ein oder andere lahme Bein bei einem der Begleittiere hinweisen mochte.

  • Sim-Off:

    Hm, Münzen hätten natürlich nahegelegen :P


    Irgendwann war selbst die Erinnerung an Caius' dummen Blick nicht mehr interessant genug, um Lucius vom Zögern des Pontifex abzulenken. Irgendetwas schien nicht zu stimmen, so wie er die Leber drehte und drückte - aber warum? Für Lucius war diese Prüfung ähnlich wie Münzen werfen - denn wie sollten die Innereien eines Tieres verändert werden, wenn es schon komplett ausgewachsen war, bevor das Opfer überhaupt begann? Abgesehen davon hatte er noch nie gesehen, dass es nicht klappte - das war doch alles sowieso nur ein Farce. Wenn es keine übernatürliche Intervention gab, blieb logischerweise also nur eine Befindlichkeit des Haruspex - der wollte ihn offensichtlich bloßstellen, indem er sein Opfer durchfallen ließ. Wahrscheinlich steckten die germanischen Decurionen dahinter, die den Petroniern und namentlich ihm, dem erfolgreichen Spross der Familie, eins reindrücken wollten - dieser Weg war sogar recht rational gewählt, da der Alte ja selbst Pontifex war.


    Unwillkürlich verschränkte Lucius deshalb die Arme und sah den Opferbeschauer böse an. Als dieser aufblickte, überspielte er seine Feindseligkeit mit einem konzentrierten Blick und wich aus, indem er sich wieder der Leber zuwandte. Zögerte er noch, diesen geplanten Skandal in die Tat umzusetzen? Oder gehörte das auch zur Show? Es dauerte noch einmal eine halbe Ewigkeit - der junge Petronier war drauf und dran, dem Haruspex die Innereien aus der Hand zu schlagen und die Sache selbst zu übernehmen - dann endlich rang er sich eine vorsichtige Antwort ab:
    "Litatio!"


    Die teilweise besorgt dreinblickenden Gäste - vor allem die abergläubischsten unter den Gesandten - atmeten erleichtert auf. Lucius war zufrieden - sein Blick hatte den Priester offensichtlich eingeschüchtert! Also konnte er nun anderweitig fortfahren - das Zerlegen des Ziegenbocks, der zugleich ein Teil des Proviants für die Gesandtschaft werden würde, bedurfte nicht mehr der Aufmerksamkeit der versammelten Gemeinde - diese würde nun zum nächsten Tempel weiterziehen. Und Lucius hatte seine Schuldigkeit getan.

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    Klient - Herius Claudius Menecrates

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  • Nachdem die Litatio verkündet worden war, begann die Prozession endlich tatsächlich: Angeführt von den Flötenspielern, die auch die Opfer begleiteten, begann sich ein Zug zu formieren. Zuerst waren die Zuschauer an der Reihe, danach waren die Opfergaben an der Reihe, die von lorbeerbekränzten Opferdienern getragen (bzw. geführt) wurden, dann folgten Bilder der heute verehrten Götter auf Tragegestellen, flankiert von Weihrauchträgern: Zuerst Mercurius und Rosmerta (jeweils mit ihren ortsüblichen Atributen), dann eine Statue des Divus Augustus in seiner typischen Geste, dann Apollo Grannus Mogon und zuletzt Iuppiter Optimus Maximus, thronend wie auf dem Capitol in Rom. Zuletzt waren die Decurionen an der Reihe, dann die Pontifices, die Magistrate und zuletzt die Gesandten, angeführt von Crispus selbst.


    So betrat man die Stadt durch den Erdwall, der den Vicus Apollinensis noch umfasste - bald schon würde es hoffentlich eine Steinmauer sein - passierte die Thermae Iuliani und machte schließlich vor dem Tempel des Augustus Halt. Hier platzierte man nun Augustus in die Mitte, die übrigen Götterstatuen daneben. Ovinius Sabinus war nun an der Reihe, die Toga über den Kopf zu ziehen und in den Tempel zu gehen, wo das zweite Voropfer seinen Lauf nehmen würde. Kurz darauf kam er wieder hervor und begann mit dem blutigen Teil des Opfers.


