[Officium Tribuni] Marcus Iulius Dives

  • Avianus nickte dem Cornicularius zu und winkte den Germanicus hinter sich her. Der machte nicht unbedingt einen begeisterten Eindruck. Dabei konnte es sicher nicht schaden, wenn der Tiro die Principia mal von innen sah. Avianus wurde den Gedanken nicht los, dass der Germanicus sich eigentlich gar nicht darüber freute, ständig überallhin mitgeschleppt zu werden. Vielleicht sollte er sich dann etwas weniger gut anstellen. Ein schmales Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, welches wieder verblasste, sobald er vom Vorzimmer ins Officium trat.
    "Salve, Tribunus Iulius Dives", grüßte Avianus salutierend den Tribun, der an seinem Schreibtisch saß, um sich und Antias im Anschluss routinemäßig vorzustellen: "Optio Iunius Avianus, mein Begleiter ist der Tiro Germanicus Antias, Cohors XII Centuria III." Vielleicht erinnerte sich der Tribunus sogar noch an ihn, und wenn nicht, dann wusste er es jetzt vermutlich wieder, vor kurzem erst hatte er nämlich seinen Zwischenbericht zu den Nachforschungen in Trans Tiberim im Officium abgegeben.
    Dann, nachdem er Namen und Einheit genannt hatte, machte er eine kleine Pause, und wartete, bis ihm der Tribunus seine volle Aufmerksamkeit schenkte. Die Situation war doch ein wenig unangenehm, aber da musste er jetzt wohl oder übel durch.
    "Es geht um einige Besorgnis erregende Gerüchte über dich und deine Familie, auf welche wir während der Untersuchung eines Mordes gestoßen sind."

  • In der Tat waren die beiden Namen dem Iulier, denn gerade eben noch hatte er sie in seinem Diktat schließlich beide sogar mehrfach erwähnt, bekannt.
    "Salvete.", erwiderte er nach der salutierenden Vorstellung der beiden Soldaten zunächst gespannt auf den Anlass ihres gemeinsamen Aufschlagens hier. Der iunische Optio kam sodann ohne große Umschweife zum Punkt... und war damit ein wenig zu schnell für den ihm noch nicht ganz folgen könnenden Tribun. Dives legte seine Trauben beiseite, während sich seine Augenbrauen zusammenzogen, sich feine Denkfalten auf seiner Stirn abzeichneten und seine linke Augenbraue etwa einen halben Digitus nach oben wanderte. "Um welche Besorgnis erregenden... Gerüchte", ließ er sich dieses bitter schmeckende Wort ein wenig auf der Zunge zergehen. "über meine Familie und mich geht es denn?" Bei Apoll, dem Schönen, konnte es hier um die geheimen Neigungen und Vorlieben des Iuliers fürs eigene Geschlecht gehen?!? Dives wurde ein wenig nervös, legte die Hände auf seinem Schoß zusammen und presste seine Daumen fest gegeneinander, um so die innerlich aufkeimende Unruhe nach außen hin möglichst wenig zu zeigen. "Und von welchem Mord und welcher Untersuchung sprichst du da?!" Was wäre, wenn man Caelius Caldus ermordet hätte und nun einen unbedacht offen formulierten Liebesbrief dieses schmeichelhaft in den Iulier Verliebten gefunden hatte? Da es offenkundig nicht nur um Dives selbst sondern auch seine Familie ging, wie der Optio sagte, lag dann gar die Vermutung nahe, dass dort vielleicht auch über die iulisch-sergische Ehe etwas geschrieben stehen könnte. Definitiv, überlegte sich der Tribun, müsste er ein solches Beweismittel selbst irgendwie in die Hände bekommen und sehen, welche Informationen damit in Umlauf geraten könnten. Dann müsste er sich eine Strategie für ein glaubhaftes Dementi überlegen und diese Beweismittel unter irgendeinem Vorwand vernichten. Er nickte seine stillen Gedanken bestätigend. "Also?"

