Exploratio Urbis | III Flavii et multa visenda.

  • Obschon nichts dem jungen Gracchus mehr in Leib und Blut übergegangen war als der Habitus der römischen Aristokratie, das Vergangene notorisch als das Bessere zu lobpreisen, so war in jener Deutung doch die Technik implizit exkludiert, was zweifelsohne auf die Verachtung der Nobilität für jedwede handwerkliche Tätigkeit begründet war, obschon sie dennoch selbstredend mit äußerster Begeisterung ihre Resultate in Form extravaganter Paläste und imposanter Monumente in Anspruch zu nehmen geneigt war. Dennoch betrachtete man somit jene uralten Bauten mit einer gewissen Nostalgie, die auch den Knaben bewegte, während sie auf das Gemäuer zustrebten.
    "In der Tat, es vermag uns zu erinnern, dass nichts altehrwürdiger ist als die Religion."
    , ließ er somit altklug verlautbaren, als sei er ein jovialer Vater, der seinem Spross und nicht einem an Jahren ihn übertreffenden Jüngling die Wunder Roms präsentierte.


    So trafen sie an dem augenfällig bescheidenen, doch zumindest in Marmor gehaltenen Bau ein, dessen sämtliche zu erblickenden Wände besetzt waren mit weißen Tafeln, die die Consuln seit der Begründung der Res Publica, jedweden legitimen Triumphator, Beschlüsse der Pontifices und Listen aller im priesterlichen Dienst befindlicher Personen beinhalteten. Deplorablerweise war Manius Minor dennoch nicht imstande, diese zu nutzen, da aus einer gewissen Entfernung, in welcher er die hübschen, mit artifiziellen Giebeln und Pilastern eingeramten Tafeln noch in gänzlicher Schärfe zu erblicken vermochte, verbat ihm die Größe der Schrift eine Dechiffrierung, in der Nähe hingegen verschwammen die schwarzen, sauber und regelmäßig aufgetragenen und rubrifizierten Lettern in solchem Maße, dass eine Lektüre ebenso ferne lag.


    Somit bedurfte es aufs Neue seines Sklaven, welcher mit größter Evidenz adressiert wurde:
    "Patrokolos, ist dir bekannt, wo die Collegia vermerkt sind?"
    Sogleich eilte der findige Diener voraus, bedachte die Tafeln mit kurzen Blicken und verweilte endlich unweit der Pforte, das Objekt der Begierde mit einem Fingerzeig bedenkend.
    "Hierher, Domine! Die Salii stehen hier!"
    In der Tat gelangten sie so an jenes Album, welches fein säuberlich die Salii Collini, die Salii Palatini, die Fratres Arvales und weitere Sodalitäten anführte. Mit einigem Missfallen musste der junge Herr indessen zu dem Schluss kommen, dass sein Patrokolos keineswegs geneigt war, die Namen nun auch zu verlesen, sodass ein weiterer Befehl vonnöten war:
    "Verließ sie uns doch bitte!"
    , welchem Patrokolos unverzüglich nachkam.




  • Bestätigend nickt der Flavier zu dem anderen und ist bald darauf gefangen von den sich ihm entbietenden Eindrücken innerhalb dieses Vorraums der Regia. Mit dem ihm immer wieder zu eigenen kindlichen Staunen mustert er die beschriebenen Tafeln und atmet andächtig einmal tief durch. Der regen Geschäftlichkeit des Forums entflohen tauchen sie in eine deutlich ruhigere Umgebung ein, welche schon eher zum Innehalten einlädt.


    Zwar wäre Fusus durchaus im Stande gewesen, die Listen selbst zu entziffern, doch da sich die Gelegenheit bietet, gönnt auch er sich den 'Luxus' lediglich den von Patroklos vorgetragenen Worten zu lauschen. Anschließend schweigt er kurz und schnaubt dann amüsiert. "Bis gerade eben war ich mir gar nicht so sehr der Tatsache bewusst, dass tatsächlich jeder der drei in Frage kommenden Sodalitäten ein enges Familienmitglied von uns beiden angehört." Mit einem leichten Lächeln sieht er zu Minor und mustert dessen jugendliche Züge. "In jedem Fall wäre uns somit schon mindestens ein Fürsprecher sicher."