    "O Divus Augustus und alle Divi Imperatores,
    ihr schützt das Imperium mit Eurer huldvollen Gnade und schenkt den Imperatores Caesares Augusti Tag um Tag Weisheit und Kraft, den Staat gerecht zu regieren. Wie Ihr zu Lebzeiten den Ruhm und Reichtum des Imperiums gemehrt habt, so segnet Ihr es nun aus den Gefilden der Seligen gleichermaßen.
    Dafür geben wir Euch gerechte Gaben, opfern Eure Feiertage und erhalten Euch diesen Tempel als Eure Wohnung!
    Bedenkt auch weiter Imperator Caesar Appius Cornelius Palma Augustus mit Eurem Segen! Schenkt ihm die Entschlusskraft, diese Stadt zum Wohl ihrer Bürger, der Provinz und des ganzen Imperiums zum Municipium zu erheben, und die Weisheit und Kraft, den Staat gerecht zu regieren.
    Nehmt an diesen makellosen Schafbock, unsere gerechte Gabe für Eure Hilfe! Wir geloben Euch ein weiteres Opfertier, wenn unser Unternehmen Erfolg hat!"


    betete er das Opfergebet herunter und die Opferung erfolgte. Diesmal dauerte es nicht ganz so lange, bis der Haruspex auch hier die Litatio verkündete. Überhaupt fragte sich der Alte, was da falsch gelaufen war - er kannte den Haruspex als nicht so zögerlich (wie er auch hier schnell und routiniert zum Ergebnis kam). Was war bei der Ziege für Mercurius nur falsch gelaufen?

  • Als die Prozession sich erneut formierte, entdeckte Crispus in der Menge Haakon, der ihm fröhlich Zeichen gab. Der Petronier nickte zufrieden - wenn der Germane hier war, hieß das wohl, dass das Verladen der Schiffe einwandfrei geklappt hatte und sie gut vorbereitet waren. Zu einem Gespräch kam er allerdings nicht mehr, denn die Menge wurde nun weitergeschoben, um wieder ihren Platz in der Prozession einzunehmen, während die Gesandten bis zuletzt warten mussten.


    Dann ging es weiter: Im Vorbeigehen bestaunte Crispus bereits das Capitolium, das als Endpunkt der Prozession besonders herausgeputzt worden war. Die Fassade war mit Girlanden behängt und die Tore des Tempels weit geöffnet, sodass man leicht den thronenden Göttervater erkennen konnte, dem Crispus später als Höhepunkt der Veranstaltung opfern würde. Zuerst ging es aber weiter bis zum Tempel des Apoll, der als Stadtgott natürlich auch ein geeigneter Adressat ihrer Bitten war.


    Wie zuvor auch kam man im Innenhof des Tempels zum Stehen, der lediglich die Decurionen und Ehrengäste aufnehmen konnte, während die Zuschauer draußen warten mussten. Wieder trat einer der Gesandten - diesmal Patulcius Merula, der als ehemaliger Duumvir für dieses prestigeträchtige Opfer ausgewählt worden war. Wie Lucius und Sabinus auch den Tempel - diesmal wieder einen Umgangstempel - während die Menge wartete. Crispus nutzte die Wartezeit, indem er aus der Ferne noch einmal einen genaueren Blick auf das Opfertier - diesmal einen Eber - warf und sich fragte, ob sein Junge das Tier auch gut kontrolliert hatte. Irgendwie hatte er auf dem Weg das Gefühl gehabt, dass es ab und an ein Bein etwas nachgezogen hatte...

  • Die Prozession ging ein ganzes Stück - vor allem die erste Etappe zog sich eine ganze Weile. Für Lucius war es kein Problem, aber wenn er um sich sah, stellte er fest, dass mancher dieser fetten Decurionen ziemlich schnell außer Atem geriet - das hatten sie jetzt davon, dass sie ihren Körper nicht in Ordnung hielten und fraßen und soffen, als gäbe es kein Morgen. Keiner von ihnen war auch nur entfernt tauglich für den Kriegsdienst, den Lucius bald schon antreten würde. Und mit ihren missratenen Söhnen sah es wenig besser aus - selbst wenn Caius und Konsorten ihn damals öfter verprügelt hatten, fehlte es ihnen doch an innerer Härte und Disziplin, die laut dem Alten die Basis des Exercitus Romanus war. Mochten die fetten Händler und Winkeladvokaten sich doch für etwas Besseres halten - hier zeigten sie, dass sie nicht einmal in der Lage waren, ein paar Passi auf eigenen Füßen zu stehen!


    Aber auch wenn Lucius körperlich absolut in der Lage war, die Prozession durchzustehen, so wurde ihm doch sehr schnell langweilig. Links und rechts von ihm begannen die anderen Gesandten miteinander zu tuscheln, ihre unendlichen Packlisten auszutauschen und Befürchtungen über die Wetter- und Windverhältnisse auszutauschen - aber niemand hatte Interesse, mit dem jungen Petronier zu sprechen. Das allerdings beruhte auf Gegenseitigkeit: Für ihn war dies hier der Auftakt zu einer Reise, deren einziges Ziel es war, diese Idioten hinter sich zu lassen! Ihm war es scheißegal, ob der Kaiser das Ansuchen der Civitas unterstützte oder nicht. Auch er wollte schnell nach Rom kommen - aber es war doch sehr unlogisch, dass dies von der Willkür einer silbernen Statue abhing, die man mit kostbaren Kleidern behängte und durch die Stadt trug. Und ebensowenig von hirnlosem Geschwafel alter Männer, die Wetterumschwünge angeblich in ihren Knochen spürten oder mit irrationalen Regeln aus dem Vorjahr oder gar einzelnen Tagen ableiteten.