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  • Kaum hatte sich Antias am Arbeitsplatz des Scribas richtig umgesehen, wurden sie auch schon vorgelassen. Das Officium des Tribuns unterschied sich in seiner kühlen Zweckmäßigkeit nur unwesentlich vom Vorzimmer. Die einzigen Zugeständnisse an die orgiastischen Phantasien der Rekruten bestanden in einer kleinen mit zweifellos hochwertiger Flüssigkeit gefüllten Amphore und einer Obstschale, ansonsten war auch dies kein Ort, an dem man seine freien Tage verbringen wollte. Instinktiv auf den üblichen gebellten Gruß verzichtend, salutierte Antias nur stumm, überließ Avianus die Meldung und verharrte schweigend neben dem Optio, weitere Anzeichen physischer Präsenz tunlichst vermeidend. Unauffällig musterte er den Iulier. Nicht ohne Sympathie erinnerte er sich daran, dass es Dives gewesen war, der den Rekruten ihren ersten Außeneinsatz ermöglicht hatte. Im Grunde hatte er es dem Tribunus zu verdanken, auf Apolonia getroffen zu sein. Er stand also in Dives’ Schuld, ohne dass dieser auch nur eine Ahnung davon haben konnte. Wie er wohl auf die Gerüchte reagieren würde? Möglicherweise gar nicht. Als Iulier in exponierter Position war der Tribun verbale Dreckschleudereien vermutlich schon gewöhnt.

  • Wie erwartet konnte man die Reaktion des Tribunus nicht unbedingt als glücklich bezeichnen, was für den Iunius absolut verständlich war. Er war wohl kaum persönlich davon betroffen - wenn auch nicht ganz so weit davon entfernt, wie der Tribunus möglicherweise dachte - und selbst er empfand die Situation alles andere als berauschend.
    "Ein syrischer Händler wurde an seinem Stand durch mehrere Dolchstiche getötet. Dem Mörder ging es jedoch nicht um Waren, Geld oder dergleichen. Der hat sich nämlich gleich darauf noch an Ort und Stelle selbst mit dem Dolch ein Ende bereitet. Um sicherzugehen, dass hinter dem Mord dennoch nicht mehr steckt, wurden einige Leute befragt. Mehr als nur einmal wurde dabei erwähnt, dass dieser Händler Gerüchte über deine Tochter, Iulia Torquata, verbreitet haben soll, Tribunus. Sie hat sich angeblich nachts mit einem Soldaten getroffen. Der Tiro war ebenfalls an den Untersuchungen beteiligt und hat bei den Befragungen gute Arbeit geleistet. Auch er ist dabei auf dieses Gerede gestoßen", erklärte er und versuchte dabei, nicht allzu ausschweifend zu werden, und vor allem nicht anzudeuten, dass der Tribunus selbst den Mord angeordnet haben könnte – mit mäßigem Erfolg, wie ihm schien.
    "Ich gehe natürlich in keiner Weise davon aus, dass der Tod dieses Mannes von dir gewollt war… vielleicht versucht jemand damit, dir oder deiner Familie zu schaden", fügte er deshalb ernst hinzu um seine Position klarzustellen. Das leuchtete ihm im Moment noch am ehesten ein. Eine angehende Vestalin, die nachts in Roms Straßen rumhurte, war dem Ruf einer eigentlich angesehenen Gens mit Sicherheit nicht zuträglich. Vielleicht sorgte jemand bewusst dafür, dass derartige Unwahrheiten im Volk verbreitet wurden.
    Noch fragte er sich, ob er die Bekanntschaft, die er zu Torquata pflegte, offenlegen sollte, falls der Iulius aus irgendeinem Grund nicht ohnehin schon davon wusste. Andererseits glaubte er, dass er auch so schon genug in die Sache mit hineingezogen wurde. Vielleicht kam irgendwann ein passenderer Zeitpunkt als jetzt, wo er gerade erwähnt hatte, dass Torquata sich scheinbar mit irgendwelchen Soldaten vergnügte. Dann könnte sich der Tribunus ja fast schon selbst zusammenreimen, woher die Gerüchte kamen, selbst wenn das mit ihm und Torquata rein gar nichts mit dem Gerüchten gemein hatte, die unter den Leuten die Runde machten.

