http://www.kulueke.net/pics/ir/villaduccia/villa_porta.png
Wenn man das Tor an der Via Borbetomaga hinter sich ließ und dem breiten Hauptweg zwischen den Feldern und Obstplantagen gen Osten den Hügel hinauf folgte, kam man nach einer Weile zum Kern des Latifundiums: der zwischen Gemüse- und Kräutergärten auf der einen Seite und dem bewaldeten Hang auf der anderen Seite gelegenen Villa Rustica.
Wenn man sich dieser näherte, fiel nebst den prägnanten Wohntürmen zu beiden Seiten der Villa vor allem das zum Weg gelegene hölzerne Zentrum der Front auf: das große Haupttor und die lange Halle. Wie die gesamte Villa durch das steinerne Fundament drei Armlängen über den Erdboden erhoben thronte sie auf demselben und überblickte das gesamte Latifundium, die Civitas und den Rhenus.
Das Haupttor erreichte man über eine breite, aus großen Steinquadern geschaffene Treppe, die schließlich in einem ausladenden Podest mündete, welche dem großen Tor Raum und Stütze war. Das Tor selbst war hinter vier Pfeilern versteckt, die das vorgezogene Dach stützten. Zuäußerst der Pfeiler waren noch zwei mächtige Ganzbäume, die das Dach beinahe überragten, in den steinernen Grund eingelassen und bildeten den imposanten Rahmen des ganz und gar aus Holz geschaffenen Tors.
Die Pfeiler selbst waren, ebenso wie die anschließenden Bögen, in deutlich germanisch angehauchtem Bezier geschnitzt, das Darstellungen der hiesigen Natur ebenso zeigte wie auch Heldentaten der Mythen. Die äußersten Pfeiler wiesen bei genauerem Hinschauen geschnitzte Szenen aus der Geschichte der Familie auf, die jenseits des Rhenus weit im freien und wilden Germanien begann und seit nicht wenigen Jahren nun in Mogontiacum verläuft. Überwacht wird das Tor von den in germanischer Pfahlschnittweise geschaffenen sechs Göttern, denen die Duccii sich besonders zugetan fühlten.
Die Krönung stellte schließlich die Abbildung des duccischen Wappens auf dem Giebel des Tores dar: den germanischen Wolf, der mit einer Schlange rang.
Das Tor selbst zeigte nicht weniger als das Programm der 'modernen' Duccii: einen in feinster Schnitzweise geschaffenen germanischen Edelmann, der einem Römer in Toga auf dem anderen Torflügel die Hand reichte. Ein durch und durch aufgeladenes Sinnbild der wechselhaften Geschichte der Familie, die mittlerweile genauso viel im Reich der Römer erlebt hatte wie jenseits des Rhenus.
Wer durch das Tor hindurch trat, betrat die kaum weniger imposante, da ebenfalls durch und durch aus Holz geschaffene große Halle der Villa Rustica, deren Dachstuhl an die germanischen Langhäuser erinnerte, in welchen Generationen der Familie gelebt hatten. Untypisch war sie doch: nach Innen und zu den kurzen Seiten hin schlossen verputzte Mauern das Gebilde, während nach außen mannshohe Fensterbögen aus Holz den Blick über die Landschaft ermöglichten. In grobem Wollstoff gewebt hing der Stammbaum der Familie mehr als mannshoch und etliche Ellen lang und zeugte von der Größe dieser germanisch-römischen Sippe. An den vielen Pfeilern zur offenen Seite hin erzählten direkt in das Holz geschnitzte Schriften von den Geschicken der Familie und ihren Abkömmlingen.
Zwar waren die viel erzählenden Verzierungen von beeindruckender Kunstfertigkeit und die Farben, in denen sie hervorgehoben waren, leuchteten im Lauf der Sonne, allerdings ließ sowohl das Tor als auch die Halle jedweden Prunk in edlem Metall und Stein vermissen. Das Holz war aus hiesigen Wäldern geschlagen, der Boden war aus lokalen Stein gebrochen und nicht ein Flecken funkelte oder glänzte. Dem Kenner ging auf: hier versuchte man sich im schwierigen Spagat zwischen Understatement und stolzem Selbstbewusstsein. Sowieso zeugte dieser gesamte große Eingangsbereich der großen Villa davon, dass hier eine Familie wohnte die hier tatsächlich aus den Gefielden stammte... und die wusste woher sie kam.