    So langweilte er sich und versuchte, sich durch ein paar Tagträumereien über seine Zukunft abzulenken. Während das Voropfer im Augusteum lief, überlegte er, ob er vielleicht eines Tages persönlich den amtierenden Imperator kennen lernen würde. Wie der Alte immer wieder betonte, gab es ja gerade im Ritterstand viele Aufsteiger, die es sehr weit brachten. Und Lucius war ja noch recht jung und konnte mit etwas Geduld und Disziplin auch hoch kommen...


    Als dann Patulcius Merula im Apollo-Tempel verschwand, musste er dagegen wieder an seine Vergangenheit denken: Hier hatte er als Magister Vici unzählige Male opfern müssen - und es war einmal langweiliger gewesen als das andere. Dass der Schutzgott dieser Stadt ausgerechnet Apollo war, war wirklich bezeichnend: Während andere Städte den Göttervater oder den Gott des Krieges anriefen (gerade hier in Germanien), musste es bei Mogontiacum ein Heilgott sein, der eine Vorliebe für warme Quellen hatte - wie lächerlich war das denn? Auch wenn Lucius nicht glaubte, dass es diesen Apollo überhaupt gab, erschien es ihm doch logisch, dass die Menschen sich immer das ihnen Naheliegendste zusammenphantasierten. Und die Leute hier waren eben - obwohl sie Germanen waren - doch recht weichlich und passiv. Kein Wunder, dass sie von Rom noch nicht mit irgendwelchen Ehren bedacht worden waren.


    Schließlich kam Merula wieder aus dem Tempel und postierte sich - wie Lucius zuvor am Mercurius-Tempel - vor dem Opferaltar. Auch hier streckte er die Arme aus und spulte ein Gebet ab, das sich Leute wie sein Vater - die Pontifices - nach irgendwelchen ausgedachten Regeln zusammengereimt hatten:


    "O Apollo Grannus Mogon, Schutzherr unserer Stadt, strahlende Sonne und heilender Quell,
    wie die Sonne leuchtest du über unserer Civitas, dein Schein schenkt den Feldern Wachstum, den Kranken Gesundheit und den Herden Fruchtbarkeit!
    Wo dein Pfeil den Boden trifft, entstehen florierende Städte!
    Dafür geben wir Dir gerechte Gaben, opfern an Deinen Feiertagen und erhalten Dir diesen Tempel als Deine Wohnung!
    Schenke dieser Stadt Deinen Segen, aufdass sie in Rom zu Deinen Ehren zum Municipium erhoben werden mag! Segne die Gesandten Deiner Civitas, aufdass sie ihr Anliegen gut vorbringen!
    Nimm an diesen makellosen Eber, unsere gerechte Gabe für Deine Hilfe! Wir geloben Dir ein weiteres Opfertier, wenn unser Unternehmen Erfolg hat!"


    Die Gleichförmigkeit der Worte bezeugte, wie hohl sie waren - aber aus irgendeinem Grund war die Mehrheit der Bevölkerung nicht davon zu überzeugen, dass dies alles ein großer Hokuspokus ohne rationalen Zweck war. Dass man nun auch noch den Eber rituell abstach, mochte Lucius zwar faszinieren (er hatte gelesen, dass die Anatomie von Schweinen der von Menschen recht stark ähnelte - es sollte sogar Ärzte geben, die Operationen an Schweinen trainierten), aber es gab auch wesentlich effizientere Wege, ein Tier zu schlachten. Immerhin: Man war so pragmatisch, dass man es sich so zurechtbog, dass die Götter nur die Teile mochten, die Menschen sowieso nicht so gern aßen. Was nun also auf dem Altar brannte, war Blut und Innereien - das feine Muskelfleisch würde für die Reise gebraten werden.

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    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Wieder einmal weilte Apoll in Germanien auf, weshalb er sich extra einen Bart hatte wachsen lassen, den er sich gerade kämmte, als ihn die flehenden Worte aus Mogontiacum erreichten. Zufrieden blickte er von seiner Wolke herab auf die Kultgemeinde: scheinbar war ja die ganze Stadt zusammengekommen! Das kam hier zwar öfter vor, denn immerhin stand die Stadt unter seinem besonderen Schutz. Aber heute war eigentlich kein Termin dafür!