    Mit nachdenklich geschürzten Lippen taxiert er dann erneut die ausgehängte Tafel. "Mhh... Die meisten der anderen Namen sagen mir nichts. Abgesehen von den Gentilnomen, natürlich. Kannst du mit einigen von ihnen etwas anfangen? Befinden sich interessante, schillernde Persönlichkeiten unter ihnen?" Ein Anklang von Optimismus hebt seine Stimme bei den letzten Worten.

  • Dieser oder jener Name der Liste war dem Knaben durchaus bekannt, handelte es sich bei Sodales jener uralten Sozietäten, die einen exklusiven Kreis patrizischer Aristokraten um sich scharten, doch mitunter um die Höchstangesehensten unter den Quiriten, mit welchem zudem Manius Maior bisweilen auch Kontakte pflegte, sodass Manius Minor nicht selten das zweifelhafte Vergnügen gehabt hatte, jene in infantilen Augen überaus ennuyanten Gastmähler zu frequentieren, auf welchen man bisweilen seine Sprösslinge zu präsentieren pflegte, ihnen im weiteren Verlaufe des Abends indessen keinerlei Aufmerksamkeit mehr zuzukommen lassen bereit war, sodass die Kinder entweder sich gemeinsam verlustierten oder beständig auf ihrer Kline zu verweilen hatten, ohne auch nur im Geringsten die teils philosophischen, teils politischen Sujets der Konversationen zu erfassen. Die Remineszenzen an diese Persönlichkeiten waren somit überaus ambivalent, womit es zumeist impossibel erschien, jenen Schillerndes oder Interessantes abzugewinnen. Hinzutrat indessen der Umstand, dass die Zeiten des Exils und der Fortgang der Jahre nicht wenige Stellen hatten verwaisen lassen, welche mit neuen Personalien aufgefüllt worden waren, die dem Knaben nicht zwingend ein Begriff waren.
    "Von den Salii Palatini sind mir nicht wenige bekannt. Vater lädt sie bisweilen in ein Haus. Atilius Propertius etwa verfügt meines Wissens über eine ausgezeichnete philosophische Bildung. Herius Claudius Menecrates hat lange Zeit bei den Adlern gedient und war an der Rückgewinnung der Res Publica von Vescularius Salinator beteiligt. Ebenso Aurelius Lupus, eine recht distanzierte Person, aber, wie ich hörte, inzwischen Klient des Princeps."
    , introduzierte er die wichtigsten Köpfe, selbstredend seinen Vater verschweigend, welcher dem guten Iullus ja bereits bekannt war und der seines Ranges als stupende Persönlichkeit angesichts der Feigheit vor dem Feinde verlustig gegangen war.
    "Die Collini hingegen kenne ich nicht so gut. Neben Scato mag wohl Hortensius Carrera zu erwähnen sein. Er ist bereits recht alt, doch pflegt eine Schwäche für Gesang und Tanz."
    Der Knabe gluckste vergnügt, zählten doch die Neigungen des Carrera mitnichten zu dem, was eines Aristokraten generell als würdig erachtet wurde, zumal im stolzen Alter von siebzig Jahren, sodass dies ihm auch eine überaus zweifelhafte Berühmtheit verschafft hatte.
    "Und Macentius Florus ist der Magister. Er lebt in unserer Nachbarschaft und ist ein durchaus agreabler Mensch."
    Dies war indessen auch alles, was Manius Minor diesbezüglich zu vermelden hatte, da der Macentius trotz der Vicinität keineswegs zu den Freunden der Familia sich zählen durfte.
    "Bei den Arvales Fratres wiederum ist es besser bestellt, da Onkel Furianus ebenfalls mit ihnen einigen Kontakt unterhält."
    Adäquater wäre wohl das Präteritum gewesen, da sein Onkel selbst in den Augen der jüngeren Flavii mit zunehmendem Alter recht gebrechlich und kauzig geworden war, sodass er nur höchst limitierte Kontakte pflegte.
    "Fabius Cerco ist ein Freund von Onkel Furianus. Tiberius Ahala ist wohl der Sohn des Tiberius Durus, der von Salinator ermordet wurde und als Consular und Pontifex pro Magistro amtierte."
    Auch jener war ein häufiger Gast in der Villa Flavia Felix gewesen, selbst wenn der Knabe außerstande war, ein Bild des Adoptivsohnes zu imaginieren.
    "Und Valerius Iuvenalis ist ein Collega von Vater bei den Pontifices."
    Dies waren wohl die wesentlichen Personen, zu denen der junge Flavius einige Kommentare zu geben imstande war, selbst wenn es überaus fraglich erschien, ob diese seinem Anverwandten die Wahl erleichtern mochten.




