Die Wochen und Monate seit der Verkündung ihrer Schwangerschaft vergingen, Octavenas Bauch war gewachsen, und auch wenn ihr der Besuch bei Alpina in gewisser Weise ein wenig Sicherheit gegeben hatte, so wurde Octavena doch mit jedem Tag ein wenig nervöser und gereizter. Zum Leidwesen aller Menschen in ihrer Umgebung, die derzeit mit ihr im Haus ihres Onkels leben mussten solange das neue Heim der Duccier noch gebaut wurde und ihr natürlich auch nicht immer aus dem Weg gehen konnten.
Doch auch wenn Octavena ihre Ängste auf die eine oder andere Art zu kompensieren suchte, änderte das selbstverständlich nichts daran, dass schließlich auch der Tag der Geburt kam und die Wehen einsetzten.
Es begann in den frühen Morgenstunden. Octavena hatte nicht mehr schlafen können und wanderte wie ein müder Geist durch das Haus, hing ihren Gedanken nach und drehte dabei schon die dritte oder vierte Runde, als sie das erste Mal ein Stechen im Unterleib spürte. Noch nicht sehr stark, aber eindeutig stark genug, um sie einen Arm um die Kugel, die sie vor sich her trug, schlingen zu lassen und einen Augenblick stehen zu bleiben. Das Stechen ging weiter, wenn auch noch in recht großen Abständen, mit jedem Mal, mit dem sich ihre Muskeln schmerzhaft verkrampften und Octavena begriff, was das zu bedeuten hatte.
Das Kind kam. Heute. Jetzt.
Unwillkürlich kämpfte sie einen Schwall von Panik nieder und bemühte sich darum, ruhig zu bleiben. Es hatten schon Millionen Frauen vor ihr gesunde Kinder zur Welt gebracht. Da würde sie das auch überstehen. Jemand musste nur Alpina holen und sie würde das schon hinkriegen. Alles im Grunde keine große Sache.
So eilig wie es ihr in ihrem Zustand möglich war machte sie also kehrt und tapste los, um ihren Mann zu wecken. Wäre ja noch schöner, wenn er weiter schliefe, während sie den ganzen Ärger hatte.
"Witjon." Octavena drückte die Tür auf und trat ins Schlafzimmer, wo das Familienoberhaupt der Duccier noch selig schlief. "Numerius Duccius Marsus!"
Diesmal etwas lauter und gereizter. Schließlich ließ sich so ein langer, römischer Name wunderbar schimpfen. Sie rüttelte unsanft an seiner Schulter und ließ ihm so eigentlich gar keinen Spielraum, langsam wach zu werden. Mit Einsetzen der Wehen hatte Octavenas Geduld gelitten und so war sie eher mäßig gewillt, Rücksicht auf irgendetwas zu nehmen. Erst recht nicht die nächtliche Ruhe ihres Mannes. "Wach auf und hol Susina Alpina! Das Kind kommt!"