    Neugierig hörte er sich deshalb die neuesten Pläne seiner Kinder an und nahm dann den Eber in Augenschein, den man ihm als Gegenleistung für seine Hilfe anbot. Das Tier war ganz stattlich und die Aussicht auf ein weiteres Tier vielversprechend. Allerdings waren Staatsangelegenheit ein Feld, in dem er sich kaum auskannte, denn außerhalb von Mogontiacum hatte er eigentlich nirgendwo solche Aufgaben zu verrichten. Aber seinen Kindern zuliebe würde er es diesmal versuchen, vielleicht hörte der alte Iuppiter ihm ja zu, wenn er ganz lieb fragte. Und sich seinen Bart wieder abschnitt.

  • Nachdem die versammelte Gemeinde eine Weile zugesehen hatte, wie die Innereien und das Blut auf dem Altar brannten, gab Crispus das Zeichen, um die vorletzte Etappe der Prozession anzutreten. Wieder formierte sich der Zug hinter den Musikern, die aus dem ummauerten Tempelgelände kamen und die draußen wartende Gemeinde mitnahmen. Wieder wurden die Statuen aufgehoben und folgten gemeinsam mit den Opfergaben. Crispus blieb bis zuletzt und beobachtete das Feuer auf dem Altar. Natürlich stank es - wie bei jedem Opfer - fürchterlich verbrannt, dennoch war es wohl das beste Sinnbild für das religiöse Handeln: Wie der Rauch stiegen die Gebete und Opfergaben zum Himmel hinauf, um Apollo Mogon zufrieden zu stellen.


    Und wenn der Haruspex nicht schwindelte, war der Gott auch nicht abgeneigt - das würde ihnen sicherlich helfen, den Imperator zu überzeugen. Blieb noch Iuppiter - und hier würde Crispus persönlich das Opfer leiten. Also beeilte er sich, Anschluss an den Zug zu finden und den Aeditui die weiteren Dinge hier zu überlassen.

  • Kurz darauf erreichten sie das Capitolium, das Crispus schon im Vorbeigehen in Augenschein genommen hatte. Und diesmal trat er noch weiter aus der Reihe der Gesandten heraus, zog sich die Toga über den Kopf und betrat würdevoll schreitend den Tempel. Hier thronte der Göttervater, der nach dem Vorbild des stadtrömischen Exemplars auf dem Capitol in purpurne Gewänder gehüllt und mit Messing verkleidet war. Im Halbdunkel des Tempelgebäudes war es nicht schwierig sich vorzustellen, wirklich einer göttlichen Präsenz gegenüberzustehen.


    Der alte Petronier ließ sich Weihrauch reichen und warf ihn in den Foculus, der vor der zentralen Cella aufgestellt worden war.


    "O Iuppiter Optimus Maximus, Vater aller Götter und Schirmherr des römischen Res Publica der Quiriten!


    Unser Gebet steige zu Dir auf wie dieser Weihrauch und neige Euer Ohr uns zu!"


    Als nächstes waren weitere Opferkuchen an der Reihe, die ebenfalls von einem Gebet begleitet wurden:


    "O Iuppiter Optimus Maximus, Vater aller Götter und Schirmherr des römischen Res Publica der Quiriten!


    Seit der Gründung Roms durch Aeneas segnest Du das Volk der Quiriten mit Stärke und Wohlstand! Du hast ihnen ein Reich ohne Grenzen gegeben und zugelassen, dass sie auch dieses Land unter ihre Herrschaft brachten! Auch jetzt schenkst Du ihrem Princeps und dem Senat und dem Volk von Rom Stärke und Weisheit, die Völker zu regieren und auch dieses Land zum Blühen zu bringen!


    Dafür geben auch wir Dir gerechte Gaben, opfern an Deinen Feiertagen und erhalten Dir diesen Tempel als Deine Wohnung!


    Nimm nun auch uns, die Bewohner dieser Civitas, auf in den Kreis der italischen Städte! Neige das Ohr des Princeps, des Senats und des Volkes von Rom unserem Anliegen zu, aufdass sie uns zu ihren Verbündeten und zum vollwertigen Municipium erklären!


    Nimm an diese Kuchen, unsere gerechte Gabe für Deinen Segen!"


    Crispus wandte sich nach rechts, wo ihm einer seiner Amtskollegen ausweichen musste, der als Souffleur gedient hatte. Inzwischen hatte der alte Petronier zwar schon einige Routine beim Opfern und konnte die Standard-Gebete auswendig - trotzdem wollte er bei großen Staatsopfern lieber auf Nummer Sicher gehen. Es wäre doch sehr blamabel gewesen, wenn er sich versprochen oder gar einen Blackout bekommen hätte!


    Nun ging es nach draußen, wo das prestigeträchtigste Opfertier wartete: ein weißer Stier mit vergoldeten Hörnern und der traditionellen Dekoration aus Wollbinden und einer Decke auf dem Rücken. All diese Attribute wurden nun entfernt, während Crispus vor ihm Aufstellung nahm und sich zuerst den Culter (mit dem er über den Rücken strich), dann die Patera reichen ließ. Mit einem kurzen Weihegebet übergab er den Stier an Iuppiter, dann war das eigentliche Opfergebet an der Reihe.