  • Interessiert und für den Moment tatsächlich in ungeteilter und ungebrochener Aufmerksamkeit lauscht Fusus den Ausführungen seines Oheims. Ein flüchtiges Lächeln ziert seine Lippen. "Ach, ja... Die Valerier..." meint er schließlich gedankenverloren als Gracchus mit der Benennung eines Mitglieds dieser traditionsreichen Gens seinen Vortrag beschließt, ehe er sich wieder besinnt.
    Daraufhin beginnt er Gracchus seine Gedankengänge darzulegen und beginnt dabei mit den familiären Aspekten: "Demzufolge hegen unsere Familien ihren engsten Kontakt bislang wohl zu den Salii Palatini sowie den Arvales Fratres. Hinsichtlich der näheren und ferneren Zukunft dürfte mein Bruder hingegen die Bande zu den Salii Collini bestärken. - Es scheint fast, als könne ich tatsächlich rein nach meinem inneren Streben handeln, wie es dein Vater mir schon ans Herz legte. - Allein wenn wir unsere Betrachtung auf unsere Generation beschränkten und dabei annähmen, dass du selbst dem Weg deines Vaters folgtest, empfählen sich die Arvales Fratres geringfügig mehr."
    Mit nachdenklich geschürzten Lippen lässt Fusus eine kleine Sprechpause Einzug halten und betrachtet nun noch einmal die von Gracchus näher erläuterten Namen der weiteren Sodales.
    "Ein Hortensier und ein Macentier auf Seite der Salii Collini... außerdem sehe ich da noch einen Claudier... Und ein Fabier, Tiberier und Valerier bei den Arvales Fratres. Hm... mich reizt es durchaus, einen wirklichen Pontifex im Collegium zu haben, da dieser über die reine Materie der Sodalität hinaus noch einiges an Wissen zu vermitteln vermag."
    Fusus seufzt verhalten und wendet seinen Blick damit wieder Gracchus zu. "Was meinst du, Manius? Siehst du eine klare Präferenz unter diesen? Oder sollte ich mich doch ausschließlich darauf besinnen, zu welcher der Gottheiten ich den engsten Bezug verspüre? Schließlich ist jede dieser Gesellschaften überaus erlesen und bei jeder einzelnen ist es wohl als Ehre anzusehen, in ihren Kreis überhaupt aufgenommen zu werden."
    Geplagt mit dieser ihm schwerfallenden Entscheidung ist der Flavier über eine ungewohnt lange Zeitspanne hinweg recht ernst und konzentriert. Er lässt - seit sie vor diesen Tafeln stehen - sogar davon ab, sich beständig in der Umgebung umzusehen und neugierig nach aufregenden Ereignissen oder interessanten Personen Ausschau zu halten.