  • Nach den ersten Sätzen des Iuniers über den Mord löste sich die Anspannung des Tribuns merklich, während er die zuvor unbewusst angehaltene Luft langsam durch seinen Mund entweichen ließ. Mit irgendwelchen Syrern verkehrte er nämlich in der Tat eher selten - und wenn, dann tatsächlich nur beim Einkaufen oder ähnlich harmlosen Vorgängen. Männer aus dem Osten waren eben einfach... nicht Dives Typ, nicht mehr und nicht weniger. Indes legte der letzte Satz des Offiziers - dass er nicht glaube, dass der Iulier den Tod des Syrers gewollt habe - dann nahe, dass der Optio vom exakten Gegenteil dessen ausging... oder es zumindest in Erwägung zog, dass Dives zu dergleichen fähig war. Kurz machte sich daraufhin ein schmales, aber durchaus amüsiertes Grinsen auf seinen Lippen breit.
    "Optio Iunius...", begann er und betonte diese Worte ganz nach dem Motto 'wie kannst du nur so etwas von mir denken'. "Steht bequem.", unterbrach er sich anschließend jedoch zunächst selbst mit einer lockeren Handbewegung in Richtung der beiden Soldaten. "Optio, du traust mir also tatsächlich zu und ziehst es in Erwägung, dass ich auf solche haltlosen Gerüchte mit kalter und unbarmherziger Hand reagiere und meiner Familie und mir damit im Zweifelsfall nur noch mehr schade?" Sein Blick wurde wieder ernst und wanderte vom Iunius zum Germanicus. "Ich hoffe, du hast nicht ebenfalls einen derart fatalen Eindruck von mir gewonnen während meines bald endenden Tribunats." Andererseits, und genau deshalb konnte der Iulier augenblicklich auch nicht zornig sein, schmeichelte es ihm schon ein wenig, dass man ihm so viel Härte und Stärke - wohl bemerkt seitens römischer Elitesoldaten - grundsätzlich zutraute.


    "Aber ich werde mich gewiss nicht um eine Antwort drücken und kann dir entsprechend nur bestätigen, Optio Iunius, dass ich den Tod dieses syrischen Händlers weder gewollt noch verursacht habe." Er ließ eine kleine Zäsur folgen. "Andererseits aber denke ich auch nicht, dass mir jemand irgendwie schaden will, indem er irgendeinen Syrer umbringt, den ich selbst nicht einmal kenne." Zumindest ging der Iulier einfach mal davon aus, dass er diesen Syrer nicht kannte. Aber woher sollte er? "Stattdessen vermute ich vielmehr, dass dieser Mord vielleicht etwas mit diesen seltsamen Graffitis zu tun hat. Ihr habt sie vielleicht auch schon gesehen. Sie fordern ein freies Syria." Absurd, aber so waren eben manche Leute. Und gerade im Osten, wo auch diese Christianersekte ja irgendwo ihre Ursprünge haben sollte, tickten die Menschen eben scheinbar einfach anders.
    "Und ich nehme an, ihr habt das ganz zweifelsfrei ermittelt, dass dieser Syrer die selbstredend auch mir bereits mit einigem Unmut ans Ohr getretenen Gerüchte in Umlauf gebracht hat?" Diese Frage war eine rhetorische. "Gerade dann muss ich zwar sagen, dass er eine durchaus gerechte Strafe für diese Tat erhalten hat. Aber ich selbst habe davon am wenigsten. Denn weder kann dieser Händler nun noch die Falschheit seiner erfundenen Erzählungen zugeben, noch vereinfacht dieser Tod in irgendeiner Weise die Suche nach der wahren Quelle dieser Lügengeschichte über meine Tochter Torquata.", geriet der Iulier ob der Erleichterung darüber, dass sein Geheimnis weiterhin geheim zu sein schien, ein wenig ins Plaudern. "Lasst mich euch einen kleinen Exkurs in die Politik geben. Dort gibt es Römer, die den postbürgerkrieglichen erneuten Aufstieg der Iulier überaus kritisch betrachten, obgleich gerade meine eigene Familia mit dem Vescularius praktisch nichts zu schaffen hatte." Ganz so einfach selbstredend war die Situation nicht, doch Dives wollte auch nicht unnötig komplex werden. "Da war es vermutlich fast schon zu erwarten gewesen, dass kurze Zeit nachdem ich entsprechende Stellen zu einer Captio meiner Tochter zur Vestalin angeschrieben habe, irgendein Gerücht auftaucht, welches sie in ein schlechtes Licht stellen soll. Wobei Licht hier ein ganz gutes Stichwort ist: Denn wenn du des Nachts jemanden aus der Ferne siehst, Optio Iunius, bist du dir dann stets sicher, dass du die Person auch ganz zweifelsfrei erkennst?" Wieder folgte eine kurze Pause, in welcher der Tribun einmal durchatmete. "Also ich für meinen Teil wäre mir da jedenfalls nicht immer ganz sicher, wenn ich nachts im Dunkel auf einen Soldaten und eine Frau treffe, dass diese Frau... die Tochter des Bäckers zwei Straßen weiter... oder die Tochter irgendeines Geschäftspartners wäre.", verglich Dives und blickte den Iunier hernach nun erwartungsvoll an. Diese Gerüchte waren eben... Gerüchte, nicht mehr. Und dass dieser ermordete Händler ausgerechnet der Ursprung dieser Gerüchte war, das war - in den Augen des Iuliers zumindest - ein Zufall, den er eben teils durchaus guthieß und teils aber auch aus ausgeführten Gründen bedauerte.