    "O Iuppiter Optimus Maximus, Vater aller Götter und Schirmherr des römischen Res Publica der Quiriten!


    Seit der Gründung Roms durch Aeneas segnest Du das Volk der Quiriten mit Stärke und Wohlstand! Du hast ihnen ein Reich ohne Grenzen gegeben und zugelassen, dass sie auch dieses Land unter ihre Herrschaft brachten! Auch jetzt schenkst Du ihrem Princeps und dem Senat und dem Volk von Rom Stärke und Weisheit, die Völker zu regieren und auch dieses Land zum Blühen zu bringen!


    Dafür geben auch wir Dir gerechte Gaben, opfern an Deinen Feiertagen und erhalten Dir diesen Tempel als Deine Wohnung!


    Nimm nun auch uns, die Bewohner dieser Civitas, auf in den Kreis der italischen Städte! Neige das Ohr des Princeps, des Senats und des Volkes von Rom unserem Anliegen zu, aufdass sie uns zu ihren Verbündeten und zum vollwertigen Municipium erklären!


    Nimm an diesen makellosen Stier, unsere gerechte Gabe für Deinen Segen! Wir geloben Euch ein weiteres Opfertier, wenn unser Anliegen von Erfolg bekrönt und Mogontiacum zu einem Municipium geworden ist!"


    Nun folgte das Übliche:


    "Agone?"


    fragte der Opferstecher und


    "Age!"


    antwortete Crispus. Sofort sauste der Opferhammer herab (der bisher nur bei dem Eber zum Einsatz gekommen war - den anderen Tieren war direkt die Kehle aufgeschlitzt worden). Zugleich stach der Opferstecher zu und Blut spritzte auf das Pflaster des Forums, das Crispus vor vielen Jahren einmal erneuert hatte.


    Nun war es am Haruspex, der inzwischen schon ganz blutige Finger hatte, das Urteil des Göttervaters zu ermitteln...

  • Der Haruspex wirkte ein wenig unschlüssig, als er in den Innereien des Stieres herumkramte. Auch hier wurde der alte Petronier fast ein wenig ungeduldig, dann aber kam doch das Ergebnis:


    "Litatio!"


    Der Göttervater war wohl der wichtigste Gott, der ihnen bei ihrem Vorhaben helfen konnte - deshalb war Crispus erleichtert, als endlich das gewünschte Ergebnis kam. Zufrieden lächelnd wandte er sich zum Gehen, als die Prozession sich ein letztes Mal in Bewegung setzte. Der tote Stier wurde auf einen Karren geladen - die Zeit genügte nicht, um ihn zu zerlegen, weshalb dies auf dem Schiff erledigt werden würde. So würde die Gesandtschaft auf jeden Fall in den nächsten Tagen einiges Fleisch zu essen haben.


    Diesmal zogen Musiker, Gemeinde und Götterstatuen links am Capitolium vorbei. Der Zug passierte den Statthalterpalast, in den der Amtsinhaber noch immer nicht zurückgekehrt war - und dies wohl auch nicht mehr tun würde. Das erinnerte Crispus gleich daran, beim Kaiser auch auf die Ernennung eines neuen Mannes für Germania Superior zu drängen - Statilius Taurus war nicht gerade das, was man sich als Statthalter wünschen konnte. Dann zogen sie aber auch schon weiter und betraten den Vicus Navaliorum - wo momentan auch einiges im Gange war. Die Erhöhung der Uferstraße, auf der sie nun entlangschritten, würde Unsummen verschlingen...


    Zu guter Letzt erreichte der Zug aber das Hafenbecken, wo die gemieteten Schiffe aufgereiht und beladen waren. Zufrieden stellte der alte Petronier fest, dass alles offensichtlich gut verräumt war. Ehe er das Schiff besteigen konnte, war aber noch ein letztes Mal eine Gottheit anzurufen, die man niemals vergessen durfte, wenn man zur See fuhr: den Gott des Gewässers. Und traditionell war dies die Aufgabe des Kapitäns. Normalerweise tat dieser das nach seinem Gusto, aber für einen so offiziellen Anlass hatten die Pontifices etwas vorbereitet, das dem rauhbeinigen Seemann eingeflüstert werden würde. Die Opfergabe selbst war dagegen wie gewöhnlich eher klein: Es würde Wein in den Rhenus gekippt werden.


    Die Teilnehmer an der Prozession versammelten sich deshalb in einem Halbkreis um die Mannschaften, die fast vollständig angetreten waren.