  • Treffend subsummierte Fusus sämtliche possiblen Schlüsse, welche aus dem aktuellen Status zu deduzieren waren, sodass es dem Knaben lediglich verblieb, seine eigenen Optionen zu resümmieren. Indessen ermangelte es Manius Minor noch immer an einer positiven Perspektive, erschienen doch sämtliche Sodalitäten gleichermaßen attraktiv bezüglich ihres Publikums. Dessenungeachtet war er doch zumindest imstande, bezüglich der Gottheiten eine der Sodalitäten zu exkludieren, was jedoch primär dem Umstand geschuldet war, dass er als Knabe von dreizehn Jahren ein geringes Interesse an Landwirtschaft oder gar der Fruchtbarkeit hegte, sondern vielmehr bewegt war von der Faszination für all jene römischen Heroen, die durch strategisches Geschick das Wohl der Res Publica gewahrt und die Feinde der Quiriten in Schlachten und Duellen in die Flucht geschlagen hatten. Hinzu trat, dass er die beste Kenntnis von den Gebräuchen der Palatini hatte, da sein Vater ihm doch allzu oft hierüber Bericht erstattet hatte.
    "Mir erschiene es erfreulich, mit dir gemeinsam mich einer Sodalität anzuschließen. Für meinen Teil fühle ich mich Mars Gradivus zugeneigt..."
    Obschon es politisch geschickt sein mochte, wenn sämtliche Flavii sich differenten Collegia anschlossen, um überall Kontakte zu halten, so verspürte der Knabe doch eine gewisse Furcht davor, auf sich allein gestellt einem derartigen Gremium alter Herren gegenüber zu stehen, weshalb ein flavischer Unterstützer in similärem Alter ihm doch erstrebenswert erschien.


    Einen Defekt hatte die vorliegende Disposition indessen dennoch:
    "Jedoch verspüre ich wenig Neigung, im Reigen durch die Straßen zu tanzen. Dies mag eine alte Tradition sein, doch erscheint es mir doch recht... albern."
    Ein wenig beschämt ob seiner Abneigung wider die Mores Maiorum errötete der junge Flavius ein wenig und lächelte genant. Ob seines Leibesumfanges und der defizitären Beweglichkeit mochte diese Aversion allerdings leichtlich sich dem Beobachter erklären.




  • Vergnügt zucken Fusus' Mundwinkel, als Gracchus seine Bedenken hinsichtlich der tänzerischen Aktivitäten äußert. Mit amüsiert funkelnden Augen wendet er sich seinem Gefährten wieder ganz zu und entgegnet ihm: "Es hat eine gewisse... Possierlichkeit, dieses Eindrucks kann auch ich mich nicht gänzlich erwehren. Und doch ist es irgendwo ein derart starker Ausdruck unserer Traditionen, als dass es mir durchaus angemessen erscheint, zu besonderen Anlässen ein derart ungewohntes Verhalten anzunehmen." Der Flavier gluckst verhalten und bemüht sich, die eigene Erheiterung nicht Überhand nehmen zu lassen. Gewiss ist ihm unterschwellig bewusst, dass die Regia wohl kaum der rechte Ort ist, sich allzu sehr über religiöse Traditionen zu amüsieren. Daher senkt er zumindest die Lautstärke seiner Stimme ein wenig. "Immerhin können wir sicher sein, dass man kaum wagen würde über uns zu lachen, so lange wir an der Seite gestandener Pontifices und Senatoren das Tanzbein schwingen."


    Ganz kann Fusus sich sein breites Grinsen so schnell nicht verkneifen und zeigt noch eine Weile die Reihe seiner wohlgepflegten Zähne, ehe er in einem Akt der Selbstbeherrschung einmal tief durchatmet und - Gracchus' Argument im Ohr - auf den eigentlichen Anlass dieser Visitation zurückkommt: "Hja... Ja, damit hast du nicht ganz unrecht. Auch ich fände es überaus erbaulich, wenn ich diese Erfahrungen mit dir teilen könnte. Zudem hat dein werter Vater mich in unserem Gespräch durchaus ein wenig auf den Geschmack gebracht, mich den Aspekten des Mars näher zu befassen und anzufreunden." Ein flüchtiges Lächeln durchbricht vorübergehend seine bemüht ernste Mimik: "...außerdem könnten wir gemeinsam diese Tanzschritte üben." Dem naheliegenden Verdacht ist er indes noch nicht auf die Schliche gekommen, dass sein Oheim aus sehr persönlichen Gründen derartige Betätigung scheut. So sehr Fusus auch auf sein eigenes Äußeres stets bedacht ist, übersieht er bei anderen - insbesondere bei jenen, die er zu seinen engen Freunden zählt - allzu häufig und gerne jedwede Makel.

