Es war ein kühler und grauer Novembermorgen als vor dem Haus der Duccii geschäftiges Treiben ausgebrochen war. Es wurde ein Wagen angespannt und drei Pferde fertig gemacht. Auf dem Wagen saßen die beiden Kinder und einige Vorräte waren darauf untergebracht worden. Dagmar hatte sich überlegt mit den Kindern ein Opfer durchzuführen. Auf der anderen Seite des Rheins, einen halben Tagesritt entfernt kannte sie einen alten Hain, der dafür genau richtig war. Doch bis dahin würde es noch etwas dauern. Zephir war für sie bereit gemacht worden. Alan hatte einen dunklen Rappen erhalten. Ein weiterer Angestellter würde sie begleiten. Die beiden Kinder mussten auf den Wagen weil sie noch nicht reiten konnten. In Roma hatte es dafür keine Möglichkeit gegeben. Das würde sich hier aber auch ändern. Im nächsten Frühjahr würde sie es ihnen beibringen.
Die Sonne war gerade erst am Horizont zu sehen als sie sich auf den Weg machten. Ihre Route führte sie durch die Stadt, dann über die Brücke damit sie den Rhenus überqueren konnten. Als sie die Stadt hinter sich gelassen hatten und etwas später auch das Castellum Mattiacorum, umfingen sie bald die Wälder und Wiesen. Eine ganze Weile wechselten sie sich immer wieder ab. Dann erreichten sie den Limes. Inzwischen war es auch schon etwas heller geworden. Durch die Wolken konnte die Sonne aber nicht richtig hindurch kommen. Es dauerte etwas bis sie den Grenzposten hinter sich gebracht hatten. Jetzt ritt sie neben Alan am Anfang des kleinen Konvois.
“Wir müssen jetzt aufpassen. Die Germanen wissen, dass die Legion erst zurückgekehrt ist und ihre normale Stärke noch nicht erreicht hat und die Grenzen waren seit dem Weggang der Legion auch nicht mehr so stark bewacht. Es war dennoch sehr ruhig hier, aber man weiß nie. Ich bin schon auf einer Rundreise mit Bewachung überfallen worden.“
Sie hatte sich und die Männer auch mit einem Sax ausgestattet falls wirklich etwas passieren sollte. Doch ihre Kinder sollten das nicht mitbekommen. Am Abend wären sie eh wieder zurück und sicher in der Stadt. Eine reine Vorsichtsmaßnahme also.
Die Wälder wurden etwas dichter als sie an einer Wegkreuzung ankamen. Kurz richtete sie sich auf ihrem Pferd auf. Es war ein Geschenk von ihrem Mann gewesen. Nachdem sie sich orientiert hatte, bogen sie rechts ab und hielten sich dann eine Weile auf diesem Weg bis sie dann in einen etwas engeren Waldweg nach links abbogen. Ein Stück bevor sie den Hain dann schließlich erreichten, hielt Dagmar an, stieg vom Pferd und band es an einem Baum fest. Hier würden sie erst etwas essen ehe sie ihren Ahnen Gedenken würde. Sie legte eine Decke auf dem Boden, Sevilla verteilte das Brot, den Käse, die Oliven, Eier und etwas kaltes gebratenes Fleisch. Es war viel zu viel. Marga hatte es mal wieder sehr gut mit ihnen gemeint. In Ruhe aßen sie.
„Ich habe das früher immer sehr gern gemacht. Wenn meine mal Eltern nichts zu tun hatten oder meine Tante, dann gingen sie mit uns Kindern vor das Dorf auf eine Wiese und dort aßen wir dann und spielten miteinander. Es war immer sehr schön,“ schwelgte sie in Erinnerungen, die so weit entfernt schienen als wäre es schon viele Jahrzehnte her und sie würden ihren Enkeln von ihrer Kindheit erzählen. Zu viel war einfach passiert, das in ihren Erinnerungen einen Platz finden musste, dass es schon weit zurückgedrängt war.