  • Es war soweit. Unsere Delegation stand im Hafen zum Aufbruch bereit. Schweres Gepäck hatte sie dabei. Nämlich all das, worum wir im Ordo Decurionum mit großer Mühe, Eifer und vielen Worten lange Zeit gerungen hatten.


    Eine größere Aufgabe stand jedoch noch vor ihnen, denn sie mussten den Kaiser von dem überzeugen, was wir nach einigem Streit für richtig befunden hatten. Ich fragte mich, ob wir das auch richtig gesehen hatten, was sie jetzt nach Roma mitnahmen und ob nicht die Sicht der Dinge, die ein Kaiser haben muss, dazu führen würde, ganz andere Gewichte zu setzen.


    Hier im Hafen wurde mir auch bewusst, dass sich zu all den Schwierigkeiten auch noch die Mühen einer langen Reise nach Roma gesellte und dass die Männer, die das auf sich genommen hatten, auch schon vorab jeden Ruhm verdient hatten. Der Anblick der Schiffe und der glitzernden Sonnenspiegelungen auf dem Rhenus riefen in mir dann aber doch eine Aufbruchsstimmung hervor, die meine Zweifel wegfegte. Es war gut dass man die Götter um Beistand angerufen hatte und wenn man jetzt noch Rhenus Pater bitten würde, unsere Hoffnungen auf seinem Rücken zu tragen, dann ...

  • Nun war es wirklich so weit. Die Prozession hatte den Hafen erreicht. Jetzt gab es kein zurück mehr für den Kapitän der kleinen Mietsflotte, wenn man diese Ansammlung an Flussschiffen, denn als solche bezeichnen konnte. Jetzt musste der Kapitän sich bereit machen für das finale Gebet, das finale Opfer, bevor es endlich losgehen konnte.


    Nachdem sich die Mannschaft und die Prozessionsmitglieder nun entsprechend aufgestellt hatten, wollte der Kapitän nun auch beginnen. Er drehte sich also um und ging die paar Schritte, bis er an der Spitze des Kais stand. Der Fluss wiegte gerade seine gigantischen Wassermengen von einem Ufer zum Anderen, als der Kapitän herabblickte und sich auf den wogenden Strom konzentrierte. Dann erhob er seine Arme zu den Seiten und richtete seine Handflächen in richtung des Flusses. Ein wenig ärgerte es den Käpt'n, dass er nun die Worte eines Anderen zu sprechen hatte. Jahrzehnte lang war er selber die Flüsse Germaniens rauf und runter gefahren und stets war er mit seinen Opfer an die Flüße auch gut gefahren. Doch hatte es nicht allzu lange gedauert, bis sich der Kapitän hatte dazu überreden lassen, weshalb man auch jetzt während des Opfers kein bisschen Ärgernis mehr in seinem Blick sehen konnte, doch seinen klingenden Dialekt konnte er nicht verstecken, auch wenn er bereits der lateinischen Sprache mächtig war, klangen manche seiner Laute doch recht Wild und außergewöhnlich.


    "Oh Rhenus! Vata, der germanischen Flüss'
    wie an nähand Ader fließt de durchs Land, bewahrst uns vor barbarischer Hord'n, auf dei' Wogen trag'n Schiffe Raachtuhm und Wohlstand herba, dei' Wata nährt uns're Felda und dei' Fisch dient uns zur Speis'
    Dafüa geb'n auch wia dia g'rechte Gaben, opfarn an dei' Feiertach un erhaltn dei' Schrein als dei' Heim!
    Nimmst nu uns're Schiff uff un' g'wahrst uns a ru'ige Faart über dei' Wata! Bewaar uns vor Schiffbruck und less uns sicha unser Zihal erreichen!
    Dafüa, giabts von uns kostbar Wein, uns're g'rechte Sach', für dei' Segn!"

    Kaum hatte er mit dem Sprechen geendet, wurde ihm eine Patera, eine flache Schale speziell für Opfer, gereicht. Dann löste er seine Opferhaltung, die er bis dahin durchgehalten hatte, nahm die Patera und goß den darin enthaltenen Wein in den Rhenus. Auf dass die Götter der Gesandtschaft wohlgesonnen waren.


    Kurz darauf drehte er sich um und blickte etwas mürrisch in die Gesichter der Anwesenden, die die ganze Zeit in seinem Rücken versammelt standen und ihn wohl mit Argusaugen beobachtet hatten.

  • Der alte Petronier hörte genau zu, verstand aber nicht jedes Wort - die einzelnen Dialekte konnte er auch nach all den Jahren nicht vollständig verstehen. Aber Rhenus stammte ja von hier und musste sich sicherlich noch ganz andere Gebete anhören. Außerdem war es ja auch ein guter Wein, der hier in die Fluten gegossen wurde.


    Als alles vorüber war, trat Crispus neben den Kapitän des "Flaggschiffes" und wandte sich an die Menge.