  • Allzu deutlich waren dem jungen Flavius die Remineszenzen an die zahllosen abfälligen Notizen bezüglich des Hortensius Carrera im Ohre präsent, welche auf Gastmählern und im Kreise der Familie erfolgt waren, sobald die Konversation ihn auch nur streifte, was in dem Knaben eine Furcht vor jedweder diesbezüglicher Aktion evoziert hatte. Indessen handelte es sich hier in der Tat um eine kultische Necessität und, wie Fusus trefflich pointierte, man würde wohl keineswegs solitär sich in jener Pose wiederfinden, sondern vielmehr an der Seite der honorabelsten Personen Roms. Und obschon die ironische Formulierung seines Anverwandten auch Manius Minor ein zartes Lächeln abnötigte, so war die Probabilität des Spottes wohl wenig gegeben.


    "Die würdest also für die Palatini votieren?"
    , versuchte er die Kommentare seines Gegenübers nochmalig zu verifizieren, da dies auch seiner sentimentalen Neigung entsprechen mochte, die, selbst wenn dies keinesfalls sich in seinem Bewusstsein vollzog, durch die familiare Tradition seiner eigenen Stirps sich speiste.




  • Nach erneutem, kurzen Überlegen nickt der Flavier schließlich eifrig und ein freudiges Lächeln zeichnet seine Gesichtszüge. "Lass es uns einfach versuchen!" bekräftigt er in einem Anflug von Entschlussfreudigkeit den vorgetragenen Ansatz. "Bei nächster Gelegenheit werden wir deinen Vater auf unseren Wunsch ansprechen und dann wird er als Mitglied besagter Sodalität sicherlich noch eine relevante Meinung einzubringen haben. Ohnehin benötigen wir seine Zustimmung und sein Fürsprechen, um in jenen elitären Kreis aufgenommen zu werden. Einverstanden?", will er auch die Zustimmung seines Freundes nicht übergehen. Mit der Entscheidung im Sinn wirkt Fusus dabei schon sehr zufrieden und geradezu erleichtert, diese schwierige Frage hoffentlich endlich für sich beantwortet zu haben.

  • "D'accord."
    konsentierte der Knabe, obschon noch immer ein gewisse Insekurität restierte, da doch seine Skrupel bezüglich der Tanzobligation nicht zur Gänze ausgeräumt waren und es ihm doch ein wenig missbehagte, eine Sodalität mit seinem Genitoren zu teilen, welcher ihn gar noch in den Schritten des Reigens zu instruieren haben würde.


    "Somit wäre diese Obliegenheit wohl geklärt. Wie rasch dies doch ging!"
    , konstatierte er endlich und präsentierte Fusus ein genantes Lächeln, ehe dieses sich in einen fragenden Blick wandelte:
    "Was möchten wir nun unternehmen? Möchtest du noch etwas auf dem Forum inspizieren? Oder möchten wir zum Amphitheatrum Flavium fortschreiten?"
    Ersteres bot schließlich in der Tat eine größte Bandbreite attraktiver Monumente, angefangen bei jenen antiken Bauten wie dem Templum Saturni, dem direkt anbei stehenden Templum Vestae samt dem Hause der Vestalinnen oder dem Lapis Niger, über die Bauten der Republik wie den beiden Basilicae Aemilia et Iulia, der Curia Iulia oder dem Castorum, bis hin zu den jüngsten imperialen Exemplaren wie dem Porticus Neronis oder dem Templum Divi Iulii. Selbstredend erwarteten sie aber auch noch zahllose weitere Attraktionen an anderen Orten, insonderheit selbstredend das Capitolium, das bereits über ihren Häuptern thronte.