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  • Was stellte er sich auch blöd an. Völlig egal was er jetzt sagen würde, er stünde doch immer verdammt blöd da. Dabei waren es doch die Gerüchte, die sagten, der Tribunus stecke hinter dem Mord, was er allerdings nicht erwähnt hatte… selbst schuld. Vielleicht sagte er besten gar nichts mehr – peinliches Schweigen folgte also vorerst von Seiten des Iuniers, der sich fragte, was sein Gegenüber nun wohl von ihm dachte. Glaubte der, er hielt ihn für einen dieser korrupten Kerle, die nur mit den Fingern schnippten, wenn ihnen jemand im Weg stand? Sicherlich war das nämlich nicht der Fall, tatsächlich hatte sich Avianus gar keine richtige Meinung von dem Iulier gebildet, er kannte den Mann ja kaum, und für gewöhlich war seine Meinung ohnehin völlig unbedeutend.
    Glücklicherweise ergriff der Tribunus wieder das Wort, ansonsten wäre er wohl oder übel dazu gezwungen gewesen sich erneut dazu zu äußern, wozu sein Vorgesetzter seiner Meinung nach fähig war, sodass er nun zumindest Zeit hatte, sich passende Worte zurechtzulegen. Denn mit großer Wahrscheinlichkeit hätte er ansonsten, wie er sich kannte, nur einen kleinlauten Kommentar, welcher alles noch schlimmer machte, hervorgebracht.
    "Nun, es gibt Leute, die dich für den Tod dieses Mannes verantwortlich machen, denn selbst wenn ich dem Gerede irgendwelcher Waschweiber keinen Glauben schenke, andere tun es anscheinend", bemerkte er schließlich nüchtern, als der Tribunus geendet hatte, "Gegen diese Unwahrheiten lässt sich jedoch nicht viel unternehmen, es sei den wir finden den tatsächlichen Verantwortlichen. Genauso wenig vertraue ich blind auf die Wahrheit der Gerüchte über deine Tochter, eben weil ich bisher keinen Grund dafür sehe. Praktisch jeder könnte derartige Gerüchte in die Welt setzen, und alleine die Sensationslust der Leute würde vermutlich ausreichend für deren Verbreitung sorgen." Wäre es anders, sollte er sich vermutliche eine andere Arbeit suchen. Jedes Märchen, welches einem die Leute auftischen wollten, kommentarlos als wahr abzustempeln, wäre völliger Irrsinn, ignorieren konnte er sie allerdings ebenfalls nicht, weil sie hin und wieder doch Teil des Puzzles waren, welches zusammenzusetzen seine Aufgabe war. Ob das auch dieses Mal der Fall war, würde er erst noch herausfinden müssen.
    "Es könnte durchaus sein, dass der Mord mit den von dir erwähnten Kritzeleien zusammenhängt, doch solange wir noch eine Spur haben – und die haben wir – würde ich diese gerne weiter verfolgen." Sollten sie in jener Richtung auf nichts brauchbares Stoßen, konnten sie noch immer die Leute, die hinter den Graffitis steckten, für die Tat verantwortlich machen, zuvor wollte er allerdings die anderen Möglichkeiten ausschließen, oder er hatte das Glück, dass seine Spur zu denselben Leuten führte und die Sache wäre glasklar.
    "Wie wir weiter vorgehen liegt aber selbstverständlich bei dir, Tribunus." Wenn der Tribunus verlangte, dass sie diese syrischen Freiheitskämpfer für den Mord an dem Händler verantwortlich machten, blieb ihm ohnehin nichts anderes übrig. Wie es dann mit der Wahrheit über Torquata weiterging, blieb dann wohl abzuwarten, wobei der Tribunus ja gar nicht ahnte, dass auch er sein Interesse daran hatte, die Sache aufzuklären.