    "Bürger von Mogontiacum,


    wir haben nun den Segen der Götter auf uns herabgerufen und die Götter haben das Opfer angenommen! Damit steht unserem Unterfangen nichts mehr im Wege! Trotzdem bitte ich euch als Pontifex und als Leiter dieser Gesandtschaft, auch im Privaten für uns zu opfern, damit unser Anliegen erfolgreich ist! Wir alle werden davon profitieren, wenn Mogontiacum zum Municipium wird! Helft uns also und schließt uns in eure Opfer mit ein!"


    Damit drehte er sich um und betrat die Planke, die den Kai mit dem Deck der Navis Actuaria verband, die das "Flaggschiff" der Gesandtschaft darstellte. An Bord begab er sich ganz ans Heck des Schiffes, von wo aus er beobachten konnte, wie nach und nach alle Gesandten sich auf die Boote verteilten. Auch das hatte Haakon zu überwachen, denn er hatte ja auch die Verladung des Gepäcks beaufsichtigt. Im Laufe der Fahrt hatte man sicher noch Gelegenheit, das Schiff zu wechseln, um nicht ständig mit den selben Personen aufeinander zu sitzen.


    Kurz darauf lösten die Matrosen aber die Taue und die Schiffe die Ruderer begannen, die Schiffe aus dem Hafen zu manövrieren. Vom Deck aus beobachtete Crispus, wie sich die Menschenmenge, die den Gesandten noch einmal winkte, sich immer weiter entfernte. Dann nahmen sie langsam Fahrt auf und die Segel wurden gesetzt...

  • Bei dem letzten Opfer am Capitolium war Lucius wieder dazu übergegangen, Primzahlen zu suchen. Inzwischen war er bei 233 als letzter sicherer Primzahl - und langsam wurde es wirklich kompliziert, die Zahlen im Kopf gegenzurechnen. Mit dem Sieb des Eratosthenes, von dem er neulich erfahren hatte, ging es sogar relativ einfach, aber ohne Tabula und Griffel funktionierte es nicht ganz so einfach. Und man wusste ja oft vorher nicht, wann es langweilig wurde und wenn man es doch tat, dann war es meistens nicht erlaubt, auf einer Tabula herumzukritzeln. Also blieb nur das Kopfrechnen übrig: 234 schied als gerade Zahl aus, 235 sowieso (alles mit X und V am Ende war ja ein Teiler durch 5), 236 war wieder gerade, 237? 210 war durch 3 teilbar, blieben... 27 - also auch keine. 238 fiel weg, 239? Durch drei war es nicht teilbar, denn bei einem Abzug von 210 blieben ja 29. Durch 7? 210 ging auch durch 7, Rest 27? Nein, das passte auch nicht. 9? 239 - 180 = 58 - Nein, das funktionierte auch nicht. So ging es eine ganze Weile. Als Lucius bei 113 als möglichem Teiler angekommen war, war er sicher: 239 war eine Primzahl!


    Als der Stier zu Boden ging, unterbrach der junge Petronier wie üblich seine Rechnereien - ein Stieropfer sah man nicht alle Tage. Leider waren die Opferstecher aber sehr geschickt, sodass der Todeskampf des Tieres viel zu kurz war - er zuckte nur ein paar Mal, während das Blut floss (das immerhin etwas mehr war als bei den vorherigen Opfertieren). Als der Stier dann aufgeschlitzt wurde, sah Lucius ebenfalls wieder genau hin - aus der Ferne konnte er sogar ein paar Organe in dem blutigen Brei ausmachen, die er bei Hausopfern auch selbst schon intensiver untersucht hatte. Eine Stierleber hatte er allerdings noch nie in Händen gehabt...


    Schließlich zog der ganze Trupp weiter zum Hafen. Innerlich jubelte Lucius, als sie den Wall zum Hafen passierten - endlich hatte er die Stadt hinter sich! Womit er nicht gerechnet hatte, war allerdings, dass sie nicht sofort auf die Schiffe konnten, sondern zuerst ein weiteres Opfer über sich ergehen lassen mussten - ließ sich dieser ganze Opferquatsch nicht ein bisschen rationalisieren? Warum baute man nicht einfach einen großen Tempel für alle Götter und opferte dann gleichzeitig alle Tiere? Gerade diesen fetten Decurionen, die sowieso kaum hinterher kamen, würde das doch entgegen kommen!