  • Zufrieden zeigt sich auch Fusus weiterhin über die gefällte Entscheidung und nickt noch bekräftigend zu Gracchus' Worten. "Und ich fühle mich auch gleich viel wohler. Es wird zudem gut sein, deinen Vater als erfahrenen Salier und bekannte Koryphäe in Belangen des Cultus Deorum an unserer Seite zu wissen. So können wir auch gerade in der anfänglichen Zeit unserer Betätigung ohne großes Federlesens auch mit etwaigen weniger rühmlichen Fragen auf seinen weisen Rat zurückgreifen." In seinen Worten schwingt ein Anflug der Hochachtung mit, welche er selbst gegenüber dem älteren Gracchus entwickelt hat und damit einen Kontrast zu manchen Empfindungen des jüngeren Gracchus bilden dürfte.


    Da diese Angelegenheit für den Moment geklärt scheint, wendet sich der junge Flavier damit von den bis dahin noch studierten Tafeln ab und dem Ausgang der Regia zu. "Lass uns noch den restlichen Gang über das Forum Romanum genießen, ohne uns dabei bestimmte Ziele zu setzen. Ich genieße noch sehr die Atmosphäre dieses besonderen Ortes. Indes sollen unsere Schritte uns aber auch gerne schon in Richtung des kolossalen Amphiteatrum Flavium führen, auf dass wir es uns als die nächste richtige Station vornehmen. Wahrlich, es gibt hier deutlich mehr zu sehen, als man im Rahmen eines einzigen Tages mit angemessener Wertschätzung erkunden könnte."
    Inzwischen hat Fusus selbst teilweise schon den Überblick verloren, welche Stationen - mit all ihren Optionen und Alternativen - ursprünglich auf der erdachten Tagesordnung standen. Umso stärker ist er geneigt, sich an ihm nahgelegten Zielen zu orientieren und Vorschlägen zu folgen.


    "Pflegst du dem Amphitheater und den dortigen Spielen regelmäßige Besuche abzustatten?" interessiert er sich auf dem Rückweg zum Forum und den parallel ihnen nachgetragenen Sänften für die Gewohnheiten seines Freundes. "Hast du einen bestimmten... Lieblingsort, hier irgendwo in der Stadt?"

  • Obschon jener Kontrast in der Wertschätzung der beiden Flavii sich dem jüngeren keinesweges entzog, war der Knabe nicht geneigt, diesen Umstand allzu voreilig zu verbalisieren, da sein Anverwandter doch erst seit kurzem sich in der ewigen Stadt aufhielt und eine Despektierlichkeit gegenüber dem eigenen Vater wohl zu jenen Haltungen zählte, die geradezu eine Anthithese zu Pietas und Mos Maiorum bildeten und somit nur in engst vertrautem Kreise zu thematisieren waren. Folglich verharrte der junge Flavius in seiner ausdruckslosen Mimik, welche bisweilen auch als ablehnend gedeutet wurde, ohne dass dies jederzeit die inneren Regungen abbildete.


    Im Folgenden wandten sich ohnehin die Schritte erfreulicheren Impressionen architektonischer Art zu, indem sie die Atmosphäre des Romanum Forum atmeten, die Tempel, Curiae, Statuen und Basilicae ohne weitere Kommentare betrachteten, obschon womöglich Vulpes größte Mühen diesbezüglich auf sich genommen haben mochte, und die gravitätisch dreinblickenden Personen betrachteten, welche in geschäftigem Schritt die Freifläche passierten.


    Als sie dann endlich den Tempel der Roma und Venus passierten, deutete Manius Minor nach links, wo sich ein kolossales Bauwerk erhob, das augenscheinlich noch in unvollendetem Status sich befand:
    "Dies ist das Ulpianum. Vielmehr soll es das werden. Schon von Divus Iulianus begonnen, baut der aktuelle Consul noch daran!"
    Die Imagination, so viele Jahre für einen Prachtbau jener Größe aufzuwenden, obschon er damit keineswegs aus den übrigen Monumenten jenes Platzes hervorragte, erschien dem Knaben überaus belustigend, was indessen zweifelsohne dessen überaus mangelhaften technischen Sachverstandes geschuldet war.