  • Diese Information war in der Tat etwas überraschend, sodass man ein wenig Verwunderung für einen kurzen Moment auch auf dem iulischen Gesicht ablesen konnte. Wie konnten die Menschen nur ernsthaft glauben, dass Dives für den Tod dieses Mannes verantwortlich war?! Weder, wie zuvor ausgeführt, hatte er irgendeinen Vorteil abseits der vermeintlichen Genugtuung von dem Tod dieses Mannes, noch wäre dem Tribun als allererstes ein Mord in den Sinn gekommen, um einen Händler mundtot zu machen. Gerade als Tribun saß man doch praktisch an der Quelle, um alle möglichen sonstigen Gemeinheiten ganz legal gegen solch einen Händler anzustrengen: Betriebs- und Standkontrollen, die jeweils mit der Kontrolle der Warenqualität einhergingen, wären da zum Beispiel sicherlich ein ganz schönes Mittel. Und getreu dem Motto 'Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.' würden sich bei nur entsprechender Strenge der Kontrollen auch mit großer Sicherheit Gründe für Abmahnungen, Strafzahlungen und weiteres finden lassen - ganz zu schweigen vom Imageverlust des Händlers, wenn dessen Stand alle drei Tage und stets mit irgendeiner Beanstandung kontrolliert würde. Aber Mord? - Und vor allem: Was beim Iuppiter war mit den Bekenner-Graffitis?! Bestand denn ganz Roma etwa nur aus tauben Analphabeten?!! (Taub dabei deshalb, weil die Alphabeten ihren unwissenden Mitbürgern ja in der Regel doch vorlasen, welche Gerüchte und Co. zur Zeit auf den Gemäuern der Stadt so kursierten.)
    "Wenn schon diese Bekenner-Graffitis offenbar nicht von diesem substanzlosen Gerede abhalten, dann habe ich auch nur geringe Hoffnung, dass mir die Wahrheit hier einen besseren Dienst wird leisten können.", stellte Dives nun also wieder weit weniger gut gelaunt leicht bissig fest. "Ich weiß, du kannst ja auch nichts dafür, Optio.", ließ er noch eine halbherzige Entschuldigung folgen. Frustrierend, das traf den Charakter dieser Situation wohl am besten.


    "Du sagst", begann der Tribun nach kurzer überlegender Pause, "dass ihr bereits eine Spur hättet. Was ist das für eine Spur?", wollte er wissen und ließ an dieser Stelle erst einmal noch offen, was er über ein weiteres Vorgehen dachte. Und vielleicht, ja, wollte er so auch noch ein wenig Zeit schinden, bis eine Entscheidung zu fällen wäre. Das Dilemma lag schließlich klar auf der Hand: Wollte er nicht den Anschein erwecken, er würde irgendetwas decken oder vertuschen, so wäre er praktisch gezwungen die Urbaner weiterermitteln zu lassen. Auf der anderen Seite allerdings konnten ihm genau diese Ermittlungen praktisch nicht helfen - egal, welches Ergebnis sie lieferten. Wer schon einem Bekenner-Graffiti nicht glaubte, wer glaubte dann der Ermittlung durch den ach so verdächtigen Tribunus Iulius? Stattdessen bestand hingegen die Gefahr, dass im Zuge der Ermittlungsarbeit kollateral irgendwelche 'schmutzigen Geheimnisse' über Dives ausgegraben und ans Tageslicht befördert wurden - allen voran dabei natürlich seine sexuellen Neigungen. Rosige Aussichten waren das nicht gerade...