    Aber Rhenus war wenigstens unwichtig genug, dass er sich mit einem Schluck Wein zufrieden gab - eine Gottheit, die Lucius sofort sympathisch war. Zuletzt blieb noch eine kurze, wenig erbauliche Rede des Alten zu tun, dann konnten sie endlich die Schiffe stürmen. Als er die Planke betrat, stampfte er kurz auf, um sich den Staub von den Schuhen zu klopfen - er hatte Mogontiacum endgültig verlassen und er hatte nicht vor, jemals hierher zurückzukehren! Vor ihm lag Rom, der Ritterstand, militärische Kommandos in aller Welt - was wollte er da noch in diesem Provinznest? Auch der Alte, der vor ihm auf das Schiff gegangen war, würde ihn hierher zurück locken - wenn er erst einmal ein angesehener Eques war, würde er sich nicht mehr so einfach von diesem Bauern herumkommandieren lassen!


    So lächelte er zufrieden, als er über die Reling kletterte und endlich auf Deck stand. Als das Schiff dann endlich in Fahrt kam, grinste er sogar - bis er bemerkte, dass der Boden ein wenig schwankte. Er war noch nie auf einem Schiff gefahren und in den Booten, die er bisher benutzt hatte, war ihm dieses Gefühl weniger schlimm vorgekommen. Er atmete tief ein und aus - irgendwie war dieser lockere Boden überhaupt kein gutes Gefühl! Er sah um sich - außer ihm schien niemand ein Problem damit zu haben. Also durfte auch er keine Schwäche zeigen: Er drehte sich zur Reling und hielt sich fest - was es aber auch wenig besser machte. Oder wurde er vielleicht einfach krank? Das hatte gerade noch gefehlt - ausgerechnet im glücklichsten Moment seines Lebens musste das Schicksal ihn mit Krankheit strafen!

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    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • An diesem für die Civitas so wichtigen Tag war Witjon mit seiner Familie natürlich auch anwesend. Seine Frau Octavena hatte ihn begleitet ebenso wie sein Sohn Audaod. Und Dagmar in Gefolgschaft ihrer beiden Pimpfe war auch mitgekommen, so dass die Duccii ausnahmsweise einmal wieder mit dem Adjektiv "zahlreich" beschrieben werden konnten, wenn auch nicht in überschwänglicher Manier. Sie alle musste Witjon vorstellen oder vorzeigen, denn jeder halbwegs wichtige Bewohner der Civitas hatte ein Interesse daran, Interesse an Witjons Glück zu heucheln. Hände wurden geschüttelt, Komplimente gemacht, Bekannte und Freunde gegrüßt. Salve hier, salve dort, halli, hallo, willkommen. Das übliche Trara. Witjon fühlte sich inmitten dieses Gewühls mittlerweile sowas von pudelwohl, dass er in völliger Routine seinen Weg bis zu den Plätzen der Decuriones machte und auch für seine Familie etwas Freiraum erkämpfte. Auch hier musste Witjon Smalltalk mit den Stadtoberen halten und sich als der wichtige Decurio präsentieren, der er war.


    Es dauerte noch seine Zeit, bis das Prozedere seinen Anfang nahm. Man wollte warten, bis sich eine stattliche Anzahl an Schaulustigen versammelt hatte, nahm Witjon an. Und es kamen tatsächlich viele Menschen, die sehen wollten wie ihre Honoratioren den Segen der Götter für ihre Unternehmung erbaten. "Ein Glück, dass ich diese Tortur nicht auf mich nehmen muss", offenbarte er seiner Frau seine Erleichterung darüber, dass er in Mogontiacum bleiben würde. "Aber sie tun diese Reise für einen hehren Zweck." Er setzte zuckte leise schmunzelnd die Achseln und setzte dann wieder eine gewichtige Miene auf, denn Witjon stand als Decurio in der Öffentlichkeit natürlich auch ständig unter Beobachtung.


    Schließlich betrat Lucius Petronius Crispus den Tempel und begann das Voropfer. Witjon warf dabei einen verstohlenen Blick auf dessen Vater, der zunächst konzentriert wirkte, wenig später aber in Gedanken abzuschweifen schien. Das jedenfalls ließ sich aus seinem leicht abwesenden Blick schließen. Witjon winkte einen seiner Handlanger herbei, die im Dunstkreis seiner Sippe ständig unterwegs waren, um Botengänge oder ähnliche Aufgaben wahrzunehmen.
    "Sag Pontifex Petronius, dass er sich in Rom an meinen Vetter Senator Titus Duccius Vala wenden soll, wenn Unterkunft und ein Stadtführer gebraucht werden. Und in meinem Vetter, dem Kriegshelden, kann er vielleicht auch einen Fürsprecher beim Princeps Cornelius finden."


    Der Handlanger nickte, verschwand zwischen den Leuten, und tauchte wenig später neben dem Petronier auf. Den sprach er möglichst leise an: "Pontifex, ich darf dir folgende Nachricht von Duccius Marsus ausrichten: In Rom sollst du dich an seinen Vetter Senator Titus Duccius Vala wenden, wenn die Gesandtschaft Unterkunft, einen Stadtführer oder einen Fürsprecher beim Kaiser benötigt."

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