    Die weiteren Fragen seines Anverwandten vermochte er freilich ebenso recht spontan zu replizieren:
    "Vor dem Krieg habe ich regelmäßig die Spiele mit meinem Vater besucht. Allerdings erscheint mir der Circus Maximus nicht weniger imposant, wie ich gestehen muss."
    Seit dem Kriege hingegen hatte Manius Maior die Öffentlichkeit gemieden, woraus sich die Folge ergeben hatte, dass auch Manius Minor genötigt gewesen war, die Villa Flavia Felix zu hüten, was indessen nun, da junges Blut und frischer Wind die alten Gemäuer durchfluteten, sich, wie zu hoffen blieb, wandeln mochte.


    Verblieb noch der finale Punkt, welchen der junge Flavius ebenso rasch zu beantworten imstande war:
    "Und Lieblingsplatz.... das Capitolium!"
    Hintergründig war dies zu explizieren, indem man des prachtvollen Panoramas eingedenk wurde, welches der Platz vor dem Templum Iovis Capitolini in sämtliche Direktionen bot, von wo aus der Glanz des Forum Romanum zur Gänze, die Größe des Amphitheatrum Flavium wie des Circus Maximus und selbst die weiter entfernten Bauten bis hin zur Villa Flavia Felix von einer Stelle aus einzufangen waren. Diese Stelle war indiskutabel ebenfalls aufzusuchen!




  • Ohne jedwede Eile lustwandelt Flavius Fusus an der Seite seines Kameraden - sowie mit den diversen Sklaven im Gefolge - über das Forum Romanum und lässt seinen Blick ausgiebig durch die Umgebung schweifen. Er hat sich längst gedanklich von straffen Zeitplänen gelöst und genießt ganz die Atmosphäre der erlebten Momente. Neugierig folgt er so auch dem Fingerzeig Gracchus Minors auf die Baustelle des Ulpianums und besieht sich dieses eine Weile.
    "Interessant. Es sieht allerdings schon recht weit fortgeschritten aus, soweit ich das als Laie beurteilen kann. Womöglich werden wir alsbald an einer opulenten Einweihungsfeier teilnehmen können." entgegnet er heiter auf den Kommentar zur langen Bauzeit.


    Die weiteren Hinweise nimmt er als Empfehlungen hin und nickt bedächtig. "Notiere dir diese Orte für einen meiner oder unserer sicherlich noch kommenden Ausflüge, Vulpes." Wie so häufig benutzt er seine Leibsklavin auch als ausgelagertes Gedächtnis. An Gracchus Minor selbst äußert er noch einen darüber hinaus gehenden Wunsch: "Es werden hoffentlich bald wieder größere Wettkämpfe veranstaltet werden. Es wäre mir eine Freude, wenn ich euch zu einem solchen Anlass bei Zeiten begleiten könnte, Manius." Mit einem strahlenden, bittenden Lächeln unterstreicht er diese Bitte.


    Während sie so auch das Atrium Vestae passieren, versäumt es seine Sklavin Vulpes nicht, ihren Herrn mit einem leisen Hinweis darauf aufmerksam zu machen. Auch nach jenem Bau reckt sich so der schlanke Hals des Flaviers und interessiert taxieren seine braunen Augen jenen heiligen Bezirk. "Befindet sich derzeit eigentlich die eine oder andere flavische Dame im Dienst der Vesta?" erkundigt er sich dabei an die Adresse seines patrizischen Begleiters, den er diesbezüglich als kundiger wähnt. "Ich meine mich zu entsinnen, dass dereinst zumindest die Schwester deines Vaters einen hohen Stand unter den Vestalinnen inne hatte."