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  • Einen sonderlich glücklichen Eindruck machte sein Tribun nicht, als Avianus ihn weiter über den Stand der Dinge aufklärte. Aus durchaus verständlichen Gründen. Er musste zustimmen, es war möglich, dass weitere Ermittlungen, sollten sie welche anstellen, gar nichts änderten, aber sie versanken nicht gerade in alternativen Optionen, erst recht nicht in besseren. Auf die bissige Bemerkung hin blickte er den Tribunus deshalb zunächst ein wenig betreten an. Er machte hier nur seine Arbeit, natürlich konnte er nichts dafür. Und ausgerechnet heute, wo sich seine Vorgesetzten von ihrer scheinbar besten Seite zeigten, hatte er den Tiro mitgeschleppt. Genervte Tribuni und ratlos dreinschauende Optiones, das war es vermutlich, was dem Germanicus vom Ausflug in die Principia wohl in Erinnerung bleiben würde. Ihm wäre es an Antias' Stelle jedenfalls so ergangen.
    Ein wenig erleichtert stellte er dann fest, dass der Tribunus nicht weiter darauf einging und sich stattdessen wieder auf die Spur konzentrierte, die sie verfolgten. Auf diese Frage fiel ihm zumindest wieder eine Antwort ein.
    "Wir wissen, dass ein Mann den Leichnam des Mörders bestohlen hat. Der Täter trug eine Tabula bei sich, und mit ihr ist dieser Mann geflohen. Dank des Tiros sind wir vielleicht in der Lage, ihn ausfindig zu machen", begann er bereitwillig zu erklären und deutete mit einem kurzen Nicken zu seinem Begleiter, "Der Dieb hat jegliches Geld vollkommen ignoriert und lediglich diese Tabula mitgenommen, und da die Tabula selbst nicht besonders wertvoll ist, würde ich meinen, dass es ihm lediglich um das ging, was darin geschrieben steht." Nach besonders viel hörte es sich vermutlich nicht an: Eine Wachstafel, auf welcher eventuell etwas Interessantes stehen könnte, die sie möglicherweise finden würden, und wenn sie Pech hatten, war die Nachricht, die dann in das Wachs eingeritzt war, nicht einmal mehr die, die der Mörder in der Tasche gehabt hatte. Dennoch hatte der Iunier versucht, so optimistisch wie möglich zu klingen… etwas anderes blieb ihm kaum übrig.

  • Allmählich verschmolz Antias mit dem Inventar. Hätte irgendjemand seinen Mantel an ihm aufgehängt, es wäre niemandem aufgefallen. Das Hin und Her zwischen den beiden Offizieren begann ihn langsam einzuschläfern, wenngleich es nicht uninteressant war, zu verfolgen, wie sich der Optio zwischen Fußangeln und Fallgruben hindurch argumentieren und fast schon betteln musste, seine Arbeit machen zu dürfen. Zu beneiden war Avianus nicht. Während es dem Tiro vergönnt war, sich nahezu unsichtbar aus allem raushalten zu dürfen, musste sich der Optio für seine völlig richtige Entscheidung, den Gerüchten nachzugehen, auch noch mehr oder minder rechtfertigen. Unter schweren Lidern hervor beobachtete Antias die Reaktionen des Tribuns. Einerseits konnte er durchaus verstehen, dass sich Dives mit derlei schmierigem Wildwuchs nicht weiter beschmutzen wollte, andererseits wucherte solches Unkraut umso üppiger, je mehr man es ignorierte. Sollte der Tribunus doch froh sein, dass ihm Einheiten zur Verfügung standen, die sich der Sache annehmen konnten, bevor andere auf die Idee kamen, sich damit zu befassen. Die Praetorianer zum Beispiel hatten ihre Ohren überall. Was den Urbanern zu Gehör kam, konnte auch den schwarzen Lauschlappen nicht lange verborgen bleiben, und die würden den CU-Tribun sicher nicht über ihre Ermittlungen in Kenntnis setzen. Ob Dives Feinde hatte, konnte Antias nicht wissen, aber wenn es ihm selbst in kürzester Zeit gelungen war, sich einen zu schaffen, war davon auszugehen, dass der Iulier im Laufe seiner Karriere bereits ein buntes Gebinde an Feinden zusammen gesammelt hatte, und mit Gerüchten war eine Menge anzufangen, wenn man wusste, wie. Nur – war das alles Antias’ Problem? Irgendwie schon. Im Augenblick zumindest war Iulius Dives Urbaner, und Angriffe gegen den Tribun, welcher Art auch immer sie sein mochten, betrafen auch den Optio und damit ebenso ihn selbst. Sowas wurde landläufig wohl Loyalität genannt. Trotzdem war Antias hier nichts weiter als ein temporärer Raumschmuck, und wenn die beiden sich nicht zeitnah auf irgendeine Vorgehensweise einigten, bestand die ernsthafte Gefahr, dass ihnen der loyale Tiro früher oder später schnarchend vor die Füße fiel.

  • Der Iulier, dem es an dieser Stelle in der Tat nicht auffiel, sollte er gerade von seinem Optio bebettelt werden, hörte sich stattdessen schlicht und einfach an, was dieser Iunier zu sagen hatte. Die Spur, so stellte sich nun also heraus, war nicht mehr und nicht weniger als eine Tabula - ernüchternd in gewisser Weise.
    "Und gibt es Anhaltspunkt darüber, was in der Tabula geschrieben steht? Ist es ein privater oder geschäftlicher Brief oder eher eine dienstliche, geschäftliche Anweisung oder auch eine offene Rechnung, die ein Schuldner gestohlen hat, damit er seine Schulden verliert?", erkundigte sich Dives. Inwiefern der Diebstahl in einem solchen Fall mit dem Mord und Selbstmord zu tun hätte, stünde dann natürlich auf einem anderen Papyrus. "Seht, selbstredend sollt ihr weiter ermitteln, solange sich entsprechende Spuren hierzu finden lassen." Das war wohl schlicht die richtigere Entscheidung in diesem Dilemma und hatte mit den Praetorianern und/oder anderen Urbaner-Tribuni nicht viel zu tun. Welcher für die Sicherheit des Augustus verantwortliche Praetorianer interessierte sich schon für einen solchen in dieser Hinsicht doch wohl eher unbedeutenden Mordfall? Und welcher Urbaner-Tribun mischte sich schon in die Entscheidungen eines seiner Kollegen ein? "Doch möchte ich selbstverständlich auch, dass Ermittlungen in meiner Dienstzeit als Tribunus dann auch uneingeschränkt und offen in alle Richtungen laufen. Dahingehend will ich mir später nämlich nichts nachsagen lassen.", erklärte er ernst und bezog sich damit natürlich sowohl auf die Wachstafel und ihre möglichen Inhalte als auch die Graffitis und ihre Darstellung der Dinge.
    "Und du hast den Dieb also ausfindig gemacht, Tiro Germanicus?", hakte der Iulier abschließend nach und hoffte nun wohl darauf, diesbezüglich noch um die eine oder andere Information reicher zu werden. Wer war dieser Täter?

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  • Und der Unteroffizier hatte leider ein wenig Pech. Denn just nur wenige Momente, bevor er sich angemeldet hatte, war ein Centurio in das Officium des Tribuns geführt worden. Jener Centurio nun wiederum brachte zahlreiche Anliegen vor, von Beförderungsempfehlungen, über die Freigangsanträge für fünf seiner Kameraden, über die Absegnung zweier detailreicher Ermittlungsberichte, ..., bis letztlich hin zu einem disziplinarischen Strafversetzungsantrag. So in der Folge mussten alle, die den Iulier gerade in seinem Officium aufsuchen wollten, sich eine geschlagene Hora in Geduld üben, bevor noch ein Bote von einem der übrigen Stadtkohortentribune mit einer wichtigen Eilmeldung vorbei kam - und natürlich den übrigend Wartenden vorgezogen wurde. Nachdem dieser Bote dann glücklicherweise nur ungefähr ein Viertel der Zeit seines Vorgängers beanspruchte, war nach summa summarum also gut einer ganzen sowie einer Viertelstunde schlussendlich der Optio Aemilius an der Reihe une durfte in das Officium des iulischen Tribuns eintreten - sofern er selbstredend all die Zeit geduldig im Vorzimmer ausgeharrt hätte...

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    Einmal editiert, zuletzt von Marcus Iulius Dives ()

  • Der Iulier hinter seinem Schreibtisch sah auf, als der Optio eintrat und ordentlich salutierte.
    "Salve, Optio... Aemilius Classicus?", erwiederte der Tribun sodann die Begrüßung des Unteroffiziers, wobei er einen leicht fragenden Tonfall ob des Gentilnomens des Mannes an den Tag legte. "Movere.", erlaubte er kurz darauf.


    "Es ist schön zu hören, dass du wieder genesen bist, Optio. Darüber wird sich sicherlich auch mein Cousin Lucius Iulius Centho freuen, dessen Klient du doch auch bist, oder?", vergewisserte er sich anschließend, dass er hier keinem Irrtum und keiner Verwechslung aufsaß. "Falls dem so ist, habe ich drei Fragen an dich. Erstens, wann hast du zuletzt eine Salutatio meines Cousins besucht? Zweitens, hast du meine Briefe erhalten und gelesen? Und drittens... einen Augenblick." Dives ging kurz durch einen kleinen Stapel von Wachstafeln, bis er schlussendlich eine derselben aus dem Stapel zog. "Und drittens, hast du dich bereits beim Praefectus Urbi Decimus Livianus gemeldet?" Im Anschluss an jene dritte Frage legte der Iulier die Tabula auf dem Tisch ab, drehte sie um 180 Grad, damit niemand auf Kopf lesen musste, und schob die einstige Ankündigung dem Aemilius entgegen:


    BEFEHL


    Optio M. Aemilius Classicus hat sich umgehend beim Cornicularius des Praefectus Urbi zu melden.


    in nomine Praefecti Urbi
    Galeo Vitruvius Macer

    CORNICULARIUS PRAEFECTI - COHORTES URBANAE

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  • Classicus stellte sich lockerer hin.
    Aemilius Classicus wiederholte er dann. Mit einen netten Grinsen.