  • "Vorsicht, Stufe!"
    , warnte Patrokolos seinen Herrn, als sie eine Unebenheit der Pflasterung passierten, worauf der Knabe artig einen amplifizierten Schritt vollzog und somit einem Straucheln entging. Dessenungeachtet verweilte er in der lockeren Plauderei mit seinem Anverwandten, welcher augenscheinlich ein gewisses Faible für die Architektur mit sich brachte, was sich gänzlich konträr zu den Interessen des jüngeren Flavius darbot:
    "Ich weiß es nicht, womöglich ist mein Vater genauer informiert. Es soll wohl als eine Art Mausoleum für Divus Iulianus fungieren, sowie als Platz für Statuen und Büsten verdienter Männer. Kurioserweise wäre dies der zweite Kaiser, der innerhalb des Pomerium seine Ruhestätte findet. Trajans Grabmal magst du ja bereits gesehen haben. Hinter den Mercati Traiani."
    Jene mehr oder minder interessanten Fakten hatte man ihm auf seinen früheren Ausflügen vermittelt, wobei diese nicht selten mehrfach wiederholt und bisweilen gar abgefragt worden waren, sodass sie dem Knaben gleich den Stoffen des Grammaticus in Fleisch und Blut übergegangen waren.


    "Der Besuch der Wagenrennen würde mir zusagen! Ich denke, ich würde die Purpurea favorisieren. Du?"
    Schon im frühen Knabenalter hatte er bei einem Besuch der Spiele die Prinzipien des Wagenrennsportes erfahren, ohne freilich von ihnen in sonderlicher Weise beeindruckt gewesen zu sein. Jener Umstand hatte sich indessen mit den Jahren meliorisiert, da ihm doch erst mit größerer Reife der Nervenkitzel jenes halsbrecherischen Ringens bewusst und rekonstruabel geworden war.
    "Aber wir können selbstredend auch Gladiatorenspiele frequentieren, sobald sich die Gelegenheit bietet."
    Jene Form der Unterhaltung hingegen evozierte bei dem Knaben ein gewisses Unwohlsein, da sie doch in weitaus höherem Maße den Tod implizierten und sich in suspekt maskierten Artisten manifestierte, bei welchen es sich nicht selten um Räuber, Mörder und weitere Todgeweihte handelte, die Bestien gleich aufeinander gehetzt wurden, zumal die bisweilen zu ertragene Blutigkeit jener Kämpfe dem jungen Flavius bisweilen übel aufstieß, so er sich in zu großer Nähe am Geschehen platzierte. Selbst Venationes, bei welchen gar sprichwörtliche Bestien partizipierten, mochten in ihrer Attraktivität nicht mit den Wagenrennen konkurrieren, da er doch eine gewisse Kompassion mit den Löwen und ähnlichen Wesen empfand, zumal die Flavii ja selbst derartige Großkatzen bevorrateten, welche einem jeden mannbaren Flavius zum Geschenk gemacht zu werden pflegten, sodass auch die Präsentation seines eigenen Exemplares in greifbarer Nähe lag:
    "Im Übrigen besitzen wir im Ludus Matutinus unsere eigenen Löwen. Jeder Flavius fügt dem Rudel für gewöhnlich ein Tier hinzu, sodass du womöglich mit meinem Vater sprechen solltest, um ebenfalls eines zu erwerben."


    Schon waren sie aber bei einem geographisch näherliegenden Sujet angelangt, zu welchem Manius Minor selbstredend ebenfalls manches zu berichten wusste:
    "Durchaus, durchaus. Tante Agrippina war die Virgo Vestalis Maxima. Sie ist indessen bereits verstorben, leider. Und Flamma, meine Schwester, soll eines Tages ebenfalls zu den Virgines Vestales treten."
    Kaum mehr vermochte der junge Flavius sich noch an seine vestalische Tante zu erinnern, welche ohnehin höchst selten ihr Haus frequentiert hatte, da sie als oberste der vestalischen Jungfrauen stets aufs Höchste okkupiert gewesen war und ohnehin durch den Eintritt in ihren Stand sich in gewisser Weise ihrer Familie ledig gesprochen hatte, was ja selbst durch das separate Grabmal im Kreise ihrer neuen Familie symbolisiert wurde, sodass diese gar den Totenkult ihrer Person auf sich nahmen.




Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!