    Ja der ehrenwerte Senator Lucius Iulius Centho ist mein Patron Tribun.


    Zu den Fragen Tribun.


    Aufgrund meiner Erkrankung ist die letzte Salutatio etwas länger her Tribun. Die Briefe habe ich gelesen, konnte sie aufgrund der Schwere und der damit Verbundenen Fesselung an das Bett nicht beantworten Tribun.



    hier hielt Classicus kurz inne. GLÜCKWUNSCH TRIBUN ! schoss es dann aus ihm heraus.


    und die Meldung beim Praefectus Urbi wollte ich im Anschluss vornehmen.
    Dann nahm Classicus wieder Haltung an.

  • Sim-Off:

    Der PU hat neuerdings ZWEI Amtsstuben: Eine zivile außerhalb der Castra und eine militärische innerhalb der Castra. Als Soldat würde ich dir eigentlich eher das Aufsuchen der letzteren Amtsstube empfehlen. ;)


    "Schön, schön.", konstatierte der iulische Tribun ohne näher auf die verspäteten Glückwünsche einzugehen. "Dann weißt du also auch, dass mein Cousin in diesen Tagen nicht in der Casa Iulia auf dem Esquilin weilt und zur Zeit auch keine Salutationes abhält, wie du dann ebenfalls weißt, dass ich nicht nur die Aufgaben und Pflichten des Hausherrn der Casa Iulia von meinem Cousin übernommen habe, sondern Zeit seiner Absenz auch die Klienten meines Cousins in Prokura betreue. Richtig?" Diese Fakten wollte Dives hier noch einmal ein wenig in Erinnerung rufen. "Wenn du folglich irgendein Anliegen oder Problem hast, mit dem du dich normalerweise an deinen Patron wenden würdest, so zögere nicht trotz der Absenz meines Cousins damit zur Casa Iulia zu kommen - insbesondere natürlich auch nach meinem bald endenden Tribunat hier." Denn zur Zeit war es aus trivialen Gründen einfacher, wenn man als Soldat schlicht dieses Officium hier aufsuchte. "Ich werde dich dann mit größtem Vergnügen versuchen im Sinne meines Cousins zu unterstützen und dir zu helfen. Sind wir uns soweit einig?", erkundigte er sich schlussendlich. Denn wenn der Iulier hier etwas erreichen wollte, dann war dies vor allem, dass der Aemilius auch weiterhin ein Teil des iulischen Klientels blieb und sich nicht kurzerhand einfach einen neuen Patron außerhalb der Gens suchte.

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  • Ja Tribun, ich habe von des Senators Abwesenheit gehört. Sollte ich ein Anliegen haben, so werde ich mich an Dich wenden Tribun. Auch wenn Du nicht mehr hier in der Castra bist.


    Vielleicht konnt der Iulier Classicus wirklich einmal helfen.

  • Diese Antwort genau hatte sich der Iulier erhofft, sodass er daraufhin nur zufrieden zu nicken vermochte.
    "Vortrefflich." Mehr wusste er dazu denn auch kaum zu sagen. "Dann bleibt mir an dieser Stelle eigentlich nur noch zu fragen, ob du sonst noch irgendein Anliegen an mich hast, dem ich mich annehmen soll?" Er ließ eine kleine Zäsur. "Denn so dies nicht der Fall sein sollte, möchte ich nämlich nur ungern der Grund dafür sein, dass du den Praefectus Urbi... oder vielmehr dessen Cornicularius, zu dem du hier gerufen wurdest, unnötig warten lässt.", machte er deutlich, dass er seinerseits ansonsten keine Dinge weiter mit dem Aemilius zu besprechen hatte.

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  • "So seist du dann hiermit entlassen.", nicht aus dem Heer, jedoch aus diesem Gespräch. "Abi."
    Dives wartete, bis der Aemilius den Raum verlassen hatte, dann ließ er auch schon den nächsten Wartenden eintreten. Es war doch leicht anstregend, wie beliebt er heute scheinbar war...

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